Beiträge von sat-chit-ananda

    Onda:


    Liebe Dharma-Schwester, ich bitte um Mäßigung. Dass die "Lesartfraktion" den halben PK leugnet, scheint mir doch etwas übertrieben.
    Letzte Endes wäre es erstrebenswert, wenn sich alle der Lesartfraktion anschließen würden. Hierzu müsste man zunächst die Aversion gegen das Wort "Lesart" überwinden, denn es bedeutet nichts anderes als Interpretation/Deutung. Dann müsste man die EInsicht gewinnen, dass beim Lesen von Texten immer Deutungsprozesse stattfinden, die mit Selektion und Interpretation einhergehen. Mit diesen Voraussetzungen kann jeder Mitglied der Lesartfraktion werden. Wenn alle Mitglied dieser Fraktion sind, ist der Begriff überflüssig geworden und die Fraktion ebenfalls.


    Onda


    Lieber Onda! Ich würde mich gerne eurer Mischpoke anschließen.

    Zitat


    Für jemanden der Nibbana als Ziel hat, für den sieht es event. etwas anders aus.


    Ich erstrebe Nirwana im Sinne von Thomas Merton:"Nirwana ist nicht das Bewußtsein eines Ego, das sich selbst als das «ans andere Ufer» gelangte Bewußtsein erfährt [...], sondern es ist das Absolute-Grund-Bewußtsein der Leere, in der es keine Ufer gibt." Das ist genau das, was ebenso die christliche Mystik als unio mystica begreift, als Alleinheit, Urvertrauen, Urgrund, universale Liebe, die Aufhebung des Ego in der Allverbundenheit des Selbst.


    Es gibt im Buddhismus viele Auslegungen ... diese Erkenntnis ist völlig erdnah. ;) Entscheidend ist nicht die reine Lehre ( schon eher die Reinigung von abhängig machenden Lehren ), sondern ob eine bestimmte Lebensweise mich bereichert, öffnet, mitfühlender, liebevoller macht ... ob sie mir dabei hilft, wahrhaft menschlich zu leben. Religion und Philosophie sind dabei als Medizin zu verstehen, als heilsame Hilfe und anregende Spuren, denen man folgen kann. Aber es gibt keine einfältige Wahrheit für alle, nur eine vielfältige Einheit für jeden.

    Buddhaghosa:


    Aber, wer bestimmt wessen Lesart richtig ist, wenn die Mehrdeutigkeit im Suttanta selbst angelegt ist? Einige Leute hier aus dem Buddhaland.de? :lol:


    Genau. Die Koan spielen im Zen mit dieser Mehrdeutigkeit, die sich aus dem Wesen der Sprache ergibt. Man lese nur mal ein paar gute Frühlingsgedichte. Eine innere Logik und Symmetrie des Frühlings ist erkennbar, aber doch ist jedes Gedicht auf seine Weise einmalig verkleidet. Jeder setzt die Worte anders in Beziehung. Mystische/Flow Erfahrungen - oder Gipfelerlebnisse, wie man sie in der Psychologie nennt - sind vorallem Einheitserfahrungen. Sie sind nondual. Das Nirwana ist nondual und nicht mehr sprachlich fassbar.


    Die eine, reine Lehre gibt es im Buddhismus nicht. Das zeigt der Pluralismus in der gesamten buddhistischen Geschichte. Zwar gab es auch da immer wieder Versuche bestimmte Sichtweise zu verobjektivieren, aber der eigentliche Wert des Buddhismus liegt in der konkreten Meditationspraxis. Nicht ohne Grund gilt im Buddhismus der Grundsatz, dass Begriffe nicht hinreichen, um die Wirklichkeit zu erfassen. Die abrahamitischen Religionen gehen genau umgekehrt vor: das Wort/der Begriff ist der Ausgangspunkt, erst dann kommt die eigene Erfahrung.

    Rasmuss:

    Ich las, dass es im Zen- Buddhismus generell un das "Hier und Jetzt" geht. Man beschäftige sich dort nicht mit Wiedergeburt und Karma. Ist das richtig..?


    Ich würde sagen, dass man die Reinkarnationslehre nicht zu wörtlich nehmen sollte. Sie ist zunächst eine Vorstellung ( die auch einen gewissen pädagogischen Wert hat, insofern zwar alle Menschen ein potentieller Buddha sind, aber nicht alle diesen Zustand im Laufe eines Lebens erreichen werden, weshalb die Idee der Vervollkommnung auf mehrere Leben hin, entspannend und disziplinierend wirkt ). Im Buddhismus geht es aber nicht um theologische Dogmen, sondern um die konkrete Meditationspraxis, die sich im Hier und Jetzt entfaltet. Es gibt da kein abstraktes Glaubensbekenntnis, jeder kann, wo auch immer er sich geistig verortet, sofort mit dem Zen beginnen. Deshalb kann man ohne weiteres, als Christ, ein christlicher Buddhist werden. Insbesondere Zen hat längst seine Wurzeln in der christlichen Spiritualität aufgeschlagen, wie der Jesuit und Zen-Meister Enomiya-Lassalle oder die christlichen Mystiker Johannes Kopp oder Willigis Jäger beweisen.


    Der Name Jesus Christus sei leise gesagt, in der Scheu, die immer noch offen lässt, was und wer mit diesem Namen sich offenbart, offen zum immer noch Größeren als stete Forderung und Transzendierung aller Begriffe. Was einzig und allein interessiert, das ist die Wirklichkeit. Jeder suche für sich den Namen, in dem nichts ausgelassen, sondern alles umfasst ist. Ich habe für mich in immer neuer Entdeckerfreude ... diesen Namen gefunden und noch viel mehr lasse ich mich von ihm finden. Ich rede von ihm zugleich auch namenlos und höre ihn von Ergriffenen und Erfahrenen ausgesprochen als Wesensnatur, als Buddhanatur, als Leere und Fülle: im Nachgehen und Einholen der Liebe, mit der jeder Mensch geliebt ist. (18)


    Irgendwann in meinem Leben wurde mir Christus zu einem Ereignis, über das nichts mehr hinaus, sondern in das alles hineinging. (36)


    Christus ist eigentlich kein Name, sondern ... bezeichnet das Wesen, in dem alles ist und das in allem ist.“ (305)


    Johannes Kopp: Schneeflocken fallen in die Sonne, Christus-Erfahrungen auf dem Zen-Weg, Annweiler 1994
    http://www.zen-kontemplation.de