Beiträge von Himmelsbaum

    Das mit der Irrlehre ist doch gar nicht ernst gemeint. Es ist eine Anspielung auf den Thread "Die Irrlehre vom Lieben, was gerade ist".

    In dem genannten Thread geht es Himmelsbaum darum, dass das Gesagte in Kontext des Theravada nicht orthodox sondern heterodox ist.


    Ich habe das auch als humoristische Anspielung gelesen. Allerdings ist es, wie void richtig aufzeigt, qualitativ nicht dasselbe. Ich habe die Aussage in einen bestimmten Kontext gesetzt, der damit den Aussagenraum entsprechend eingrenzt. Irrlehre ist es im Theravada und nicht zwingend in anderen Buddhismen über die gar keine Aussage gemacht wird. Hier nun in 'Buddhismus allgemein' wird keine Einschränkung vorgenommen, was entsprechend zur Folge hat, dass die Doktrin der Ordensälteren als Irrlehre dargestellt wird. Humoristisch natürlich.


    Was ich beim Überfliegen dieses Fadens, neben der Tatsache warum er in diesem Unterforum geschrieben wurde, aber gar nicht verstanden habe, ist, wie man von dieser Erkenntnis ausgehend


    Ich persönlich liebe die Welt, sie war schon immer meine Geliebte, und da so manchem Scholastiker des Theravada und auch anderen Buddhisten ein Dorn im Auge sein könnte, das als ein Ergebnis der Lehre zu bezeichnen, behaupte ich erst gar nicht, das sei irgendwie buddhistisch [meine Hervorhebung].


    auf einmal gelandet ist bei:

    Hätte der Buddha die "Welt" nicht geliebt, hätte er sich niemals auf den Weg gemacht.


    Wu!

    Die Aussage "das lieben, was gerade ist", umzudeuten zu "die Dinge lieben" und schließlich zu "das Leiden lieben" ...


    Was ist denn gerade? Nach SN 22.90 gilt "dass alles, was entsteht, nur entstehendes Leiden ist und alles, was aufhört, nur aufhörendes Leiden ist" und SN 12.17 konkretisiert: "Leiden ist wirklich". Ich vernachlässige hier jetzt die theravadische Klassifizierung über die Existenzweise der Dinge in paramattha, sammuti usw. Aber "auf Leiden ist die Welt gegründet" (SN 1.67), da kommen wir nicht drumherum. Und daher heißt es in SN 2.26: " ich sage auch, dass es nicht möglich ist, dem Leiden ein Ende zu machen, ohne ans Ende der Welt zu gelangen". Im Wunsch nach Nibbana habe ich die edle (= Ende der Welt) und unedle Suche (= Welt) angesprochen. Zum Dukkha und Vergnügen finden heißt es in SN 14.35: "wenn ihr am Erdelement [und allen anderen bedingten Dingen ebenfalls] Vergnügen findet, findet ihr am Leiden Vergnügen. Wenn ihr am Leiden Vergnügen findet, seid ihr nicht befreit vom Leiden".


    Also ja, die obige Ableitung ist korrekt.


    Metta und die anderen Brahmavihara, ganz egal wie sie jetzt verstanden werden, adressieren nur eine Teilmenge der Aussage "das lieben, was gerade ist" (und können daher nicht ausreichend widerlegen). Dies wurde hier auch schon mehrmals eingebracht. Das Metta-sutta und der Paramatthajotika im Kommentar zum Metta-sutta machen klar, dass "die ganze Welt" hier die Bedeutung von "die ganze Welt der Wesen" hat. Wie aber durch die obigen Zitate klargeworden sein sollte, gibt es nicht nur Wesen, sondern "Leiden ist wirklich". Wenn wir jetzt ein leidendes Wesen haben, dann haben wir u.a. Leiden und Wesen. Die Übung in den Brahmavihara lehrt, dass wir Mitgefühl mit dem Wesen haben sollten und wünschen sein Leiden würden sich lindern. Die eingangs kritisierte Aussagen, "das zu lieben, was gerade ist" führt zu der irrigen Aussagen wir sollten das Leiden lieben und das Wesen lieben. Da mache ich nicht mit, und du?


