Beiträge von Yoshikind

    Ich habe mich auf die Formulierung von Rigpa in #272 bezogen:

    "Ihr sagtet hier etwas von Missbrauch in einer tibet. Schule bis in die 1950-er Jahre, oder ?"

    Dein Posting, das dem vorausgegangen ist, kannte ich nicht. Ich habe es offenbar überlesen und finde es auch auf die Schnelle nicht.


    Ich bezweifle nicht, was in dem von dir verlinkten Text über Tibet zu lesen steht, verstehe aber nicht, welchen Bezug du zu meinen Diskussionsbeiträgen in ihrem konkreten Kontext herstellst. Ich habe mich über den Satz von Rigpa gewundert und betont, dass sexueller Missbrauch kein Problem einer einzigen Schule oder der Vergangenheit darstellt. In dem Punkt kann ich keinen Dissens zwischen uns erkennen.


    Anders sehe ich es, was die Frage nach der kulturellen Eigenart betrifft. In diesem Thread ging es ganz konkret um das Herausstrecken der Zunge durch den DL, den Satz, den wir als "Suck my tongue" gehört/verstanden haben und die mediale Reaktion darauf. All das darf und sollte man m.E. unbedingt hinterfragen. Mit einer Relativierung sexuellen Missbrauchs hat das nichts zu tun. Eilfertig sexuellen Missbrauch zu unterstellen, weil man sich von die eigenen kulturell bedingten Konnotationen nicht hinterfragen mag. ist nicht klüger als die Augen vor einem möglichen Missbrauch zu verschließen.

    Die Dinge können nebeneinander existieren. Es ist möglich, dass hier eine nicht sexuell motivierte Handlung des DL vorliegt, die missbraucht wird, um antitibetische Propaganda zu verbreiten, dass es aber gleichzeitig eine erhebliche Problematik sexuellen Missbrauchs im tibetischen Buddhismus gibt und dass diese natürlich auch historische Wurzeln hat.


    Der Dalai Lama sagte, dass die Lehren des Buddha, was "Sexual Misconduct" angeht, sehr klar sind. Nach allem was dank dieses Threads zusammengetragen wurde, sehe ich nicht nur aus meinem persönlichen Gefühl heraus auf den verbreiteten Bildern niemanden, der sich sexuell erregen will, es ist auch klar geworden, wie die fragliche Äußerung entstanden sein kann und was sie im Tibetischen bedeutet.

    Ich sehe aber auch, speziell wenn er an Lady Gagas Oberschenkel herumfingert, dass er da ein Verhalten zeigt, das umgekehrt natürlich ein Ding der Unmöglichkeit wäre und dass sich darin ein Verständnis von Hierarchien zeigt, die sexuellen und sonstigen Missbrauch wenn nicht erst möglich machen, dann doch sehr erleichtern. Und ich nehme über all die Jahre einen DL, tibetische und westliche Lehrer sowie Sanghas wahr, durch den/die und in denen etwas ganz anderes gelehrt, als gelebt wird.

    Hä? Missbrauch in den 50er Jahren? In einer tibetischen Schule? Soll das ein Witz sein?

    Ich empfehle die gegenwärtig immer noch auf Arte in der Mediathek abrufbare Dokumentation "Buddhimus: Missbrauch im Namen der Erleuchtung" in der ein paar besonders prominente Fälle, die sich im Westen von den 70er Jahren bis in die Gegenwart hinein ereignet haben und teilweise aktuell juristisch aufgearbeitet werden, beleuchtet werden. Das Anschauen macht schnell deutlich, dass es nicht um ein Problem an einer Grundschule im historischen Tibet geht und auch nicht um ein Problem einer einzigen tibetischen Schulungsrichtung.

    Sexueller Missbrauch, Machtmissbrauch generell sind leider überall gegenwärtig. Und natürlich muss er aufgearbeiter werden, sonst geht es immer so weiter, die Anführer beuten aus und die Schwächsten leiden.


    Was mich viel mehr beschäftigt als eine rausgestreckte Zunge oder das Bohren in Lady Gagas Stoffbruchstellen: Vor ziemlich genau 30 Jahren hat eine recht große Zahl von buddhistischen Lehrern aus dem Westen eine Zusammenkunft mit dem Dalai Lama initiiert, weil sie sexuellen Missbrauch durch Lehrende als großes und wachsendes Problem empfanden. Unterstützung durch den DL gab es letzlich nicht bzw. kaum. Erst 25 Jahre später wurde er durch den Skandal um Sogyal Lakar, um den es bereits 1992 maßgeblich ging, förmlich gezwungen, ein bisschen Stellung zu beziehen.

    Was will man da denn noch erwarten?

    Ich finde, man sollte sich nicht auf Petitessen stürzen, aber für dieses systematische Ignorieren von Missbrauch, der unglaublich viel Leid verursacht hat, finde ich keine gute Erklärung. Ja, das Leid des tibetischen Volkes, das dem chinesischen Genozid ausgesetzt war sicher noch viel größer als das von ein paar satten WestlerINNEn, die freiwillig windigen Gurus hinterlaufen und die Exiltibeter brauchten und brauchen die finanziellen Mittel aus dem Ausland dringend. Dieses Argument zieht aber schon nicht mehr so gut, wenn man etwa an die Kinder denkt, die etwa bei der OKC unter Misshandlungen und Vergewaltigungen aufwachsen mussten. Vor allem jedoch; Auf lange Sicht wird man für den Ruf einer Religion, deren Protagonisten ungestraft mit solchen Mitteln arbeiten dürfen und damit für die tibetische Kultur und ihre Angehörigen nichts Gutes tun.

    Das wäre meine eigentliche Kritik am Dalai Lama.

