Posts by Helmut

    Eine Übereinstimmung - trotz aller Verschiedenheiten - gibt es meines Erachtens schon. Die Insassen der Höhle halten ja die Erscheinungen, also die Schatten, die sie auf der Höhlenwand sehen, für die Realität. Sie kennen ja auch keine andere.


    Derjenige, der die Höhle verlässt, erkennt ja, dass die Schatten auf der Höhlenwand nicht so existieren wie sie den Höhleninsassen erscheinen.


    Diesen Widerspruch zwischen Erscheinungsweise und Bestehensweise thematisiert Buddha Sakyamuni auch immer wieder.

    Um welches Wissen geht es dir denn, jwh ?

    Wissen, das ich mir hier aneigne.

    Wissen über Buddhismus.

    Wissen über Psychologie.

    Wissen angeeignet durch lesen.


    Das ist mir zu allgemein. Ob mir Wissen nutzt, macht sich ja immer an einem konkreten Wissen über einen bestimmten Sachverhalt fest. Die Frage, ob einem Wissen über den Buddhismus hilft, kann man ja erst beantworten wenn man ein umfangreiches Wissen über den Buddhismus hat.


    Man muss es konkreter angehen. Man kann sich fragen, nützt es mir, die Lehre von Handlung und Wirkung wie sie im Dharma erklärt wird zu verstehen? Um diese Frage beantworten zu können, muss man erst einmal wissen wie der Zusammenhang von Handlung und Wirkung im Dharma beschrieben wird.

    Was ist Gier?


    Der indische Meister Asanga definiert Gier bzw. Begierde folgendermaßen: Was ist Begierde? Sie ist die Anhaftung innerhalb der drei Bereiche. Sie besitzt die Funktion, Leiden hervorzurufen.


    Eine andere Definition ist: Begierde ist ein Geistesfaktor, der von einem befleckten Objekt, das er als etwas Attraktives sieht, nicht getrennt sein möchte.


    Eine weitere Definition: Die Begierde ist ein Geistesfaktor, der nach einem befleckten Phänomen strebt, das er als etwas von seiner eigenen Entität her Attraktives ansieht.


    Die Definitionen unterscheiden sich im Prinzip nicht, betonen aber unterschiedliche Aspekte.

    Wie aber verhält es sich mit der Aussage, man solle "erst für sich sorgen, bevor man für andere sorgt"? Ist das nicht ein Widerspruch zum Bodhisattva-Ideal?

    Das steht nicht im Widerspruch zum Bodhisattva-Ideal. Auch der Bodhisattva benötigt einen gesunden, kraftvollen Körper. Erstens um selbst die Bodhisattva-Übungen zu praktizieren und zweitens weil er für das Wohlergehen der Anderen wirken will. Er muss selber dafür sorgen, dass er einen gesunden, kraftvollen Körper hat, um dann Anderen den Pfad, der zur Befreiung aus dem Leiden führt, aufzeigen zu können. Er muss ihnen ja den Pfad erklären, die Übungen, die zu praktizieren sind, aufzeigen usw. In dem Sinne gut für sich zu sorgen, ist eine wichtige Voraussetzung für das Handeln der Bodhisattvas.


    Zurzeit lese ich unter anderem Belehrungen zum Thema Bodhicitta. Dort heißt es häufig, man solle andere stets mehr schätzen als sich selbst und anderen von Nutzen sein, ohne dabei für das eigene Wohl zu handeln. Auch Shantideva erwähnt in seinem Bodhicaryavatara das "Austauschen von sich selbst mit anderen" und betont, nur so sei das "Erlangen vom unvergleichlichen Glück der Erleuchtung" möglich.

    Das Austauschen von sich selbst und anderen ist die Methode zur Entwicklung von Bodhicitta. Man besitzt noch kein Bodhicitta und um es zu erreichen, übt man diese Methode.


    Was bedeutet Austauschen von sich selbst und anderen? Normalerweise halten wir uns für das Zentrum des Universums und drehen uns nur um uns selbst; jagen unseren Bedürfnissen nach usw. Die anderen Menschen sind für uns dagegen ziemlich unwichtig, es denn, sie helfen uns bei der Erfüllung unserer individuellen Wünschen und Bestrebungen.


    Es geht darum, diese Einstellung zu verändern; zu sehen, dass die Anderen genauso wichtig sind wie wir selbst. Dies ist der erste Schritt zur Entwicklung von Bodhicitta: eine Einstellung zu entwickeln mit der wir uns selbst und die Anderen als gleichwertig, gleich bedeutend, gleich wichtig ansehen. Diese Stufe wird oft auch als die Entwicklung von Gleichmut bezeichnet.