    MN 9 versteht die rechte Ansicht u.a. durch das Unterscheidungsvermögen was Heilsam und was Unheilsam ist. Geht man den Achtpfad weiter kommt man zum rechten Einsatz, Anstrengung o.ä. wo man sich "bemüht schlechte, untaugliche Eigenschaften nicht aufkommen zu lassen" usw. Im Kontext der Geistesschulung heißt es in MN20: "Falls dann immer noch üble unheilsame Gedanken, die mit Begierde, mit Haß und mit Verblendung verbunden sind, in ihm entstehen—während er die Aufmerksamkeit auf die Stillung der Gestaltung jener Gedanken richtet—dann sollte er mit zusammengebissenen Zähnen und an den Gaumen gepreßter Zunge das Herz mit dem Gemüt niederwerfen, es zu Boden zwingen und überwältigen" und in AN 4.114 heißt es weiter: "Und wie vernichtet eine Nonne? Es ist, wenn eine Nonne einen sinnlichen, boshaften oder grausamen Gedanken, der aufgekommen ist, nicht duldet. Sie duldet keine schlechten, untauglichen Eigenschaften, die aufgekommen sind. Sie gibt sie auf, macht sich von ihnen los, beseitigt sie und merzt sie aus".


    Macht es Sinn, diese Vorgehensweisen als "lieben" zu bezeichnen?

    Baidu meint, dass die Wintersonnenwende im chinesischen Buddhismus wichtig ist. Dieser Tag ist wichtig für die Ahnenverehrung und die chinesischen Buddhisten scheinen sich daran gehängt zu haben, so dass dieser Tag für Verdienstübertragung, den Pagoda-Besuch der verstorbenen Meister usw. genutzt wird. Hier ist einmal ein Link zur Wintersonnenwende (冬至)-Feier im Xin'an Zen-Tempel auf dem Jiuhua-Berg:


    Xin'an Temple, Non Yin, Winter Solstice, Ancestor Worship, Retribution of Grace, Chao Puja and Burning Jizo Yuyi Bao Tongqi-Jiuhuashan Xin'an Temple-Jiuhuashan Six Mu Field (jhsxacs.com)

    Offensichtlich geht es um die Frage, ob Frau Zölls ...


    Weißt du, ich habe einen eigenen Faden aufgemacht als ersten Distanzgrad. Dann habe ich weder Bezug auf eine Filmwerbung genommen noch auf eine Zen-Meisterin, wie man an nicht-verwendeten Zitatzeichen erkennen kann. So habe ich weitere Distanzgrade geschaffen und übrig blieb eine kontextlose Aussage, die ich im Kontext des Theravada bewertet haben. Korrekterweise natürlich. Offensichtlich ging es mir um die Frage, wie der Theravada zu der Aussage steht.


    (Natürlich war der Rückzug in den Thera-Bereich auch irgendwie mit der Hoffnung verbunden, mit TNH & Co. verschont zu werden. Aber hey, das meinte der Buddha auch mit Anatta und Leben ist Leiden. Vielleicht beim nächsten Mal.)

    Der Theravada lehrt, dass die bedingten Dinge immer mit Leid verbunden sind, aber er lehrt nicht, dass sie immer nur mit Leid verbunden sind.

    Die Dinge erzeugen kein Leid, das machen die Geistesgifte, die Formen einer Relation zu den Dingen darstellen. Das ist die Art der Verbindung, wie Dinge mit Leid verbunden sind – oder mit bedingtem Glück.


    Ist halt nur nicht Theravada. Aber das scheint dich ja nicht zu interessieren.

    Der Wunsch nach Nibbana ist recht und heilsam. Chanda hat u.a. die Bedeutungen Wunsch, Wille, Absicht und ist nach der abhidhammischen Klassifizierung ein Geistesfaktor, der mit allem Bewusstsein verbunden ist. Dies bedeutet, seine kammische Ladung ist neutral. Die Verbundenheit mit anderen Geistesfaktoren (cetasika) bestimmt sein Auftreten in heilsamen, unheilsamen oder funktionalen Bewusstseinen.


    In SN 22.140 gibt uns der Buddha folgendes mit auf den Weg: "gebt den Wunsch (chanda) nach allem auf, was Leiden ist" und in MN 26, der Lehrrede von der Edlen Suche, heißt es:

    Zitat

    "Ihr Bhikkhus, es gibt diese zwei Arten der Suche: die edle Suche und die unedle Suche. Und was ist die unedle Suche? Da ist jemand selbst der Geburt unterworfen und sucht, was ebenfalls der Geburt unterworfen ist ... Und was ist die edle Suche? Da ist jemand selbst der Geburt unterworfen, und weil er die Gefahr in dem, was der Geburt unterworfen ist, erkannt hat, sucht er die ungeborene höchste Sicherheit vor dem Gefesseltsein, Nibbāna".


