Beiträge von Vibhajjavādī

    Namaste zusammen!


    In der Chaṭṭha-Saṅgāyana-Ausgabe des tipiṭaka finden wir:

    Zitat

    230. ‘‘Puna caparaṃ, sandaka, idhekacco satthā anussaviko hoti anussavasacco. So anussavena itihitihaparamparāya piṭakasampadāya dhammaṃ deseti. Anussavikassa kho pana, sandaka, satthuno anussavasaccassa sussutampi hoti dussutampi hoti tathāpi hoti aññathāpi hoti. Tatra, sandaka, viññū puriso iti paṭisañcikkhati – ‘ayaṃ kho bhavaṃ satthā anussaviko anussavasacco so anussavena itihitihaparamparāya piṭakasampadāya dhammaṃ deseti. Anussavikassa kho pana satthuno anussavasaccassa sussutampi hoti dussutampi hoti tathāpi hoti aññathāpi hoti’. So ‘anassāsikaṃ idaṃ brahmacariya’nti – iti viditvā tasmā brahmacariyā nibbijja pakkamati. Idaṃ kho, sandaka, tena bhagavatā jānatā passatā arahatā sammāsambuddhena dutiyaṃ anassāsikaṃ brahmacariyaṃ akkhātaṃ yattha viññū puriso sasakkaṃ brahmacariyaṃ na vaseyya, vasanto ca nārādheyya ñāyaṃ dhammaṃ kusalaṃ.


    piṭakasampadāya dhammaṃ deseti heißt wörtlich soviel wie: "Er (der Meister/Lehrer/Religionsstifter) legt die Lehre als Durchführung/Ergebnis/Darbietung des/der Korbs/Körbe dar."


    Im übertragenen Sinne - unter Berücksichtigung der Pāli-Körbe (-Sammlungen) der oralen Überlieferungstradition (die Verschriftlichung fand erst Jahrhunderte später statt) - könnte man formulieren: "Der Lehrer legt die Lehre in Übereinstimmung mit der Pālitradition bzw. aufgrund der Autorität der Sammlungen dar."


    Mit Mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste!

    1) Man hört immer mal wieder von der Aussage, Buddha habe gesagt, dass jeder, der auch nur einen einzigen Tropfen Alkohol trinkt, nicht sein Schüler sei.


    Ich habe diese Aussage aber im Pali-Kanon bislang noch nicht gefunden. Kann mir jemand weiterhelfen oder steht das gar nicht im Pali-Kanon, sondern in einer späteren entstandenen Sutra? 🤔

    Im vinayapiṭaka (Ordensregeln) findest als Abbittevergehen (pācittiya) für ordinierte Bettler (bhikkhu) Folgendes:

    Zitat

    104. surāmerayapāne pācittiyaṃ kattha paññattanti? kosambiyaṃ paññattaṃ.

    Was man so übersetzen könnte:

    "Wo ist das Abbittevergehen des Trinkens von vergorenen oder gebrannten Getränken gemacht worden? In Kosambī ist es gemacht worden."


    Das Trinken von Alkohol ist also für ordinierte Bettler ein mittleres Vergehen (es gibt eine Hierarchie von Vergehen im vinaya), das mit Abbitte zu sühnen ist.


    Ganz anders sieht es beim Haushälter bzw. Anhänger (upāsaka) aus, der sich nicht dem vinaya unterworfen hat. Für ihn gilt die fünfte der Sittenregeln (pañcasīla):

    Zitat

    surāmerayamajjapamādaṭṭhānā veramaṇī sikkhāpaddaṃ samādiyami

    Was man so übersetzen könnte:

    "Ich mache mir den Übungsweg der Enthaltsamkeit vom Zustand der Nachlässigkeit durch berauschende Getränke wie Weine und Liköre zu eigen."


    Es geht also nicht um Alkoholabstinenz, sondern um das Sichenthalten von Rausch und Nachlässigkeit! Warum? Weil man in Rausch und Nachlässigkeit leicht und/oder viel Unheilsames tun kann. Der Buddha hat das beispielsweise in DN 31 (Singālaka Sutta) auch beschrieben.


    Bei wieviel "Tropfen Alkohol" das anfängt, ist bei jedem Menschen anders und eine Frage der Achtsamkeit. Am einfachsten ist es natürlich, keinen Alkohol zu trinken - da stellt sich die Frage der Grenze zum Rausch und zur Nachlässigkeit nicht. Außerdem ist überhaupt das Loslassen von Sinnesvergnügen, wie etwa dem Trinken, heilsam und eine Überwindung einer der zehn Fesseln.


    Jedoch vom rein sittlichen Standpunkt aus betrachtet ist das Trinken von paar "Tropfen Alkohol" nicht unsittlich/unmoralisch. Nach frühbuddhistischer Auffassung wird dies erst bei Rausch oder Nachlässigkeit anders.

    Diese Differenzierung wird allerdings von der Mehrheit der Theravādins nicht gemacht, obwohl sie sich in den Quellen findet, was seine eigenen Gründe hat. Aber das würde zu weit führen.


    Was in den später entstandenen Traditionen oder Schulen dazu gesagt oder geschrieben wurde, wäre etwas, was Du in den dazu gehörigen Rubriken von Buddhaland fragen könntest.


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste!


    Vielen Dank für Deine ausführliche, wenn auch für mich etwas verwirrende Antwort, weil ich noch nicht so recht verstehen kann, wie es denn innerhalb des Theravada dazu kam, dass es solche "Entwicklungen" gab?

    Deine Verwirrung kannst entwirren, wenn Du berücksichtigst, dass der Theravāda ja nicht im im luftleeren Raum dahindümpelte, sondern sich im Laufe von Jahrhunderten im Zusammenhang mit anderen buddhistischen Schulen entwickelte. Es kamen - teilweise selbst erfundene - neue philosophische, religiöse und psychologische Ideen auf, die sich auf den Theravāda und die anderen buddhistischen Schulen in einem gegenseitigen Wechselspiel auswirkten. Manches wurde angenommen, anderes modifiziert übernommen und einiges wurde abgelehnt (diente dann aber der Abgenzung).

    In der Entwicklungsgeschichte des Theravāda finden sich da eine ganze Reihe von Ideen, Auslegungen, Vorstellungen etc.: z. B. die des Atomismus mit den dhammā oder des Momentarismus mit den khaṇā oder eben der Teilung der Wahrheit in zwei Bereiche etc. Die verschiedenen buddhistischen Schulen lebten einerseits friedlich miteinander, anderseits gab es aber eine Konkurrenzsituation, da ja die Mönche und Nonnen von Spenden und Almosen abhängig waren. Da wurde dann mal auch mal modegewordene Ideen, die sich lange hielten und von den Spenden und Almosen gebenden Laien sehr gefragt waren, auch in die eigene Lehrauffassung "integriert", da man ja weiterhin spiritueller Ansprechpartner bleiben wollte bzw. musste. Natürlich gab es dabei Versuche, dies aus den älteren Texten herzuleiten, was aber einer Überprüfung nicht standhält, wenn man sich mit dem Orignal und den Kontexten vergleichend (z. B. mit den Āgamā) beschäftigt. Eine andere Methode war zu behaupten, Buddha habe dies geheim/nur Auserwählten/den Göttern gelehrt und nun sei es offenbar geworden.




    Aber das ist die Erlösung. Das erfahren das es die Außenwelt nur in mir gibt. Alle Daten die ich über Außen habe sind Zusammen gehäufte Signale und Benennungen meines Geistes damit ich kommunizieren kann. Verstehen. Meine Handlungen steuern, weil ich Erfahrungen zusammengebaut habe und dann geglaubt habe das das die wirkliche Welt außen ist. Ich nehme Dinge als mein wahr die nie mein sein können, weil sie nur Vorstellungen von Werten in mir haben. Nichts hat einen wirklichen Wert wenn ich ihn nicht erzeuge.

    Jedem seine Erlösung. - Ist die Außenwelt wirklich nur in Dir bzw. ist die "wirkliche Welt" nicht außen? Natürlich kann man sich auf seinen inneren Prozess der Wahrnehmung und des Erlebens fokussieren. Die Bedingung dafür ist die Erfahrung tiefer Sammlung der Geistes (ähnlich wie bei der en vogue gewordenen, sogenannten nondualistischen Erfahrung). Doch folgt daraus, dass es nichts Äußeres mehr gibt und/oder dass alles Bewusstsein ist (dergleichen wurde ja im Yogācāra vertreten)?

    Zum Beispiel rät ja Buddha bekanntlich zu Folgendem:


    Zitat

    MN 10: Auf diese Weise verweilt er, indem er den Körper innerlich als einen Körper betrachtet, oder er verweilt, indem er den Körper äußerlich als einen Körper betrachtet, oder er verweilt, indem er den Körper sowohl innerlich als auch äußerlich als einen Körper betrachtet.