    Gier oder Begierde ist ja im Wesentlichen durch eine falsche Auffassung des Objektes, auf das sich die Gier richtet, gekennzeichnet.


    Man projiziert Qualitäten auf das Objekt der Gier, die es aber so gar nicht besitzt; aber man hält daran fest, dass das Objekt diese Qualitäten wirklich besitzt. Dann glaubt man, dass man Glück erlebt, wenn man an dieser Sichtweise auf das Objekt festhält. Dann wird man sich mit aller Kraft darum bemühen, dieses Objekt der Begierde in den eigenen Besitz zu bringen. Man wird dann auch große Mühen aufwenden, von diesem begehrten Objekt nicht wieder getrennt zu werden.


    Aber letztlich wird man sich doch wieder von diesem Begierdeobjekt trennen müssen und diese Trennung wird man dann als Leid erleben.

    Erleuchtung, die Übersetzung des Sanskritwortes Nirvana ins Deutsche, ist tatsächlich die Beendigung der Leidensursachen im eigenen Geisteskontinuum. Da geht es nicht um Glauben, sondern um Wissen; um das Wissen das Buddha Saykamuni in den vier edlen Wahrheiten aufgezeigt hat.


    Aber wenn du nicht daran glauben kannst, dass die Leidensursachen überwunden werden können, dann fehlt aber auch eine gemeinsame Gesprächsgrundlage über das Thema Erleuchtung. Wie will man denn dann miteinander debattieren?

    jwh ,


    alles was neu und unbekannt ist, wirkt oftmals als kompliziert, wenn man erstmals damit zusammentrifft. Das ist auch beim ersten Zusammentreffen mit dem Buddhadharma, der Lehre des Buddha nicht viel anders.


    Ein grundlegender Gedanke im Dharma ist, dass wir Glück erleben möchten, aber kein Leid. Obwohl wir kein Leid erleben möchten, erfahren wir es doch immer wieder unfreiwillig. Das könnte man zum Anlass nehmen, über das Leid und seine Ursachen nachzudenken.


    In seiner ersten Lehrrede über die vier edlen Wahrheiten hat Buddha Sakyamuni verschiedene Formen des Leidens beschrieben und uns aufgefordert, diese zu erkennen. Wir sollten uns also deutlich machen worin die Leiden, die wir erleben, bestehen und warum sie Leiden sind.

    Om mani peme hung für das in Freudenberg erstochene Mädchen und die beiden Mädchen, die diese Tat begangen haben. Möge das getötete Mädchen eine hohe Wiedergeburt als Mensch erlangen und mögen die beiden Mädchen, die diese Tat begangen haben, das unheilsame Karma, das Resultat ihrer Tat ist, bereinigen können.

    Der dritte Punkt dieser Kontemplationen über den Tod besteht darin, sich zu verdeutlichen, welches Bewusstsein durch die Vergegenwärtigung des Todes hervorgebracht wird.


    "Bei denen, die ungeübt auf dem Pfad sind, zeigt sich die Angst vor dem Tode als Angst vor der Trennung von Angehörigen, diesbezügliche Sorge usw. Das ist es nicht, was hier geübt werden soll. Was also dann? Alle Körper, die unter dem Einfluss von Karma und Geistesplagen angenommen wurden, überdauern den Tod nicht. Das ist vorläufig nicht zu ändern, auch wenn es Angst macht. Jedoch ist der Tod vor allem deswegen zu fürchten, weil wir die Ursachen für die elenden Bereiche nicht getilgt und die Ursachen für höhere Bereiche und das letztlich Gute nicht verwirklicht haben. Wenn wir über die dadurch bedingte Angst nachdenken, können wir dafür sorgen, dass wir im Augenblick des Todes angstfrei sein werden, denn es besteht ja die Möglichkeit, die entsprechenden Ursachen zu verwirklichen. Setzen wir das jedoch nicht in die Tat um, so werden wir beim Sterben von Reue gepeinigt werden - aus Furcht, vom Daseinskreislauf allgemein nicht freizukommen und insbesondere davor, dass wir in die elenden Bereiche hinabfallen."


    Quelle: Je Tsongkapa, Der Mittlere Stufenweg, München 2007, S.110


    Nach diesen drei Kontemplationen, die Nachteile sich den Tod nicht zu vergegenwärtigen, die Vorteile sich diesen zu vergegenwärtigen und welches Bewusstsein durch die Vergegenwärtigung des Todes hervorgebracht wird, beginnt dann die Meditation über die Vergegenwärtigung des Todes anhand von drei Grundgedanken, die jeweils mit drei Gründen und einem Entschluss verbunden sind.