    Mehr als berechtigt finde ich die Forderung, sich mit dem strukturellen Missbrauch im tibetischen Buddhismus zu beschäftigen.

    Das finde ich auch, es wäre jedoch ein anderes Thema und m.M einen neuen Thread wert.

    Ich meinte ja eher, dass der tibetische Klerus sich damit befassen sollte. Aber hier im Forum kann das natürlich auch ein Thema sein.

    Einen unvoreingenommenen Blick kann ich im Vermuten und Schnipsel-Kommentieren nicht erkennen.

    Wesewegen ich auch immer deutlich gemacht habe, was mehr oder weniger plausible Vermutungen sind. Und im Übrigen immer auf die Situation selbst verwiesen habe, auf Körpersprache und Mimik. der Beteiligten. Dass Du selbst mit dem Verweis auf das Interview (in recht vorwurfsvollem Ton) nichts anderes als "Vermuten und Schnipsel-Kommentieren" betrieben hast, ist Dir hoffentlich bewusst.

    Natürlich ist mir bewusst, dass auch ich vermutet und Schnipsel kommentiert habe. Ich bin mir aber ebenfalls bewusst darüber, dass mein Blick natürlich voreingenommen ist, dass es gar nicht anders sein kann und bemühe mich zu erkennen, was ich auf den ersten, zweiten oder dritten Blick nicht gesehen habe, statt schnell wie der Wind zu urteilen, es als "Realitätsverleugnung", ""reflexartige Verteidigung des DL" (kam nicht von dir, ich weiß) u.ä. zu bezeichnen, wenn Fragen gestellt und Informationen zum u.a. kulturellen Kontext des Geschehens gesucht werden. Oder so zu tun, als hätte wir eine Genitalverstümmelung vor laufender Kamera beobachten müssen. Wäre letzteres der Fall, hätte ich wahrscheinlich den ersten Stein geschmissen, aber so war es eben nicht.

    Für mich ist das Thema nicht abgeschlossen.

    Den von Thorsten Hallscheidt geposteten Audiobeitrag finde ich ausgesprochen informativ.


    Ich bin nach wie vor fürchterlich erschrocken darüber, wie leicht und schnell der DL sogar in diesem Forum abgeurteilt wurde,

    Nach und nach zeigt sich jetzt, dass es sehr wohl einen kulturspezifischen Hintergrund eines für uns Westler sehr merkwürdig erscheinenden Verhaltens und möglicherweise auch eine andere Bedeutung des Wortes geben mag, dass wir als "suck" verstehen.

    Ich erhebe keinen Anspruch darauf zu wissen, wie es wirklich ist und war, aber wenn ich durch die Beschäftigung mit dem Buddhismus eines gelernt habe, dann dass man sich mit vorschnellen Urteilen zurückhalten soll.

    Sudhana Natürlich ist es gut möglich, dass das Kind instruiert wurde, sich in dem Interview so zu äußern, wie es dies dann getan hat. Aber auch das ist nur eine Vermutung, ebenso wie alle möglichen Aspekte des tatsächlichen Geschehens zu Beginn komplett außer Acht gelassen wurden. Einen unvoreingenommenen Blick kann ich im Vermuten und Schnipsel-Kommentieren nicht erkennen.


    Mehr als berechtigt finde ich die Forderung, sich mit dem strukturellen Missbrauch im tibetischen Buddhismus zu beschäftigen. Wenn das alte Tibet ein Shangri-La war, dann sicherlich nur für privilegierte Männer. Der Rest der Menschheit dürfte, wenn man unsere modernen westlichen Ansprüche an Komfort, Gesundheitswesen, Rechtssicherheit und Gerechtigkeit anlegt, eher in einer Art Vorhölle gelebt haben. Um es mal provokativ auszudrücken.


    Wenn ich mir die Erinnerungen von Tibetern an ihre Kindheit so durchlese, habe ich den Eindruck, dass Erziehung bis in die junge Vergangenheit hinein sehr gewaltförmig war, Hierarchien eine große Rolle spiel(t)en usw. Unter dieser Prämisse ist der DL für mich weit mehr als ein Clown, wenn er mit Kindern scherzt. Wenn der ranghöchste Würdenträger mit den Kindern, die zu ihm gebracht werden, spielt und Späßchen macht, schützt er sie zugleich davor, im Anschluss beschuldigt zu werden, sich nicht gut genug benommen zu haben und Gewalt zu erfahren. Gleichzeitig gibt er den Erwachsenen ein Vorbild für den Umgang mit Kindern. So funktionieren hierarchische Strukturen. Nachdem der DL ansonsten als jemand bekannt ist, der ein ausgeprägtes Interesse an Wissenschaft hat und kalkuliert handelt, kann ich nicht so wirklich nachvollziehen, wie man ihn als "Hofnarr" wahrnehmen kann. Bei mir persönlich entsteht eher der EIndruck von jemandem, der im persönlichen Umgang mit Kindern Mitgefühl mit den Schwächsten zeigt, aber in anderer Hinsicht, etwa im Umgang mit strukturell bedingtem Missbrauch, dessen Existenz ja seit Langem bekannt ist, aus politischem Kalkül heraus untätig blieb.

    In diesem Thread wurde vorgeschlagen, sich mehr der eigenen Beobachtungsgabe zu bedienen, statt sich anderen Meinungen anzuschließen. Das ist ein guter Rat.

    Ich versuch's auch mal und nehme dafür zunächst dieses Video ab 15:15, das als "unedited" bezeichnet wird:

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    Der kleine Junge steht im Publikum und fragt mit klarer Stimme: "Can I hug you?" Der Dalai Lama versteht ihn offensichtlich nicht. Noch bevor der Mann rechts vom Dalai Lama diesem die Sache erklären kann, erläutert das Kind: "It's a question."

