Seit wann ist Triratna eine tibetische Gruppierung?
Du hast natürlich vollkommen recht. Triratna ist nicht tibetisch. Im Ursprung Theravada. An anderer Stelle schrieb ich ja auch, dass es nicht nur um tibetischen Buddhismus geht. Es geht auch nicht um ein Bashing des tibetischen Buddhismus.
Wenn ich als Außenstehender ab und zu Behauptungen und Gegenbehauptungen höre oder etwas lese darüber, will ich nicht sagen, dass ich weiß was da vorgefallen ist.
Die Missbräuche in den genannten Gruppen sind alle gut dokumentiert. Man muss also nicht dabei gewesen sein, um Wissen darüber zu erlangen.
Im übrigen hatte ich ein Zahl von 99% genannt, bzw. 1% für Skandale/Probleme.
Du hast sehr große Organisationen genannt, alleine FPMT ist mit über hundert von "Zweigstellen" in der ganzen Welt vertreten. Da gibt's doch nicht überall Skandale? Und wenn wir auch noch die mittelgroßen Organisationen dazu nehmen, die sich in sehr vielen europäischen Staaten in den größeren Städten und vielen US-Staaten befinden mit tibetischen und nationalen Lehrern, dann erhöhe ich die Zahl noch auf 99,9 %: 999 von 1000 Lehrern im tibetischen Buddhismus sind skandalfrei.
Das ist ein wichtiger Punkt. Ist eine Orga als ganzes 'schuldig', wenn der Ober-Guru oder irgend ein anderer Lehrer oder ein Mitglied sich des Missbrauchs schuldig gemacht hat? Kommt darauf an.
Nicht, wenn, sobald der Missbrauch bekannt wird, die Orga umsichtig und ethisch handelt: Die Opfer ernstnehmen und anhören, externe Hilfe bei der Aufklärung suchen, transparent mit den Problemen umgehen, Struturen schaffen, die zukünftig dazu beitragen können, Missbrauch zu verhindern.
Sie machen sich schuldig, wenn: Die Opfer bedrängt werden, um sie zum Schweigen zu bringen, Missbrauch vertuscht oder verharmlost oder gar besseren Wissens geleugnet wird etc. Dies wird bewirken, dass Missbrauch fortgesetzt werden kann, dass Opfer mit ihren Traumata allein gelassen und sogar nochmal traumatisaiert werden. Dies alles hat in den genannten Orgas stattgefunden und findet weiter statt. Die Leugnung geht bis zum einfachsten Mitglied der Orga, der sich mit einer kognitive Dissonanz konfrontiert sieht: Das Bild, dass er von seinem Lehrer und/oder seiner Orga bisher hatte, das gegebenfalls sinnstiften ist, wird in Frage gestellt. Deshalb wird Opfern nicht geglaubt und Aufklärer werden bedrängt. Betroffene schildern das als "Hexenjagt": "Deine Gegenwart - als jemand der Missbrauch anspricht - verunreinigt die Gemeinschaft, ist eine Bedrohung für sie. Die Leute meiden dann darauf dich und haben a) Angst vor deiner Gegenwart (schneiden dich, meiden dich, setzen sich weg oder fordern dich auf Zeremonien fernzubleiben (werfen dich raus), weil du eine spirituelle Verunreinigung bist), b) haben Angst ihren Job zu verlieren, wenn sie mit dir gesehen werden, c) du wirst gewarnt, dass die Fanatiker dich auch (...) vertreiben werden. (...)." Deine aufkläerische Tätigkeit wird als "spirituelle Verunreinigung," bezeichnet. (O-Ton eines Betroffenen bei FPMT).
Ein weiteres Beispiel: EIne schriftliche Anfrage beim zuständigen Karmapa, wie er zulassen kann, dass sich Ole Nydahl rassistisch gebärdet und zügellos auf Kosten seiner Anhänger seine sexuellen Begierden auslebt und und und, ergab sinngemäss die Antwort, dass diese Frage nicht gestattet sei, weil es sich um einen Lama handle. Der dürfe nie in Frage gestellt werden. Wer das tue, in dessen Geist ist was nicht in Ordung.
Oder: Dzongsar Jamyang Khyentse hält 2018 einen Vortrag und sagt auf Nachfrage zu den Missbrauchsvorwürfen genen Sogyal, dass es sich dabei um "Missverständnisse" handele: Er selbst würde Schülerinnen und Schüler sexuell, körperlich oder emotional missbrauchen, wäre er ein Mahasiddha, ein tantrischer Lehrer."
Rigpa-Anhänger haben bei der letzten Mitgliederversammlung der Deutschen Buddhistischen Union klar gemacht, dass sie die vorgestellte ethische Selbstverpflichtung nicht zu einhundert Prozent mittragen können. Dabei finden wir da nur Forderungen, die z.B. in westlichen therapeutischen Kontexten oder in der Bildung Basics sind, wie etwa, dass es innerhalb der Beziehung zwischen Therapeut und Patient oder Lehrer und Schüler nicht zu sexuellen Handlungen kommen darf.
Ich habe vor Jahren einen Vortrag einer Triratna-Funktionärin gehört, die innerhalb der Organisation für die Prävention von Missbrauch zuständig war, die die männlichen Opfer des sexuellen Missbrauchs des Gründers als "Liebhaber" bezeichnete und damit den Missbrauch negierte.
Ich könnte stundenlang Beispiele zitieren, die die strukturellen Probleme innerhalb der bud. Orthodoxie aufzeigen. Der Guru ist heilig. Er darf nicht in Frage gestellt werden, man visualisiert seinen Guru in der Meditation und schafft so psychische Abhängigkeiten. Auch die eigene Gruppe darf niemals in Frage gestellt werden.
Die einfach Rechnung also, es gäbe 1.000 Lehrer, davon haben sich nach heutigem Wissen max. etwa ein Dutzend direkt des Missbrauchs schuldig gemacht, also sind 988 Lehrer ohne Tadel, also ist alles in Ordung, ist höchst problematisch.