    Was meint wohl der Buddha mit äußerlich, wenn es denn nur Innerliches gäbe?

    Die meisten Irrlehren, die Buddha beschreibt, beruhen auf (tiefe) Meditationserfahrungen und falsche Schlußfolgerungen bzw. verkehrte Ansichten (siehe DN 1; DĀ 21).




    @Lucy:

    Zitat

    ... für mich steht hier nicht das Gegenteil, ich lese hier von einer Wahrheit, die erkannt werden muss - das bedeutet, es gibt Menschen, die diese erkannt haben und dann über diese nicht mehr streiten, und es gibt uns andere ;)

    die wir diese Wahrheit nicht sehen...

    Richtig, die Wahrheit muss erkannt werden und sie ist eins, nicht gibt's eine zweite. Diese Aussage widerspricht also der Auffassung, dass es zwei gäbe, wie etwa eine konventionelle und absolute/höchste.

    Richtig, wenn man dies erkannt hat, streitet man darüber nicht mehr. Das Beantworten einer Frage oder der Hinweis auf das, was Buddha lehrte, ist aber kein Streiten, oder für Dich doch?

    Vielleicht sollten wir auch Buddhas Aufforderung berücksichtigen:

    Zitat

    MN 63: ... betrachte das, was von mir nicht verkündet worden ist, als nicht verkündet, und betrachte das, was von mir verkündet wurde, als verkündet.

    Dem, was von Buddha verkündet wurde, können wir uns durch kritische, vergleichende Textexegese und durch kritische Überprüfung unserer Meditationserfahrungen annähern. Das Schöne dabei sind die Freude, die Ruhe und der Gleichmut, die damit einhergehen.



    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste Sherab!

    In den älteren Texten des Theravāda findet sich diese beiden "Ebenen" (die Teilung der Wirklichkeit in zwei oder mehr Wirklichkeiten) nicht, sondern Buddha brachte das Gegenteil zu Ausdruck:

    Aber in den jüngeren Texten des Theravāda (sprich ab den Kommentaren [Aṭṭhakathā] geht's los) in einem anderen Sinne hingegen schon, obwohl die primären Quellen dies gerade nicht hergeben, z. B.:

    Das könnte man etwas frei wie folgt übersetzen:

    "Der vollkommen Erwachte, der beste Lehrer, sprach zwei Wahrheiten, nämlich die konventionelle und die höchste - eine dritte brachte er nicht hervor. Die konventionelle Erklärung ist wahr wegen der Konvention, die höchste Erklärung ist wahr wegen der gewordenen Eigenschaften der Dinge."

    Mit den Eigenschaften ist gemeint, dass die Dinge unbeständig, unzulänglich und selbstlos entstanden sind.

    Dieses Zitat kommt, manchmal leicht abgewandelt, auch in den Subkommentaren (Ṭīkā) vor.


    Seitdem wird diese Teilung der Wahrheit (Wirklichkeit oder Realität - die meisten verwenden diese Begriffe synonym) von vielen (nicht von allen) Theravādīns im Allgemeinen vertreten. Darüber hinaus machen sich im Besonderen diese Teilung der Wahrheit manche Anhänger des Abhidhamma in dem Sinne zu eigen, dass sie vorgeben, mit dem Abhidhamma die höchste Wahrheit zu vertreten und die Anhänger der Lehrreden jedoch nur die konventionelle.

    Lustigerweise machen dies wiederum einge Anhänger des Madhyamaka dann ebenso: sie meinen, die höchste Wahrheit wiederzugeben, die Anhänger des Abhidhamma aber nur die konventionelle.

    Schaut man sich die Rezeptionsgeschichte an, dann wird gerade und gerne die Teilung der Wahrheit von vielen behauptet, die für sich die jeweils die höchste in Anspruch nehmen, um damit die Auffassungen anderer buddhistischer Schulen als konventionell zu klassifizieren.


    Kann man die Teilung der Wahrheit aus AN 2.25,26 ableiten?

    Zitat

    Neyyatha Sutta:

    "Mönche, diese beiden verleumden den Tathagata. Welche zwei? Wer eine Rede, deren Bedeutung gefolgert werden muss, als eine Rede erklärt, deren Bedeutung bereits vollständig dargestellt wurde. Und wer eine Rede, deren Bedeutung bereits vollständig dargestellt wurde, als eine Rede erklärt, deren Bedeutung gefolgert werden muss. Diese beiden verleumden den Tathagata."

    Das geht m. E. nicht, da eine Rede, deren Bedeutung bereits vollständig dargestellt wurde, ebenso wahr sein kann, wie eine Rede, deren Bedeutung gefolgert werden muss. Und umgekehrt, also: ebenso unwahr. Die Folgerung der Bedeutung ist Akt der Erkenntnis, nicht der Wahrheit. Mit der Erkenntnis (entsprechend: Ansicht - siehe unten) erkennt man die Wahrheit, sie (die Erkenntnis) selbst ist aber nicht die Wahrheit.


    Funktionieren die "Analogien" aus MN 117 und DN 9 (siehe Sunu - [Relative und Absolute Wirklichkeit 16])? Nun, in MN 117 geht es um richtige bzw. falsche Ansicht/Anschauung (sammā/micchā diṭṭhi), nicht um die Wahrheit (sacca). Die zitierte Stelle des DN 9 handelt hingegen von der Vergänglichkeit des Daseins und dem Anhaften an Begriffen zur Bezeichnung des Daseins; auch das ist nicht gerade die Wahrheitsteilung, um die es Sherab zu gehen scheint.


    Braucht man denn die Teilung der Wahrheit in zwei oder mehr Teile? M. E. nein; in den uns überlieferten älteren Quellen kam Buddha ohne aus (im Gegenteil, er betonte, dass es nur eine gebe, nicht zwei - siehe oben). Man kann ja, sofern und soweit man dies erkannt hat, z. B. von einem Bruder, Schwester, Mutter, Vater, etc. sprechen und damit gerade kein atta (Seele, Selbst) meinen, sondern den laufenden geistigphysischen Prozess, der sich in den fünf bedingten und unbeständigen khandhā (Form, Gefühlstönung, Wahrnehmung, Gestaltungen, Bewusstsein) manifestiert, die sich als Bruder, Schwester, Mutter, Vater, etc. ausdrücken.


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste kilaya,


    danke für Deine Antwort.

    Vibhajjavādī Ich glaube ich habe jetzt das Kommunikations-Problem zwischen uns gefunden: Du redest gar nicht mit mir über das worüber ich rede, sondern mit einer Vorstellung von dem, was irgendwo andere Leute mal gesagt haben, was ich aber gar nicht so vertrete.

    Du irrst: mein letzter Beitreg war an Dich gerichtet, was Du den Zitaten (deine) und Antworten darauf auch leicht entnehmen kannst. Ich habe auch Deine Allegorie aufgegriffen und variiert. Nur die letzten beiden Absätze waren allgemein, da es einen Willensimpuls gab, die Allegorie über das Dich betreffende fortzuführen.


    Außerdem hast Du Deine Einstellung auch deutlich zum Ausdruck gebracht:

    Es gibt im Mahayana nicht die Exklusivität, dass nur das, was im Palikanon überliefert ist, die einzige Wahrheit wäre. Ich dachte, das wäre inzwischen deutlich geworden. Dem "Kunstgriff", dass Tantra und Dzogchen spätere Lehren des Buddha sind, die er in anderer Form vermittelt hat, muss ich persönlich nicht folgen, um Vertrauen zu haben, dass bestimmte Philosophien dem Weg zur Erleuchtung förderlich sind. Dass es sich um Buddhismus handelt, ergibt sich nicht aus einer 100% Übereinstimmung mit dem Palikanon, sondern aus den gleichen fundamentalen Grundlagen. (Mir ist schon klar, dass die Empfindung, was "fundamental" ist, verschieden ist und daher ein Theravadin dem Argument nicht unbedingt folgen kann, aber aus der Perspektive des Mahayana, die ich versuche zu schildern, wird das eben so gesehen...)

    Bemerkenswert, dass Du dem "Kunstgriff", dass Tantra und Dzogchen spätere Lehren des Buddha sind, die er in anderer Form vermittelt hat, nicht persönlich folgen musst, um Vertrauen zu haben. Wenn Du meinst und/oder bzw. Andere meinen, dass bestimmte Philosophien dem Weg zur Erleuchtung förderlich sind, dann ist letztendlich enscheidend, was Heilsames dabei rauskommt. Da ich einige Anhänger solcher bestimmter Philosophien, die auf Buddha Bezug nehmen, kennenlernen durfte, und diese Anhänger im Internalisieren von Heilsamen und Schwächen/Vernichten von Geistesgiften fortgeschritten waren, habe ich keinen Zweifel, dass diese Wege auch Früchte tragen können.

