Beiträge von Dharma Buddy


    Du stellst eine spannende Frage - und ich denke auch wie Du. Aber wird das kommen?

    Es gibt Gelehrte, die meinen, für den Buddha war Geschlecht und unsere Reaktion darauf eine grundlegende semiotische Kategorie (Nimitta). Überwinden können wir sie nur durch sehr fortgeschrittene Praxis (Animtta-Samadhi). Aber das ist so fortgeschritten, dass es außerhalb unserer Reichweite ist als einfache Praktizierende ist.

    Was können wir also tun? Ich meine, dass ein mittlerer Weg helfen kann. Es ist weise, diese Dinge über einen zu wissen. Man sollte seine Orientierung, Identifikation mit dem Geschlecht usw. kennen. Wir sollten sie als das erleben, was sie sind und keinesfalls leugnen, aber auch nicht an ihnen anhaften.

    Deine Vision gefällt mir auch gut, aber ich glaube nicht, dass ich sie erleben werden. Selbst unter Buddhist*innen ist das Thema "Buddhismus und Queerness" leider hin und wieder ein Triggerthema - von dem Rest der Gesellschaft will ich gar nicht sprechen. Also ja - vielleicht passiert das, aber in diesem Leben rechen ich nicht damit.

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    Das mit dem LBGuswusfetcpp kommt mir mittlerweile wie ein running gag vor - jedesmal, wenn ich irgendwo darauf stoße, sind da ein oder zwei neue Buchstaben hinzugekommen. Ich vermute, als nächstes ist BDSM fällig, das wird ja auch nicht von jedem so ganz vorbehaltlos akzeptiert. Da stellt sich mir allmählich die Frage, wo da Inklusion zu Exklusion wird ...


    Mal von meiner Belustigung abgesehen - ich finde es nicht okay, wenn man Menschen irgendwelche Labels verpasst. Wenn man die dann auch noch benutzt, um sie zu diskriminieren, ist das schon mal gar nicht in Ordnung. Durchaus ein berechtigter Grund, sich dagegen zur Wehr zu setzen, egal ob man nun selbst davon betroffen ist oder nicht. Ob man sich dazu selbst ein Label verpassen muss, ist allerdings eine andere Frage. Aber okay, soll jeder für sich beurteilen, ob er ein Etikett braucht. Anders gesagt: ob man auf Aus- und Abgrenzung damit reagiert, sich selbst aus- und abzugrenzen. Psychologisch sicher verständlich - aber sinnvoll? Geht es in unserer Übung nicht eher darum, u.a. Labels und Etiketten abzulegen; die, die man sich selbst und die, die man Anderen anheftet? Sich und Andere nicht damit zu identifizieren? Dachte ich jedenfalls ...


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    Für die meisten Betroffenen ist das "Label" nicht so was ne ne coole neue Jacke ("Ich bin jetzt Influencer"), sondern oft Ergebnis einer sehr langen und manchmal peinvoller Phase der Selbstakzeptanz. Es gibt z.B. viele Buddhist*innen, die nach Jahren Meditation und Reflektion ihrer Gedanken und Körperlichkeit z.B. zu der Erkenntnis gekommen sind, dass sie sich nicht als "Mann" oder "Frau" definieren können. Manche sind z.B. dazwischen, bei manchen wechselt es usw. Ich nehme das ernst und vermute, dass sie Dinge über ihren Körper, ihr Geschlecht und Sexualität gelernt haben, die ich so nie empfinden kann. Ich habe dafür Respekt.

    Oder denk an die Intersexuellen ("divers"). Im Kaiserreich gab es noch die Möglichkeit, dass man bei nicht-eindeutiger Geschlechtszugehörigkeit die Zuweisung später vornimmt. Später war das nicht der Fall. Ärzte (und Eltern) waren nach der Geburt ratlos - und dann wurde am Neugeborenen rumoperiert. Die Kinder verstarben überdurchschnittlich häufig. Manche Medizinhistoriker sagen, dass der Tod billigend in Kauf genommen wurde - ein düsteres Kapitel. Dass dies überhaupt thematisiert wird, liegt daran, dass diese Menschen durch den Buchstaben "I" sichtbar gemacht wurden. Und dann konnte der Gesetzgeber endlich durchsetzen, dass in manchen Fällen die Geschlechtszuweisung erst später erfolgt - oder nicht. Für die Betroffenen (und auch deren Eltern) ist das Wissen darum ein Segen. Und da hat die LGBT+ Bewegung dazu beigetragen, denn sie hat dadurch die Aufnahme des Buchstabens (LGBT -> LGBTI) Solidarität gezeigt. Ich sehe das als einen bewussten Akt der Menschlichkeit.

    Und dass diese Begriffe nun kommen liegt daran, dass es sie in unserer Kultur zumeist nicht gab. Selbst das Wort "Homosexualität" entstand im 19. Jahrhundert im angelsächsischen Raum. Im alten Indien kannte man immerhin 4 Geschlechter. Erst seit Kurzem akzeptiert diese Kultur, dass es zwischen den Polaritäten "Mann" und "Frau" noch mehr gibt. Aber unsere Sprache hat keine Wörter. Das gilt für viele Kulturen. Im arabischen Raum gibt es nur abwertende Begriffe. Schwule sind "Loti" (vom biblischen Lot - also Sodom und Gomorrha). Jetzt suchen sie nach nicht-diskriminierenden Begriffen (z.B. "Mithli").

    Am besten gefällt mir das Bild des Regenbogens. Er ist ein Kontinuum , auf dem sich Menschen verorten können. Vielleicht sind Bilder in diesen Dingen besser als Sprache. Aber wie so ist es, dass Sprache letztendlich nicht auf die Dinge verweisen kann. Aber wir können nun mal nicht darauf verzichten.

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    Naja, diese Jekami-Friede-Freude-Eierkuchen Mentalität treibt mitunter seltsame Blüten:


    Premiere für Olympia - Erstmals Transgender-Athletin an Olympischen Spielen - News - SRF


    Wenn man ein Thema nur auf dem Niveau von "Blüten" diskutiert, besteht die Gefahr, dass man die Lebenssituation der Betroffenen aus den Augen verliert. Wie viele Trans-Menschen sind Profisportler? Ich würde Dich bitten, doch mal die Lebenssituation der Betroffenen zu betrachten anstatt einzelne Aspekte herauszupicken.


    Für Transgender bedeutet die Transition in der Regel gesellschaftliche Stigmatisierung, Berufsverlust usw. Sie sind überdurchschnittlich Opfer von Drohungen und Gewalt. Jeder Trans-Mensch wird Dir von Drohungen berichten können ("Dich stech ich ab!") bis hin zu Gewalt. Eine mir bekannte Transfrau auf FFM wird ständig auf der Straße bedroht: "Dich steh ich ab!" Andere sind schon krankenhausreif geschlagen worden. Sprich: Sie gehen in die Stadt und müssen fürchten, dass sie am Abend im Krankenhaus landen. Eine andere aus dem doch ländlichen Oppenheim findet jede Woche eine Morddrohung in ihrem Briefkasten.

    Bzgl. der rechtlichen Situation ist es sehr traurig. Bis 2011 (also ca. 30 Jahre) waren die Hürden vor Änderung des Personenstandsregisters unmenschlich groß: komplette Operation, Zwangsscheidung & Zwangssterilisierung. Sprich: selbst zu entscheiden, ob und welche medizinischen Maßnahmen sie machen wollen, hat man ihnen nicht gestattet. Das Gesetz wurde vom Verfassungsgericht gekippt - und die Politik interessiert sich eigentlich nicht dafür, diesen Zustand zu beenden und eine vernünftige Lösung zu schaffen. Die meisten sagen, dass es für sie am einfachsten wären, wenn sie ihren Personenstand ändern, vielleicht eine Hormontherapier machen, vielleicht eine Operation.

