Beiträge von Himmelsbaum

    Es ist kein Zufall, dass bei der Stufe, über die wir sprechen, die Metapher des 'Stroms' (sota) bzw. 'Stromeintritts' (sotāpanna) als Begriff benutzt wird. Nach diesem 'Eintritt' trägt der 'Strom' weiter, nicht persönliche Absicht. Der Prozess des Erwachens hat eine unaufhaltsame Dynamik erreicht; die Bedingungen für die Lösung der weiteren saṁyojana sind unumkehrbar gesetzt.


    Nach dem Theravada ist der Strom der Achtpfad der Edlen. Der Pfad wird zum edlen Pfad durch das Erlangen der ersten Stufe der Heiligkeit. Davor ist es der Wurzel- und der vorbereitende Pfad (u.a. mula und pubb(h)a magga).

    Um aber auf den theravadischen "edlen achtfache Pfad" zu sprechen zu kommen: dieser ist nach meinem Dafürhalten sowieso inhärent inkonsistent, weil er zwar zur Überwindung der Selbst-Identifikation führen soll (bereits auf der ersten Erleuchtungsstufe sotapanna), aber ohne Selbst-Identifikation mit der Doktrin gar nicht zu Ende praktiziert werden kann.


    Das ist für mich in Bezug auf den Theravada falsch (ausgedrückt). Die Selbstidentifikation wird nicht bereits beim Stromeintritt überwunden, sondern erst mit der Heiligkeit. Mit dem Stromeintritt fällt der "Persönlichkeitsglaube" (sakkāyaditthi), nicht aber die Identifikation in toto. Dies wird in SN 12.68, die hier in den letzten Tagen diskutiert wurde, deutlich.


    Ich erkläre diese Distanz Glaube-Identifikation mit dem Phantomschmerz. Natürlich weiß derjenige, dass da kein Arm mehr ist, aber manchmal schmerzt er halt dennoch. Der Stromeingetretene weiß, dass da kein Atman ist, aber immer wieder mal taucht "es" dennoch auf und leitet das Denken, Fühlen und Handeln. Der Ich-Dünkel (māna) fällt erst mit der Heiligkeit.

    Zweite Geschichte vom Ehrwürdigen Analayo für heute: Analayo erzählt wie er auf Almosengang unterwegs ist und sich trotz Bekanntheit des Weges verläuft. Dieses Mal übte er Atemachtsamkeit, die das Außen ausblendet, und daher verpasste er seinen Weg. Danach ging er während des Almosenganges wieder zurück zur mehr offenen Gehmeditation.

    Diese Symbole verschwinden zu lassen kann hilfreich sein, aber nimmt einem auch die Möglichkeit darüber etwas auszudrücken...


    Dies erinnert mich an eine Geschichte des Ehrwürdigen Analayo, die ungefähr so geht: Analayo bekommt von einer srilankischen Buddhistin eine selbstgemachte Holz-Buddhastatue geschenkt. Natürlich mit Ushnisha, diesem Kopfknubbel. Als Frühbuddhist bittet Analayo diesen noch zu entfernen. Woraufhin die Schenkerin meint, aber dann ist es nicht mehr der Buddha, sondern einfach ein Mönch.


    Hier noch eine Erklärung zur Ikonografie thailändischer Buddhastatuen

    Die thailändische Waldtradition ist immer Theravada. Es wird dort im Allgemeinen mehr Wert auf die Einhaltung der Mönchsregeln und die Meditation gelegt als auf das Studium, aber das gibt es natürlich auch.


    Die thailändische Waldtradition ist immer Theravada im Sinne der Ordinationstradition. Im Sinne des Theravada als Interpretationstradition ist sie leider immer mal wieder recht heterodox. Ich finde, das sollte man im Hinterkopf behalten.

    Dann habe ich eine Weile nicht mehr hineingesehen bis zur nächsten Inspektion. Und was erblicke ich da? Besagter Eintrag ist plötzlich gelöscht!


    Ähnlich erging es mir kürzlich mit dem "tibetischen Flüchlingsforum" dessen Namen nicht genannt werden darf. Dort gab es ursprünglich einen offenen Faden zu der Arte-Doku, die wir hier auch besprochen haben.. Als ich mal wieder reingeschaut habe, war der Faden weg. Ich weiß nicht, ob er noch existiert und nur für Mitglieder einsehbar ist, aber raus aus der Öffentlichkeit ist er. :nospeak: :nosee: :nohear:

    Nicht zwingend, sondern es ist bedingt von den Absichten und Taten des Stromeingetretenen ...