    Zitat

    Ich habe gesagt, was ich zu sagen habe. Deine letzten Ausführungen helfen auch nicht dabei, aus der Falle rauszukommen, von mir zu verlangen, eine Aussage die klar zu einer Ebene gehört (die wir auch gelegentlich "absolute Wahrheit" nennen) auf einer anderen Ebene zu beweisen (die wir gelegentlich auch "relative Wahrheit" nennen). Oder zu verlangen, dass ich erklären solle, wie etwas auf der absoluten Ebene wahr sein könne, wenn es doch auf der relativen Ebene nachweislich nicht wahr ist.

    Zu dem Konzept einer konventionellen/relativen und einer höchsten/absoluten Wahrheit, Natur, Sicht et cetera sei gesagt, dass es in den frühen Quellen nicht zu finden ist. Es wurde erst später von den Abhidhammakas erfunden (und Buddha in die Schuhe geschoben) und seitdem von den Theravādins und späteren Schulen verwendet. Buddha lehrte das Gegenteil:

    Es bedarf keiner zwei oder drei Wahrheiten; es gibt auch nur eine. Der Rest ist Konzept.


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste!

    Ich denke es verhält sich eher so: der Kern ist "die Banane". Eine Aussage ist: die Banane ist gelb. Die Prämisse: wir reden nur über reife Bananen. Die andere Aussage ist: Bananen sind grün, gelb oder braun, die gelbe Banane ist der perfekte Reifungsgrad. Unter der Prämisse, nur über optimal essbare reife Bananen zu reden, ist die Aussage "eine Banane ist grün" falsch.

    Unter der Prämisse, nur über optimal essbare reife Bananen zu reden, ist die Aussage "eine Banane ist grün" nicht falsch, es gibt ja in Deiner Allegorie grüne Bananen, sondern sie ist eine Themaverfehlung, weil außerhalb der Themensetzung. Das ist ein Unterschied.

    Zitat

    Nun wird immer wieder aufgefordert, darzulegen, warum eine Banane grün wäre. Unter der Prämisse, dass man nur über reife Bananen redet, ist die Frage schlicht nicht zu beantworten.

    Die Frage wäre schlicht zu beantworten. Sie wird aber nicht beantwortet, weil das Thema anders gesetzt ist.

    Zitat

    Das ist der Kategorienfehler, von dem ich rede. Unter verschiedenen Prämissen lassen sich die Aussagen nicht vergleichen. Und dann lässt sich auch nicht der gemeinsame Kern "Banane" herausschälen.

    Das ist kein Kategorienfehler. Die Kategorie "Banane" stimmt ja, nur ist das Thema auf reife von ihnen beschränkt.



    Doch um bei der Allegorie zu bleiben: Buddha lehrte, dass es grüne, gelbe oder braune Bananen gibt. Einige Jahrhunderte nach seinem Verscheiden traten aber Leute die Philosophien ihrer Zeit übernehmend auf und behaupteten, es gebe in Wahrheit blaue Bananen mit rosa Punkten, die die wahre, letztendliche, absolute Natur der Bananen seien und dies habe Buddha gelehrt. Grüne, gelbe oder braune Bananen seien hingegen nur relativ. Fragt man dann nach diesen blauen Bananen mit rosa Punkten, so heißt es: diese seien unbeschreibbar. Fragt man dann, wieso unbeschreibbar, sie wurden doch als blau mit rosa Punkten beschrieben, dann heißt es, dies sei so im Erleben/Erscheinen eines Buddha. Fragt man dann, wieso im Erleben/Erscheinen eines Buddha, wenn der Buddha davon nicht sprach und außerdem die späteren Autoren keine Buddhas waren, dann heißt es, das sei so aber nun im eigenen großen (maha) Bananen-Verständnis, man sehe auch kein Problem, denn dies sei ja mit grünen, gelben oder braunen Bananen vereinbar, man müsse nur die "Ebenen" wechseln. Wer dem nicht folge, mache gerade Kategorienfehler und gehen von falschen Prämissen aus oder verwechsele die Prämissen.


    Anderne meinen, wer dem nicht folge, der habe eben nur ein kleines, minderwertiges, mangelhaftes (hīna) Bananen-Verständnis. Einige Jahrhunderte später traten wieder neue Leute die Philosophien ihrer Zeit übernehmend auf und behaupteten, es gebe in Wahrheit einen geheimen, schnelleren Weg zum großen Bananen-Verständnis, nämlich über Gurus, die sie rein zufällig auch selbst stellen würden und die auch nur von ihnen kommen können, wofür es des Weiteren auch der Bananenübertragung bedürfe.

    Doch die Entwicklung ging weiter: noch später gab es Leute, die meinten, es reiche aus und sei der richtige Weg, die blaue Banane mit rosa Punkten zu rezitieren, zu vertrauen oder ihr zu glauben. Manche sagen, man würde dann auch selbst zur blauen Banane mit rosa Punkten. Wieder andere legen großen Wert darauf, nur zu sitzen, dann würde das große Bananen-Verständnis selbst klar werden oder man würde dann auch selbst zur blauen Banane mit rosa Punkten.


    All dies sei auch kein Wunder, denn schließlich gebe es die Blaue-Banane-mit-rosa-Punkten-Natur, die einem jedem inne wohne. In Wahrheit sei man schon immer eine blaue Banane mit rosa Punkten, man wisse es nur nicht. Ende der Allegorie.


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste Sherab Yönten,


    danke für Deine Antwort.

    Siehe: Buddhas Lehre 1. Anwort - was im Übrigen genau der Absatz ist, bei dem Du am ersten Satz hängen geblieben bist, den Du nicht richtig gelesen hast. Also den Absatz hast Du auf jeden Fall schon im Auge gehabt, da Du den ersten Satz zitiert hast, aber offenbar die darin liegende hier angeforderte Antwort nicht zuende gelesen...


    Das mit der Tabelle ist sinnlos, weil Du darin weiterhin auf der sog. bedingten Ebene argumentierst, während hier glaube ich hinlänglich darauf hingewiesen wurde, dass die Aussage über die Nicht-Verschiedenheit die Wahrnehmung eines Buddha beschreibt.

    Genau das ist der Grund warum ich eingangs erwähnte, wir würden uns "im Kreise drehen" :)

    Jetzt wechselst Du aber Deine Behauptung von "dualistisch" auf "bedingt", indem Du Dir kliaya Äußerung zu eigen machst. Hast Du damit kokludent Deinen "dulistisch-Einwand" aufgegeben oder sind "dualistisch" und "bedingt" für Dich dasselbe?


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste kilaya,


    danke für Deine Antwort.

    Das mit der Tabelle ist sinnlos, weil Du darin weiterhin auf der sog. bedingten Ebene argumentierst, ...

    Sind die in der Tabelle aufgeführten nibbāna und anatta bedingt? Ist das „nicht sein“ (-) von sankhata, also nicht bedingt (asankhata), bedingt? Wohl kaum, oder? Die Tabelle enthält also Bedingtes und Nichtbedingtes. Das ist ja gerade der Witz. Demnach liegen, wie Du es formulierst, eine „bedingte Ebene“ und eine „unbedingte Ebene“ eben vor. Und das Verhältnis dieser „Ebenen“ ist ja das Thema. Wenn Bedingtes und Nichtbedingtes gleich sein sollen, dann würde es in der Tat „sinnlos“.

    Zitat

    während hier glaube ich hinlänglich darauf hingewiesen wurde, dass die Aussage über die Nicht-Verschiedenheit die Wahrnehmung eines Buddha beschreibt.

    Ja, dazu fragte ich: „Wie kommst Du darauf, dass im „Erleben eines Buddha“ (ist das die „nirvanische Sicht“, von der Du ein einem anderen Beitrag schriebst?) saṃsāra und nirvāṇa nicht mehr unterscheidbar sein sollen?“ Es wäre noch zu ergänzen: Was lässt Dich die „Nicht-Verschiedenheit der Wahrnehmung eines Buddha“ vermuten (falss Du dich auf „Belehrungen aus dem Mahayana“ berufen möchtest, dann bitte zitiere und nenne die Quelle, nach der Buddha dergleichen behauptete - merci)?

    Zitat

    Leerheit ist aber die Abwesenheit aller konkreten Eigenschaften.

    1. Heißt das, abstrakte Eigenschaften sind anwesend?

    2. Und was ist das, dessen konkreten Eigenschaften abwesend sein sollen?

    3. Und wieso ist dies dann die Befreiung?

    4. Ist Leerheit für Dich das gleiche wie nirvāṇa?

    Zitat

    Solange man Nirvana und Samsara in irgendeiner Form mit den Objekten vermählt, muss man diesen Dualismus der in der Tabelle dargestellt wird, aufrecht halten.