    Buddhismus heißt, sich dem Leid zuzuwenden. Und irgendwann begreifen wir, dass es nun ein Leid gibt. Das Leiden ist aber immer konkret. Es erscheint mir nicht weise, es zu relativieren, weil etwas anderes irgendwie wichtiger erscheint. Im Endeffekt bedeutet das doch in den allermeisten Fällen, das man Menschen gegeneinander ausspielt und ihr Leiden trivialisiert - anstatt zu helfen. Dazu ist es aber notwendig, die Lebenssituationen der Menschen zu betrachten, anstatt sie auf irgendetwas, was man man auf Social Media liest, zu reduzieren. Das passiert aber leider derzeit sehr oft und ist ein Zeichen, wie vergiftet eine gesellschaftliche Debatte ist. Sehr komplexe Sachverhalte werden reduziert auf irgendetwas, was sich gut skandalisieren lässt. Und das ist leider eine sehr erfolgreiche Strategie, um Menschen in ihr Leid in den Hintergrund treten zu lassen. Und sie klappt, weil unser Geist leider immer versucht, dem Leiden zu entfliehen. Wir trivialisieren es, wir gucken nicht hin. Und das finde ich sehr schade.


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    Das Thema ist sehr umfangreich - wie auch der Buddhismus.

    In den Ordensregeln findest Du, wie der Buddha auf Mönche und Nonnen reagierte, die wir heute "transgender" nennen würden. Er hörte ihnen zu, urteilte nicht, sondern entschied einfach, dass sie in den Orden desjengen Geschlechts wechseln dürfen, dem sie sich zugehörig sahen. Viele Gelehrte der frühbuddhistischen Schriften sagen auch, dass sich der Buddha nie gegen Homosexualität ausgesprochen hat. Es ist aber eine Tatsache, dass der Buddhismus später sehr patriarchalisch wurde. Ob nun Tsongkapha oder Vasubandu und andere - immer mehr begannen Vorschriften zu machen, wer wann mit wem zu schlafen darf. Homosexualität wurde als Verstoß gegen das 3. Sila gesehen. Die Regeln wurden formuliert aus einer typisch männlichen Sichtweise. Ein Beispiel aus tibetischen Schriften: Der Mann darf in der Nacht (und nur dann) 5 Orgasmen mit seiner Frau haben. Was die Frau dazu sagt, wird nicht erwähnt. Auch Themen wie Kindesmissbrauch werden nicht behandelt.

    Da du speziell nach dem Thema "divers" fragst, möchte ich Dich auf eine Arbeit von Ven. Vimala hinweisen, die sich mit dem Thema Ordinationsverbot für Menschen auseinandersetzt, die nicht der geschlechtlichen Norm entsprechen: Through The Yellow Gate – Ordination of Gender-Nonconforming People in the Buddhist Vinaya, Ven. Vimala definiert sich selber als nicht binär und forscht zu buddhistischen Schriften in Pali und Sanskrit. Ihre Forschungsgebiet sind Parallen in diesen Texten. Ich finde das faszinierend, da es ein gemeinsames Forschungsprojekt u.a. mit der Uni HH ist und sie nicht nur übersetzt sondern auch Software schreibt, um den Kanon besser zu verstehen.

    Es gibt aber nicht "die" Sichtweise im Buddhismus. In Japan sieht es z.B. ganz anders aus. Kodo Nishimura ist ein nicht-binärer Priester der Jodo-Shu. Jodo-Shu ist bzgl. dieser Themen sehr sensibel und überlegt sich, wie z.B. Rituale, die sich bei Männern und Frauen unterscheiden, für nicht-binäre Menschen durchgeführt werden. Speziell im Amida-Buddhismus ist das alles kein Thema: Buddha Amida hilft allen, die sich an ihn wenden. Deswegen wurden im Amida-Buddhismus z.B. schon seit langem gleichgeschlechtliche Paare gesegnet.

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    Inzwischen ist das Video erschienen und ich glaube, es spricht für sich: May We Gather


    Es ist eine sehr bewegende Trauerveranstaltung einer großen Menge von asiatischen und nordamerikanischen Gruppen. Es ist das erste Mal, dass sie zusammenkommen, um darauf hin zu weisen, dass seit der Zeit, als Asiat*innen einwanderten, sie massiver Diskriminierung ausgesetzt sind und ihre Tempel angegriffen und verwüstet werden. Und nach den letzten gezielten Morden gegen asiatisch-stämmige Menschen äußern sie sich das erste Mal laut als Gruppe, denn die Stimmen einzelner Individuen werden oft überhört.

    Ich finde es ein hoffnungsvolles Zeichen, dass diese Aktion weltweit so viele Unterstützung findet. Es sollte keine Rolle spielen, ob Köster in Tibet dem Erdboden gleich gemacht werden, ob in China Guan Yin-Statuen abgerissen oder in den USA Tempel verwüstet werden. Es gibt nur ein Leid und wir können es nur gemeinsam überwinden.

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    Hallo!


    Vielleicht sind diese Informationen interessant. Es gibt in Afrika einige wenige buddhistische Zentren, wo afrikanische Mönche Leben und andere ausbilden, z.B. Home - Uganda Buddhist Centre Zu Nonnen kann ich leider wenig sagen.


    Ebenso hat sich der chinesische Buddhismus ausgebreitet, da China sehr viel in Afrika investiert und viele chinesische Arbeiterinnen und Arbeiter die dortige Infrastruktur aufbauen. Auch der taiwanische Buddhismus hat einige Zentren: Fo Guang Shan Hsi Lai Temple: FGS World Wide Branches-Africa


    Ich habe den auch Eindruck, dass das deutsche Buddhismus nicht so divers ist. Verknüpfungspunkte gibt es in Zentren, die bewusst kulturelle Brücken bauen wie z.B. in den Tibethäusern aber auch in den Gemeinschaften von Thich Nhat Nanh.

    Und ja, auch Deutschland ist faktisch ein Einwanderungsland und es leben Menschen mit vielen ethnischen Hintergründen hier. Mein Eindruck ist, dass nur wenige den Buddhismus entdecken. Ich glaube, dass es viele Gründe gibt. In den USA hat man das untersucht und festgestellt, dass viele Einwanderer ab der zweiten Generation Religion nicht mehr so wichtig finden. Nur einige halten an rigorosen Formen fest, vor allem, wenn sie Ausgrenzung erfahren. Aber generell werden die Menschen "säkularer" und interessieren sich eher für "säkularere" Praxisformen wie z.B. MBSR. Ein anderer Aspekt ist die Zugehörigkeit zu einer Kultur. Wir sollten hier uns nichts vor machen: Viele Menschen suchen Kontakt zu anderen Menschen, die ähnliche Erfahrungen und Werte besitzen. Es wundert ja auch niemanden, wenn Menschen mit Wurzeln in Tibet in ein Tibethaus gehen oder Vietnamesen in einen vietnamesischen Tempel. Wir sollten uns deswegen Fragen: Heißen wie Menschen mit einem anderen ethnischen oder kulturellen Hintergrund auch willkommen? Sprechen wie diese auch an auf Homepages?

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    Das Wort 'homosexuell" klingt so, als wäre man wenn man schwul ist dauernd sexualisiert und als wären Schwule untereinander dauernd auf Sex versessen.


    Kann man sich nicht einen schwulen Kartenspielertreff vorstellen, wo man sich einfach nur unter such sein will und es die ganze Zeit nicht um Sex geht? Sondern wirklich nur um Kartenspielen?


    Von daher muss ja selbst eine queere Sangha kein Sexualisierung bedeuten.

    Richtig.


    Ich gehe davon aus, dass Deine Frage rhetorisch war? Umgekehrt klingt das Wort "heterosexuell" ja auch recht sexuell.


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    Ich weiss nicht, ob er das beherzigt hat und noch lehrt. Also wenn ich ein Zentrum hätte, und da kämen dauernd junge labile Punker, die von mir Rettung erwarten und mich anhimmeln - das ist schon eine Situation wo man selber gefestigt sein muss.

    Und das war Noah Levine wohl nicht. Ich habe in der Erinnerung er habe hat gesagt, er sei ein sexuelles Alphatier und da habe er es nicht mitbekommen, dass er Grenzen überschritten habe. Und den Brief von Spirit Rock hat er vor seinen johlenden Schülern genüsslich zerrissen und das im Netz übertragen.