    Mir fallen dabei drei Dinge auf:

    1. Das Kind agiert zielstrebig.

    2. Die Mutter, links im Bild, auf dem Podium sitzend, reagiert überrascht. Ihre nonverbale Kommunikation mit dem Kind wirkt auf mich, als würde sie amüsiert etwas ausdrücken wie "Du kleiner Frechdachs!"

    3. Der Dalai Lama hört offenbar nicht gut oder es liegt an seinem Englisch - er versteht den Jungen zunächst nicht, ist aber mit voller Aufmerksamkeit beim Geschehen. Meiner Erfahrung nach spricht eine solche Aufmerksamkeit gegen das Vorliegen von Demenz.


    Der Raum ist voller Schüler oder Studenten.


    Jemand hat hier ganz empört gefragt, wie man denn darauf käme, dass das Kind zurückweicht, weil der Dalai Lama es gekniffen hätte. Gekniffen hat er nicht, er hat den Jungen aber unter der rechten Achsel gekitzelt. Und woher ich das weiß? Weil man es am Ende des Videos ganz deutlich sieht.


    Was für mich den Blick auf das Geschehen noch einmal erheblich verändert: Die Sequenz, die man in dem verlinkten Video sieht, war nicht die einzige Interaktion zwischen dem Jungen und dem Dalai Lama. Das Kind hat dem DL ein Geschenk überreicht, wie man in diesem Video ab 3:36 sieht:

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    Auch da gab es schon Berührungen, und es sieht aus, als hätte der DL seinen Schädel ausgesprochen fest gegen den des Jungen gedrückt. Wenn der das als Missbrauch empfunden hat, wäre es ziemlich erstaunlich, dass er später noch einmal aufgestanden ist und nach einer Umarmung gefragt hat.

    Jemand will aus dem ersten Video erkennen, dass der Junge insgesamt 6mal zurückgewichen sei. Ich sehe vier Bewegungen, die man als Zurückweichen interpretieren kann, wobei mir vor dem letzten Zurückzucken aber auch auffällt, dass der Junge seinen Arm um den DL legt. Und er zuckt, weil er unerwartet gekitzelt wurde und lacht dann.


    Das Alter des Jungen wurde in Quellen, die ich gesehen habe, mit 7 Jahren angegeben. Wenn ich mir das Kind in dem zuletzt verlinkten Video ansehe und höre, wie es spricht, würde ich da gut und gerne 3 Jahre draufrechnen.


    Ich frage mich, ob diejenigen, die den Worten des Jungen, der beschreibt, wie er die Begegnung mit dem DL empfunden hat, keine Bedeutung beimessen, auch nur einen Augenblick darüber nachgedacht haben, ob es sein könnte, dass sie diejenigen sein könnten, die die Empfindungen des Kindes grob beiseite wischen.


    Was die Rezeption des Ganzen angeht, finde ich es mehr als erstaunlich, dass der Aussage, die geschnittenen Versionen des Videos nebst Hasskommentaren seien gezielt von chinesischen Influencern verbreitet worden, ebensowenig Aufmerksamkeit geschenkt wird wie den Reaktionen aus der tibetischen Community. Ich gehe davon aus, dass ersteres wahr ist und dass man letzterer viel mehr Aufmerksamkeit schenken sollte.

    Grundsätzlich ist es richtig, dass es nicht unbedingt um eine sexuelle Konnotation gehen muss. In dem Teil der Diskussion, auf die ich mich in der von dir zitierten Passage beziehe, ging es aber darum. Die Frage einer allgemeinen Grenzüberschreitung wurde an anderer Stelle abgehandelt, und zwar mehrfach.


    Der DL weiß nicht "so oder so", dass er den Zungenspruch in Zukunft unterlassen muss. Das weiß er, wenn sein Gedächtnis noch intakt ist. Das wiederum wissen wir nicht.

    Das Wort Schuld hat mehrere Bedeutungsebenen. Im vorliegenden Zusammenhang kommen v.a. das Verschulden im (straf-)rechtlichen Sinne und die Schuld im ethisch-moralischen Sinne in Betracht. Die Schuld im Sinne des deutschen Strafrechts scheitert, wie schon vor Tagen in diesem Forum angemerkt wurde, daran, dass das Handeln des DL keinen Straftatbestand erfüllt. Damit kommt man gar nicht erst zur Prüfung eines Verschuldens. Wäre es anders, würde ein Verschulden jedenfalls dann zu verneinen sein, wenn man von Demenz ausgeht.


    Damit bleibt nur die Schuld im ethisch-moralischen Kontext übrig. Ob man deren Vorliegen annimmt, ist weitestgehend Geschmackssache.

    Wenn jemand sehr negativ über eine Person oder deren Verhalten spricht und sich einer gewissen Wortwahl bedient, entsteht bei mir der Eindruck, dass dahinter Vorwürfe verbergen, die auf das ethische Verhalten dieser Person abzielen. Der juristische Aspekt spielt dabei keine Rolle. Die Frage, inwieweit die Person, über die gesprochen wird, für ihr Handeln verantwortlich ist und die Frage, wie dieses Handeln einzuordnen ist, aber schon.

    Ich habe mir deine Postings selbstverständlich durchgelesen und teilweise auch daraus zitiert. Richtig ist, dass du von Anfang an die Vermutung einer dementiellen Veränderung in den Raum gestellt hast. Richtig ist aber auch, dass anfänglich von einem sexuell motivierten Verhalten ausgingst und dass dieser Standpunkt später aufgeweicht zu sein scheint. Ich zitiere aus #77:

    "Und genau da scheint mir das Problem der anderen 'Extremisten' zu liegen, die bei dieser offensichtlich sexuell konnotierten Grenzüberschreitung überhaupt kein Problem erkennen können (ich schreibe bewusst nicht: 'wollen'). Ist doch der Dalai Lama. Der darf das, keine Angst, der will nur spielen ... Für mich ist das Realitätsverweigerung..."