    Nachdem Gomchen Ngawang Dragpa kurz die Nachteile, die sich ergeben, wenn man nicht über den eigenen Tod meditiert, genannt hat, skizziert er den Nutzen, der sich aus der Meditation des eigenen Todes ergeben:


    "Sich des Todes bewusst zu sein, ist die Quelle alles Ausgezeichneten. Kurz, was alle Wesen ans Ziel bringen wird, das hast du jetzt gefunden. Sieh die Fehler darin, dich durch Essen und Trinken abzulenken, die Übung vor dich her zu schieben, in Schlaf und Dumpfheit zu verfallen oder in sinnloses Gerede. Wann ich sterbe kann niemand wissen. Lasse diesen Gedanken tief eindringen in dein Herz."

    "[1] welche Nachteile entstehen, wenn man sich den Tod nicht vergegenwärtigt;

    "Heute sterbe ich nicht - so denken wir Tag um Tag. In Gedanken allein an dieses Leben, trübt sich der Blick unseres Geistes. Unsere guten Handlungen haben wenig Kraft, die schlechten befallen unsere drei Tore. So kehren wir den Lehren den Rücken. Was gäbe es, das erschreckender wäre? Deshalb bewahre den Gedanken an den Tod im Herzen und sieh her - die Wege, im Leben Großes zu erreichen, entbehren eines tieferen Sinnes!


    Die Haltung, noch nicht zu sterben, öffnet Verfall Tür und Tor."


    Quelle: Gomchen Ngawang Dragpa, Das Herzstück aller vortrefflichen Lamrim-Lehren

    Bleiben wir erst einmal bei deiner ersten Aussage: Leben ist die Bedingung für Bewusstsein. Bedingung drückt ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Leben und Bewusstsein aus. Wenn Leben die Bedingung für Bewusstsein ist, dann ist Leben die Voraussetzung für Bewusstsein. Dann stellt sich die Frage, wie entsteht aus Leben Bewusstsein?

    Und du nimmst an das ich auf so eine Frage Antwortstunde eingehe?

    Lass dich nicht glauben, dass es ein Einverständnis ist.

    Quote

    wie entsteht aus Leben

    Leben ist Bedingung für Bewusstsein, nicht, das aus dem Bewusstsein entsteht.

    Wenn du hier Thesen einstellst, dann dürfte es doch wohl erlaubt sein nachzufragen was du meinst.


    Du gehst also davon aus, dass Leben nicht die Ursache des Bewusstseins ist, zwischen Leben und Bewusstsein also kein Ursache-Wirkungs-Verhältnis besteht.


    Wenn Leben die Bedingung für Bewusstsein ist, postulierst du ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Leben und Bewusstsein. Wodurch ist diese Abhängigkeitsverhältnis deiner Meinung nach denn charakterisiert?

    Quote

    In den Unterweisungen heißt es, wir sollten uns an die Vergänglichkeit des Lebens und aller geschaffenen Phänomene erinnern. Da das Leben vergänglich ist, werden wir früher oder später unseren Körper verlassen müssen und mit ihm alle anderen Objekte. Das einzige, was wir im Moment unseres Todes mit uns nehmen können, ist das von uns geschaffene tugendhafte und untugendhafte Karma.

    Quote

    Wir müssen darüber nachdenken, dass auch wir im Moment des Todes nichts mitnehmen können, weder unsere Kinder noch unseren Ehemann oder die Ehefrau und auch nicht unsere Verwandten oder das in diesem Leben angesammelte Vermögen. Wenn wir sterben, lassen wir alles zurück. In Zukunft werden wir nichts mehr von dem benutzen können, was wir im Laufe einer Existenz angesammelt haben - außer dem Karma, welches wir erzeugt haben.

    Quelle der beiden Zitate: Geshe Yeshe Tobden, Der Weg des sanften Kriegers - Kommentar zu Santidevas Bodhisattvacaryavatara, München 2003, S.346/347

    Leben ist die Bedingung für Bewusstsein, Bewusstsein die Bedingung für Geist, Geist die Bedingung für Ich-bin, Ich-bin ist die Bedingung für Mensch, Mensch die Bedingung für Verstand.

    Meinst du das im Sinne von: Leben ist die Ursache für Bewusstsein und Bewusstsein ist die Wirkung von Leben; also dass zwischen Leben und Bewusstsein ein Ursache-Wirkungs-Verhältnis besteht? Bewusstsein ist die Ursache für Geist usw.?

    Ich rede von Bedingungen, nicht von Ursachen oder Wirkungen, die es laut Nagarjuna nicht gibt, nur Illusion sind.

