Beiträge von Jojo

    Der Unterschied liegt in einem unangenehmen physischen Empfinden.


    Der dünkelhafte innere Kritiker ist immer mit einem mehr oder weniger feinen physischen Schmerz verbunden.
    Die einfache Analyse der Situation ruft diesen Schmerz nicht hervor.
    Ausserdem kreiselt der innere Kritiker und kann nicht zum Schweigen gebracht werden.
    Die einfache Analyse der Situation kann der Geist fallen lassen, sobald er sie vorgenommen hat.


    Beim Sitzen hat man die Zeit und die physische Entspanntheit, den Unterschied wahrzunehmen.
    Um den Unterschied im Alltag wahrzunehmen, braucht man wahrscheinlich viel Übung. Ich kann das im Alltag nicht.

    Ich hoffe, ich verstehe, was du meinst.


    Meine Erfahrung ist: bei der Unterweisung durch Worte bleibt immer was auf der Strecke.
    Die wirkliche Unterweisung erfolgt durch das Beispiel.
    Im Sitzen wird offenbar, was uns daran hindert, das Beispiel in unserem eigenen alltäglichen Handeln zu verwirklichen.
    Dadurch entwickelt sich die rechte Anschauung Schritt für Schritt.
    Das ist ein individueller Prozess, der auch Zeit für das menschliche Reifen einschließen muss.
    Der achtfache Pfad wird immer spiralförmig gegangen, egal in welcher Sprache.
    Es gibt keine Abkürzung.


    Mit einem guten Lehrer kann man das in der Praxis üben, ohne besonders auf die Texte zurückgreifen zu müssen.
    Wer die Texte studieren will, wird irgendwann immer auf die Originaltexte zurückgreifen müssen, so wie auch die Christen immer noch lateinische, griechische und aramäische Texte studieren.

    Mab:

    Ich habe gegenteilige Erfahrungen gemacht und wollte gern Meinungen dazu hören.


    hallo Mab,
    "Gegenteilige" Erfahrungen habe ich jetzt nicht gemacht. Ich finde es sehr motivierend, mit anderen zusammen zu sitzen. Aber eine substanzhafte Gruppenenergie konnte ich auch noch nicht feststellen.

    Herzsutra:

    Was ist denn an dem Bericht so schlecht..?


    lass dich nicht einschüchtern.
    Das sind halt Meinungen.
    Dir hat´s gefallen, also kannst du´s reinstellen.
    Wenn dann jemand das Etikett "gut" oder "schlecht" ranklebt... so what.

    In jeder der zahlreichen Zimmerfluchten meiner geräumigen Wohnung steht eine Bodhisattva-Figur. Wie Mirco erinnert sie mich an die Praxis. Im Schlafzimmer ist es ein liegender Buddha, der ein bisschen angeschlagen ist.
    Im Bad ist es ein Metallbodhisattva, kann gern naß werden, sehr praktisch. Außerdem habe ich noch einen Mini-Reisebuddha, der im Kultur- ähem also Kulturbeutel mitfährt :D Im Kleiderschrank steht ein bunter Plastebuddha aus dem Bücherladen.


    Meinen ersten Bodhisattva habe ich in einem Esoshop gekauft, und damals lange unter zwanzig Figuren nach einer gesucht, die mir gefiel, weil der für meine Verhältnisse richtig viel kosten sollte. Es gab noch keine Baumarkt-Buddhas. Er ist aus Balsaholz und mein Lieblingsbodhisattva, weil ich ihn mir sozusagen vom Mund absparen musste und er einiges erlebt hat. Elternbesuche musste er zum Beispiel anfänglich in der Bettschublade verbringen. Bei dem ist schon ne Ecke ab.


    Mein Bürobodhisattva ist ein bisschen verkrampft, aber einer meiner liebsten. Den hat mir meine Mutter geschenkt. Sie hatte lange Angst, dass ich in die Hölle komme. Jahre später hat sie mir dann so ein "Götzenbild" geschenkt. :)

    Yoni:

    Bei mir ist gerade das Thema: Verantwortung abgeben.
    Meine Tochter ist sehr aufgebracht und denkt ich will ihr "böses". (...)
    und nun ... naja, .... abGEBEN/loslassen muss.
    ist nen bisschen am Topic vorbei, und dann doch wieder nicht. Verzeihung, bitte!