    Nibbana ist hier beschrieben als "Ziel" der edlen Suche. Natürlich wünscht man sich, das Ziel zu erreichen. In MN 5 geht es um Makel, der definiert ist als ein "Ausdruck für die Sphären übler unheilsamer Wünsche" und in MN 6 geht es um angemessene Wünsche für Mönche:


    Zitat

    "Sollte ein Bhikkhu wünschen: ,Möge ich durch eigene Verwirklichung mit höherer Geisteskraft, hier und jetzt in die Gemütsbefreiung, die Befreiung durch Weisheit, die mit der Vernichtung der Triebe triebfrei ist, eintreten und darin verweilen‘, dann soll er die Sittlichkeit erfüllen, sich der inneren Gemütsruhe widmen, die Meditation nicht vernachlässigen, Einsicht pflegen und in leeren Hütten wohnen".


    Der Mönch sollte sich dies auf jeden Fall wünschen. In MN 95 wird das Gehen des Pfades wie folgt beschrieben:

    Zitat

    "voll Vertrauen besucht er ihn und erweist ihm Respekt; nachdem er ihm Respekt erwiesen hat, hört er genau zu; wenn er genau zuhört, hört er das Dhamma; wenn er das Dhamma gehört hat, merkt er es sich und untersucht die Bedeutung der Lehren, die er sich gemerkt hat; wenn er ihre Bedeutung untersucht, erlangt er ein reflektives Annehmen dieser Lehren; wenn er ein reflektives Annehmen dieser Lehren erlangt hat, tritt Eifer (chanda) hervor; wenn Eifer hervorgetreten ist, wendet er seinen Willen an; wenn er seinen Willen angewendet hat, prüft er genau; wenn er genau geprüft hat, bemüht er sich; wenn er sich entschlossen bemüht, verwirklicht er mit dem Körper die letztendliche Wahrheit ... Eifer ist am hilfreichsten für die Anwendung des Willens".


    Chanda wird hier als eine wichtige Eigenschaft auf dem Weg beschrieben. In AN 4.159 geht es sogar ein gutes Stück weiter, dort heißt es: "Indem du dich auf Verlangen (taṇha) stützt, sollst du das Verlangen aufgeben". In SN 51.15 gibt Ananda noch ein schönes Gleichnis zum endgültigen Aufgeben des Wunsches nach Nibbana:

    Zitat

    "Zur Überwindung des Willens, Brahmane, wird beim Erhabenen der Brahma-Wandel geführt... Da entfaltet der Mönch, Brahmane, die mit den Kampfesgestaltungen der Einigung des Willens (chanda), der Tatkraft, des Herzens, des Prüfens erworbene Machtfährte. Das eben ist, Brahmane, der Pfad, das ist das Vorgehen, um diesen Willen überwinden zu können...


    Ist es also, Herr Anando, dann haben wir eine unendliche Linle und kommen zu keinem Abschluß: denn daß da einer durch den Willen den Willen überwinden könnte, das gibt es nicht...


    Da darf ich wohl, Bramahne, eben hierüber eine Frage an dich richten, wie es dir gutdünkt, magst du sie beantworten. Was meinst du wohl, Brahmane, hattest du vorher den Willen, nach dem Garten zu gehen, und ist, nachdem du hergekommen, der Wille danach beschwichtigt?“


    Gewiß, Herr...


    Ganz ebenso ist es, Brahmane, wenn ein Mönch heilig geworden ist, ein Triebversiegter, ein Vollendeter, der das Werk gewirkt, die Last abgelegt, das Heil sich errungen, die Daseinsfesseln vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntnis erlöst hat: Dann ist ihm, was vorher Wille war, heilig zu werden, nach Erreichung der Heiligkeit als Wille danach beschwichtigt."

    Trifft ihr am falschen, nämlich dem leidhaften, Ufer ein paar Leute, die euch erzählen wollen: "Gib' auf den Wunsch, den Strom zu überqueren", dann wisset, Mara ist erkannt!