    Wenn es Ursachen oder Wirkungen nicht gibt, dann kann man sie auch nicht als Illusionen bezeichnen, denn etwas nicht-Existentes kann keine Illusion sein, die ja etwas Existentes ist.


    Bleiben wir erst einmal bei deiner ersten Aussage: Leben ist die Bedingung für Bewusstsein. Bedingung drückt ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Leben und Bewusstsein aus. Wenn Leben die Bedingung für Bewusstsein ist, dann ist Leben die Voraussetzung für Bewusstsein. Dann stellt sich die Frage, wie entsteht aus Leben Bewusstsein?

    Leben ist die Bedingung für Bewusstsein, Bewusstsein die Bedingung für Geist, Geist die Bedingung für Ich-bin, Ich-bin ist die Bedingung für Mensch, Mensch die Bedingung für Verstand.

    Meinst du das im Sinne von: Leben ist die Ursache für Bewusstsein und Bewusstsein ist die Wirkung von Leben; also dass zwischen Leben und Bewusstsein ein Ursache-Wirkungs-Verhältnis besteht? Bewusstsein ist die Ursache für Geist usw.?

    Der Praktizierende mit anfänglichen Fähigkeiten, der eine hohe Wiedergeburt als Mensch anstrebt, schult sich

    • erstens darin, sich von den unzuverlässigen Annehmlichkeiten dieses Lebens abzuwenden und
    • zweitens darin, die Ursachen für das Glück zukünftiger Leben anzusammeln.

    Der erste Punkt hat wiederum zwei Aspekte: "[1] Sich daran erinnern, dass man sterben wird, sowie überlegen, dass man nicht lange auf dieser Welt bleibt; [2] was in späteren Existenzen kommen wird: das Glück und Leid der zwei Arten von Wesen, die im Daseinskreislauf umherwandern."


    Man erinnert sich daran, dass man sterben wird und nicht lange auf dieser Welt bleibt indem man über vier Themen kontempliert und meditiert:

    "[1] welche Nachteile entstehen, wenn man sich den Tod nicht vergegenwärtigt; [2] welche Vorteile die Entwicklung dieser Vergegenwärtigung mit sich bringt; [3] welches Bewusstsein der Vergegenwärtigung des Todes hervorgebracht wird und [4] wie man die Vergegenwärtigung des Todes entwickelt."


    Zitate aus: Tsongkhapa, Der Mittlere Stufenweg, München 2007, S.106

    Die Übungen eines mittleren Praktizierenden bauen auf den Schulungen des Praktizierenden mit anfänglichen Fähigkeiten auf. Sich in den Übungen eines anfänglich Praktizierenden zu schulen, um eine Wiedergeburt als Mensch in der nächsten Existenz zu erlangen, ist ja wichtig. Ein Praktizierender mit mittleren Fähigkeiten erkennt, dass es zwar gut ist als Mensch wiedergeboren zu werden, aber die nächste menschliche Existenz nicht grundsätzlich besser sein wird als die jetzige. Deshalb strebt er eine Befreiung aus Samsara an.

    Die Übungen eines Praktizierenden mit höchsten Fähigkeiten bauen auf den Schulungen des mittleren Praktizierenden auf. Der höchste Praktizierende entwickelt Mahakaruna und Bodhicitta, um die Fähigkeiten zu erlangen, die es ihm ermöglichen, den anderen fühlenden Wesen den Weg aus Samsara entsprechend ihren Fähigkeiten aufzuzeigen und zu vermitteln.


    Bodhicitta kann man aber nur entwickeln, wenn man die eigene leidvolle Situation in Samsara erkannt hat. Man entwickelt Bodhicitta, weil man erkennt, dass die anderen fühlenden Wesen in derselben leidvollen Situation sind wie man selber und dies nicht ertragen kann.


    Zu dem Zusammenhang der Übungen der drei Arten von Praktizierenden aus dem Lam rim chen mo:

    • Kontempliere und meditiere zunächst wie ein Mensch mit Mindestbefähigungen [Praktizierender mit anfänglichen Fähigkeiten] aufgrund welcher Handlungen und wie intensiv dir in der langen Vergangenheit der Existenzen die Ursache für deine unzähligen Leiden widerfuhren
    • Auf dieser Basis erkenne meditativ wie ein Mensch mit mittleren Befähigungen, dass dir selbst in einem der glücklichen Daseinsbereiche - als Mensch oder als deva - unermessliche Leiden widerfahren, so dass du die scheinbar vorteilhaften Lebensweisen endgültig verlassen und Entsagen praktizieren willst
    • Auf Basis der heilsamen Haltung des Entsagens kannst du schließlich den Geisteszustand einer bedingungslosen Liebe und eines umfassenden Mitgefühls für alle fühlenden Wesen entwickeln, indem du etwa deine Empathie steigerst, sodass die Anderen dir so nahe sind wie du dir selbst. Hiervon ausgehend wirst du schließlich einen authentischen und handelnden Erleuchtungsgeist entwickeln, im Geist verankern und entsprechend agieren.