    Es ist überhaupt nicht am Topic vorbei.


    Anderen solche Freiheit geben ist eines der schönsten Geschenke, die man überhaupt machen kann, finde ich. Ich habe viel mit Jugendlichen zu tun, und regelmäßig sind welche dabei, die voll gegen die Wand rennen. Schon das ist grauenhaft. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es mit eigenen ist.


    Ich habe für euch zwei heute abend eine Kerze angezündet. Einatmen, ausatmen (nicht die Kerze ;))

    Ellviral:

    dann wird es Zeit den Betrachter zu sehen und zu sein und was auch immer.


    SEIN? Was ist DAS denn? :lol:


    Das ist eine Schwatzbude da oben bei mir.
    Und die sind alle dauerbekifft und wahrnehmungsbehindert.
    Ich finde es grenzt manchmal an ein Wunder, dass ich mich morgens angezogen kriege.

    Karnataka:

    Man kann, wie gesagt, verzweifelt auf eine Verspannung glotzen, die aber selbst nur die körperliche Seite dieser Verzweiflung ist.


    Interessant. Ist mir noch nicht passiert. Verzweifelt glotzen, ja. Stundenlang verzweifelt glotzen, ja. Immer wieder auf dieselbe Stelle verzweifelt glotzen, ja. Aber so einen fiesen Rückkoppler hatte ich noch nie. Nicht dass ich jetzt anfange, welche zu erzeugen :lol:

    Jojo:
    mukti:

    Aber der Vorgang des reinen Beobachtens ist an sich ohne Gefühle und Gedanken


    Was versteht man denn unter "wie ein Wissenschaftler beobachten"?
    Damit meinte ich eben: sich nicht involvieren lassen, nicht bewerten, sondern nur wahrnehmen und "mitprotokollieren".


    Ergänzung:
    Mit "Wissenschaft" assoziieren vielleicht viele "Nüchternheit, Kälte".
    Ich sehe das nicht so. Für mich ist ein Wissenschaftler einer, der neugierig ist und wissen will, was es alles so gibt in dieser Welt.
    Ein anderer Beobachtermodus ist der "Großmuttergeist". Eine lebenskluge Großmutter wird auf die Dramen ihres Enkels mit Sympathie und Vertrauen blicken, und dabei wissen, dass jeder Mensch seinen eigenen Weg gehen muss und dass sie nicht wirklich eingreifen kann.
    Ich meine dabei eine freundliche, weise Großmutter, die schon begriffen hat, dass jeder sich selbst erziehen muss.


    Ein reines Beobachten ohne Gefühle und Gedanken wird man anfangs kaum hinbekommen.
    Mein Beobachter kommentiert ALLES, wie ein Sportreporter im Stadion. Ist manchmal ermüdend :oops:

    Losang Lamo:

    geistige und auch praktische Unterstützung für meinen Dharmaweg von so manchem Atheisten oder Kiffer.


    Atheisten ja, Kiffer nein ;)
    Ist wohl eine Alterssache.
    In meinem fortgeschrittenen Alter haben die Kiffer entweder aufgehört, oder sie sind in einen Zustand abgerutscht, den ich schlimm und bedrückend finde.

    mukti:

    Aber der Vorgang des reinen Beobachtens ist an sich ohne Gefühle und Gedanken, das ist ja das Befreiende daran. Das entsteht alles, besteht eine Weile und vergeht wieder, zieht vorüber. Dabei lässt sich auch erkennen wie und warum etwas entsteht, durch welche äußeren Umstände und innere geistige Bedingungen es zustandekommt. Man sieht das klarer wenn man nicht involviert ist, nichts ergreift, sich nicht hineinziehen lässt, nicht identifiziert, sondern eben nur rein beobachtet. So entwickeln sich Achtsamkeit und Wissenklarheit.


    ich denke, beides ist richtig.
    Was versteht man denn unter "wie ein Wissenschaftler beobachten"?
    Damit meinte ich eben: sich nicht involvieren lassen, nicht bewerten, sondern nur wahrnehmen und "mitprotokollieren".