    Nachtrag: Im Niddesa, nach Bhikkhu Bodhis Übersetzung, gibt es noch folgende schönen Vers:

    "Desiring quenching (nibbāna), they give gifts,

    with minds so inclined, resolved upon that.

    As rivers approach the ocean,
    they take nibbāna as their destination."

    Der Theravada kennt das Dogma, dass alle bedingten Dinge leidhaft sind


    Dies wird manchmal falsch verstanden. Daher, auch wenn dies hier nicht das Thema ist, eine kurze Erklärung: Der Theravada lehrt, dass die bedingten Dinge immer mit Leid verbunden sind, aber er lehrt nicht, dass sie immer nur mit Leid verbunden sind. Sukhavedanā, Wohlgefühl, ist mit dem Daseinsmerkmal dukkha verbunden, und gleichzeitig ist es auf einer "oberflächlichen Erfahrungsebene" mit Glück verbunden.

    Der Theravada kennt das Dogma, dass alle bedingten Dinge leidhaft sind (sabbe saṅkhārā dukkhā). Damit ist das Lieben von dem, was gerade ist, das Lieben von Leiden. Das sollte nie das Ziel des buddhistischen Weges sein.

    Diese Aussage kann im Rahmen der theravadischen Doktrin durchaus akzeptiert werden, aber im Rahmen "des buddhistischen Weges" muss diese Aussage nicht akzeptiert werden.


    Da wir hier im Thera-Bereich sind lasst uns Theravada sprechen und uns daran ausrichten. Buddhistisch hier ist natürlich theravadisch.

    Der Theravada kennt das Dogma, dass alle bedingten Dinge leidhaft sind (sabbe saṅkhārā dukkhā). Damit ist das Lieben von dem, was gerade ist, das Lieben von Leiden. Das sollte nie das Ziel des buddhistischen Weges sein. Der graduelle Fortschritt im Theravada ist u.a. gekennzeichnet durch die Einsichtswissen (vipassanāñāṇa).


    Die im 'Sichgewärtighalten des Schreckens bestehende Erkenntnis' (bhayatûpatthāna-ñāna), die in 'Betrachtung des Elends bestehende Erkenntnis' (ādīnavānupassanā-ñāna), die in 'Betrachtung der Abwendung bestehende Erkenntnis' (nibbidānupassanā-ñāna) und die im 'Erlösungswunsche bestehende Erkenntnis' (muccitu-kamyatā-ñāna) verweisen auf Ursache-Wirkung auf dem Pfad. Wer dem Schrecken und Elend des Daseins (bhava) zutiefst bewusst wird indem entsteht der Wunsch "sich von allen Daseinsformen zu befreien, ihnen zu entrinnen; denn dadurch, daß der Geist sich von allen Gebilden abwendet, ihrer überdrüssig wird und keinen Gefallen mehr daran findet, haftet der Geist auch nicht mehr an einem einzigen von allen jenen Daseinsgebilden" (Quelle). Das Wissen um die Vergänglichkeit und Leidhaftigkeit allen Daseins führt nach und nach zum Ausbleichen (virāga) der Welt. Sie verliert ihre Farbe (rāga) und damit ihren Reiz, was zu Leidenschaftslosigkeit (virāga) führt. Ich nenne dies die Auskotz-Phase. Das Elend des Daseins muss einem einmal so richtig auf den Magen geschlagen haben, damit der Wunsch entsteht: so geht's nicht weiter.


    Die Einsichtswissen entfalten sich weiter und kulminieren vorübergehend in der im 'Gleichmut hinsichtlich der Gebilde bestehenden Erkenntnis' (sankhārûpekkhā-ñāna). Der Sinn des Lebens ist also nicht, dass du das, was gerade ist, lieben kannst, sondern - mit oder ohne Sinn -, dass du den bedingten Dingen, also dem Leiden, mit Gleichmut begegnen kannst bis die Dinge mit Körper und Geist für immer abfallen.


    Der vorübergehende Kulminationspunkt ist Gleichmut. Und zwar nicht nur in den Einsichtswissen. Die vierte Vertiefung, und die körperlosen Vertiefungen auch, zeichnen sich durch Gleichmut aus. Das vierte Brahmavihara ist der Gleichmut. Die sieben Erleuchtungsglieder (bojjhanga) gipfeln im Gleichmut. Der Pfad strebt im Bedingten zum Gleichmut. Hört auf, das Leiden zu lieben! Komm und sieh des Daseins Elend selbst, so dass in dir der Wunsch nach Ablösung entsteht und du gleichmütig das Ende erwarten kannst.