    Das führt mir ein wenig zu weit weg von meinem Eingangsthema, deshalb antworte ich hier auf diese Fragestellung nur noch mit diesem Beitrag.


    Im Theravada ist es zwingend, weil ein in den Stromeingetretener nicht mehr als 7x wiedergeboren werden kann. Ein achtes Mal ist eine Unmöglichkeit. Daher, egal was man macht irgendwann in diesen 7 Leben stellen sich die notwendigen Absichten und Taten "von selbst ein".

    Hat Bhavaṅga-citta einen Anfang und ein Ende? Wie in Beitrag #2 deutlich wurde, muss es ein Ende haben, weil es sonst kein Verlöschen (nibbāna) geben kann.


    Dieses Bhavaṅga-citta nimmt seinen Anfang mit dem Beginn dieses Lebens. Es unterscheidet sich von dem vorhergehenden Bhavaṅga und dem nachfolgenden primär durch sein Bewusstseinsobjekt. Und es findet sein Ende durch das Sterbebewusstsein. Dieses Bhavaṅga ist "eingebettet" in das Viññāṇa-sota. Dieser Bewusstseinsstrom findet wie alles ebenfalls sein Ende beim Verlöschen der Daseinsgruppen (khandha-nibbāna).

    Nur, wenn einer mit dieser Ansicht meint, er habe es nun erreicht, dann wendet sich Glück in Unglück.


    Jein. Solange es nur eine Sicht (dassana) ist und noch nicht weiter entfaltet (bhavana) wurde hin zur "Verkörperung" sollte man tunlichst auf dem Floß bleiben. Aber der Stromeintritt als erfahrendes Wissen mündet früher oder später zwingend in der Heiligkeit. Daher ist es Unglück lediglich in dem Sinne, dass es länger oder mühevoller sein kann. Siehe auch RE: Zur Notwendigkeit des Überweltlichen.

    Kann es im Nibbāna als Ding an sich ein Geistkontinuum geben? Nein, der Name schließt es schon aus. Bhavaṅga, bzw. Bhavaṅga-sota, Bhavaṅga-citta, ist der Begriff, der üblicherweise als Geistkontinuum übersetzt wird. (Zum Begriff Viññāṇa-sota (aus DN 28) schreibe ich ein anderes Mal.)


    Bhavaṅga ist ein Kompositum aus bhava und aṅga. Aṅga bedeutet so viel wie Glied, u.a. in bojjhaṅga = Erleuchtungsglied oder auch in jhānaṅga = Vertiefungsglied. Bhava ist Existenz. Damit ist Bhavaṅga-citta der Geist, der an Existenz teilhat. Nibbāna wird u.a. in AN 10.7 definiert als bhavanirodho nibbānaṁ mit der Bedeutung 'Verlöschen von Existenz ist Nibbāna'. Nibbāna selbst bedeutet ebenfalls wieder Verlöschen.


    Daher, ein Geist, der Anteil hat an Existenz ist ausgeschlossen vom Verlöschen der Existenz (= Nibbāna).


    Ich mache hier im Theravada-Bereich weiter...

    Hat hier jemand schon einmal etwas von Donghua Chan gehört? Habt ihr Einschätzungen, Warnungen oder was euch sonst dazu an Informationen vorliegen.


    Bin gerade über deren Zazen-Video gestolpert:


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    Könntest du evtl. einmal erläutern, wie denn die korrekte Zen-Atmung aussieht?


    Für eine gute Atmung geht man am besten zum Mediziner, nicht zum Zen. Eigentlich sollte Qigong hier schon helfen, den Brustkorb zu erweitern, was die Atmung bereits flexibler macht. Ebenso sehe ich es wie Sudhana: "es gibt keine "korrekte Zenatmung"", der hat viel Gutes bereits dazu geschrieben.


    Hat man während des Zazen Probleme, nicht in den Atem einzugreifen, dann ist dies für den Anfang eine gute Möglichkeit zum Üben von Loslassen. Man fängt in der Regel nicht an 'Ich, mein, mich' loszulassen, sondern eben die kleinen Dinge wie hier den Atmen, einfach geschehen zu lassen.