    Der Wissenschaftler wird im Versuch nicht mitspielen, und er wird die Aktionen seiner Versuchsperson nicht mit Zustimmung oder Ablehnung betrachten, sondern er wird lediglich mitschreiben, was die Versuchsperson tut. Karnatapa hat recht, dass die stetige Rückkehr zu einem Meditationsobjekt dabei sehr hilfreich ist. Der Atem ist sozusagen das Mikroskop, durch das der Wissenschaftler blickt. Spätestens wenn der Wissenschaftler von seinem Platz am Mikroskop aufspringt, um im Versuch mitzuspielen, wird er merken, dass was schiefläuft, und an seinen Platz zum Mikroskop zurückkehren. Ich hatte das übersehen.


    (Zugegeben ein etwas schräger Vergleich, weil man Versuchspersonen kaum durch ein Mikroskop beobachten wird ;) Ihr wisst, was ich meine.)


    Es stimmt natürlich: Wenn die Wut aufsteigt, ist man ruck-zuck aus dem Beobachtermodus raus und involviert. Das Meditationsobjekt (z.B. der Atem) hilft, zu bemerken, wann man abrutscht. Man kehrt zum Objekt zurück, und im Zurückkehren zum Atem kann man sich von der Wut wieder lösen. Dann rutscht man wieder rein. Dann kehrt man zum Atem zurück und löst sich wieder von der Wut. Und so weiter.


    Wenn ich das oft genug gemacht habe, verändert sich mein Verhältnis zu der Wut, und ich fange an festzustellen, dass die Wut nicht "ich" ist, sondern etwas Hinzugefügtes. Dann wird der Beobachtermodus stabiler.

    Verrückter:
    rosewreaths:

    Richtig wäre aus buddhistischer Sicht meiner Meinung nach, zunächst die Gründe für deine Wut zu erkunden.


    Ja, die Gründe genau erkunden, und die Wut selbst VOLLSTÄNDIG ERFAHREN. Dabei beobachten, unter welchen Bedingungen sie entsteht, wie sie sich anfühlt, unter welchen Bedingungen sie vergeht, und so weiter.


    Einfach BEOBACHTEN und ERFAHREN. Das geht am besten auf dem Kissen. Wenn es echte Wut ist, wird sie auf dem Kissen auch aufsteigen, nämlich wenn die dazu gehörigen Erinnerungen aufsteigen. Das ist ein guter Zeitpunkt zur Betrachtung. Aber da kommt man dann eh nicht drum rum.


    "Erkunden" heißt hier nicht "suchen", sondern eben beobachten - wie ein Wissenschaftler in einem Laborexperiment eine Versuchsperson beobachtet. "Suchen" kann man die Gründe nicht, denn alles Suchen liegt im Bereich des Gedanklichen, Begrifflichen. Beim Suchen läuft der Geist Gefahr, sich Gründe zu er-finden.

    Herzsutra:
    Jojo:


    Das ist dann halt nicht Zen, sondern tibetisch. Also die Bhumis.


    Die verschiedenen Stufen heißen in allen Schulen anders- gemeint ist aber das Gleiche..?


    Keine Ahnung, ich habe das im Zen noch nie gehört.
    Auch das, was Jiun Ken da in dem anderen Fred schreibt (bojjhanga). Nie gehört.
    Mir sind die Paramitas und der achtfache Pfad eingetrichtert worden. Dieses bojjhanga scheint was anderes zu sein.

    Herzsutra:
    Zitat

    Es gibt da 10 Stufen ("Bhumis").
    Auf den Stufen 8-10 erst ist der Bodhisattva der Buddhaschaft nahe. Erst ab da entscheidet er selbstständig, wo er wieder inkarniert.
    So heißt es in den tibetischen Übersetzungen des Dharma.


    Kann man die Stufen irgendwo nachlesen..?


    Das ist dann halt nicht Zen, sondern tibetisch. Also die Bhumis.