    Da ist von Spekulationen nicht die Rede.


    Was sich im Laufe der Diskussion nicht verändert hat, sind die negativ konnotierten Begrifflichkeiten, welche du durchgehend im Zusammenhang mit dem DL und seiner Entourage verwendest und die deine Texte mehr als irritierend erscheinen lassen. Einerseits hast du dich mehr und mehr in die Thematik eingearbeitet, nach Quellen gesucht und deinen ursprünglichen Standpunkt offenbar in einigen Aspekten geändert. Das nehme ich durchaus wahr. Andererseits bleibt diese harsche, tendenziöse Rhetorik, die für mich die Frage, welche Schlüsse du gezogen hast, komplett offen ließe, wenn da nicht das Faktum wäre, dass nur sehr sparsam auf die Inhalte eingehst, die von den "Dalai-Lama-Verstehern" eingebracht werden. Ohne inhaltliche Auseinandersetzung bleiben diese Worte reiner Diss. Du forderst doch umgekehrt auch, dass man deine Argumente zur Kenntnis nimmt.


    Ich arbeit seit vielen Jahren selbst in einem Berufsfeld, in dem ich u.a. mit altersdementen Personen konfrontiert bin und für diese Entscheidungen treffen muss, die sie nicht mehr selbst treffen können. Wenn ich mir den Dalai Lama im Video ansehe, kann ich eine Demenz natürlich nicht ausschließen. Allerdings muss man mit so etwas vorsichtig sein. Ein auch nur halbwegs sicheres Anzeichen für eine dementielle Entwicklung ist aus diesem Video nicht zu erkennen. Wenn du mit dem Problem versagender Verhaltenskontrolle bei Dementen bekannt bist und "das" adäquat einordnen kannst, ist dir auch bewusst, dass das Material, welches hier zur Verfügung steht, nicht dafür taugt, derart weitreichende Schlüsse zu ziehen.

    Übrigens habe ich in der Praxis häufig beobachten können, dass Distanz- und Schamgrenzen fallen, dass soziale Normen nicht mehr zählen, wenn Demenz einsetzt und voranschreitet. Gezielte sexuelle Annäherungen sind dagegen sehr selten.


    Was ich aber sicher im Video erkennen kann: In der Langversion hängt das deutlich sichtbare Zurückweichen des Kindes am Ende damit zusammen, dass der DL es überraschend gekitzelt hat.

    Es gibt den ein oder anderen Zusammenschnitt, aus dem das nicht sichtbar wird, und das nenne ich manipulativ. Natürlich sind diese Versionen des Geschehens selbstgekocht.


    Was ich vermute: Es könnte auf einen beginnenden Verlust kognitiver Fähigkeiten hindeuten, dass der DL nicht in der Lage war, die Folgen seines Handelns zu antizipieren.


    Was das Thema Missbrauch angeht: Ich nehme hier zumindest eine Verunsicherung des Kindes wahr, wie auch immer es die einzelnen Teile des Geschehens für sich eingeordnet hat. Ich bleibe aber dabei: Wenn der Junge Schaden nimmt, dann durch ein Umfeld, dass ihm seine Wahrnehmungen ausreden will.

    Wenn hier jemand etwas für Kinderrechte tun möchte, dann fokussiert er sich nicht auf den Dalai Lama, sondern auf die Missachtung kindlicher Gefühle, die bei Gelegenheiten wie der hier diskutierten zum Ausdruck kommt. Der Gegner ist dann allerdings nicht so leicht auszumachen und nicht so gut lustvoll niederzuhaten. Es ist bis zu einem gewissen Grade Whataboutism, aber ich habe ein Problem damit, wenn sich Leute auf solche leicht greifbaren Medienereignisse stürzen, sich aber einen Dreck um all die fürchterlichen Dinge scheren, die Kindern jeden Tag angetan werden, jedoch nicht oder selten in den Medien stehen und für die Leute verantwortlich sind, die nicht dem eigenen Feindbild entsprechen.

    Dem Dalai Lama und auch dem Jungen wird all ihr Gerede hier nicht helfen.

    Darum geht es in einem solchen Thread auch nicht in erster Linie, sondern um die Verarbeitung eigener Gefühle im Zusammenhang mit solchen Ereignissen, welche die Vorstellungen über Vorbilder - eventuell - infrage stellen und dadurch (teilweise heftige) Emotionen triggern...

    Ich stimme dir einerseits zu - das ist ein sehr wichtiger Aspekt - andererseits muss es aber m.E. auch darum gehen, das jeweilige Geschehen in der relativen Wirklichkeit einzuordnen. Bei dem berühmten Loch in der Straße geht es ja auch nicht nur darum, meine Gefühle zu beobachten und einzuordnen, wenn ich reingefallen bin, sondern das Loch als Loch zu erkennen und diese Erkenntnis in Handeln umzusetzen - sei es durch Umgehen oder durch Reparatur.

    ...Und andere halten es sogar für möglich, dass mehrere Erklärungen, alternativ oder kumulativ, in Betracht kommen.

    Kotz ruhig. Falls sich dein Beitrag zum Thema darin erschöpft, möchte ich allerdings anmerken, dass die Sau medial längst durchs Dorf getrieben wurde und Schaden angerichtet hat - zumindest aus der Sicht derjenigen, die dem Buddha-Dharma nahestehen. Dabei nimmt die Sache gerade erst richtig an Fahrt auf und wird vermutlich noch viel größeren Schaden nach sich ziehen.