    Es ist kein Zufall, dass bei der Stufe, über die wir sprechen, die Metapher des 'Stroms' (sota) bzw. 'Stromeintritts' (sotāpanna) als Begriff benutzt wird. Nach diesem 'Eintritt' trägt der 'Strom' weiter, nicht persönliche Absicht. Der Prozess des Erwachens hat eine unaufhaltsame Dynamik erreicht; die Bedingungen für die Lösung der weiteren saṁyojana sind unumkehrbar gesetzt.


    Nach dem Theravada ist der Strom der Achtpfad der Edlen. Der Pfad wird zum edlen Pfad durch das Erlangen der ersten Stufe der Heiligkeit. Davor ist es der Wurzel- und der vorbereitende Pfad (u.a. mula und pubb(h)a magga).


    Sarah Allan schreibt in The Great One, Water and the Laozi über die, ihrer Meinung nach, ursprüngliche Metapher von dao 道:


    Zitat

    The most important concept in Chinese philosophical discourse is dao, the “Way.” In my argument, the focal meaning of dao is not a roadway, as many scholars have supposed (though roads are a type of dao), but a waterway, and this is the root metaphor of the philosophical concept. Philosophically, dao is a natural course or way, grounded in the imagery of the stream of a river or of the water bubbling up unceasingly from a natural spring. One of the characteristics of water is that it flows in channels and always moves downward. From this idea of the dao, modeled on the image of a stream with a spring as its source, its channel acting as a conduit that guides people in their actions, the concept was extended to encompass a condition in which everything in the world follows its natural course. (S. 282)


    Hier findet sich auch wieder das Bild einer gewissen "Bestimmung". Auf einem Erdweg muss ich Kraft aufwenden, um vorwärts zu kommen. Kann mich auch verlaufen. In einem Wasserweg, falls er sich nicht gabelt, kann ich mich eigentlich nicht verschwimmen, und müsste Kraft aufwenden, um nicht mitgetrieben zu werden. Bin ich erstmal im Strom/Dao, dann fließe ich innerhalb der vorgegeben Bahn - rechte Ansicht und rechtes Tun ist wie von selbst gegeben - in Richtung nach unten, dem Nirvana.

    Da stimme ich zu, void. Ergänzend ...


    ... oder wie Chan sich an der Praxis orientierte.


    Greene schreibt in Chan before Chan:


    Zitat

    "the early Chan School proposed neither new methods of meditation nor, conversely, merely a new rhetoric of meditation that had little impact on the ground. It introduced, rather, a new semiotic ideology of meditative experience, a new set of claims about what should count as the evidence of meditative attainment.}".


    Zen hat demnach primär eine neue Meditationsinterpretation populär gemacht. Ebenda wird auch Huisi zitiert: "Only you could have witnessed (zheng 證) this [i.e., the meditation experience], and only I could have recognized (shi 識) it”. Huisi ist zwar nicht Zen, aber ich denke, da die Bestätigung auch im Zen eine prominente Rolle innehat, ist dies auch für Zen relevant. Erfahren und interpretieren (識). Ich sage jetzt, dieses Wissen, welches für die Bestätigung/Interpretation erforderlich ist, ist zu einem hohen Maße auch durch Texte anzueignen. Greene schreibt in The Secrets of Buddhist Meditation, einem Kompendiumwerk zu Chan before Chan, über Meditation (chan) vor dem Chan:


    Zitat

    "Sources from fifth- and sixth-century China often imply that the ability to accurately judge the import of the meditative experiences of others was a key attribute of the true chan master. To this extent, the Chan Essentials and Methods for Curing present themselves not so much as manuals of instruction for those wishing to practice meditation, but as authoritative texts containing the knowledge needed to judge the meditative experiences of others".


    Das frühe Zen hat die Praxis nur anders interpretiert, also eine neue Theorie an die Seite alter Praxis gestellt.