    Das, was Du schreibst, liest sich etwas, als ob die Opfer womöglich labil seien. Weißt Du das? Und wenn ja, was spielt es für eine Rolle? Meines Wissens kamen die Anschuldigungen von 2 Schülerinnen und von 7 oder 9 nicht-Schülerinnen. Das spricht doch dafür, dass er einen Hang hat, übergriffig zu werden. Und das war wohl für ihn normal.


    Dass das ein Grundproblem der Gruppenstrukturen der Dharma Punx wäre, habe ich noch nie gehört. Deswegen würde ich das ohne weitere Anhaltspunkte nicht vermischen wollen.


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    Ich kenne den Begriff "dharmische Person" nicht und habe ihn auch in keinem Sutta je gelesen. Oder habe ich etwas überlesen? Kann gut sein...


    Ich kenne nur Menschen, und diese sind von ihrer Kultur, ihren Lebensumständen usw. unterschiedlich. Deswegen ist es kein Wunder, dass ihr Zugang zum Dharma unterschiedlich ist.


    Schon zu Buddhas Zeiten versuchten alle zu definieren, wer denn nun ein guter Praktizierender ist und wer nicht. Aber das ist nicht einfach. Zum Erstaunen sagte Buddha, dass der Säufer Sarakani in den Strom eingetreten sei. Und dann brachte er sein Gleichnis mit den Saalweiden im Hain.


    Was ich damit sagen will, ist, dass ich es sehr problematisch finde, einem Menschen oder gar einer Gruppe pauschal abzusprechen, die sie würden nur Bauchnabelschau betreiben. Auch die Gleichsetzung von queeren Menschen mit Briefmarkensammlern verkennt etliche Aspekte.


    Meine Empfehlung ist, Pauschalurteile zu vermeiden und sich immer im Einzelfall angucken, wie der Dharma praktiziert wird. Und man sollte Menschen ins Herz gucken und wenn man dort Güte findet, Gleichmut und Mitgefühl und den Wunsch zur Befreiung, dann stimmt meiner Ansicht die Richtung.


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    Hier geht es um Dharma Gruppen!


    wie ich bereits ausgeführt habe sehe ich das durchaus nicht nur positiv, weil es Bauchnabel Themen befördert.

    Und ja, das ist eine strenge Sichtweise.
    zuallererst sollten wir eine dharmische Person sein, erst viel später Mann, Frau, Single, Alkoholiker, Tierschützer, sozial aktiv, schwul, Koch, einsam, verrückt, kiffer, sexsüchtig, Briefmarkensammler, Psychotisch, im System gefangen, Punk, wasauchimmer!!


    achja, hochsensibel und Autist fehlt noch, sowie unsozial, aggressiv und kritiksüchtig.

    Wir sind, was wir sind und sollten uns einander zumuten und zumuten dürfen!


    Liebe Lucy,


    Du sprichst von Sanghas für Punks. Es gibt sie tatsächlich: "Dharma Punx". Ich habe mir die Vorträge von Noah Levine gerne angehört, bis ihn #MeeToo erreichte. Aber seine Gruppen existieren noch und haben vielen geholfen. Er unterrichtet Dharma, sogar sehr traditionell, richtet sich aber an Menschen mit schwerem Karma: Drogen, Straßengangs, Rockerbanden. Er kennt die Probleme, er kennt Sucht und konnte vielen helfen, wieder Struktur ins Leben zu bringen, von Drogen freizukommen, zu meditieren, den Dharma zu entdecken.


    Die Sangha, speziell für Laien, besitzt viele Funktionen. Sehr wichtig sind spirituelle Freundschaften. Ich habe sehr von spirituellen Freundschaften mit anderen schwulen Männern profitiert. Der Grund ist, dass es ähnliche Erfahrungen und Probleme gibt. Und mir hat das geholfen zu lernen, wie sie damit umgehen. Ich will jetzt nicht behaupten, dass das der richtige Weg für jeden und jede ist. Es ist lediglich ein Angebot, das für manche hilfreich sein kann. Diese Erfahrung ist auch nicht neu, denn die ersten queeren Sanghas haben sich ja in den 70er Jahren gegründet.


    Ich finde, Du machst eine falsche Unterscheidung auf. Natürlich muss man sich gegenseitig zumuten können. Und ich besuche z.B. Retreats in einem sehr international geprägten Tempel und schätze das sehr, weil dort Menschen praktizieren, die aus anderen Kulturkreisen stammen. Das heißt aber nicht, dass es nicht Angebote für spezielle Personengruppen geben darf. Die Zugänge zum Dharma sind vielfältig. Das ist ja gerade die Stärke - es ist gelebtes Upaya.


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    Wie bereits ja schon klar geworden ist - oder zumindest habe ich es so verstanden - geht es ja nicht darum einen Raum zu schaffen in dem eine Minderheit in ihrer eigenen Suppe sitzen kann. Sondern es scheint darum zu gehen, dass es einen Raum gibt in dem jeder der Interesse hat (unabhängig von Geschlecht, Sexualität, Identität, Ethnie, Staatsangehörigkeit, etc) sich austauschen kann über das Dharma. Dabei soll der Fokus darauf liegen, dass ein Weg miteinander gefunden wird. Also darum die Unterscheidung Minderheit vs Mehrheit zu überwinden hin zu einem Wir und das geht nur, wenn wirgemeinsam in einen Dialog treten.


    Für die Teilnahme an dem Dialog sollte doch vielmehr die Intention als die Zugehörigkeit zu einer Gruppe zählen, oder nicht? Ich kann nicht Transsexuell sein, aber mich dennoch für diese Gruppe mit einsetzen. Würde ich mich am Dialog beteiligen und wäre komplett destruktiv, würde versuchen den Dialog zu manipulieren und Leute gegeneinander ausspielen, dann wäre ein Ausschluss gerechtfertigt. Der Minderheitenschutz sollte nicht zu einer Abkapselung führen. Hier das Gleichgewicht zwischen Schutz und Offenheit zu finden ist nicht leicht - wenn es überhaupt möglich ist.

    Ziel der Initiative ist es erst einmal, die eigene Situation zu reflektieren, verschiedene existierende Angebote bekannter zu machen, sich also zu vernetzen. Dafür muss sie breiter und bekannter werden. Unterstützung durch andere wird es immer geben und ist wichtig- niemand lebt für sich allein. Wenn man z.B. einen Retreat organisieren will, braucht man ja z.B. einen Raum/Unterbringung. Ich bringe es mal auf den Punkt: Wir wollen doch keine Parallelwelt erschaffen, sondern die jetzt schon existierende buddhistische "Szene" bereichern. Dazu brauchen wir Unterstützung.


    Wie das im Detail aussieht, möchte ich erst einmal diskutieren. Ich habe hier zwar meine Meinung, aber ich möchte erst einmal andere zu Wort kommen lassen. Ich kann mir vorstellen dass es inklusive Veranstaltungen gibt als exklusive. Unter einem inklusiven Angebot meine ich eines, von demauch Buddhist_innen, die sich nicht als queer definieren, profitieren, wo jede_r herzlich eingeladen ist. Auf der anderen Seite kann ich mir exklusive Veranstaltungen ebenso vorstellen. Es gibt immer noch Menschen, die in ihren Sanghas nicht geoutet sind. Hier ist also ein Öffnungsprozess notwendig. Ich will erst einmal diesen Menschen zuhören, was sie meinen.


    Habe ich Deine Frage jetzt beantwortet oder an Dir vorbei geredet? Willst Du uns unterstützen oder willst Du z.B. durch einen Newsletter informiert werden? Wenn ja, kannst Du mich auch anschreiben. Ich würde mich sehr freuen :) Ich bin derzeit etwas in Eile, deswegen entschuldige die schnell geschriebene Nachricht.


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    Ich mische mich nur ungern ein. Ich habe eine Frage: Würdest Du auch diskutieren, wenn Du mitbekommst, dass sich eine Gruppe "Frauen und Buddhismus" gründet? Das Beispiel ist etwas schief, denn ich vermute mal, dass Frauen im Buddhismus keine Minderheit sind. Aber mal ein ganz konkretes Beispiel aus der Vergangenheit: Die DBU hat sich bzgl. sexuellen Fehlverhaltens von Lehrern lange nicht geäußert. Also gründeten sich die "Tara-Frauen", die eine Auseinandersetzung und ethische Leitlinien einfordern, die inzwischen existieren. Würdest Du tatsächlich hinterfragen, ob sich die Tara-Frauen organisieren dürfen? Ich halte Fǎ Fás Standpunkt für somit für weise. Lass sie sich organisieren und höre, was sie zu sagen haben. Oder siehst Du das anders? Und wenn ja, warum?