    Das Wichtige ist aber, dass Buddha ganz viel davon - sagen wir wenn jemand einen Naga zur Schutz gegen Schlangen oder Überschwemmungen anrief - als "weltlich" ansah.


    Ich greife dies einmal auf. Spiro unterteilt in Buddhism and Society den burmesischen Buddhismus in:


    1. Nibbanic Buddhism,
    2. Kammatic Buddhism,
    3. Apotropaic Buddhism und
    4. Esoteric Buddhism.

    Alle diese Buddhismus-Ausprägungen erfüllen einen bestimmten Sinn und Zweck für den Menschen. Aber dieser Sinn ist nicht zwingend soteriologisch, sondern kann eben auch weltlich sein und jede hat bestimmte Methoden. Allein der burmesische Buddhismus ist also ziemlich breit aufgestellt, Religion im Allgemeinen dann sowieso.

    Ist Buddhismus, Religion jetzt transzendent bzw. hat etwas transzendentes oder gibt es nur diese absolute Diesseitigkeit und was ist dann mit dem Kern der religiösen Erfahrung?

    Die religiöse Erfahrung hat ja nicht unbedingt etwas mit dem ontologischen Zustand der Wirklichkeit zu tun, sondern mit der Erfahrung dessen, wovon der der Buddha berichtet hat: Als ob einer nach langer Krankheit gesund wird.


    Für mich ist diese Erfahrung ein Teil der Wirklichkeit. Ich wüsste nicht, warum man da trennen sollte.

    Findest du etwas Qigong vor dem Zazen als eine Art Vorbereitung hilfreich?


    Ja, finde ich.


    Ich bin ein Freund langer und tiefer Meditation/Zazen. Wenn man 60 Minuten Zeit hat, aber am Anfang, weil noch ungewohnt, nur 20 Minuten sitzen kann, dann finde ich es hilfreich, wenn man vorher 40 Minuten Gehmeditation oder bewegte Achtsamkeit wie Qigong macht. Das ist dann häufig ein geschicktes Mittel, um aus dem Alltäglichen herauszukommen und das Zazen als Sitzmeditation vorzubereiten. Außerdem ist es allein für sich gut für den Körper. Und Körper und Geist beeinflussen sich gegenseitig.

    Der Kern und das eigentlich transformierende der religiösen Erfahrung ist: "das Trieblose, die Wahrheit, das Transzendente ..."


    Verstehe ich dich hier falsch, Thorsten, oder habe ich dich in der Vergangenheit falsch verstanden bzw. was sagst du hier? Früher schriebst du:


    Die Religion war nie immanent, nie transzendent

    Der Buddhismus beschreibt mit Shunyata die absolute Diesseitigkeit, wie es Keiji Nishitani beschreibt, absolute Diesseitigkeit, in der es nicht einmal ein Ding an sich hinter den Erscheinungen gibt. Weltlicher, säkularer geht es kaum.


    Dass dann aber trotzdem im Laufe der letzten 2500 Jahre metaphysische Spekulationen wie Pilze aus dem Boden des Palikanon geschossen sind, hat viel damit zu tun, dass reine Diesseitigkeit wenig erbaulich scheint, weil damit Hoffnungen auf eine bessere Welt und ein Leben nach dem Tod aufgegeben werden müssen.


    Ist Buddhismus, Religion jetzt transzendent bzw. hat etwas transzendentes oder gibt es nur diese absolute Diesseitigkeit und was ist dann mit dem Kern der religiösen Erfahrung?

    Wie seht ihr Qigong in Kombination mit Zen-Praxis?


    Sehr positiv. Ich habe in meiner Abhandlung zur Richtigstellung der Sitzmeditation kurz über die Einbettung der Zen-Praxis in einen erweiterten Kontext - den 5 Dinge, die ins Lot zu bringen sind und Yangsheng - gesprochen. Ob dies unbedingt in einem Einführungskurs, oder auch einem Sesshin, so kombiniert werden sollte, vielleicht nicht, aber im eigenen Alltag auf jeden Fall. Außerdem gehe ich davon aus, dass Qigong nur ausgeführt wurde und nicht die dahinterliegende Theorie besprochen wurde, oder doch?