    Ich finde, es ist höchste Zeit für einen nüchternen und kritischen Blick, um genau hinzuschauen und dies auch zu kommunizieren. Klappe-Halten wird zu diesem Zeitpunkt nur dazu beitragen, dass der Vorfall gewinnbringend von denen missbraucht wird, die ein Interesse daran haben.

    Stattdessen scheint es einen irrsinnigen Drang zu geben, dem Dalai Lama individuelle Schuld zuzuweisen. Abgesehen davon, dass das völlig absurd ist, wenn man gleichzeitig von einer Demenz ausgeht

    Zu Satz 1: ja, das gibt es offensichtlich. Was Satz 2 angeht - der stimmt auch. Aber wer macht denn sowas?

    Na, du. Oder du erweckst zumindest den Eindruck, indem du Negativrhetorik in Richtung des DL ("windige Ausrede", "Schadensbegrenzern vom Büro 'Seiner Heiligkeit'", "Dalai-Lama-Versteher", "Greis", "Zungenkuss vor Publikum", "relativierender Narrativ") usw. mit der Vermutung verbindest, der Dalai Lama sei dement.

    Also - wie gesagt, kein Abstreiten. Aber eine Handlung, die kulturell geprägt ist, ist nicht deswegen schon in Ordnung. Und genau das sollte der Verweis auf andere kulturelle Bräuche, die noch etwas weniger konsensfähig sind als fremde Kinder zu küssen, auch verdeutlichen. Auch, wenn Dich das "regelrecht sauer" macht. Eine unheilsame Handlung wird nicht dadurch heilsam, dass sie in einem speziellen kulturellen Kontext stattfindet. Davon abgesehen haben wir hier zwei kulturelle Kontexte - nämlich auch den des Jungen.

    Wieso besondere Bedeutung? Ich habe nur klargestellt, dass der DL das Wort "suck" benutzt hat und dass das eben zum Großmutter-Baby-Kontext passt. Dass der DL zwar "suck" gesagt hat, aber eigentlich etwas ganz anderes gemeint habe und halt nur nicht richtig Englisch könne, ist ja auch so ein kursierendes Narrativ, ein weiteres ...

    Mag sein. Wahrscheinlich ist dem DL auch die sexuelle Konnotation von "suck" nicht bekannt. Was nichts daran ändert, dass der kleine Junge, den er aufgefordert hat, an seiner Zunge zu saugen, weder Tibeter noch Tibetologe ist.

    ... weswegen ich geschrieben habe, dass der Junge nicht nur ein, sondern zwei Mal missbraucht wurde.

    Du behauptest oder implizierst zumindest, ich hätte behauptet, das Küssen fremder Kinder sei in Ordnung, wenn es kulturell geprägt sei. Das ist falsch. Weder habe ich dergleichen geschrieben noch habe ich mich überhaupt dazu geäußert was ich davon halte, fremde Kinder zu küssen.

    Richtig ist allerdings dass ich es geschmacklos und absolut verfehlt finde, das Küssen von Kindern, eigenen oder fremden, auf eine Stufe mit Witwenverbrennung und Genitalverstümmelung zu stellen.

    Du hast in Posting #61 geschrieben: ("suck my tongue", was eigentlich noch eine Nummer heftiger ist als nur "lutschen").

    Mir fehlt die Phantasie, was an diesem Wort "heftig" sein kann, wenn man nicht von einer sexuellen Konnotation ausgeht.

    Wenn dem Dalai Lama nun, wie die meinst, die sexuelle Konnotation nicht bekannt ist und der 7-jährige Junge mutmaßlich noch gar keinen Begriff davon haben kann, dass eine solche Konnotation überhaupt existieren könnte, wie kommst du dann auf den Gedanken, dass der Junge zweimal missbraucht wurde? Das geht doch nur, wenn man den Gedanken zugrunde legt, dass hier trotzdem Grenzen überschritten wurden. Dem habe ich in meinen vorangegangenen Beiträgen mehrfach zugestimmt, bin mir allerdings nicht sicher, ob der Junge, der, wie der Spiegel schreibt, dass Saugen an der Zunge spielerisch andeutete, den Ausdruck/Brauch nicht doch kannte, denn wie sonst könnte sich ein so kleines Kind ohne Zurückweisung der Respektsperson derart geschickt aus der Affäre ziehen?

    Ich habe den nicht abgestritten - ich habe im Gegenteil hier die 'anstößige' Handlung als Regression auf eben eine spezifisch tibetische kulturelle Praxis als Möglichkeit angesprochen. Diese Praxis ist auch belegt, den Beleg habe ich auch genannt. Das geht grundsätzlich natürlich in Richtung eines weiteren relativierenden Narrativs, dass solch ein Verhalten für einen Tibeter wegen seiner kulturellen Prägung üblich sei - während der genannte Beleg allerdings lediglich von Großmüttern und den von ihnen betreuten Babys handelt, nicht von Greisen und Schuljungen. Ein weiteres Narrativ ist, der tibetische Humor und speziell der des Dalai Lama seien halt etwas schräg, das sei alles nur spielerisch und scherzhaft gewesen (was die Position des TGIE zu sein scheint). Auffällig bei all diesen auf kulturell geprägte Verhaltensmuster verweisenden Argumentationen ist ihre Uneinheitlichkeit - da hätte man sich besser vorher auf ein Narrativ geeinigt.

    Wenn du von einem "relativierenden" Narrativ schreibst, dann habe doch bitte auch die Präzision und den Mut zu benennen, was hier eigentlich deiner Meinung nach relativiert werden soll. Soweit ich das überblicken kann, hat hier kein Mensch von einem für einen Tibeter üblichen Verhalten gesprochen. Es wurde jedoch von einigen hervorgehoben, in welchem Zusammenhang die Zunge in det tibetischen Kultur auftaucht(e) und dass dies nicht in einem sexuellen Kontext stand bzw. steht. Nur in diesem Zusammenhang ist, so wie die allgemeine Empörung gestrickt ist, eine Relativierung notwendig. Über den angeblich oder tatsächlich schrägen Humor des Dalai Lama wird die Welt hinwegsehen.