    Auf der anderen Seite gebe ich auch Dir Recht: Wenn ein Beitrag im Forum ist, dann darf man sich auch dazu äußern. Dazu ist das Forum da. Ich finde Offenheit und Diskurs gut und meine auch, dass jede Gruppe sich bemühen sollte, ihr Anliegen zu erklären.


    Ich finde also beide Standpunkte richtig. Ich würde es aber kritisch finden, wenn beide Standpunkte verabsolutiert werden. Das würde dann dazu führen, dass es keine Diskussion zwischen Mehr- und Minderheit gibt, bzw. die Minderheit der Mehrheit kategorisch abspricht, sich zu ihr zu äußern. Umgekehrt sollte man immer vorsichtig sein, eine Minderheit zu bewerten, sich Zeit lassen und sich viele Stimmen anhören, die lauten aber auch die leisen, die man oft überhört.


    Die Lösung für alle diese Probleme hat der Buddha gegeben: Es ist Rechte Rede. Und Toleranz ist praktiziertes Dana: Man ist großzügig, da man anderen auch mal etwas durchgehen lässt, was man nicht in Ordnung findet. Wenn eine Minderheit durch die Mehrheit nicht bewertet werden will, dann hat das doch immer den Grund, dass Grenzen verletzt wurden. Nur: Wo sind diese Grenzen? Vielleicht ist die Situation so eingefahren, dass ich einen Vorschuss geben muss, auch wenn eigentlich meint, dass das anderen Menschen nicht zusteht. Aber auch das sehe ich als Dana.


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    Ich habe auch den Eindruck von St. Georg heute und ich finde schön, dass Du ihn bestätigst. Danke für den Post :)


    Mein Eindruck von St. Georg Ende der 80er und Anfang der 90er war etwas anders. Man konnte das, was Du beschreibst, immer sehen. Aber es gibt auch die Drogen am Hansaplatz und die ganze Prostitution - und das gibt es wohl auch noch heute. Aber mein Eindruck ist, dass es sich verbesserte. Und ein Grund ist meiner Ansicht, dass es aber immer Menschen gab, die sich für den Stadtteil einsetzten z.B. in Stadtteilinitiativen. Und ähnliche Initiativen gab es auch in der schwulen Szene. Das Hein & Fiete war damals in der Gurlittstraße und weit mehr als ein Präventionsprojekt. Dort gab es Ehrenamt, ein Stricherprojekt, eine Jugendgruppe und vieles mehr. Ich habe eben gegoogelt. Sie sind an den Pulverteich umgezogen und es treffen sich dort immer noch viele Gruppen z.B. Selbsthilfe bei Depressionen, schwule Väter usw. usf. Und das war so meinte Sichtweise: Gesellschaftlicher Zusammenhalt entsteht eben nur, wenn Menschen zusammen kommen und sich sozial engagieren.


    Meiner Ansicht kann sich das nicht nur positiv z.B. einen Stadtteil auswirken, sondern man lernt viel z.B.

    • neue Erfahrungen
    • Umgang mit Menschen - insbesondere schwierigen Personen
    • angewandtes Mitgefühl: man kümmert sich um andere


    Ich befürchte, dass unsere Gesellschaft in den letzten Jahren etwas Ego-zentrierter geworden ist. Das bedeutet auch, dass man sich nicht selbst fragt, was man besser machen kann, sondern viel schneller auf andere zeigt, die dann dafür verantwortlich sind. Und das sind dann z.B. "die da oben", "die Politker". Irgendwer, aber eben andere.


    Siehst Du das auch so, oder hast Du andere Erfahrungen?


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    Der letzte Satz gefällt mir sehr gut. Ich will das noch mal unterstreichen und auch zeigen, dass "Ghettobildung" auch eine positive Wirkung haben kann.


    Manchmal entsteht ein "Ghetto" einfach so. In Hamburg gibt es ein Viertel in der "Langen Reihe", das entstanden ist, da ein Vermieter anfing, an homosexuelle Menschen zu vermieten. In der Zeit mussten sich schwule Männer verstecken und es gab soziale Kontrolle durch die Nachbarn. Das "Ghetto" machte ein "normales" Leben erst möglich. Dies erschuf dann Sichtbarkeit und dann eine eigene Kultur. Das "Ghetto" ist also nicht unbedingt ein Ort der Abschottung. Es bilden sich Kneipen, Restaurants und so wird es zu einem Treffpunkt. Heterosexuelle Menschen besuchten diese auch. Viele Paare, die in der Gesellschaft z.B. als Außenseiter angesehen wurden, trafen sich dort, weil dort nicht geurteilt wird. Es gibt z.B. heute immer noch Stammtische z.B. von heterosexuellen Menschen, die sich für diese Orte entscheiden. Und irgendwann war man nicht mehr gezwungen, Türklingeln zu haben, sondern jeder konnte reingehen. Und die Geschäfte von homosexuellen Inhaber sind auch auf heterosexuelle Kundschaft angewiesen. Das "Ghetto" enthält also Schutzräume und Räume des Zusammenkommens.


    Dieses "Ghetto" in der Langen Reihe war auch der Ort eines gesellschaftlichen Aufbruchs. Du sprichst von der AIDS-Krise und ich will das Beispiel fortführen. Dort entschlossen sich viele zu sagen, dass man mit einer Krankheit anders umgehen muss: Man darf die Gesellschaft nicht spalten sondern man muss sie einen. Man muss zeigen, dass AIDS alle angeht. Aber man muss für alle Gruppen spezifische Präventionsarbeit machen. Um es mal platt zu sagen: Der Lederkerl, der eine schwule Sauna besucht, braucht eine andere Botschaft als ein Familienvater, der ein Abenteuer sucht, und der wieder eine andere als eine Person, die weder das eine noch das andere will.


    Ein "Ghetto" hat vielfältige Funktion. Der Vergleich mit dem Retreat ist gut: Wenn man sich in einen Retreat zurückzieht, heißt das nicht, dass man sich grundsätzlich von der Welt abwendet. Es kann das genaue Gegenteil sein und dazu führen, dass man sich bewusster der Welt zuwendet. Und so kann ein "Ghetto" dazu führen, dass man begreift, dass es ein gemeinsames Leid gibt. Es bringt Menschen zusammen, die daran etwas ändern wollen und die auch sich helfen. Entscheidend ist doch der Geist, der dahinter steht. Und der enthält offene Ort und auch solche, wo Betroffene unter sich bleiben. Das Symbol des "Regenbogens" steht aber für Einheit in der Vielfalt - und so schloss man niemanden aus. Deswegen kam es ja zu dieser seltsamen Buchstabensuppe LGBTIQAA... - die Sprache ist da nicht so elegant. Ich habe das vielleicht zu stark idealisiert, denn es gibt auch kritische Aspekte. Aber ich wollte Deinen Beitrag bestätigen, dass in dem "Ghetto" auch Werte der Inklusion entstehen können und ebenso der Hilfe und Selbsthilfe - und das dient dem gesellschaftlichen Zusammenhalt.


    Also noch mal vielen Dank für Deinen Post.


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    Stell dir die Gesellschaft als eine Raucherin vor. Die Zigarette repräsentiert den beruhigenden Effekt durch das klare Einhalten von Geschlechterrollen. Was passiert nun, wenn man der Raucherin erzählt, dass Zigaretten sich negativ auf einen Teil ihres Körpers auswirken?


    Das Bild gefällt mir sehr gut. Und ja, ich bin ebenso ein Raucher. Teile der schwulen Community bietet auch mir eine Zigarette an. Die verschiedenen Tabaksorten sind Hedonismus, freizügiger Umgang mit Sexualität, Körperkult insb. der Jugendlichkeit usw. Und hier ist es meine Aufgabe das zu erkennen. Auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass diese Community auch andere Dinge vertritt wie z.B. gegenseitige Hilfe und Wahlfamilien. Ebenso sieht viele Dinge mit einem Augenzwinkern: romantisches Begehren, zelebrierte Maskulinität (wie hier durch die Marlboro-Werbung, in der ja keine Zigarette auftaucht) usw.