    Pikanterweise fehlt übrigens genau die Option, die dann im Saddharmapuṇḍarīka ('Lotossutra') zur Doktrin der upāyakauśalya ('geschickten Mittel') ausgebaut wurde: unwahr, falsch und nützlich ... ;)

    Das gibt mir dann zu denken. Denn Worte, die unwahr und falsch sind, äußert der Tathagata nicht, auch wenn sie nützlich wären. Wahrscheinlich weil sie unter keine Umständen nützlich sind.


    So sieht das meiner Meinung nach der Theravada auch. Diese Art von geschickten Mittel gibt es nicht. Der Ehrwürdige Analayo hat genau diesen Punkt angesprochen in seinen Vorträgen über die chinesischen Agama und gleiches gesagt.

    Im Buddhismus, und insbesondere im Zen, hört man immer wieder, dass man den Tee selbst trinken muss, um zu wissen wie er schmeckt. Das reicht aber nicht. Erst einmal muss ich wissen, was Tee ist und was Kaffee ist. Erfahrung muss interpretiert werden - was auch Unterscheidungswissen bedarf. Dieser Erfahrungsfetischismus – einfach nur trinken - baut kein Wissen auf, sondern Erfahrung plus Unwissen: es ist nur die Idee der Erfahrung des Teegeschmacks, wenn es tatsächlich Kaffee ist. Klar, eine oberflächliche Erfahrung wie 冷暖自知 (kalt, warm: wisse es selbst) ist in ihrer Interpretation noch recht simpel. Ist die Einheitserfahrung im Zazen aber leidhaft oder eventuell doch eine Gotteserfahrung? Es bedarf Theoriewissen, um die Erfahrung im Sinne der praktizierten Tradition zu interpretieren. Weil sonst malt man der Schlange Füße an (畫蛇添足) und sie ist keine Schlange mehr und Zen nicht mehr Zen.


    Das nötige Interpretationswissen kann man sich mühsam selbst aneignen oder man lässt es sich von einem Lehrer vorkauen und baut so Abhängigkeiten auf. Wenn es heißt 明珠在掌 (das Juwel in der Hand) muss man schon unterscheiden können, dass das in der Hand ein Juwel ist und nicht der gemeinschaftliche Scheißspatel.


    Sowohl in den alten Lehrreden als auch zum Beispiel von Hongren heißt es, dass das Publikum während des Zuhörens in den Strom eingetreten ist oder anders ausgedrückt Kensho erfuhr. Entweder sage ich Theorie – verstanden als Lesen, Hören und Durchdenken von Dharma - führt zum Erwachen oder, wenn mir dies zu heikel ist, nehme ich den Umweg und sage zuerst: Theorie ist Praxis (知行合一). Das Wissen (知), anfänglich die Theorie, motiviert uns, zu praktizieren (行) - aus rechter Ansicht folgt rechte Absicht. Die rechte Praxis, sie ist recht weil durch Wissen begleitet, ist angewandtes Wissen und führt in der Einheit zu Weisheit und wahrem Wissen. Beides 知行 muss aber harmonieren, um sich zu vereinen (合一). Und es ist dann diese Praxis, die in ihren verschieden Ausprägungen, zum Erwachen führt: 实践出真知 (aus Praxis entsteht wahres Wissen).


    Dass diese Harmonie nicht Buddha gegeben ist, weiß auch Guifeng Zongmi, wenn er schreibt: 多談禪理, 小談禪行 (Viel reden über die Prinzipien des Zen, wenig reden über die Praxis des Zen.) Aber nur weil man aus der Balance kommen kann, sollte man nicht versuchen auf einem Bein zu stehen. Da gibt es nämlich gleich gar keine Stabilität. Des Geistes Dinge, ohne Bücherwissen zu betrachten, ist wie Segeln ohne Karten. Nur die Karten studieren ist wie gar nicht erst zur See fahren. Wissen und Tun gehen Hand in Hand.


    Letztendlich gilt 百聞不如一見 (Hundertmal hören ist weniger als einmal sehen). Aber wenn du nie gehört hast, wie willst du dann wissen wo du suchen sollst und wie erkennen was du gefunden hast. Dem Sehen und Erkennen der Natur der Dinge (見性) geht das Hören und Lesen voraus.