    (Die große Darlegung des Stufenweges auf dem Pfad zur Erleuchtung, dharma-univerity-press.org, 2019, S.157/158)

    Mabli ,


    man kann ja auf unterschiedliche Weise Zugang zum Dharma bekommen. Bei mir war es halt ein sechszehnmonatiger Kurs zum Lamrim am Tibetischen Zentrum Hamburg. Irgendwie brachte mich das Lesen verschiedener Bücher damals nicht mehr weiter.


    Andere lesen sich durch den Palikanon oder beschäftigen sich intensiv mit einzelnen Suttas wie zum Beispiel dem Sutta von den vier edlen Wahrheiten. Wieder andere finden ihren Zugang zur Lehre durch Sutra wie dem Lankavatarasutra, dem Lotossutra oder dem Diamantsutra. Meist kommen dann nach und nach weitere Schriften hinzu und das Bild rundet sich und kompletter.


    Wichtige Schriften sind für mich auch Santidevas Bodhicaryavatara, Candrakirtis Madhyamakavatara oder Nagarjunas Ratnavali. Jetzt steht wieder vermehrt der Lamrim im Mittelpunkt, da einer meiner Lehrer einen mehrjährigen Kurs zum Lam rim chen mo von Tsongkapa gibt.


    Ich denke, jeder muss entsprechend seinen Motivationen und Fähigkeiten den eigenen Zugang zum Dharma suchen und finden. Das ist nicht immer ein gradliniger Weg.

    Ich halte es für sinnvoll, sich aus verschiedenen Perspektiven mit dem Lamrim zu beschäftigen.


    Grundlegend ist natürlich erst einmal die Struktur des Lamrims. Sie ist geprägt durch die Einteilung der Praktizierenden in Praktizierende mit anfänglichen, mittleren und höchsten Fähigkeiten. Die Unterscheidung wird vorgenommen anhand der Motivation und Zielsetzung der Praktizierenden wie in den Versen 3-5 aus Atishas Die Lampe auf dem Weg. Entsprechend der Zielsetzung der Praktizierenden werden dann die Lehrreden Buddha Sakyamunis zugeordnet.


    Jeder Praktizierende kann sich selbst entsprechend der eigenen Zielsetzung einer dieser drei Stufen zuordnen und hat dann eine Orientierung bezüglich der Schulung.


    Es ist nützlich, diese Struktur beim Lesen der Lehrreden im Hinterkopf zu haben, weil man sich dann verdeutlichen kann, welcher Stufe eine Lehrrede zugeordnet werden kann. Das verringert die Gefahr, die Lehrreden des Buddha für widersprüchlich zu halten.


    Eine andere Perspektive ist es, den Lamrim als Schulungsweg aufzufassen. Dass der Lamrim ein Schulungsweg ist, ergibt sich ja auch aus Titeln von Lamrimschriften:

    • Atisha, Die Lampe auf dem Weg
    • Phagmodrupa, Wie man stufenweise in die Lehre Buddhas eintritt
    • Dje Tsong-kha-pa, Die große Darlegung des Stufenweges auf dem Pfad zur Erleuchtung

    So wie die drei Höheren Schulungen von Ethik, Konzentration und Weisheit aufeinander aufbauen so ist dies auch bei den drei Arten von Praktizierenden so.


    Die Übungen eines mittleren Praktizierenden bauen auf den Schulungen des Praktizierenden mit anfänglichen Fähigkeiten auf. Sich in den Übungen eines anfänglich Praktizierenden zu schulen, um eine Wiedergeburt als Mensch in der nächsten Existenz zu erlangen, ist ja wichtig. Ein Praktizierender mit mittleren Fähigkeiten erkennt, dass es zwar gut ist als Mensch wiedergeboren zu werden, aber die nächste menschliche Existenz nicht grundsätzlich besser sein wird als die jetzige. Deshalb strebt er eine Befreiung aus Samsara an. Um diese Befreiung erreichen zu können, ist eine menschliche Geburt erforderlich. Deshalb muss auch er sich in den Schulungen üben, die mit den anfänglichen Praktizierenden übereinstimmen. Aber macht dies mit einer anderen Motivation als der anfänglich Praktizierende.