    Geronimo:

    Und man muss auch nicht unbedingt vom Buddhismus sprechen um anderen etwas von Freiheit und Nicht-Anhaftung näherzubringen. Das geht auch wenn man mal einfach nur im Haushalt mithilft und in den richtigen Momenten verständnisvoll und still ist...


    Genau so.
    Missionieren geht gar nicht.
    Funktioniert einfach nicht.
    Hör auf, vom Buddhismus zu reden, und praktiziere auf dem Kissen und im Alltag. Wenn du dich positiv veränderst (dazu gehört auch, sich mit Nicht-Buddhisten zu harmonisieren und ihre Art zu Leben zu respektieren), wird sie dich irgendwann fragen, wie du das machst.

    Herzsutra:

    Ich gehöre nicht dem Zen an, aber habe schonmal die erste Frage.. ;)
    Die Frau meines Kollegen praktiziert incl. ihrer Mutter Zen. Der Kollege erzählte mir, im Zen gebe es nur einen Bodhishattva. Ist das wahr..? Dachte immer, im Zen gebe es so etwas nicht. Zen war für mich immer schlicht und einfach, ohne Schnörkel.
    Des weiteren, meinte der Kollege, dass jegliches Orakeln im Buddhismus unüblich bis verboten wäre. Wie ist es damit..?


    Was verstehst du unter Bodhisattva?
    Was "im Buddhismus" üblich oder unüblich ist, hängt stark von der Schule ab.
    Im Zen ist Orakeln unüblich.

    Losang Lamo:

    "Wenn andere alle unsere Taten kritisieren und darauf aus sind, nur schlecht über uns zu reden, ist das das Rad der scharfen Waffen, das uns mit voller Wucht zurückbringt, was wir an üblen Taten begangen haben." (Lama Zopa)


    Der Ausdruck "üble Taten" ist meiner Meinung nach sehr unglücklich und missverständlich, und in keiner Weise hilfreich.
    Unter einer "üblen Tat" verstehen wir ja wahrscheinlich eine "absichtlich boshafte Handlung".
    Vielleicht wäre es besser, einen neutralen Begriff wie z.B. Konditionierungen zu verwenden.


    Dann könnte ich diesen SAtz unterschreiben: "Wenn andere alle unsere Taten kritisieren und darauf aus sind, nur schlecht über uns zu reden, ist das das Rad der scharfen Waffen, das uns mit voller Wucht auf unsere Konditionierungen stößt."

    void:

    Vielllcht verwenden wir andere Definitionen. Für mich machen nicht Schmerz, Leiden, Demütigung die Hölle aus sondern der "ohnmächtigen Hass" den man selber fühlt. Ich denke, dass es Leute gab, die Schmerz, Leid, Demütigung erduldet haben ohne Hass zu empfinden. Für solche Menschen sind solche Bedingungen ein Martyrium aber keine Hölle.


    Ein interessanter Gedanke. Ich habe noch nicht genau beobachtet, was ich als Hölle empfinde. Ich glaube, es ist mehr als nur ohnmächtiger Hass. Alles, was ich nicht will, ist in gewisser Weise Hölle. So wird es ja auch im Zen gelehrt. Das "Ich" kreiert die Hölle durch Abneigung. Ein Martyrium wäre für mich demzufolge auch eine Hölle.

    void:

    Ich finde es faszinierend, dass es auch in den KZs Leute gab, die nicht im "Zustand der Hölle" waren sondern dort Offenheit und Mitgefühl übten.


    wir wissen es natürlich beide nicht, denn wir waren beide nicht dort. Aber ich glaube, das ist Wunschdenken. Ich glaube, dass auch diese Leute sich dort gefühlt haben wie in der Hölle, selbst wenn sie auch dort noch in der Lage waren, Mitgefühl zu üben.


    Zitat

    Umgekehrt brauchen äußerlich himmlische Umstände nicht bedeuten, dass man sich himmlisch fühlt.


    Definiere "äußere himmlische Umstände" :)


    Im Grunde stimme ich dir aber zu. Wenn wir mehr und mehr erfahren, dass innen und außen nicht getrennt sind, erfahren wir auch mehr und mehr, dass die Höllen und Himmel innerlich und äußerlich zugleich sind.