    Ob das Ursache einer Irritation ist, weiß ich nicht. Buddhistische Praxis enthält meinem Verständnis zwei Aspekte: Im Zentrum steht Nibbana, das nun jenseits aller Konzepte liegt - auch jenseits von Konzepten wie männlich/weiblich. Aber Magga fordert uns auf, uns mit den Dingen zu beschäftigen, mit denen wir tagtäglich konfrontiert sind. Und damit wurde auch der Buddha konfrontiert: Er schuf eine Gemeinschaft, in denen einige gesellschaftliche Regeln nicht mehr galten, er schuf dafür andere. Er und seine Unterstützer (ich meine Upasakas), waren auch mit den Bedürfnissen der Frauen konfrontiert. So schuf er eine Sangha während Upasakas erreichten, dass auch Frauen den Dharma hören durften, was in der Zeit eine Innovation war. Und Buddha wurde u.a. auch mit den Bedürfnissen von Transgender konfrontiert und fand meiner Ansicht eine sehr weise Lösung.


    Nun haben wir einen historischen Abstand von mehr als 2500 Jahren. Unser Weltbild ist anders und auch unsere Lebensweise. Es haben sich z.B. Laienorden gebildet, säkulare Interpretation des Dharma, einige praktizieren Traditions-übergreifend und gehen zu den Lehrer_innen, mit denen sich sich verbunden fühlen usw. Wir haben uns vom Ursprung entfernt, leben in völlig anderen gesellschaftlichen Umständen. Die sozialen Gruppen haben sich geändert. Wir sind also gezwungen zu reagieren, wir können gar nicht anders. Zudem hat sich auch der Buddhismus geändert und es entstanden in 2500 Jahren völlig neue Interpretationen. Auch wir interpretieren sie neu, da wir u.a. durch ein anderes Weltbild geprägt sind.


    Ich muss mich für meine Oberlehrer-hafte Art entschuldigen - ich schaffe es nicht so zum Punkt zu kommen wie Du. Aber ich meine, dass sich dieses Spannungfeld in unseren Diskussionen niederschlägt. Was ist denn nun der Kern? Haben wir uns von dem Kern entfernt? Deswegen überraschen mich die Fragen auch nicht besonders mit Ausnahme der Tatsache, dass man sie Frauengruppen nicht so stellt.


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    Ja, solche Geschichten, wie Du sie beschreibst kenne ich auch. Die Szene ist eben ein Ort, in dem man viele Außenseiter findet. Manche sind liebenswert, manche kratzbürstig, bei machen verbirgt sich das Liebenswerte unter einer harten Schale.

    :) Doktrin hin oder her ... Sowohl in einem historischen Text Taranathas, * 1575 † 1634, "Die goldene Mala“, Tib. Sergyi Trengwa, als auch in einer Erklärung Bokar Tulkus, * 1940, wird dargelegt, dass Tara vor vielen Weltzeitaltern eine Prinzessin namens "Weisheits-Mond" gewesen sei:

    Zitat

    Zu dieser Zeit war sie Schülerin des Buddhas Dundubhisvara, dessen Name "Licht aus vielen Welten" oder auch "Vielfarbiges Licht" bedeutet. Als sie das Bodhisattva-Versprechen ablegte, trat ein Mönch an sie heran und riet ihr, in späteren Leben einen männlichen Körper anzunehmen, umso die Erleuchtung erlangen zu können. Sie antwortete ihm, dass ein erwachter Geist kein Geschlecht hat, und dass diese den Mann zum Mittelpunkt machende Perspektive aus einer falschen Sicht der Wirklichkeit herrührt. Sie fügte hinzu: "Viele wünschen sich in einem männlichen Körper die Erleuchtung zu erlangen, aber niemand arbeitet zum Wohle der Wesen in einem weiblichen Körper. Daher werde ich bis zum Ende der bedingten Welt in einem weiblichen Körper zum Wohle der Wesen arbeiten." …


    Und ja, die Geschichte der Tara ist sehr schön. Vielen Dank!


    Sie steht auch in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Buddhismus Aktuell" auf Seite 7, das das Schwerpunktthema "Frauen" besitzt.


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    also, ich mag mich da nicht weiter reinhängen, kann dir aber Dharma Buddy versichern, dass ich bei Tierschützer - Buddhismus Gruppen und engagierte - Buddhisten Gruppen an ähnliche Dinge denke, wie hier von Fǎ Fá ausgeführt wurden.


    es hat nicht unbedingt was exklusiv mit ‚euch‘ zu tun, soweit es mich betrifft.


    auch hätte mich mein Weg bestimmt nicht in eine exklusive Frauengruppe geführt, jedoch waren eine Zeit lang weibliche Vorbilder, lebendige und geschichtliche sehr wichtig um mich wohl zu fühlen. Inzwischen ist es für mich (weitgehend?) erledigt, Dharma kennt kein Geschlecht. Diejenigen Frauen, die eher politisch aufzeigen, wo der Buddhismus sexistisch ist, haben mich eher nicht so inspiriert....


    soweit als kleines puzzelsteinchen unter vielen...


    liebe Grüße

    Danke für Dein Feedback. Wie gesagt wollte ich auch niemanden etwas unterstellen. Ich bin dankbar für jedes Puzzlesteinchen, wie Du es so schön genannt hast.


    Und ich kann auch Deine Einstellung zu Frauengruppen nachvollziehen, auch wenn ich noch nie in einer war. Persönlich glaube ich, dass beides einen Wert hat: Manchmal braucht es "Politikerinnen", die patriarchalische Strukturen beim Namen nennen. Inspirierend finde ich aber auch diejenigen, die die Geschichte untersuchen und die Aspekte, die eben nicht (von den Männern) erzählt werden. Es gibt ein tolles Buch ZenFrauen - Jenseits von Teedamen, Eisernen Jungfrauen und Macho-Meisterinnen, das ich inspirierend fand. Es zeigte, dass Frauen kreativ seien mussten, denn sie waren im alten China gesellschaftlich viel eingeschränkter. Es war für sie schwieriger, Nonne zu werden, und sie konnten sich aus Angst vor Überfällen auch nicht so im Land bewegen, wie die Männer. Und so war ihre Praxis auch anders. Sie mussten kreativ werden und mehr soziale Arbeit leisten, um Unterstützung zu erhalten. Sie setzten sich auch mit ihren Körpern anders auseinander und meditierten z.B. vor Spiegeln. Und während es bei Männern in der Praxis im monastischen Zusammenhang oft darum ging, durch Regeln das männliche Ego kleiner zu machen, waren Sie sich bewusst, dass es auch positive Aspekte in der Selbstbehauptung ging und erarbeiteten sich diese Dinge. Das ist auch natürlich in einer Gesellschaft, die vom Konfuzianismus geprägt war mit seinen strikten Rollenbildern. Und so war ihr Zen auch anders. Sie schufen sich in ihrer Situation ihre Kultur des Erwachens, die sich von der der Männer in Teilen unterschied. Mir war das unbekannt, denn ich kannte nur die von Männern überlieferter Tradition, "die" Tradition, die Frauen geflissentlich ausließ.


    Du sprichst eine spannende Frage an: Hat Dharma kein Geschlecht? Ich sympathisiere mit dieser Einstellung und merke auch in meiner Praxis, die Klarheit, die offene Weite, kein Geschlecht kennt. Aber Dharma als Doktrin schon: Da haben Männer definiert, dass Frauen als Männer wiedergeboren werden müssen und diese Doktrin wird von vielen noch geglaubt. Und somit die Dharma-Praxis kennt Geschlechtlichkeit. Gerade bei asiatischen Frauen habe ich erlebt, dass sie ihre Aufgabe darin sehen, die Männer zu unterstützen um als Mann wiedergeboren zu werden. Aber das ist auch nur ein Teil der Geschichte. Ich fand den Bericht über japanische Tempelfrauen in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Buddhismus Aktuell" sehr erhellend, denn sie zeigt, wie vielfältig die Rollen und Selbstverständnisse buddhistischer Frauen sind und dass wir das zu schnell in Schubladen stecken, anstatt genauer hinzugucken.