    In der Lehrrede an Prinz Abhaya (MN 58) findet sich folgende Geschichte:


    Bei dieser Gelegenheit lag ein junges, zartes Kleinkind unbeholfen auf dem Schoß des Prinzen Abhaya. Da sagte der Erhabene zum Prinzen Abhaya: „Was meinst du, Prinz? Wenn dieses Kind ein Stöckchen oder einen Kieselstein in den Mund stecken würde, während du oder dein Kindermädchen nicht darauf aufpaßt, was würdest du dann mit ihm anfangen?“


    „Ehrwürdiger Herr, ich würde es herausnehmen. Wenn ich es nicht sofort herausnehmen könnte, würde ich seinen Kopf in die linke Hand nehmen, und indem ich einen Finger der rechten Hand krümme, würde ich es herausnehmen, auch wenn dabei Blut flösse. Warum ist das so? Weil ich Mitgefühl für das Kind habe.“


    „Ebenso, Prinz,

    • Worte, die der Tathāgata als unwahr, falsch und nicht nützlich erkennt und die auch anderen unwillkommen und unangenehm sind: Solche Worte äußert der Tathāgata nicht.
    • Worte, die der Tathāgata als wahr und richtig, aber nicht nützlich erkennt, und die auch anderen unwillkommen und unangenehm sind: Solche Worte äußert der Tathāgata nicht.
    • Worte, die der Tathāgata als wahr, richtig und nützlich erkennt, aber die anderen unwillkommen und unangenehm sind: Für den Gebrauch solcher Worte kennt der Tathāgata den richtigen Zeitpunkt.
    • Worte, die der Tathāgata als unwahr und falsch erkennt, aber die anderen willkommen und angenehm sind: Solche Worte äußert der Tathāgata nicht.
    • Worte, die der Tathāgata als wahr und richtig, aber nicht nützlich erkennt, und die anderen willkommen und angenehm sind: Solche Worte äußert der Tathāgata nicht.
    • Worte, die der Tathāgata als wahr, richtig und nützlich erkennt und die anderen willkommen und angenehm sind: Für den Gebrauch solcher Worte kennt der Tathāgata den richtigen Zeitpunkt.

    Warum ist das so? Weil der Tathāgata Mitgefühl für die Wesen hat.“

    Nach dem Theravada wurde die erste Buddhastatue bereits zu Buddhas Lebzeiten angefertigt. Wie aus dem Gesicht geschnitten und aus dem Herzen gehobelt. Als der Buddha sie betrachtete, stieg die Statue von Ehrfurcht erfüllt von ihrem Platz und verneigte sich.

    Die Geschichte kenne ich nicht, würde mich freuen wenn du eine Quelle angeben könntest.


    Die Geschichte findet sich u.a. im Kosalabimbavannanā. Übers Wochenende schreibe ich etwas mehr dazu im Thera-Bereich.

    Hat Buddha es eigentlich nicht abgelehnt Abbilder von ihm zu verbreiten?

    Habe ich irgendwo Mal gehört.


    Nach dem Theravada wurde die erste Buddhastatue bereits zu Buddhas Lebzeiten angefertigt. Wie aus dem Gesicht geschnitten und aus dem Herzen gehobelt. Als der Buddha sie betrachtete, stieg die Statue von Ehrfurcht erfüllt von ihrem Platz und verneigte sich.

    ... welche oft von "einfacheren" Menschen niedrigeren Bildungsniveaus praktiziert wird und diese werden mit dem Begriff "Folklore feiern" subtil abgewertet.


    Für mich ist dies kein Zufall. Aus der Distanz betrachtet kommt es mir so vor, als ob der hier vorgestellte "westliche Buddhismus" besser bezeichnet wäre mit weißer-deutscher Bildungs-Bürger-Buddhismus. Mir ist nicht klar, wer hier in der Bubble sitzt. Mir kommt es aber so vor, als ob "der Westen" als homogene Masse betrachtet wird. Ich hatte dies hier schon im Kontext des Begriffes Säkularisierung geschrieben: nur weil wir alle in der gleichen Zeit leben, sind wir nicht alle gleich (modern, aufgeklärt usw.). Gleiches gilt für den Westen: der Begriff taugt vor allem als Himmelsrichtung. Aber als identitätsstiftende Kultur o. ä. taugt er mir kaum.


    Sollte ein "westlicher Buddha" (sic!) nicht passenderweise auf einem Stuhl sitzen? :?


    (Beitrag mag ggf. in Buddhismus kontrovers verschoben werden.)