Ich bin irgendwie dankbar für deine Postings, du hast mich ordentlich angetriggert, und das ist ja eine wunderbare Gelegenheit, non-reaktiv und präsent zu bleiben. Wollte es eigentlich dabei belassen und das mit mir ausmachen, aber ich kann mir nicht helfen, das starke Bedürfnis nochmal zu Antworten bleibt. Ich bin mir nicht sicher, was das ist - ein Rechtfertigungsbedürfnis, oder ob ich vielleicht durch dich Fallstricke in meiner Betrachtung meiner Situation erkennen zu versuche. Erfordert, dass ich mich weiter öffne und verletzlich mache, mal sehen ob ich das später bereue.
1) Du wirfst mir vor, ich würde ein parasitäres Leben führen. Hier eine Gelegenheit für dich nachzufühlen, wie du zu diesem voreiligen Schluss springst, denn ich habe nie beschrieben, in wie fern ich mich an der Haushaltsführung beteilige oder wo das Geld her kommt, das für mein Essen aufgewendet wird.
Ich verfüge durchaus über gewisses Geld, ich sagte ja, dass meine Zukunftspläne nicht auf die Kosten anderer gehen. Das Kloster zahle ich selbst.
Ich habe das Geld allerdings nicht selbst verdient, vielleicht siehst da darin ja auch eine Notwendigkeit, auf mich herab zu blicken.
Es kommt auch nicht von meinen Eltern und ist nicht geklaut.
Das Essen bei meinen Eltern zahle ich nicht, was aber nur daran liegt, dass sie mein Geld nicht wollen. Ich könnte Ihnen welches geben, das wäre okay für mich, aber sie haben wirklich nicht wenig davon. Sie würden das Kloster auch für mich bezahlen, wenn ich das Geld nicht hätte. So läuft das eben bei uns. Ich denke nicht, dass ich mich dafür schämen muss. Jeder kriegt eben einen anderen Start ins Leben, und wenn ich finanziell Glück hatte, habe ich dafür meine anderen Sorgen. Ich beneide Menschen nicht, die sie nicht haben, aber ich wünsche mir grundlegenden Respekt von denen, die sich damit nicht rumschlagen müssen.
Am Haushalt beteilige ich mich ein wenig, meine Eltern sind da leider sehr intransparent mit mir, was es zu erledigen gilt. Ist schon irgendwie merkwürdig, fast schon darum zu betteln, mehr mithelfen zu können, deswegen habe ich das aufgegeben und mache eben einfach, was mir zufällig begegnet. Fände es eigentlich schöner fürs Gemeinschaftsgefühl.
2) Für mich geht es beim Kloster eigentlich darum, diese Robustheit, die ich schon einmal verspürte, als ich dort war, stärker in mich zu integrieren. Ich halte Zen für eine sehr stabilisierende Praxis. Stabilität finde ich in mir bisher nicht, was der Grund ist, warum meine bisherigen Beschäftigungsverhältnisse kleine Katastrophen waren.Es ist nicht so, als hätte ich nicht gewollt, dass es funktioniert. Auch wenn ich durchaus mehr Akzeptanz für meine Situation hätte aufbringen können. Ihr mehr Respekt gegenüber bringen. Frühzeitig gewisse Schutzmaßnahmen einleiten können. Systematischer überlegen, wie es vielleicht doch klappt. Aber ich habe mir eingeredet, dass ich das nicht brauche, wollte meinem Job nicht noch mehr meiner Zeit, Gedanken und Energie schenken (mit anderen Worten, Feierabend hieß für mich Feierabend) und landete schließlich in einer psychiatrischen Klinik. Halte es auch für Möglich, dass es da eigentlich kein Abwenden von gab, aber ich frage mich doch schon manchmal, ob es anders hätte laufen können.
Glaubst du eigentlich an psychische Krankheiten, oder sind das für dich alles Ausreden für Faulheit und Parasitentum?
Besagte Klinik konnte für mich leider nicht das tun, was sie versprach, seitdem bin ich auf der Suche. Meine heißeste Spur ist bislang Zen. Ich verfolgte auch schon andere, leider erfolglos. Dass ich mich einfach wieder ins Berufsleben begebe, aus irgendeiner fiktionalen gesellschaftlichen Verpflichtung heraus, halte ich in Anbetracht meiner Vorgeschichte für ziemlich kurzsichtig. Ich werde bestimmt nicht mein Leben lang von Gelegenheitsjob zu Gelegenheitsjob humpeln, weil ich zu was ernstem nicht die Ausdauer habe, aber dennoch gefälligst zu arbeiten habe. Nein, ich nutze was das Leben mir geschenkt hat und versuche, mehr aus mir zu machen.
3) Ich möchte diese Stabilität erreichen, um auf eigenen Beinen stehen zu können, das ist eigentlich das einzige Ziel, das ich für die Zukunft habe. Einen Job finden, den ich aushalten kann, der irgendwo auch zu mir passt. Ich möchte keine Frau, und auch keine Familie gründen, die Gründe dafür behalte ich für mich. Ich möchte sozial eingebunden sein. Diese zwei Dinge reichen mir aus jetziger Sicht, und ich habe berechtige Sorge, ob mir das gelingt.
Zugegeben, es ist auch kein sehr passioniertes Ziel, wegen dem ich morgens mit vollem Herzen aufstehe, um es zu erreichen. Wäre schön, sowas zu haben, würde bestimmt auch helfen, motivierter zu sein. Aber es ist halt was es ist, Passion regnet nicht vom Himmel nur weil ich es gerne hätte.
Wenn Zen mir dabei nicht zu helfen vermag, mein Ziel zu erreichen, tja, dann kann ich mich wohl warm anziehen und darf meine Ansprüche noch weiter senken. Werde dann bestenfalls einen stillen, repetitiven, sozial weitestgehend isolierten Job ausüben können, schlimmstenfalls von Gelegenheitsjob zu Gelegenheitsjob springen. Wäre ein ziemlich sinnfreies Leben, wenn man das nicht für eine Familie auf sich nimmt. Aber solange ich noch eine Chance, eine Hoffnung sehe, dann werde ich sie nutzen.
Wie du sagst, ich schaffe es ja nicht mal jetzt aus eigener Kraft, eine grundlegende Lebensqualität aufrecht zu erhalten. Vielleicht ist es dann ja klug, etwas zu unternehmen, um das zu ändern, anstatt einfach mit dem Kopf durch die Wand zu gehen und seine ballastartige Existenz hinter sich zu lassen, egal, was es kostet. (Schade, dass ich mich auch so wahrnehme, auch wenn ich mit meinem Klosteraufenthalt ja eigentlich niemanden Belaste). Dass du deine Mitmenschen aufgrund ihrer Unfähigkeiten verurteilst, ist ja wohl das aller Letzte und eine riesige Überraschung, wenn es von einem Buddhisten kommt.