    Ich muss gestehen, dass das schwierige Diskussionen sind. Vielleicht sollte ich diese in einem eigenen Thread führen und vielleicht sollte ich hier erst einmal zuhören und mehr lesen.

    ()

    Natürlich sind wir nicht der Körper und wir sind auch nicht unsere sexuelle Identität, von einem philosophischen Standpunkt aus gesehen. Trotzdem gehört sexuelle Identität zu einer der Identitäten, die unser Leben bestimmen. Deshalb muss man sie auch beachten. Du kannst auch sagen "ich bin nicht meine Sprache" und den ganzen Tag durch eine deutsche Großstadt laufen und vietnamesisch sprechen. Dann wirst Du aber irgendwann an den Punkt kommen, dass Du im Alltag nicht voran kommst, wenn Du Dich nicht mit Menschen triffst, die ebenfalls vietnamesisch sprechen. Grundsätzlich hat jede Minderheit an Anrecht darauf, sich als Minderheit zu organisieren. Die Angehörigen der Mehrheit haben das m.E. nicht zu diskutieren oder zu bewerten.

    Ich stimme zu, dass ich die von Dir angesprochenen Bewertungen oft problematisch finde. Was die Diskussionen angeht, passieren sie einfach. Es gibt queere Sanghas in vielen Ländern, beginnend mit den Staaten, in England, Frankreich, aber auch in Australien usw. usw. Und alle, mit denen ich gesprochen habe, haben mir gesagt, dass es Diskussionen geben wird. All diese Gruppen wurden in Frage gestellt. Nur reine Frauengruppen interessanterweise nicht. Das hat meiner Ansicht nicht nur mit der traditionellen Geschlechtertrennung in monastischen Gemeinschaften zu tun sondern auch damit, dass Männer es akzeptieren, wenn Frauen auch unter sich bleiben wollen. Umgekehrt nehmen sie sich in manchen sozialen Verbänden auch gerne das Recht heraus, ebenso so unter sich zu bleiben.


    Ich finde das Phänomen, dass queere Gruppen in buddhistischen Zusammenhängen sofort hinterfragt werden, für sehr interessant. Warum findet das statt? Ich weiß es nicht. Ich glaube aber, dass es da (teilweise unbewusste) Befürchtungen gibt:

    • Es wird als impliziter Vorwurf empfunden: "Sind wir etwa nicht inklusiv?"
    • Man befürchtet eine Spaltung und unterstellt das sehr schnell - ohne nachzufragen. Und gerade das finde ich interessant. Steckt dahinter die Angst vor Verlust?
    • Man bringt es schnell in die Nähe zu einem Lifestyle-Bindestrich Buddhismus der Art "Zen oder die Kunst meinen veganen Joghurt zu löffeln", um es einmal pointiert auf die Spitze zu bringen.

    Ich will jetzt nicht sagen, dass dies in diesem Thread geschehen ist und ich will auch keine Motive unterstellen. Aber zwei Dinge finde ich tatsächlich interessant:

    • Wieso kommen diese Fragen speziell bei queeren Gruppen so sicher wie das Amen in der Kirche?
    • Wieso kommt eher selten eine Reaktion der Art: "Interessant, erzähle doch mal bitte mehr über die Gründe."

    Ich weiß es nicht. Und ich will niemanden im Thread etwas unterstellen. Es ist eben so, dass ich ein Muster sehe, das ich noch nicht verstehe.


    Und zum Schluss noch ein anderer Aspekt: Für einen Angehörigen einer Minderheit ist das nicht neu. Das Problem ist, dass jede Mehrheit (mich eingenommen, denn in anderen sozialen Zusammenhängen bin ich wiederum in der Mehrheit) eine Minderheit immer befragt, ggf. unbewusst. Bei einem Café konnte ich das sehen. Eine farbigen Frau bedient dort und ich habe bei jedem Besuch erlebt, dass sie gefragt wurde, woher sie denn käme. Sie antwortet im perfekten Dialekt der Region, dass sie hier geboren sei. Angehörige einer Minderheit müssen sich ständig erklären. Dieses Phänomen wird von Wissenschaftlern "Mikroaggression" genannt. Diese sind nicht böswillig und oft nicht bewusst, aber es sind immer dieselben Fragen, die irgendwann kommen. Psychologisch hat das zwei Effekte: Erstens fühlt man sich ausgegrenzt und zweitens finden sich viele Angehörigen einer Minderheit in ihrer Gruppe wohl, weil man sich einfach so akzeptiert und nicht erklären muss. Dieses führt dazu, dass sich Subkulturen bilden. Ich kenne nun viele Buddhisten die sofort aufhorchen und sofort Identitätsbildung des Geistes sehen. Das ist richtig, verkennt aber zwei Dinge:

    • Diese Identitätsbildung kann auch ein Ort von Gemeinsamkeit, Aufbruch und Heilung sein. Gerade in der queeren Szene waren gesellschaftliche Verbesserungen nur möglich, da sich ein Netz von Hilfe- und Selbsthilfegruppen bildeten: Beratungsgruppen, Unterstützungsgruppen für spezielle Menschen in besonderen Situationen, z.B, die AIDS-Hilfe usw. usf. Es ist eben nicht so, dass die Identitätsbildung unreflektiert stattfindet. Gerade in einer diversen Community und in der Hilfe für andere Menschen reflektiert man sich oft sehr gut. Auch eine Gruppe kann helfen, dass "Ich" zu transzendieren oder dass man sich diesem zumindest bewusst wird.
    • Interessanterweise sieht man die Identitätsbildung bei fremden Gruppen sofort und viel besser als bei der eigenen. Auch das ist eine Falle unserer Egos. So betrachtet man sich schnell als "normaler" Buddhist, fest verankert in einer Tradition. Zu sehen, dass es hier auch subtile Identitätsbildungen gibt, die teilweise nicht unkritisch sind, ist viel schwieriger. Jedenfalls habe ich das auch bei mir feststellen können, denn auch ich bin ebenso "normaler" Buddhist und identifiziere mich auch mit Traditionen, bin mir dem aber hoffentlich bewusst.

    Das sind so meine Erfahrungen und Gedanken zum Thema. Vielleicht liege ich hier auch falsch und unterstelle ebenso Dinge. Aber allein die Tatsache, dass diese Diskussion so sicher auftaucht wie das Amen in der Kirche, zeigt, dass sie geführt werden sollte. Deswegen bin ich dankbar für alle Beiträge hier.


    Und um ganz ehrlich zu sein, sehe ich das als gute Übung für meinen Gleichmut. Das gilt auch für die Phänomene, die ich "Mikroaggression" nannte. Wie häufig hat man mich gefragt: "Und wer von Euch ist die Frau?" Da diese Frage auch einen sexuellen Aspekt hat, empfinde ich sie als eher privat und wundere mich immer, wie schnell das gestellt wird. Aber die Frage zeigt doch, dass viele Menschen sehr stark in binären Kategorien denken und diesen meiner Meinung auch anhaften. Ich will jetzt nicht weitere Beispiele nennen, denn ich habe schon genug geschrieben. Es ist eben so, dass eine Minderheit von der Mehrheit immer hinterfragt wird. Es ist auch immer so, dass eine Minderheit für eine Mehrheit nicht die oberste Priorität besitzt. Damit muss diese Gruppe leben und das tut sich am besten mit einer Portion Gleichmut.


    Zum Schluss hoffe ich, dass ich mit meinen Gedanken (und teilweise Spekulationen) niemandem auf die Füße getreten bin. Und ich sympathisiere auch mit Dir, weil Du diese Diskussion und Bewertung nicht willst. Aber ich glaube auch, dass sie in Teilen unausweichlich und auch notwendig ist.