    Sind anicca, dukkha, anatta oder (a)sankhata Objekte? Oder sind es nicht Eigenschaften (deswegen eben Adjektive)?

    Zitat

    Ich schrieb ja schon, dass es trotz des Wortes "Essenz" in Bezug auf die letzendliche Ebene ausdrücklich nichts Beschreibbares gibt, auf das man sich mit der Sprache letztendlich beziehen kann.


    Mal abgesehen davon, was die letztendliche Ebene ist, wie kannst Du sie, die "nicht beschreibbare", mit "leer" beschreiben?


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste kilaya,


    danke für Deine Antwort.

    Nun schreibst Du, "leer" kann eine Eigenschaft sein. Vorher, im 258. Diskussionsbeitrag schriebst Du unter 2. "Die Analogie ist keine, weil 'Rotheit' eine Teil-Eigenschaft ist, während Leerheit in dem Sinne keine Eigenschaft ist". Ist das nicht widersprüchlich?

    Du musst schon ein wenig die Grammatik des gesamten Satzes beachten. ;) Da steht genau das Gegenteil...

    Falls Du damit zum Ausdruck bringen willst, dass "leer" keine Eigenschaft ist, könntest Du ja bitte nun meine gestellte Frage beantworten, die Du offen gelassen hast:


    "Wenn Leerheit keine Eigenschaft ist (substantiviertes Adjektiv leer - suññā zu Leerheit - suññatā), was ist sie
    Deiner Meinung nach dann?"

    Vielleicht könntest Du ja auch etwas zu den anderen Fragen, Einwänden oder der Tabelle schreiben? Danke.


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste Sherab Yönten,


    danke für Deine Antwort.

    Meinst Du damit das Konzept des Nichtdualismus?

    Zitat

    Ich habe nie behauptet, ich persönlich wäre frei von dualistischen Konzepten.

    Das war auch nicht die Frage, ob Du oder ich oder sonst jemand frei von "dualistischen Konzepten" wäre. Es geht auch nicht um Personen, sondern um sammā diṭṭhi: wäre die dualistische Argumentation, die hier von DIr und Anderen vertreten wird, widersprüchlich, verlöre sie damit ihren (immanenten) Geltungsanspruch.


    Deswegen noch einmal:

    Wenn Du schreibst, dass Du selbst dualistisch argumentierst, wie kann es dann sein, dass Du Anderen, die nicht Deiner Meinung sind, vorhälst bzw. vorgehalten hast, dass sie dualistisch argumentieren? Ist das nicht wieder widersprüchlich?


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste Sherab Yönten,


    danke für Deine Antwort.

    Wenn Du schreibst, dass Du selbst dualistisch argumentierst, wie kann es dann sein, dass Du Anderen, die nicht Deiner Meinung sind, vorhälst bzw. vorgehalten hast, dass sie dualistisch argumentieren? Ist das nicht schon wieder widersprüchlich?


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste Sherab Yönten!

    Die Diskussion dreht sich im Kreise. Das sind alles dualistische Begriffe in der Tabelle. Wer die Überwindung des Dualismus nicht als Überwindung des Leids anerkennt, der verwechselt den (dualistischen) Pfad mit dem Ergebnis des Pfades.

    1. Argumentierst Du nicht gerade selbst dualistisch (anders ausgedrückt: ist Deiner Argumentation nicht der Dualismus immanent, der ja gerade überwunden werden soll), indem Du den Pfad als dualistisch und dessen Ergebnis als nicht dualistisch (überwunden) bezeichnest? Ist das nicht widersprüchlich?


    2. Ist das Ergebnis des Pfades, von dem Du schreibst, anatta oder atta?


    3. Ist das Ergebnis des Pfades, von dem Du schreibst, leer (suñña) oder nicht leer (asuñña) von atta (bzw. wovon sonst)?


    4. Wird mit dem Ergebnis des Pfades, von dem Du schreibst, Leid überwunden oder nicht überwunden?


    4. Gibt es ein Ergebnis des Pfades, von dem Du schreibst, oder gibt es kein Ergebnis des Pfades, von dem Du schreibst?


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste kilaya,


    danke für Deine Antwort.

    Wenn Leerheit keine Eigenschaft ist (substantiviertes Adjektiv leer - suññā zu Leerheit - suññatā), was ist sieDeiner Meinung nach dann?

    Genauso wenig wie "Nichts" etwas ist, kann "leer" eine Eigenschaft sein.

    Nun schreibst Du, "leer" kann eine Eigenschaft sein. Vorher, im 258. Diskussionsbeitrag schriebst Du unter 2. "Die Analogie ist keine, weil 'Rotheit' eine Teil-Eigenschaft ist, während Leerheit in dem Sinne keine Eigenschaft ist". Ist das nicht widersprüchlich?



    Um in der Sache voran zu kommen, habe ich eine Tabelle angefertigt, in der ich saṃsāra und nibbāna den drei Daseinsmerkmalen (tilakkhaṇa) und dem Kriterium bedingt (saṅkhata) gegenüberstelle. "+" bedeutet "ist", "-" bedeutet "ist nicht" :


    unbeständig (anicca) unzulänglich/leidhaft (dukkha) seelenlos/selbstlos (anatta) bedingt/zusammengefügt (saṅkhata)
    saṃsāra + + + +
    nibbāna - - + -


    Vergleicht man anhand dieser Kriterien saṃsāra und nibbāna, kommt man zum Ergebnis, dass diese unterschiedlich sind. Dies entspricht meines Erachtens der Lehre Buddhas.


    Ich bitte Dich, die Tabelle zu kopieren sowie die Zeichen + und - so einzusetzen, dass die Zuordnungen Deiner Meinung entsprechen, und die Tabelle dann hier zu veröffentlichen. Wenn saṃsāra und nibbāna nicht unterschiedlich sein sollen, so wie Deinen Beiträgen ich zu entnehmen glaube, müssten die acht Wahlfelder entweder alle "-" oder alle "+" sein.


    Alle Interessenten sind ebenfalls herzlich eingeladen, die acht Wahlfelder entsprechend Ihrer Ansicht zu wählen und mitzuteilen, ob nach ihrem Dünken saṃsāra und nibbāna unterschiedlich sind oder nicht. Vielleicht kommen wir ja zu einem aussagekräftigen Ergebnis.


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste kilaya,


    danke für Deine Antwort.


    Wenn Leerheit keine Eigenschaft ist (substantiviertes Adjektiv leer - suññā zu Leerheit - suññatā), was ist sie Deiner Meinung nach dann?


    Zitat

    Wie ich schon schrieb, ändert die Aussage "Samsara und Nirvana sind nicht verschieden" nichts an der wirksamen Unterscheidbarkeit von Samsara und Nirvana im Erleben eines Nicht-Erleuchteten. Es ist eine Aussage, die auf das Erleben eines Buddha verweist, vor dem Hintergrund, dass in den Mahayana-Philosophien, wo solche Aussagen eine Rolle spielen, die Identifikation mit der Erleuchtung als Mittel verwendet wird.


    Wie kommst Du darauf, dass im „Erleben eines Buddha“ saṃsāra und nirvāṇa nicht mehr unterscheidbar sein sollen?

    Ist „Identifikation“, und sei es mit „Erleuchtung“, außerdem nicht genau das, was es zu überwinden gilt? Wer identifiziert sich denn mit „Erleuchtung“ oder noch schlimmer mit „seiner Erleuchtung“?


    Zitat

    3. Sie sind weiterhin alle leer.


    Aber sie sind nicht alle anicca und dukkha. Das ist doch der springende Punkt.


    Zitat

    Übrigens ist aber selbst dieses "ihre Gemeinsamkeit ist die Leerheit" nur eine Annäherung. Weil das, was sie in einer sog. "Essenz", die man nicht verdinglichen darf, nicht unterscheidbar macht, nicht mit Worten beschrieben werden kann.


    Also genauso wie mit der „Gemeinsamkeit der Rotheit“ eines Tomatenfroschs, eines roten Ferraris, einer roten Erdbeere, eines roten Magmas und eines Abendrot des Himmels: diese ist nur eine Annäherung. Weil das, was sie in einer sog. "Essenz der Rotheit", die man nicht verdinglichen darf, nicht unterscheidbar macht, nicht mit Worten beschrieben werden kann (vor allem nicht gegenüber einem von Geburt Blinden - man muss das Rot in seiner Tiefe gesehen haben).


    Zitat

    4. Indem Leid als in seiner Essenz leer erkannt wird, löst man sich davon und es wird nicht mehr leidhaft erfahren. Es spielt dann keine Rolle mehr ob auf bedingter Ebene etwas gemeinhin als "Glück" oder "Leid" definiert wird, für den Buddha ist es einfach nur "es wird etwas erfahren".