    Um im Hinblick auf ein eventuell sexualisiertes Verhalten zu relativieren, muss der entsprechende Zusammenhang allerdings erst einmal hergestellt werden. Das funktioniert u.a. durch Aussagen wie "der genannte Beleg allerdings lediglich von Großmüttern und den von ihnen betreuten Babys handelt, nicht von Greisen und Schuljungen", die übersehen, dass vorliegend weder tatsächlich an Zungen gesaugt wurde noch die altertümliche Gesellschaft mit ihen merkwürdigen Fütterungsgewohnheiten heute noch existent sein dürfte.

    Was mich irritiert, ist dein einmal mehr dein Hang zur Kampfrhetorik. Die naheliegendste Frage, bevor ich von einem "relativierenden Narrativ" spreche und die sich auf den Beitrag bezieht, den du selbst zitiert ist, ist doch, was eigentlich dieses "nge che le jip" bedeutet, das demnach offenbar zu der Übersetzung "suck my tongue" geführt hat.

    Ja. Fast wie 'Putin-Versteher' - wobei ich nicht weiss, was daran negativ sein soll, zu versuchen andere Menschen zu verstehen.

    Oh. Please. Der Wasauchimmer-Versteher ist im Neudeutschen ausgesprochen negativ konnotiert. Das wissen wir alle, ebenso wie wir dieses Wort nicht verwenden würden, wenn wir keine negativen Assoziationen wecken möchten.


    Eine "Kampagne" setzt übrigens ein geplantes und koordiniertes Zusammenwirken voraus. Wenn etwa Jig-Jag und Tenzin Pema ihrem Entsetzen über die Berichterstattung mit unterschiedlichen Argumenten Ausdruck geben, ist das noch lange keine Kampagne.

    Schon erstaunlich, was so ein Video auslösen kann. Das oben zitierte ist natürlich ein ganz anderes Narrativ als das in dem Video hier in Beitrag #116 - beides von Leuten, die sich als Experten für tibetische Kultur präsentieren aber offensichtlich nur darin übereinstimmen, dass das Verhalten des DL völlig normal und harmlos war.

    Bei dir klingt es, als widersprächen sich die Aussagen der beiden Beiträgen. Das ist aber nicht der Fall.

    Wenn man das Wort "Narrativ" gebraucht, sollte man darauf achten, nicht allein durch die Art und Weise, wie man es einsetzt, seinerseits ein Narrativ zu erschaffen. Die von dir benannten Beiträge beinhalten Argumente und Positionen, die ich nachvollziehen kann. Sie werden nicht dadurch entkräftet, dass jemand daherkommt, der sich nicht die Mühe macht, inhaltlich Stellung zu beziehen, sondern platt behauptet, es handele sich um bloße Narrative. Durch derart energieeffiziente Kampfrhetorik lass' ich mir nichts erzählen.


    Wenn man die Version des Dalai-Lama-Videos aus Beitrag #116 mit anderen, z.B. dem aus Spiegel Online vergleicht, sieht man doch sehr deutlich, dass an dem Film herumgeschnitten wurde und dass die Wirkung anders ausfällt, wenn man sich das ganze Video anschaut.

    Wie kommt es, dass du die geschnittenen Versionen nicht als "Narrative" bezeichnest?

    Ich frage mich vor allem aber ernsthaft, wie irgendjemand so naiv sein kann, nicht die Frage nach einer chinesischen Einflussnahme zu stellen.

    Was heißt denn "akzeptieren" in diesem Zusammenhang, was "konstruieren" und was "normal"? Ich glaube nicht, dass hier jemand die Frage gestellt hat, ob das Verhalten des DL aus unserer (damit meine ich die Mitglieder des Forums) Perspektive akzeptabel ist, Es ist hinterfragt worden, ob es ein sexueller Hintergrund vermutet werden muss.


    "gefälligst zu respektieren hat" ist gut. Und wenn nicht? "Normal" ist, bezogen auf das komplette Weltgeschehen wohl eher, dass Kinderrechte nicht respektiert werden. M.E. ist es, wenn man Bilder wie in dem Video sieht, gut, in eine Diskussion über Grenzen einzusteigen. Wenn ich aber 1000 Mal Äußerungen wie "Disgusting Pedo!" auf Twitter und anderswo lesen muss und nicht den Eindruck habe, dass die jeweiligen "Autoren" ansonsten nur ein kleines bisschen darum scheren, wie man Gewalt gegen Kinder bekämpfen kann, als dass dämliche Hater am Werke sind.

    Gar nicht erst fragen zu wollen, ob eine Äußerung wie "Suck my tongue" in irgendeinem fremden kulturellen Kontext stehen könnte, kommt mir nicht schlau vor.

    Die entscheidenden Fragen sind und bleiben, soweit es das individuelle Verhalten des DL betrifft für mich: Handelt es sich da um ein sexuell konnotiertes Verhalten und selbst wenn nicht: Verursacht dieses Verhalten Leid? Die erste Frage würde ich nach der Lektüre dieses Threads für mich mit "Eher nicht" beantworten, die zweite mit "Wahrscheinlich schon, das Verhalten und seine Auswirkungen sollte thematisiert und kritisch betrachtet werden."

    Aber ich lasse mir doch nicht verbieten, nach dem Kontext zu fragen.