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    Ich sehe es als eine Gefahr, sich zu tief in solche Thematiken zu verstricken. Das ist keine Kritik an eurer Mission, sondern eher ein "Praxistip", auch wenn ich kein Lehrer bin. Manche haben mit revolutionären Thesen ihr ganzes Leben verschwendet, manche waren erfolgreich. Doch der soziale Kontext ist belanglos wenn wir ihn in Richtung Tod betrachten. Man könnte auch sagen, es sind wichtige, aber weltliche Themen. Ihnen ein zu tiefes Engagement zu widmen halte ich für nicht zielführend im Hinblick auf das Dharma. Denn, so meine ich, sind es keine kernbuddhistischen Thematiken.

    Zuerst einmal möchte ich mich bedanken für Deine Offenheit und Deinen Zuspruch. _()_


    Ich hoffe auch, dass wir uns nicht verstricken. Wir haben diese Diskussionen selber auch geführt. Wir verstehen und zum Glück Traditions-übergreifend. Es gibt unter uns nicht nur Praktizierende, die sich dem engagierten (Mahayana-) Buddhismus zurechnen, sondern z.B. auch der Waldtradition des Theravada. Ich sehe das als Stärke, da wir auf die Gemeinsamkeiten blicken und damit auf den Kern der Lehre. Deswegen haben wir die Selbstdarstellung mit dem Satz begonnen: "Das Dharma ist zeitlos und für alle gleich, der Zugang ist es nicht." Aber ja, wir werden auch mit Sicherheit Fehler machen - das liegt nun mal in der Natur der Dinge. Aber es wird uns hoffentlich helfen, dass wir uns eben nicht abspalten wollen sondern die Diskussion und Nähe suchen. Wir werden das auf den kommenden Veranstaltungen der DBU auch tun. Und ich bin mir sicher, dass uns die kritischen Fragen und die Diskussion helfen werden, den Pfad zu gehen - zusammen mit den anderen Buddhistinnen und Buddhisten. In diesem Sinn sind wir nämlich nichts Besonderes und wollen es auch nicht sein.


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    Und das betrifft dann auch buddhistische Gruppen. Da wäre es dann schön, wenn man sagen könnte: Der Buddhismus widmet sich der Überwindung von Gier und Hass und der Kultivierung von Geduld. Deswegen kannst du in jede buddhistische Gruppe gehen, ohne dort Anfeindung und Ablehnung erleben zu müssen. Aber ist das so?

    Das würde ich schön finden und für eine solche Offenheit setze ist mich ein :)


    In anderen Ländern haben Buddhist_innen viel stärker Stellung bezogen. Taiwan ist das erste asiatische Land, das die gleichgeschlechtliche Ehe einführte. Es gab da einen Kulturkampf, der von Evangelikalen geführt wurde, die von den US-amerikanischen Megakirchen finanziert wurden. Ab der Seite der LGBT-Bewegung stand die Nonne Shi Chao-hwei. Hier spricht sie auf einem CSD: 2012台灣同志遊行 釋昭慧法師 來自人間宗教的祝福 Shih Chao-hwei blessing - YouTube und hier segnet das lesbische Paar, das eine Ehe einging: 2012-08-11First! Buddhist style Lesbian marriage - YouTube


    Ich kenne in Deutschland erst ein schwules Paar, das sich in einem buddhistischen Kloster segnen ließ. Es hat den beiden sehr viel bedeutet. Ich würde mich freuen, wenn so etwas häufiger vorkommen würde.


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    Buddhismus existiert doch seit 2500 Jahren und zwar meistens in Gesellschaften die eher reaktionär war. Von daher stellt sich die Frage inwieweit der Dharma an sich humanistisch ist oder ob das eine moderne Projektion ist.


    Ich glaube, beides ist richtig zumindest bzgl. queeren Menschen. Im Palikanon findet man beides: Geschätzte Mitglieder der Sangha waren Pandaka - und in der Vinaya finden wir die Geschichte, dass Buddha es Menschen, die wir heute transgender nennen, denen der Buddha erlaubte, von der Bikkhu- in die Bikkhuni-Sangha und umgekehrt zu wechseln. Aber es findet sich auch das Verbot, Pandaka zu ordinieren. Wissenschaftler glauben, dass der Buddha zum Schutz der Sangha gehandelt hat, denn sie war ja auch Unterstützung angewiesen und damit auch von Menschen, die homo- bzw. transphob waren. Buddha hat das aber nie verdammt. Deswegen glaubt man, dass die diskriminierende Haltung der damaligen Gesellschaft sich auf die Sangha übertrug. Forscher glauben auch, dass die ablehnende Haltung von Buddhagosa, Asanga. Vasubandhu eben in den damaligen Moralvorstellungen ihrer Zeit begründet waren. Und das floss in den Dharma ein. Sie diskutierten, ob ein Pandaka Erleuchtung erlangen könne oder nicht. Und wenn ich mich richtig erinnere, steht im Lotus-Sutra, dass Ananda sich nicht neben Pandaka setzen sollte.


    Wenn man aber in die Geschichte guckt, wird man eine große Diversität finden. In der japanischen Kultur kenne ich mich nicht aus, aber der Legende soll Kukai, der Begründer des Shingon-Buddhismus homosexuelle Liebe nach nach Japan gebracht haben. ich glaube, dass es sehr stark kodifizierte Beziehungen waren zwischen älteren und jüngeren Männern, was später in die Samurai-Kultur überging.


    Interessanter finde ich die Lage in China. Es gibt viele Aufzeichnungen über die Männer in Fujian, die lebenslange Bindungen zu anderen Männern eingingen. Während der Qing-Dynastie entwickelte sich der Orden der 10 Schwestern - eine Ordensgemeinschaft von Frauen. Für Frauen, die der Verheiratung entgehen wollten, war die Ordination die einzige Möglichkeit. Viele dieser Frauen lebten als Paare und banden sich lebenslang durch Eide aneinander, die meines Wissens sogar gesetzlich wirksam waren. Sie adoptierten Waisen und setzten sie als gesetzliche Erben ein. Als Bodhisattva wählten sie passenderweise Weise Guan Yin. Der Orden bestand weiter als "Schwestern der Goldenen Orchidee" und wurde erst 1949 durch die KP aufgelöst.


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    Da hast du Recht, sicherlich. Aber wir sprechen ja hier von der prägenden Kultur. So könnte man auch durchaus von einem deutschen Buddhismus sprechen, vielleicht in 100 Jahren. Aber wahrscheinlich verliert dann keiner ein Wort über einen "queeren Buddhismus". Aber noch mehr finde ich, dass Ausgrenzung eben selbst gemacht wird, indem man solche Nieschen eröffnet, denn da will man ja auch "unter sich" sein, was ich nicht verübeln kann. Aber ein asexueller oder was weiß ich kann doch in eine "normale" Gruppe gehen, wo ist das Problem?


    Für mich ist das eher so ein Ego Ding wo es um erzwungene Beachtung geht. Ich denke nicht (und das ist ja auch gut und recht so) dass Menschen mit XY Präferenzen in "normalen" Gruppen deswegen abgelehnt werden. Was ich damit sagen will: Es wird ein Faß aufgemacht, wo es überflüssig ist. Außer mir erzählt jetzt einer, dass er aus dem Zentrum XY rausgeworfen wurde WEIL er schwul etc. ist. Das wäre ein Problem. Aber findet so etwas statt? Vielleicht bin ich auch nur weltfremd, aber mir ist so etwas nicht bekannt.