    Ist das nicht widersprüchlich? Wenn Deiner Auffassung nach saṃsāra und nibbāna das gleiche oder dasselbe oder nicht voneinander unterscheidbar wären, dann müsste nibbāna gerade auch anicca sowie dukkha sein. Du schreibst aber, dass durch die Erkenntnis von Leid als in seiner Essenz leer es nicht mehr leidhaft erfahren wird. Also kein dukkha mehr. Was denn nun, ist nibbāna dukkha oder nicht? Wenn nicht, dann sind saṃsāra und nibbāna eben verschieden. Wenn ja, dann wäre auf nicht bedingter Ebene, nämlich nibbāna, dukkha vorhanden und eine Befreiung/Erlösung wäre gerade nicht möglich.


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste PhenDe,


    danke für Deine Antwort.


    Es könnte ein Unterschied zwischen saṃsāra und nirvāṇa bestehen, wenn man z. B. die drei Daseinsmerkmale (tilakkhaṇa) berücksichtigen würde: unbeständig (anicca), unzulänglich/leidhaft (dukkha) sowie seelenlos/selbstlos (anatta).


    Zitat

    Das würde ja bedeuten, dass es irgendwo eine andere Welt geben würde in der man hinfliegt nach der Erleuchtung.


    Lustige Vorstellung – vielleicht meinst Du ja mit „andere Welt“ überweltlich (lokuttara) und mit „fliegen“ gehen, nämlich den achtgliedrigen Pfad?


    Zitat

    Buddha war nach der Erleuchtung auch noch im Samsara, eben mit einer anderen Sichtweise und einer anderen Entwicklungsstufe des Geistes.


    Dem saṃsāra als „Beständiges Wandern, Daseinswanderung, Kreislauf des Daseins oder des Wiederwerdens“ war Buddha durch sein Erwachen enthoben, die anderen Wesen um ihn herum aber nicht (mit Ausnahme seiner erwachten Schüler). Oder meintest Du mit saṃsāra eher die sinnliche Welt (kāmaloka)?


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste Void,


    danke für Deine Antwort,

    Dieser Satz, dass Nirvana und Samsara gleich sind, taucht bei Nagarjuna auf. Es wäre vileleicht schön, dazu einen eigenen Thread aufzumachen und zuerst zu klären, was er genau damit meint. Der Satz ist:


    "Es gibt nichts, was den Samsara vom Nirvana, und das Nirvana vom Samsara unterscheidet. Die Grenze des Nirvana ist zugleich die Grenze des Samsara. Zwischen diesen beiden wird auch nicht der feinste Unterschied gefunden."


    Könnte es sein, dass dieses Zitat aus bloßen Behauptungen besteht und sich in ihm weder Argumente noch eine Begründung finden?


    Zitat

    In der Wikipedia steht dazu: "Vom Standpunkt der Erlösung aus gibt es keine Differenzierung mehr zwischen den bedingten Erscheinungen der Daseinswelt und dem unbedingten Nirvana.


    Ist es nicht bemerkenswert, dass die Autoren von Wikipedia vom Standpunkt der Erlösung denken und schreiben können? Differenzierte Buddha als Erlöster/Erleuchteter/Erwachter nicht sehr wohl zwischen „bedingten Erscheinungen der Daseinswelt und dem unbedingten Nirvana“? Ist das nicht sogar eine Kernlehre des dhamma?


    Zitat

    „Bedingtes“ und „Unbedingtes“ sind dualistische und aufeinander bezogene Begriffe.


    Richtig. Und „dualistisch“ sowie „nicht dualistisch“ sind wiederum „dualistische und aufeinander bezogene Begriffe“ – ist das ein Selbstwiderspruch des Advaita und des Nāgārjuna?


    Zitat

    Nur derjenige, der nicht zur Weisheitserfahrung der universellen Leerheit gelangt ist, haftet an ihnen, und dies versperrt ihm den Weg zur Einsicht"


    Heißt das, nur derjenige, der den o. g. bloßen Behauptungen nicht einfach folgt, sondern eine andere Auffassung vertritt, haftet automatisch an ihr, und dies versperrt ihm den Weg zur Einsicht? Nennt man das Doktrin?


    Zitat

    Wichtig ist für mich da der Begriff "Standpunkt der Erlösung", also dass es von der Wahehnmeung eines vollständig Beferiten aus gedacht ist.


    Dass was ("es" bezieht sich auf worauf?) „von der Wahrnehmung eines vollständig Befreiten aus gedacht ist“?


    Zitat

    Von daher ist wirklich zu fragen, wo das was Nagarjuna da sagt, nicht trivial ist.


    Ist diese Schlussfolgerung nachvollziehbar?


    Zitat

    "Samsara "ist ja als die leiderfüllte Wahrnehmungswelt eines verblendeten Wesen definiert.


    Ist er das? Wie wäre es mit dem saṃsāra als „Beständiges Wandern, Daseinswanderung, Kreislauf des Daseins oder des Wiederwerdens“? Nimmt übrigens nicht auch ein Buddha oder Arahant das dukkha in der Welt oder eines „verblendeten Wesens“ bzw. dessen „leiderfüllte Wahrnehmungswelt“ wahr?


    Zitat

    Es ist also eine Sichtweise, die ein Befreiter nicht haben kann, weil sie bei ihm erloschen ist. Wobei es ja so ist, dass auch ein Buddha vor dem Parinirvana ja eine Wahrnhmeung hat, dessen Wahrneungsobjekte (Stuhl, Mensch, rot) einerseits mit unseren ( samsarischen ) Wahrnehungsobjekten korrespondieren andererseits aber dutch die Kluft verblendet/ befreit getrennt ist.


    Wie kommst Du darauf, dass „Sichtweisen erlöschen“? Warum sollte ein „Befreiter“ den saṃsāra nicht mehr sehen können? Auch wenn ein Buddha oder Arahant nicht mehr wiederwird, kann er das Wiederwerden anderer Wesen sehen. Und aus der karuṇā (Mitgefühl/Mitleid) heraus lehrt er den dhamma.


    Zitat

    Das Samsara und Nirvana aus der Sicht eines Befreiten, keinen Untrschied machen kommt mir trivial vor. In Nirvana ist Samsara erloschen was man auch so sehen könnte, dass es in Samsara aufgegangen ist.


    Könnte das ein Paradoxon sein?


    Zitat

    Zu versuchen sich die Welt aus der Perspektive eines Befreiten zu vergegnwärtigen, ist im Thervada wohl nicht falsch sondern eher ein müssiges Unterfangen, da dieses Vorgehen nicht Teil der Praxis ist.


    Vielleicht auch überhaupt ein vermessenes Unterfangen?

    Zitat

    Von daher wäre die eigentliche Frage doch, woher das Vorgehen kommt, die Sichtweise eine Buddhas einzuenhmen.


    Vielleicht aus Anmaßung? Doch jeder möge üben, wie er mag. Und möge er sein Ziel erreichen!


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste zusammen,

    in den bisherigen Diskussionsbeiträgen zum Thema "Buddhas Lehre" finden sich einige Vertreter der Ansicht, saṃsāra und nibbāna/nirvāṇa seien das gleiche oder dasselbe oder nicht voneinander unterscheidbar, weil beides leer oder ein Teil der Leerheit oder in Leerheit vereint oder zu Leerheit gehörig sei.

    Diesen Standpunkt möchte ich gerne verstehen, deswegen erlaubt mir bitte ein paar Fragen:

    1. Wird in diesem Vergleich mit saṃsāra zwischen nibbāna und parinibbāna unterschieden? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

    2. Würden die Vertreter dieser Ansicht der Analogie zustimmen, das ein roter Frosch (z. B. Tomatenfrosch), ein roter Ferrari, eine rote Erdbeere, rotes Magma und das Abendrot des Himmels seien das gleiche oder dasselbe oder nicht voneinander unterscheidbar, weil alle rot oder ein Teil der Rotheit oder in Rotheit vereint oder zu Rotheit gehörig sei? Wenn sie dem nicht zustimmen, warum soll die entsprechende Argumentationslogik dann bei Leerheit gültig sein?

    3. Wenn saṃsāra unbeständig (anicca), unzulänglich/leidhaft (dukkha) sowie seelenlos/selbstlos (anatta) ist und hingegen nibbāna zwar auch anatta, aber nicht anicca sowie dukkha ist, dann stimmen saṃsāra und nibbāna nur in einem der drei Daseinsmerkmale (tilakkhaṇa) überein, aber in zweien nicht. Wenn sie in zwei der tilakkhaṇa nicht übereinstimmen, können saṃsāra und nibbāna nicht das gleiche oder nicht dasselbe oder nicht voneinander ununterscheidbar sein. Was wäre an dieser Argumentation aus der Perspektive dieser Vertreter nicht richtig?