    Wo findet sich diese Medienkampagne? Wenn ich googele, erscheinen viele, viele Empörungsartikel. Eine Kampagne, die sich auf den kulturellen Aspekt bezieht, konnte ich bisher nicht finden. Ich habe nur hier einige Beiträge gelesen, die ihn mehr oder minder stark in den Vordergrund stellen und ihn in diesem Artikel (den mir sehr vernünftig vorkommt) erwähnt gesehen: https://www.srf.ch/kultur/gese…ine-grenze-ueberschreitet


    Der Ausdruck "Dalai-Lama-Versteher" klingt sehr negativ und danach, als sei dem DL etwas vorzuwerfen. Das finde ich innerhalb deines Beitrags insofern erstaunlich, als du von einer Demenz ausgehst. Wer dement ist, ist für sein Handeln nicht mehr verantwortlich.


    Erstaunlich finde ich auch das völlige Abstreiten des kulturellen Aspekts. Mir scheint, dass mittlerweile eine Menge dafür spricht, dass es der eine Rolle spielt, wenn er m.E. auch das Verhalten des DL nicht zur Gänze erklären kann,


    Was ich gar nicht verstehe, ist das Festhalten daran, dass es eine besondere Bedeutung haben soll, dass der DL das Verb "suck" gebrauchte - schon gar nicht, nachdem zu selbst eine Passage aus der ethnologischen Fachliteratur zitiert hast, derzufolge tibetische Großmütter kleine Kinder an ihren Zungen saugen ließen.

    In dem von mir verlinkten Artikel wird ein Tibetologe zitiert, der sagt, dass die Zunge im tibetischen Kontext keine sexualisierte Konnotation hat.

    Und dann haben wir noch den DL, der auch in seinen besten Zeiten nie für sein lupenreines Englisch bekannt war. In welcher "Liga" soll der Gebrauch dieses Wortes also spielen?


    Was mich regelrecht sauer macht, ist der leichtfertige Vergleich des distanzierten Herangehens an die gegenwärtige Internet-Hysterie im Zusammenhang mit "Tongue-Gate" mit der Verdammung von Kritik an Witwenverbrennung und Genitalverstümmelung. Dramatischer und unpassender geht es wohl kaum.

    Ich bin übrigens ziemlich sicher, dass der kleine Junge wegen des Zungen-Vorfalls kein Trauma davonträgt. Er fand das vielleicht oder wahrscheinklich eklig, aber wenn ihm etwas wirklich schaden wird, dann wenn man ihm seine Gefühle im Zusammenhang mit diesem Vorfall (und anderen natürlich ebenso) aus- und andere Empfindungen einreden will. Leider ist es ziemlich wahrscheinlich, dass genau das geschehen ist. Und da wären wir schon wieder bei den gesellschaftlichen Machtverhältnissen. Ich finde, diese werden hier viel zu wenig thematisiert. Stattdessen scheint es einen irrsinnigen Drang zu geben, dem Dalai Lama individuelle Schuld zuzuweisen. Abgesehen davon, dass das völlig absurd ist, wenn man gleichzeitig von einer Demenz ausgeht, ändern sich die Verhältnisse nicht, wenn man lediglich nach Sündenböcken sucht.

    ch diskutiere seit Jahren in meinem privaten Umfeld dafür Kinder nicht festzuhalten, wenn sie zurückweichen wollen. Sie auf jeden Fall gehen zu lassen, wenn sie "halt stopp" o.ä. sagen, auch wenn Verwandtschaft noch Spaß am Scherzen, Kuscheln, Kitzeln, Anfassen hat. Ich finde das Verhalten respektlos ohne einen Missbrauchs-Stempel drauf hauen zu wollen. Weil es lehrt, dass die Wünsche vom Kind nichts zählen. Grenzziehungen übergangen werden dürfen.

    Deshalb war eines der ersten Bücher, die unsere Kinder hatten, "Kein Küsschen auf Kommando!". Das kann ich auch für den vertrauten deutschen Kukturkreis sehr empfehlen.


    Liebe Grüße, Aravind.

    Ich glaube, die Aussage die durch Bücher wie dieses transportiert wird, bezweifelt heutzutage in unserer Gesellschaft kaum noch jemand.

    Schwierig finde ich es, wenn der gesellschaftliche und historische Kontext, in dem solche Überzeugungen entstehen, außer Acht gelassen wird. Bei uns war in den 70er Jahren das "Küsschen auf Kommando" noch gang und gebe. Erst in den 80er Jahren begann man, sexuellen Missbrauch von Kindern breit zu thematisieren. Es ist keine Überraschung, dass das von dir genannte Buch 1992 das erste Mal aufgelegt wurde.

    Ich behaupte: Lebten wir noch im Jahr 1973, hättest du wahrscheinlich nicht bemerkt, dass es am Verhalten des Dalai Lama etwas zu kritisieren geben könnte.

    In anderen Gesellschaften wird Familie (noch) anders gelebt. Das heißt nicht, dass wir dieses andere toll finden müssen, aber unser Wissen sollte uns doch in die Lage versetzen zu erkennen, in welchem Kontext unser Verhalten sowie das der anderen steht und darüber nachzudenken, inwieweit es realistisch und angemessen ist, dass "die anderen" sich in bestimmten Punkten genauso verhalten sollen wie wir selbst, und das sofort, für jedes Individuum verbindlich und ohne die gesellschaftliche Entwicklung, die bei uns stattgefunden hat, bevor die entspr. Überzeugung sich bildete.

    Für mich beantworte ich diese Frage damit, natürlich auch für uns selbst, dass jeder einzelne stoppen sollte, wenn erkennbar ist, dass ein Verhalten erhebliches Leid verursacht.

    Wenn Grenzen von Kindern systematisch missachtet werden, ist das sicher der Fall - aber eben auch, wenn diese Internet-Hetzjagden veranstaltet werden.

    manche Menschen

    Nur eine kleine (möglicherweise desillusionierende) Anmerkung: das in Deutschland wohl bekannteste Gegenbeispiel ist Walter Jens.

