Sida0211:
Guten Morgen. Vielen lieben dank erst einmal für die Infos. Eine Frage habe ich dennoch. Wenn ich während des Sitzens bemerkt bzw nicht bemerkt habe das sich meine Spannung verändert bzw. Nicht mehr richtig ist darf ich sie dann verändern? Weiterhin habe ich extrem viel Speichel im Mund darf ich den schlucken? Ich Habe das alles so verstanden das ich als eine Art Wächter mir meinen Körper anschauen soll ist das richtig?LG
Hinweis, das sind keine Infos, sondern nur Anregungen zum Experimentieren.
Letztlich musst Du deine eigene Art der Praxis finden.
Im Zazen kommt man völlig zur Ruhe, man gibt alle Aktivität auf.
Das ist aber nicht so einfach.
Anfangs habe ich ähnlich wie du mich ständig gefragt: wie geht´s richtig, wie ist es falsch? Mache ich es falsch?
Das folgende ist nur meine Meinung. Wie du hier im Thread gesehen hast, gibt´s auch andere Meinungen. Und beide Meinungen haben was für sich.
Ich persönlich finde es nicht hilfreich, Kataloge aufzustellen von Falsch und Richtig.
Ich finde, man darf beim Sitzen zunächst mal alles, was man will. Wenn es pressiert und du merkst, das geht jetzt gar nicht mehr, ruckelst du dich eben wieder zurecht, so wie du es für gut hältst. Und schluckst eben, so oft es dir nötig erscheint. Wenn du dir erlaubst, zu schlucken, wann immer das nötig ist, hört die übermäßige Speichelproduktion und das Schlucken irgendwann von selbst auf. Oder du experimentierst damit mal und schluckst eben eine Zeitlang nicht. Und du merkst irgendwann, was eben noch ein kaum zu ertragender Impuls war, geht vorbei. Ist plötzlich nicht mehr da.
Es ist aber mit fortschreitender Praxis sehr interessant und lehrreich, mit zunehmender Bewegungslosigkeit zu experimentieren. Immer stiller zu werden. Immer länger still zu sein.
Ich vergleiche das gern mit einem Aquarium. Wenn das Aquarium still steht, kann man die Fische darin sehr gut sehen. Wenn das Aquarium ständig herumgeschaukelt würde, könnte man die Fische darin nicht mehr sehen.
Je stiller man wird, desto besser sieht man, was drinnen los ist: GEdanken, Impulse, Gefühle, der Wunsch, sich unbedingt zu bewegen... Man sieht förmlich, wie die Gedanken an die Hirnschale knallen, die Gefühlsimpulse an die Haut, so wie Fische an eine Scheibe. Es entwickelt sich der dringende Wunsch, rauszukommen aus dieser Situation, rauszukommen aus dem, was ist, rauszukommen aus dem Hier und Jetzt, so wie es ist. Und wäre das nicht ganz einfach mit einer kleinen Bewegung zu machen? Nur ein ganz klein bisschen ruckeln, dann wäre alles gut...
Das ist die unmittelbare Begegnung mit dem, was wir "Gier und Hass" nennen, oder vielleicht neutraler: "Verlangen und Abneigung". Dem nicht auszuweichen, zu sehen und ZU SPÜREN, wie es sich rund um Wahrnehmungsereignisse kondensiert und dann wieder verflüchtigt, ist für mich der Kern der Sitzpraxis.
Und dazu gibt es eben unterschiedliche Methoden. Die einen sitzen von Anfang an in völliger Bewegungslosigkeit. Die anderen kommen Schritt für Schritt zu immer größerer körperlicher Ruhe.
Ich selbst bevorzuge das Zweite, weil ich persönlich im Ersten die Gefahr sehe, starr zu werden. Die Haltung mit Gewalt einzunehmen und zu halten. Wenn es von einem guten Lehrer angeleitet wird, kann das extremst effektiv sein, aber es birgt auch Gefahren, vor allem, wenn man ohne regelmäßigen Kontakt zu einem guten Lehrer praktiziert.
Probier aus, was für Dich besser funktioniert.
Gut ist, mit anderen zu sitzen. Dann ist man automatisch aufmerksamer. Wir haben die Regel, wenn man sich bewegen will, macht man vorher "Gassho", d.h. man verbeugt sich mit zusammengelegten Händen. Nach der Bewegung macht man wieder Gassho. Das erzeugt eine gewisse Bremse. Man will die anderen ja nicht dauernd stören. Es gibt kein völliges Verbot von Bewegung, aber man reagiert auch nicht auf jeden kleinen inneren Impuls und wird so langsam immer ruhiger.