    4. Wenn aber von den Vertretern dieser Ansicht gemeint sein sollte, weil saṃsāra und nibbāna das gleiche oder dasselbe oder nicht voneinander unterscheidbar seien, dann müsse nibbāna eben auch anicca sowie dukkha sein, wie kann dann nibbāna das Ende der Unzulänglichkeit/des Leids sowie Befreiung/Erlösung und Ziel in Buddhas Lehre sein? Wäre dann nicht Buddhas Heilversprechen null und nichtig?

    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste zusammen,

    Accinca:

    Hatte ich denn vergessen zu erwähnen das der Übersetzer selber im

    ersten Satz das Wort ‘‘palokadhammaṃ" selber mit Dinge der Welt übersetzt?

    Nein, hattest Du nicht vergessen. Durch diese Wiederholung wird es aber nicht wahrer. Werfen wir doch einfach einen Blick in die Übersetung:

    Zitat

    SN 35.84 Welken - 1. Palokadhamma Sutta

    Der Ehrwürdige Anando begab sich zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend, wandte er sich also an den Erhabenen:

    " 'Welt, Welt' sagt man, o Herr. Inwiefern aber, o Herr, sagt man 'Welt'?"

    "Was da Dinge des Welkens sind, Anando, das nennt man in der Ordnung des Edlen 'Welt'. Was sind Dinge des Welkens, Anando? Die 6 Innen- und Außengebiete, die 6 Arten des Bewußtseins, die 6 Berührungen, die 18 Gefühle. Was da Dinge des Welkens sind, das wird, Anando, in der Ordnung der Edlen 'Welt' genannt".

    Weder im ersten Satz sind die Worte "Dinge der Welt" zu finden noch in den nachfolgenden Sätzen. Andernfalls markiere sie doch einfach bitte.


    Das Gleiche gilt für das Pāli-Original:

    Zitat

    1. Palokadhammasuttaṃ

    84. Sāvatthinidānaṃ. Atha kho āyasmā ānando yena bhagavā tenupasaṅkami…pe… ekamantaṃ nisinno kho āyasmā ānando bhagavantaṃ etadavoca –

    ‘‘‘Loko, loko’ti, bhante, vuccati. Kittāvatā nu kho, bhante, lokoti vuccatī’’ti? ‘‘Yaṃ kho, ānanda, palokadhammaṃ, ayaṃ vuccati ariyassa vinaye loko. Kiñca, ānanda, palokadhammaṃ? Cakkhu kho, ānanda, palokadhammaṃ, rūpā palokadhammā, cakkhuviññāṇaṃ palokadhammaṃ, cakkhusamphasso palokadhammo, yampidaṃ cakkhusamphassapaccayā…pe… tampi palokadhammaṃ…pe… jivhā palokadhammā, rasā palokadhammā, jivhāviññāṇaṃ palokadhammaṃ, jivhāsamphasso palokadhammo, yampidaṃ jivhāsamphassapaccayā…pe… tampi palokadhammaṃ…pe… mano palokadhammo, dhammā palokadhammā, manoviññāṇaṃ palokadhammaṃ, manosamphasso palokadhammo, yampidaṃ manosamphassapaccayā uppajjati vedayitaṃ sukhaṃ vā dukkhaṃ vā adukkhamasukhaṃ vā tampi palokadhammaṃ. Yaṃ kho, ānanda, palokadhammaṃ, ayaṃ vuccati ariyassa vinaye loko’’ti. Paṭhamaṃ.

    Auch hier finden sich nirgendwo Deine behaupteten Worte "Dinge der Welt" auf Pāli. Andernfalls markiere sie doch einfach bitte.


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste zusammen,

    Könnte es sein, dass die Übersetzung des Kritikers weder „wortgrundhörig“ noch „verständlich im aktuellen Sprachgebrauch“ ist, weil sie schlicht falsch (also definitv jenseits der Freiräume eines Übersetzers), unverständlich und vor allem tautologisch ("Was da Dinge der Welt ... sind, ... das nennt man ... 'der Welt Dinge') ist?

    Könnte dies damit zusammenhängen, dass trotz gezeigter Wortherkunft immer noch nicht verstanden wurde, dass „saloka“ und „loka“ völlig unterschiedliche Worte (ja, sie haben vier gleiche Buchstaben, aber eben andere Wortstämme und Wurzeln) mit völlig unterschiedlichen Bedeutungen sind? Oder sind die Worte „Zerfall/Auflösung“ („Welken“ ist [vielleicht zu] metaphorisch) und „Welt“ nicht unterschiedlich und haben keine unterschiedliche Bedeutung?

    Accinca:

    Dem Übersetzer fehlte es aber an Konsequenz indem er das gleiche Wort in zwei

    nacheinander und auf einander Bezug nehmen Aussagen nach eigenen Gutdünken

    völlig unterschiedlich übersetzt hat.

    Nämlich einmal mit: "Dinge der Welt" und einmal mit: "Dinge des Welkens".

    Könnte es sein, dass die Worte "Dinge der Welt" weder vom Übersetzer gebraucht wurden noch sich im Pāli-Orignal finden, sondern allein in der Übersetzung des Kritikers, die er dem Überetzer ebenso unterzuschieben versucht wie „fehlende Konsequenz“?

    Accinca:

    Durch diese unterschiedliche Übersetzung gleicher Wörter muß es bei dem

    der Sprache unkundigen daher zur Verwirrung kommen, was hier angemahnt wurde.

    Tatsächlich geht es in dem Text um alle Dinge der Welt und nicht um ihr unterschiedliches Welken.

    Könnte es sein, dass der Übersetzer nicht "gleiche", sondern unterschiedliche Wörter „saloka“ und „loka“, die in der Lehrrede vorkommen, unterschiedlich übersetzte? Musste er das nicht tun, weil alles andere falsch gewesen wäre?

    - „ariyassa vinaye loko“ heißt soviel wie „Welt in der Regel/Ordnung der Edlen“,

    - „palokadhammaṃ“ heißt soviel wie „Ding/Objekt des Zerfalls/der Auflösung“.

    Wenn „hier“ der „Schwerpunkt der Aussage“ Unpersönlichkeit, Ichlosigkeit und Besitzlosigkeit sein soll, warum kommen dann Unpersönlichkeit, Ichlosigkeit und Besitzlosigkeit in der Lehrrede „palokadhammasuttaṃ“ nicht einmal (!) vor?

    Könnte es hingegen sein, dass palokadhammaṃ (unterschiedlich dekliniert) sage und schreibe 19-mal in der 98-Wörter-langen Lehrrede vorkommt (= sehr hoher Anteil) und dass eben drum Zerfall/Auflösung nicht nur „Schwerpunkt der Aussage“, sondern schlicht das Thema der Lehrrede ist?

    Könnte es weiterhin sein, dass eben deswegen die Lehrrede selbst „palokadhammasuttaṃ“ heißt?


    Kurzum sagte der Buddha nicht ohne Grund:

    "Die 6 Innen- und Außengebiete, die 6 Arten des Bewußtseins, die 6 Berührungen, die 18 Gefühle sind Dinge des Zerfalls/der Auflösung. Das wird im vinaya der Edlen 'Welt' genannt."


    In der nachfolgenden Lehrrede „suññatalokasuttaṃ“ wird die „Welt“ leer von Seele und zum Seele Gehörigen genannt. Das Leer-von-Seele-und-zum-Seele-Gehörigen ist aber wiederum 6 Innen- und Außengebiete, die 6 Arten des Bewußtseins, die 6 Berührungen, die 18 Gefühle.



    Damit schließt Buddha den Kreis:


    6 Innen-/Außengebiete, 6 Bewußtseine, 6 Berührungen, 18 Gefühle


    Dinge des Zerfalls/der Auflösung


    „Welt“ im vinaya der Edlen


    leer von Seele und zum Seele Gehörigen


    6 Innen-/Außengebiete, 6 Bewußtseine, 6 Berührungen, 18 Gefühle usw.



    Bei der kritisierten Übersetzung hat man eine Chance dieser Bedeutung auf die Spur zu kommen, bei der Übersetzung des Kritikers hingegen nicht.


    Mit mettā

    Vibhajjavādī


    Namste zusammen,


    Zitat

    Spock:

    In SN. 35.85 steht:

    9. Channa VaggaS.35.84-85 Welken, Leer - 1-2. Palokadhamma, Suññataloka Sutta

    ....." 'Welt, Welt' sagt man, o Herr. Inwiefern aber, o Herr, sagt man 'Welt'?"

    "Was da Dinge des Welkens sind, Anando, das nennt man in der Ordnung des Edlen 'Welt'. Was sind Dinge des Welkens, Anando? Die 6 Innen- und Außengebiete, die 6 Arten des Bewußtseins, die 6 Berührungen, die 18 Gefühle. Was da Dinge des Welkens sind, das wird, Anando, in der Ordnung der Edlen 'Welt' genannt".