    Ich habe den Begriff "queerer Buddhismus" nicht verwendet. Ich habe in nur den Begriff "Queer Dharma" erklärt und habe gesagt, dass es derzeit ein Label für Dinge, die von den bisherigen Traditionen nicht beachtet oder gar unterdrückt wurden. Hier ist der Link zu meinem Originalpost. Ich finde es wichtig, dass dies untersucht wird. Dies führt zu einer kritischen Betrachtung der buddhistischen Sexualethik. Dieser Beitrag ist ein ein sehr guter Einstieg in das Thema. Ich finde die Sichtweise "neumodisch" vs. "traditionell" für zu kurz gegriffen. Derzeit gibt es einen Dialog zwischen Moderne und Tradition, wobei moderne Sichtweisen eben die Tradition hinterfragen. Da werden eben Fragen gestellt, z.B. will ich aus diesem Artikel zitieren:


    Zitat

    Zum besseren Verständnis hier die indischen und tibetischen Quellen im Wortlaut, sie besagen:

    • dass männliche Homosexualität verboten ist, aber weibliche nicht,
    • dass nichts anderes erlaubt ist als Penis-Vagina-Koitus, und dieser nur nachts,
    • dass es für verheiratete Männer in Ordnung ist, Prostituierte anzuheuern,
    • dass Polygamie erlaubt ist,
    • dass Männer jederzeit das Recht über den Körper ihrer Frauen haben – außer wenn die Ehefrau das Ein-Tages-Gelübde genommen hat. Doch selbst dann verliert die Frau ihr Recht, ihren Ehemann abzuweisen, wenn sie nicht vorher die Erlaubnis erhalten hatte, das Gelübde zu nehmen,
    • und schließlich, dass einer Reihe von Personen aufgrund ihrer sexuellen bzw. oder geschlechtlichen Identität oder ihrer anatomischen Eigenschaften die Ordination verweigert werden muss – Männern hauptsächlich wegen anomaler sexueller Begierden und Frauen überwiegend wegen anomaler sexueller Anatomien.

    Wer bereit ist, die sexuellen Lehren der Tradition buchstabengetreu zu akzeptieren, legt sich fest, nach diesen Richtlinien zu leben. Aber ist dies wirklich die Art sexueller Ethik, die wir verinnerlichen sollten – ein Leben diktiert von Jahrhunderte alten Normen? Aber was ist die Alternative? Und wie rechtfertigen wir eine andere – und ich würde behaupten, eine angemessenere – sexuelle Ethik?


    Dieselben Diskussionen lassen sich auch bei den thailändischen Schriften nachvollziehen. Auch fort dort wurde geschlechtliche und sexuelle Identitäten tabuisiert und diskriminiert. Auch das ist Teil buddhistischer Geschichte und wurde auch von thailändischen Modernisierern aufgegriffen.


    Wenn Dir der Begriff "Queer Dharma" nicht zusagt, kann ich es verstehen. Dahinter stehen Ansätze, Traditionen zu hinterfragen und auch genau zu untersuchen, was in den frühbuddhistischen Schriften steht. Hier wurden einige ausgeblendet und nur der Ausschluss der Paṇḍaka in die Tradition übernommen, und eben mit Buddhagosa aber auch Asanga und Vasubandhu fortgeführt. Es geht also nicht nur um Tsongkhapa.


    Du hast ein anderes Thema angesprochen: Wie geht es denn queeren Buddhist_innen? Ich bin die ganze Zeit ausgegangen, dass es ihnen gut in ihren Sanghas geht. Aber durch Gespräche bin ich hellhörig geworden. Es gibt Transgender, die erzählen, dass asiatische Lehrer sie nicht verstanden und meinten, sie seien von Geistern besessen. Ich habe mit lesbischen Frauen gesprochen, die sich nicht wohl in ihren Sanghas fühlen und ich kenne auch Menschen, die sich nicht in ihren Sanghas outen wollen. Ich bin mit einigen dieser Personen im Gespräch und andere werde ich kennenlernen. Auch das ist Sinn und Zweck der Initiative "Buddhismus unter dem Regenbogen". Ich hoffe, dass Du Verständnis hast, dass die Gruppe der Betroffenen diese Dinge erst einmal untereinander aussprechen und überlegen wollen, wie wir damit umgehen. Wir wollen auf keinen Fall uns den Mantel des Opfers anziehen. Wir auch nicht den Finger auf jemanden richten, sondern das Gespräch suchen. Unser Ziel ist es nicht zu spalten, sondern wir wollen in Diskussion kommen. Und ebenso wollen wir auch beratend wirken und auch Lehrende und Retreatzentren sensibilisieren z.B. für die spezielle Situation von Transgender, nicht-binären und intersexuellen Menschen. Wir hoffen, dass sich dadurch dann auch diese Menschen sich öffnen können und sich wohl und verstanden in ihren Sanghas fühlen (sofern sie es nicht tun).


    Ich glaube, ich habe jetzt schon sehr viel geschrieben, aber ich will noch etwas sagen zu dem Wort "Präferenzen". Es geht hier mehr als das. Es geht um Identitäten, die wahrscheinlich tief in der Biologie verwurzelt sind und deren Akzeptanz hin oder wieder (ich meiner eher oft) ein schmerzhafter Prozess war. Es geht um Kultur in den Communities, also Identitätskonstruktionen des Geistes, die wir auch (und auch teilweise kritisch) reflektieren. Und es geht auch um Leid. Und es ist auch eine Erkenntnis, dass einige (nicht alle) queere Personen es heilsam empfanden, ein Retreat mit anderen queeren Menschen zu besuchen. Die Thich Nhat Hahn-Tradition ist hier z.B. sehr weit. Es gab Retreats im EAIB, in Plumville und auch in Paris hat sich das gegründet. Dort ist es schon ein Teil der Tradition genauso wie die Retreats von Thich Nhat Hahn für People of Color. Und solange dies als heilsam empfunden wird, weil es Menschen hilft, wird es diese auch geben. Wenn Dich interessiert, warum, ich habe z.B. auch den Bericht eines schwulen Mannes gepostet, der mehrere Jahre in Plumville lag.


    Ich hoffe, ich habe nun einige Dinge auf die Schnelle erklären können und wünsche noch einen schönen Abend. Wenn nicht, dann antworte ich gerne noch morgen und übermorgen - dann lege ich mehr digitale Pausen ein.

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    Ich denke, dir gefällt die Idee der Abgrenzung und der Identitäten nicht - warum einen speziellen Buddhismus für LGBT? Will dann nicht jeder seinen Spezial-Buddhismus? Einen für Omas, einen für Punker, einen für Motorradfahrer und einen für Manager. Wo bleibt da der "wahre Mensch ohne Rang und Namen" wenn alles zersplittert und jeder sich sein Süppchen kocht?


    Entschuldige, dass ich noch mal auf einen Punkt eingehen und das ist "Spezialbuddhismus". Es gibt tatsächlich etwas, was queeres Dharma genannt wird. Das sind aber keine Doktrinen, sondern inspirierende Geschichten, die nicht bekannt sind. Ich meine, dass auch sie gehört werden sollten. Deswegen erzähle ich drei von Mitgefühl und Weisheit und in denen Menschen bereit waren, die normativen Regeln ihrer Zeit hinter sich zu lassen und neue Lösungen zu finden, weil sie es für richtig erachteten.


    Man findet in der Vinaya die Geschichte von Mönchen und Nonnen, die man heute transgender nennen würde. Sie wollte in den Orden wechseln, zu dessen Geschlecht sich sich zugehörig sahen (Vin III. 35). Buddha war nicht schockiert sondern er hörte ihnen zu und entschied sich dann für eine Lösung, die sie einfach in die Sangha ihrer Wahl wechseln zu lassen.


    Es ist unbekannt, dass die ersten gleichgeschlechtlichen Hochzeiten in buddhistischen Tempel gefeiert wurden. Nach dem zweiten Weltkrieg wandten sich gleichgeschlechtliche Paare an die Tempel von Amida-Shu. Im Shin-Buddhismus wies man niemanden ab, der sich mit einer ernsthaften Bitte an sie wand. Auch, wenn die Paare nicht Mitglied der Sangha waren, war klar, dass man ihnen helfen wollte. Genauso wie Buddha Amitabha niemanden abweist, wollte man es auch nicht tun.


    Das erste AIDS-Hospiz in den Staaten wurde von Issan Dorsay Roshi gegründet. Er war vorher Sexarbeiter und Drag Queen und fand zum Buddhismus. Von ihm stammt der folgende Satz: „Ich weiß nichts über engagierten Buddhismus, ich weiß nur, wenn jemand hinfällt, helfe ich ihm auf.“


    "Queer Dharma" ist kein Spezialbuddhismus. Es ist gelebter Buddhismus, von dem wir lernen können. "Queer Dharma" ist nur ein Label, das dieses zusammenfasst, um es etwas sichtbarer werden zu lassen. Die buddhistische Geschichte ist vielfältig und umfasst weit mehr als ablehnende Stimmen z.B. von Asanga, Vasubandhu und, wenn ich mich richtig erinnere auch Buddhagosa und Nagurjuna.


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