    Tut mir leid, aber ich kann überhaupt keinen Bezug zu meinem Beitrag erkennen, "Manche Menschen..," bedeutet, dass es bei anderen Menschen anders ist, und das Wort "manche" deuter bereits darauf hin, dass die manchen in der Unterzahl sind.

    Worum es mir aber eigentlich ging war die Frage tibetisch-religiöser Machtpolitik. Würde man es in den Kreisen tibetischer - ich nenne sie jetzt mal so - Religionsführer zugeben, wenn der Dalai Lama dement würde oder verlangt die Staatsräson es, dass vor allem die Oberhäupter der religiösen Strömungen ihren klaren Geist und Verstand bis zum Schluss behalten?

    Es scheinen in der Diskussionen – nicht nur hier – vor allem zwei Reaktionen vorzuherrschen:


    1. Reflexartige Verteidigung des DL, unter anderem mit dem Hinweis auf kulturelle Unterschiede oder Demenz – bis hin zur Forderung, dass das gar nicht diskutiert werden solle.
    2. Ein genauso reflexartiges Entsetzen: "ekelhaft", "Ich bin fassungslos", wenn sowas von Buddhisten gerechtfertig werde, sei man hier falsch etc.


    Vielleicht ist eine differenzierte Betrachtung und Einordnung angemessen, die von einigen ja auch gepflegt wird. Ich will deshalb nochmal auf das Statement von Tenzin Peljor, der ja ein Insider ist und vom DL ordiniert, hinweisen. Diese scheint mir ausreichend sachlich und wenig hysterisch:

    Das Einbeziehen möglicher kultureller Unterschiede oder einer eventuellen Demenz stellt m.E. keineswegs eine "refllexartige Verteidigung" des Dalai Lama dar. M.E. sind diese Hypothesen und den gegebenen Umständen ebenso naheliegend wie der Gedanke daran, was für ein Fest der Vorfall und seine Folgen für die chinesische Tibet-Politik sein müssen. Die Sache ist einfach zu schön, um nicht ausgenutzt, wenn nicht missbraucht zu werden. Ich finde es naiv, dies außer Betracht zu lassen.

    Die letzten Beiträge in diesem Forum zeigen ja, dass es sich bei der fraglichen Äußerung sehr wohl um eine kulturelle Eigenart handeln kann. Kommt eine kleine sprachliche Unschärfe hinzu, haben wir den Salat, aka den angeblichen sexuellen Missbrauch. Und wem nützt der? Eben.

    Es muss nicht so gewesen sein. Aber es kann, aus guten Gründen, ebenso wie der Gedanke, dass ein Mensch dieses Alters, der, eigentlich als ausgesprochen klug und hochdiplomatisch bekannt, so verlangsamt, in quälend häufiger Wiederholung und ohne Gedanken an die Außenwirkung seines Verhaltens im Video zu sehen ist, aus guten Gründen naheliegt.


    Vielleicht sollte man einfach nicht so schnell zu für unumstößlich gehaltenen Konklusionen kommen.

    Ein seltsamer Beitrag, Was glaubst du denn, was ich möchte?

    Ich habe mich in meinem Beitrag auf die politischen Aspekte des Vorfalls bezogen, also auf mögliche Gründe der Außenwelt, mit dem Geschehen in einer bestimmten Weise umzugehen.

    Wieso sollten ausgerechnet an Demenz erkrankte Menschen Fragen im Hinblick auf ein mögliches politisches Kalkül beantworten?


    Und was hat Edeka damit zu tun?


    Der feindselig-hysterische Unterton, der hier leider allzu oft vorherrscht, geht mir gewaltig auf den Senkel.

    Mir fällt dazu sofort die sog. "Nonnenstudie" ein. https://www.demenzwiki.ch/medizin/nonnenstudie/

    Daraus ": Gesicherte Forschungsergebnisse zu den Ursachen der Alzheimer-Erkrankung fehlen bis heute, doch die Nonnenstudie gibt Hinweise darauf, warum manche Menschen trotz einer degenerativen Schädigung des Gehirns keine geistigen Defizite entwickeln. Offenbar ist ihr Gehirn durch hohe kognitive Leistungsreserven in der Lage, organische Schäden zu kompensieren und neue neuronale Verbindungen herzustellen."


    Ich gehe davon aus, dass es gerade im Hinblick auf den derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnissse durchaus als problematisch angesehen werden könnte, wenn ausgerechnet der Dalai Lama einer dementiellen Entwicklung nicht entgeht.

    Natürlich muss berücksichtigt werden, dass Alzheimer - und nur um Erkrankungen vom Alzheimer-Typ geht es in der Studie - nicht die einzige Form von Demenz ist.

    So oder so scheint das Verhalten des Dalai Lama darauf hinzudeuten, dass ihm die Fähigkeit, die Folgen seines Handelns abzuschätzen nicht nur in Form einer hinreichenden Sensibilität für das Empfinden des Kindes und der Beobachter der Situation fehlt, sondern auch bzgl. der politischen Konsequenzen. Letztere war früher doch stark ausgeprägt, scheint also abhanden gekommen zu sein.

    Was mir bei dem Video auch sehr auffällt ist, wie verlangsamt der DL scheint.

    Ich frage mich auch schon den ganzen Tag, ob Demenz etwas ist, das einem Dalai Lama zustoßen darf oder ob eine solche Erkrankung verschleiert werden würde, weil sie den Glauben an die Kontrollierbarkeit des menschlichen Geistes sowie daran, dass der Dalai Lama a) ein Bodhisattva ist und b) ein Bodhivatta seine irdischen Existenzen sozusagen im Griff hat, in Frage stellt.