    Könnte es sein, dass sich nicht der Übersetzer, sondern sein Kritiker "wieder mal wieder selber überschlagen" hat?


    Das in der Lehrrede zu lesende Kompositum ‘‘palokadhammaṃ" setzt sich aus "paloka" und "dhamma" zusammen. Das Wort "paloka" wiederum ist auf "pa" und "luj" bzw. "ruj" zurückzuführen. Es heißt soviel wie Zerfall, Auflösung, Auseinanderfallen, Zersetzung. Deswegen trifft die kritisierte Übersetzung "Welken" sehr viel besser zu als die "Richtig-müßte-es-so-heißen"-Übersetzung des Kritikers "Welt".


    Könnte der Kritiker mit seinem Satz: "So eine Übersetzung kann einem unbedarften Menschen völlig durcheinander bringen." schon ins Schwarze treffen, wenn man den Satz auf seine Übersetzung bezieht?


    Es geht hier schließlich um eine tiefe Bedeutung des gemeinsam mit dem nachfolgenden suññatalokasuttaṃ zu lesenden palokadhammasuttaṃ: nämlich dem Zusammenhang von Zerfall/Auflösung und Leerheit. Bei der kritisierten Übersetzung hat man eine Chance dieser Bedeutung auf die Spur zu kommen, bei der Übersetzung des Kritikers hingegen nicht.


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Werter kilaya,


    danke für Deine Antwort.

    Und wie gesagt, wenn Du mir Deinen Beitrag ein wenig übersetzt, und das gewünscht ist, kann ich gerne versuchen die Unterschiede zu verstehen und zu ergründen, ob man sie vielleicht unter einen Hut bringen kann - und wenn nicht, woran das liegen könnte :)


    Das mache ich gern. Nur zur Erklärung: In dem Theravāda-Forumsbereich wollte ich niemanden mit Übersetzungen langweilen. Aber zukünftig werde ich immer eine deutsche Übersetzung hinzufügen. Die sieben Fragen habe ich hier nun einfach kopiert und die Pāliwörter ersetzt:


    1. Wenn dem so wäre, warum lehrte der Buddha, das Erlöschen/Verwehen unbedingt/ungestaltet ist und Weiterwandern/Werdens- und Vergehens-Kreislauf bedingt/gestaltet ist?


    2. Wenn dem so wäre, warum lehrte der Buddha, das Erlöschen/Verwehen beständig und unleidhaft ist, Weiterwandern/Werdens- und Vergehens-Kreislauf aber unbeständig und leidhaft?


    3. Folgt aus 1. und 2. nicht, dass Erlöschen/Verwehen und Weiterwandern/Werdens- und Vergehens-Kreislauf verschieden sein müssen?


    4. Lehrte der Buddha nicht, das gerade weil Erlöschen/Verwehen in seiner "Essenz" von Weiterwandern/Werdens- und Vergehens-Kreislauf verschieden ist, ein Befreiung überhaupt möglich ist?


    5. Sind Erlöschen/Verwehen und Weiterwandern/Werdens- und Vergehens-Kreislauf schon deswegen gleich, weil sie seelenlos/nichtselbst und leer sind? Sind ein Apfel und ein Auto, die beide beweglich und grün sind, schon deswegen gleich? Anders ausgedrückt: wenn a und b in x und y gleich sind, können sie dann nicht in z1 und z2 verschieden sein und müssen damit insgesamt verschieden sein, auch wenn sie sich (nur) in x und y gleichen?


    6. Heißt das etwa, nur weil ein Erwachter oder Heiliger Erlöschen/Verwehen erreicht hat, gäbe es das bzw. den Weiterwandern/Werdens- und Vergehens-Kreislauf, dem ein Erwachter oder Heiliger enthoben ist, nicht mehr (in der "Welt")?


    7. Warum soll Weiterwandern/Werdens- und Vergehens-Kreislauf nur dann vorhanden sein, wenn man es nicht erkennt bzw. die Welt nicht als leer?


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste zusammen,


    Zu der Sichtweise, dass Samsara = Nirvana und es nur eine Frage des Blickwinkels (illusionshaft-verblendet, frei von Illusion-erleuchtet) ist, habe ich von Praktizierenden aus Nicht-Mahayana-Schulen teilweise Ablehnung erfahren.


    Samsara ist kein Ort, der in seiner Essenz von Nirvana verschieden wäre, die Unterscheidung besteht implizit in der Wahrnehmung dieser Welt.


    1. Wenn dem so wäre, warum lehrte der Buddha, das nibbāna asaṅkhata ist und saṃsāra sankhata ist?

    2. Wenn dem so wäre, warum lehrte der Buddha, das nibbāna nicca und adukkha ist, saṃsāra aber anicca und dukkha?

    3. Folgt aus 1. und 2. nicht, das nibbāna und saṃsāra verschieden sein müssen?

    4. Lehrte der Buddha nicht, das gerade weil nibbāna in seiner "Essenz" von saṃsāra verschieden ist, ein Befreiung überhaupt möglich ist?

    5. Sind nibbāna und saṃsāra schon deswegen gleich, weil sie anatta und suñña sind? Sind ein Apfel und ein Auto, die beide beweglich und grün sind, schon deswegen gleich? Anders ausgedrückt: wenn a und b in x und y gleich sind, können sie dann nicht in z1 und z2 verschieden sein und müssen damit insgesamt verschieden sein, auch wenn sie sich (nur) in x und y gleichen?


    Die Welt ist leer, Samsara heisst, das nicht zu erkennen. Nirvana heisst, das zu erkennen.


    6. Heißt das etwa, nur weil ein Erwachter oder Heiliger nibbāna erreicht hat, gäbe es den saṃsāra, dem ein Erwachter oder Heiliger enthoben ist, nicht mehr (in der "Welt")?

    7. Warum soll saṃsāra nur dann vorhanden sein, wenn man ihn nicht erkennt bzw. die Welt (wird damit eigentlich loka oder jagati gemeint?) nicht als suñña?


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Namaste zusammen,


    in Bezug auf die Themaüberschrift ("...Konventionelle und 'Absolute' Sicht") läßt sich sagen, dass wir das Konzept einer konventionellen/relativen und einer höchsten/absoluten Wahrheit, Natur, Sicht et cetera in den frühen Quellen nicht finden. Es wurde erst später erfunden und seitdem von den Theravādins und späteren Schulen verwendet. Buddha lehrte eher das Gegenteil:



    Ein (selbstgemachtes) Problem mit diesem Konzept besteht darin, dass häufig danach gefragt wird, was höchste/absolute Wahrheit, Natur, Sicht et cetera ist und was von ihr vorhanden ist bzw. sein muss. Dazu können wir folgende interessante Äußerung Buddhas registrieren:


    Würde man die Frage "was muß vorhanden sein..." als eine wissenschaftliche Perspektive auffassen, so wäre sie aus der buddhistischen Perspektive eines wohl unterrichteten edlen Jüngers zu verwerfen und durch die Betrachtung von paṭiccasamuppāda zu ersetzen.


    Mit mettā

    Vibhajjavādī

    Sudhana


    Nun der zweite Teil.


    Verknüpft - ja, aber ist dies auch begründet? Wenn der Geist leuchtend ist, dann ist es noch ein weiter Weg bis zum Konzept der „Buddhanatur“.


    Ein weiterer Aspekt liegt in der Beschreibung dieser im samādhi erfahrenen ursprünglichen Natur des Geistes als 'leuchtend' bzw. Licht. Keine Identifikation (es handelt sich selbstredend nicht um eine sinnliche / optische Lichterfahrung), aber eine für den, der diese Erfahrung macht, naheliegende Verhüllung einer unausdrückbaren Erfahrung in Worte (saṃvṛttisatya).

    Ja, richtig, nur daraus ergibt sich noch keine „Buddhanatur“. Buddha gebrauchte in den überlieferten Texten, die ihm am ehesten zugeschrieben werden können, diesen Begriff nicht. Er ist auch zum Erwachen nicht nötig.


    Dieser prabhāsvaracitta ('Klares-Licht-Geist') bezeichnet in verschiedenen Mahāyāna-Systemen die subtilste Form des Bewusstseins.

    Das mag sein. Und?


    Nachbemerkung: mir ist selbstredend bekannt, dass insbesondere in der Theravada-Tradition die genannten Quellen anders interpretiert werden und habe auch kein Problem damit (deutlicher: es ist mir schnurz).

    Was denn, nur schnurz? Nicht schnurzpiepe?



    Es ging mir bei diesen Verweisen nicht darum, die Tathāgatagarbha- / Buddhanatur-Doktrin durch Verweis auf den Palikanon zu "legitimieren" - dies ist so wenig erforderlich wie eine anderslautende Exegese dieser Zitate die Tathāgatagarbha-Doktrin delegitimieren könnte. Dazu müsste man sich unter den Beteiligten einer solchen Diskussion über den Palikanon als verbindliche Grundlage einer Dogmatik einig sein. Da bin ich raus.