    Das ich einfach nur Deutsch schreibe wie ich auch ...


    Die Pali-Lehrreden enthalten viele Auflistungen und ein Merkmal der Reihenfolgenbildung ist die Wortlänge. Die Wortlänge und Silben in Pali und nicht Deutsch. Also wenn man nach dem Grund der Reihenfolge fragt, muss man allein deswegen einen Blick auf das Pali werfen. Hier: rupa, vedana, sanna, sankhara, vinnana.


    Auf den ersten Blick scheint das Prinzip hier nicht zu greifen, und tut es vielleicht auch überhaupt nicht. Ein weiteres Prinzip ist eine thematische Gliederung (mit Wortlänge). Rupa ist körperlich. Vedana ist - trotz "Wahrnehmen und Fühlen sind geistig" (MN 44) - körperlich und geistig und die restlichen 3 sind geistig und aufsteigend.


    Darüber hinaus gilt MN 43: "Gefühl, Wahrnehmung und Bewußtsein, Freund—diese Geisteszustände sind miteinander verbunden, nicht getrennt, und es ist unmöglich, einen dieser Zustände von den anderen zu trennen, um den Unterschied zwischen ihnen beschreiben zu können. Denn, was man fühlt, das nimmt man wahr, und was man wahrnimmt, das erfährt man."

    Für mich logisch nicht ganz nachvollziehbar bei diesem Modell ist, dass ein Bewusstseinsobjekt - nämlich das Sterbebewusstsein - das alte Subjekt verlassen soll um dann in einem neu entstehenden Subjekt (verknüpften khandha) als Wiederverknüpfungsbewusstsein aufzutauchen.


    Sollte es heißen: nämlich des Sterbebewusstseins? Das Sterbebewusstsein ist ja kein Objekt, sondern ein Bewusstseinstyp mit einer spezifischen Funktion: das Sterben.


    In Leben X hat das Wiedergeburtsbewusstsein, das Bhavanga und das Sterbebewusstsein nur ein Objekt. Das Wiedergeburtsbewusstsein in X+1 nimmt nicht das Objekt des Sterbebewusstseins aus X als Objekt. Das Objekt von Wiedergeburtsbewusstsein, Bhavanga und Sterbebewusstsein in X+1 ist das Objekt des letzten "Prozessbewusstseins" aus X. Also: Objekt-Prozessbewusstsein X > Objekt-Sterbebewusstsein X > Objekt-Prozessbewusstsein X als Objekt von Wiedergeburtsbewusstsein, Bhavanga und das Sterbebewusstsein in X+1.


    Ein weiterer Punkt: das Bhavanga ist keine immer anwesende Unterströmung von Bewusstsein. Es gibt im Theravada immer nur ein Bewusstsein in einem Bewusstseinsmoment. Bhavanga stoppt, "Prozessbewusstsein" beginnt und dann immer so weiter. Bhavanga ist also kein "Parallelbewusstsein", sondern es ist eine Entweder-Oder-Situation.


    Erstmal nur soweit.

    Sven


    Zitat

    Der Theravada-Buddhismus nimmt ja hier ein immer gleiches Objekt an


    Könntest du so eine Textstelle, die du einem Theravada Buddhismus zuordnest posten? Das interessiert mich. So ein immergleiches Objekt lehrte Buddha ja nicht und es widerspricht meinem Verstehen, wie auch dem vieler anderer, nehme ich an.


    Hier ein Zitat aus Bhikkhu Bodhis kommentierter Abhidhammatthasangaha-Übersetzung A Comprehensive Manual of Abhidhamma:


    Zitat

    The door-freed consciousness is the citta that performs, in any single life, the three functions or rebirth-linking, bhavanga, and death... In all three of its functions, this citta retains the same object from the rebirth moment to the moment of decease. That same object is grasped at the moment of rebirth by the relinking consciousness; during the course of life it is held to by every bhavanga citta; and at the moment of death it is held to by the death consciousness.


    The object of the door-freed consciousness in any given existence is generally identical wit the object of the last cognitive process in the immediately preceding existence. (p. 138)


    Dieses bhavanga ist auch bekannt als leuchtender Geist und ist eine der Wege, wie das letzte Leben unser jetziges Leben beeinflusst.