Mein damaliger Weg in den Burnout: Ich war von Geburt an ein extrem neugieriger Mensch, und habe darüber hinaus von meinen Eltern (unabssichtlich) die Botschaft mitbekommen, nicht gut genug zu sein. Das hat dazu geführt, dass ich extrem viel gelernt habe und immer wieder neue Dinge angefangen habe, immmer mit dem Ziel, das jeweilige Thema zu beherrschen, sei es nun Physik, Sport oder Gitarrespielen. Viele Jahre ist das gut gegangen. Dummerweise wird man älter, und die verfügbare Energie wird weniger. Dazu kommen schöne und fordernde Dinge wie Familie und Kinder. Wenn man immer am Limit arbeitet, holen einen irgendwann diese Begrenzungen des Älterwerdens ein. Aus den positiven Erfolgserlebnissen und den Erfolgen wird unangemessene Anstrengung und schließlich Überforderung.
Lieber Aravind,
wenn ich es nicht selbst gelesen hätte, hätte ich es nicht geglaubt: Du schreibst zwar über dich, aber die Beschreibung passt zu 100% auch auf mich.
Ich selbst war, da meine Frau der Meinung war, ich würde wegen meiner "Erschöpfung" nicht gut genug "in der Ehe performen" schon mehrmals bei Psychologen uä. Es ging dann immer um Verhatltenstherapie, mehr Pausen machen etc. Ich habe dann mehr Pausen gemacht, mehr geschlafen, regelmäßiger gegessen und nur noch die Dinge, die mir Spaß machten, getan.
Blöderweise macht mir aber vieles Spaß: Ich liebe Neues, den Sport, die sportliche Herausforderung. Aber auch die Kunst: Musik, Zeichnen, Schreiben. Immer was Neues tun, neue Aufgaben in der Arbeit, neue Hobbies, intensivere Erlebnisse. Da half dann alle Verhaltenstherapie nicht, weil ich halt all das sehr gerne tu - obwohl ich über meine Grenzen ging.
Irgendwann habe ich dann realisiert, dass ich a) ein Problem habe und das b) mein Problem in meinem Inneren liegt: Der Wunsch nach Liebe und Anerkennung, die aber gefühlt immer nur auf der Basis von Leistung einem nur entgegengebracht wird, ist die Eisenkugel, die an meiner Seele hängt. Und nun ich versuche mich Glied für Glied von dieser Last zu befreien.
Das hat mich schlussendlich zum Meditieren gebracht. Und nun versuche ich meinen Weg dadurch zufinden. Zu mehr Ruhe und Gelassenheit zu finden. Vor allem mir gegenüber, vor allem beim Meditieren. Ich versuche mich wahrzunehmen ohne zu bewerten. Meine Umwelt wahrzunehemen ohne zu bewerten (da kam dann mein Problem mit dem Sport zum Tragen) . Sondern offen zu bleiben. Mich zu lieben und anderen Liebe und Offenheit entgegen zu bringen.
Und so gehe ich nun am Ende der Heilung meines gebrochenen Fußes schon wieder ins Fitnessstudio. Dort kann ich zwar nicht so viel machen, aber das ist gut so. Ich versuche die Bewegungen zu genießen (wäre das nicht auch schon bewerten?), die ich bereits machen kann. Die Trainingserschöpfung im Rahmen zu halten und mich einfach daran zu erfreuen vom Sofa weg wieder mehr am Leben teilzunehmen.
Das das alles ein längere Weg ist, ist mir leider klar. Aber schön zu hören, dass es geht.
Danke für deine aufmunternden Worte,
Ingo