    Die Bewertung von Quellen ist in der Wissenschaft (durch Historiker, Philologen, Buddhologen, Indologen etc.) tägliches Brot: sie kann dogmatisch sein, dann wird sie schnell unwissenschaftlich, oder undogmatisch, dann wäre sie wissenschaftlich.

    Ein anderer Punkt ist natürlich, dass man alles das, was einem nicht gefällt, als dogmatisch bezeichnen kann, um sich so gar nicht erst auf Argumente einlassen zu müssen (ich sage damit nicht, dass Du das tust). Das ist wäre ja auch praktisch - man spart sich die Begründung und eine Auseinandersetzung mit Einwänden.


    Es ging mir lediglich darum aufzuzeigen, dass solche entwickelten Lehren nicht aus dem Nichts entstehen; dass sie Endpunkt einer geistesgeschichtlichen Entwicklungslinie sind

    Alles anzeigen

    Ja, klar. Auch hier gilt: paṭiccasamuppāda.

    Mir ging es darum, ob sich das spätere Konzept der „Buddhanatur“ aus den frühbuddhistischen Quellen begründet ableiten lässt. Wer dergleichen behauptet, möge das darlegen. Wer das nicht behauptet, aber trotzdem seine Praxis auf das Konzept„Buddhanatur“ basieren möchte, dem steht dies natürlich frei.


    Mit mettā


    Vibhajjavādī

    Sudhana

    Danke für Deine Antwort.


    Nun der erste Teil.


    Gute Besserung. Ich hoffe, die krankheitsbedingten Unannehmlichkeiten haben nicht zugenommen, sondern abgenommen oder sind beendet.
    Vibhajjavādī:

    Wo hat diese Lehre ihre Wurzeln im frühen Buddhismus?


    Wenn ich mich nicht sehr irre, hast Du Dich schon früher unter anderem Namen hier als Spezialist für den sog. "Frühbuddhismus" geäußert.

    Welche Äußerung lässt Dich dieses vermuten?

    Nun - dieser ist hier nicht gemeint, jedenfalls nicht im Sinne der Arbeiten Bhikku Analayos u.a. 'Früher Buddhismus' steht hier schlicht für den Begriff Hinayāna und sollte diesen vermeiden.

    Dann lag ein Missverständnis vor, das sich nun geklärt hat. Seit den Arbeiten der Indologen Richard Gombrich, A.K. Warder, Alexander Wynne, Oskar von Hinüber, Rupert Gethin u. a., die in einen immanenten Diskurs praktizierender Buddhisten aufgenommen wurden, dürfte der Begriff 'Früher Buddhismus' und seine Synonyme zu einem terminus technicus geworden sein, der für auf eine orale Überlieferungstradition basierende Texte steht, die aus guten Gründen am ehesten dem historischen Buddha zugeschrieben werden können. Ich dachte deswegen, die sei von Dir gemeint gewesen. Aber das ist nun, wie gesagt, geklärt.


    Ganz konkret finden sich geistesgeschichtliche Vorläufer vor allem bei den Lokottaravādin: Verständnis der Buddhas als 'überweltlich' (lokottara) sowie ihre Freiheit von unreinen / weltlichen (laukika) dharmas, Manifestation der Essenz (garbha - sic!) der Buddhas durch ihre Worte (vacāna), Unbegrenztheit des rupakāya der Buddhas und ihre unendliche Langlebigkeit usw. - Näheres dazu findet man in André Bareaus Standardwerk.

    André Bareau hat viele Werke geschrieben, welches meinst Du? Und vor allem, welche Quelle der Lokottaravādin ist angesprochen?



    Zu den "Anknüpfungspunkten" im Palikanon - sinnvollerweise mit Zitaten in deutscher Übersetzung:

    Die beiden Udāna-Texte weisen dem Erfahrungsbereich des Tathāgata eine positive ontische Qualität zu - anders gesagt: nibbana wird hier nicht negativ im Sinn eines absoluten Erlöschens (also eines Nichts) ausgedrückt.

    1.Tathāgata“ und „absolutes Erlöschen“ kommen in beiden Texten nicht vor.

    2. Wo findest Du den Ausdruck „absolutes Erlöschen“ in anderen frühen Texten?

    3. Wenn etwas nicht ist, dann ist noch lange nicht nichts.

    4. Ist im Erleben des Ungeborenen, Ungewordenen, Ungeschaffenen, Unzusammengesetztennoch eine Zuordnung zu irgendetwas, wie zum Tathāgata, überhaupt möglich? Oder entfallen nicht vielmehr solche Zuordnungen im Ungeborenen, Ungewordenen, Ungeschaffenen, Unzusammengesetzten?

    5. Wenn Du schon aus „atthi“ (wie in Ud VIII 3) etwas Ontisches ableiten magst, dann kann man es nur aufajātaṃ abhūtaṃ akataṃ asaṅkhataṃ“ beziehen, also auf das Ungeborene, Ungewordene, Ungeschaffene, Unzusammengesetzte, nicht aber auf Tathāgata und erst recht nicht auf Tathāgatagarbha. Andernfalls wäre das eine bloße, dem Text nicht zu entnehmende Hinzufügung und somit schlicht willkürlich.


    In der Tathāgatagarbha-Doktrin wird diese positive ontische Qualität mit dem dharmakāya als Vollendungsaspekt des Tathāgatagarbha identifiziert, der im Erfahrungsbereich fühlender Wesen (sattvadhātu, Ursache- oder Keimaspekt des Tathāgatagarbha) durch 'Befleckungen' (kleśa) verdeckt ist. Was durch die Praxis des achtfachen Weges (den dynamischen Aspekt des Tathāgatagarbha) erlischt bzw. verweht, sind die kleśa (Pali kilesa) und die durch sie bedingten āśrava (Pali āsava).

    Das mag für einen Anhänger der Tathāgatagarbha-Doktrin und der trikāya-Lehre so sein.


    Ergänzend: das "Ungeborene, Ungewordene, Ungeschaffene, Unzusammengesetzte" ist im "Entrinnen für das Geborene, Gewordene, Geschaffene, Zusammengesetzte zu erkennen." Es ist mithin nicht transzendent (der Erfahrung entzogen, sie übersteigend), sondern immanent, was wiederum ein zentraler Gedanke der Tathāgatagarbha-Doktrin ist.

    Das stimmt mit dem Text nicht überein. „nissaraṇaṃ“ steht im Nominativ Singular Neutrum und kann nur mit „das“ oder meinetwegen auch unbestimmt mit „ein“ übersetzt werden, aber nicht „im“, dafür müsste der Kasus ein anderer sein. Also „das/ein Entrinnen“ oder „die/eine Flucht“ oder „der/ein Ausgang“ etc. Und nicht „im Entrinnen“ … läßt sich etwas erkennen. Deswegen: Das/Ein Entrinnen aus dem Ungeborenen, Ungewordenen, Ungeschaffenen, Unzusammengesetzten läßt sich (paññāyetha = 3. Sg. Präsens Optativ Medium) erkennen. Davon ausgehend ist die Verwendung philosophischer Begrifflichkeiten, wie transzendent und immanent, nicht hilfreich: Die Erkenntnis des Ungeborenen, Ungewordenen, Ungeschaffenen, Unzusammengesetzten ist keine Sinneserfahrung, sondern übersteigt sie, wäre also in diesem Sinne transzendent. Sie ist aber andererseits erfahrbar (jenseits der Sinneserfahrung), also könnte so doch immanent genannt werden. Das Begriffspaar „transzendent und immanent“ bringt deswegen nicht weiter.


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    1. An Deiner Einschätzung der Übersetzung Nyanatiloka/Nyanaponikas, die insgesamt Großartiges geleistet haben (dafür bin ich sehr dankbar), ist etwas dran. Mir „trieft“ da manchmal auch zuviel Buddhagosa durch, insbesondere in den Anmerkungen.

    2. Die Verwendung des Passivs (oder je nach Lesart des Futurs) durch „wird“ im zweiten Satz steht nicht im Text. Passend erscheint entsprechend dem ersten Satzpaar zu übersetzen: „Er ist von hinzukommenden Befleckungen befreit.“ Beim ersten Teil erscheint mir: „Leuchtend ist dieser Geist“ korrekt.

    3. Die „exegetische Tradition der Theravādin“ ist recht groß und unterschiedlich. Bhikkhu Bodhis Übersetzung von AN 1.10 ist z. B. genau (nur in der Anmerkung wird es sehr „theravādisch“). Meiner Meinung nach bedürfte es einer kritischen Exegese der gesamten frühbuddhistischen Texte. Das wäre ein Jahrhundertwerk.



    Fortsetzung folgt

    Mit mettā

    Vibhajjavādī