Liebe Forengemeinde,
vorweg ein Frohes Neues Jahr nachträglich.
Meine Name lautet Max, ich bin 36 Jahre alt und stecke vermutlich mitten in meiner Midlife Crisis. Im November letzten Jahres habe ich wieder angefangen meine Gedanken aufzuschreiben, was eine ziemliche Kaskade an Emotionen und Veränderungen ausgelöst hat. Aus Jahrelangem stillstand kam ich wieder in Bewegung und konnte mich endlich von den Wurzeln, welche mich festgehalten haben, befreien. Aber wie es nunmal so ist: Die Veränderung ist leicht, nicht in alte Denk- und Verhaltensmuster zu fallen dagegen schwer. Ich hatte in meinem Leben genug Therapien aller Art und dadurch eine gewisse Grundachtsamkeit erlernt, was mir sicherlich auch etwas hilft.
Nachdem ich mir eher spontan das Hörbuch von Jack Kornfield - Das weise Herz gekauft und festgestellt habe, dass ich mittlerweile erfolgreich meditieren kann (also zumindest so erfolgreich, wie es für einen absoluten Anfänger eben geht), ist für mich klar, dass der Weg des Buddhismus vermutlich das ist, was ich mein ganzes Leben lang irgendwie gesucht habe. Wobei ich jedoch sagen muss, dass diese Offenheit und "Freiheit" erst seit November letzten Jahres in dieser Form besteht.
Durch das Schreiben selber und dem Hören des Hörbuchs habe ich für mich erkannt, dass mein Hauptproblem im Anhaften liegt, und das schon seit frühester Kindheit. Dies bezieht sich vor allem auf Frauen, die mir persönlich sehr freundlich gegenüber gesinnt sind. Diesen Fall habe ich aktuell wieder und bin dankbar, daran lernen und wachsen zu können. So habe ich zum Beispiel erkannt, dass meine Sehnsucht nach Liebe und Zuneigung dermaßen groß zu sein scheint, dass ich mich fest daran klammere und und nicht loslassen kann. Gerade an der Frage "Wieso kann ich nicht loslassen" arbeite ich ebenfalls , auch wenn ich bislang leider noch keine Erkenntnis hatte wie sonst. Das Problem scheint also tiefer zu liegen. Die Tatsache, dass ich seit ca. 8 Jahren Single bin und mich auch nach etwas körperlicher Zuneigung und Wärme sehne ist da nicht unbedingt hilfreich.
Warum ich mich eigentlich schreibe:
Um Weihnachten herum war diese Liebe Person mir sehr zugewendet und hat mir Aufmerksamkeit geschenkt, danach reduzierte sich der Kontakt fast vollständig, auch auf Kontakt meinerseits kam fast nichts mehr. Dazu muss ich sagen, dass Sie ebenfalls eine recht buddhistische Lebensphilosophie verfolgt und auch weiß, dass ich mich mehr in Geduld üben sowie mehr weg von Smartphone und Co bewegen möchte. Auch ist sie ein direkter Mensch und sagt eigentlich, wenn Sie etwas stört. Daher habe ich hier ein gewisses Vertrauen in sie.
Ich kann daran lernen, meine Achtsamkeit üben und ergründen, was diese Anhaftung auslöst. Dafür bin ich sehr dankbar! Ich bin mir auch "bewusst", dass meine Anhaftung an sie nicht gesund ist, da es deutlich spürbare, unheilsame Zustände mit sich bringt, welche vor allem durch ein Gefühl der Angst dominiert werden. Die Angst davor, dass sie wütend auf mich ist. Die Angst davor, dass ich wieder etwas falsch gemacht habe. Die Angst davor, dass es wieder ist wie immer, dass Menschen, sobald Sie mich besser kennenlernen und sehen wie ich bin, und den Kontakt zu mir abbrechen. Die Angst davor Ihr mit meiner Anhaftung die Luft zum atmen zu nehmen (gerade dieses "die Luft zum atmen nehmen" habe ich erst kürzlich verstanden).
Gleichzeitig denke ich daran, dass es auch sein könnte, dass sie genau weiß wie es mir geht und mich damit unterstützen möchte, mich von meinen Fesseln zu befreien.
Andererseits gibt es nichts in Ihre Verhalten zu interpretieren, denn es ist wie es ist und ich weiß nicht wieso sie sich so verhält, also macht es keinen Sinn mir hier darüber den Kopf zu zerbrechen, denn genau dieses oben beschriebene Denken tut mir nicht gut. Ich würde Ihr gerne Schreiben, ob ich irgendetwas falsch gemacht habe, oder ob sie wütend auf mich ist. Doch andererseits wäre es doch genau wieder die Reaktion auf Altbekannte Auslöser: "Fragen ob ich etwas falsch gemacht habe".
Und hier bin ich in einem Kreislauf, der mein Denken blockiert, meinen Magen verkrampft und mir die Tränen in die Augen treibt, was gleichzeitig wieder Ablehnung gegen diese Gefühle aufwirbelt, da ich so nicht fühlen möchte, denn ich würde mich viel lieber darüber freuen, dass ich einem so lieben Menschen begegnet bin, der mich im Grunde so akzeptiert wie ich bin und mir hilft meine Probleme anzugehen, indem ich in eine solche Situation gezwungen werde.
Ich weiß, das Aushalten ist wichtig, das meditieren und ergründen der Gefühle die ausgelöst werden ist wichtig. Nur so kann ich erkennen, verstehen und lösen. Nach der Meditation geht es mir ganz gut. Ich fühle mich ruhig, gelassen und konzentriert. Doch dann kommen die Gedanken wieder, ich schaue Sie mir an, ich "weiß", dass ich mich nicht damit identifizieren muss und sie wertfrei betrachten kann. Doch es löst in mir eine so immense Verlustangst aus (dabei sind wir weder zusammen, noch haben wir uns überhaupt schonmal in echt gesehen), dass ich nicht mehr in der Lage bin dieser Gefühle Herr zu werden und werde in den Strom der Emotionen gerissen und wie ein Spielball der Wogen hin und her geworfen. Vermutlich sollte ich dann meditieren, aber ich bin in diesem Moment unfähig klar zu denken und rational zu handeln. Gerade jetzt treibt es mir wieder die Tränen in die Augen, ich denke "Verlustangst" beschreibt meine Angst wirklich am Besten. Ich konnte dank des Schreibens schon einige Wurzeln ziehen, welche mir eine sofortige Linderung gebracht haben und gewisse Verhaltensweisen und Denkmuster einfach weg waren, wie einen subtilen Shift...schwer zu beschreiben, aber ich glaube die Erfahreneren werden wissen was ich meine.
Ich bin der Meinung, dass ich im Grunde weiß, dass all diese unangenehmen Gefühle und Ängste nur alte Muster sind. ich sehe den Auslöser, also dass Sie nicht antwortet, oder sich sehr abweisend verhält und denke mir dann: "Es ist in Ordnung so! Ich bin nicht der Mittelpunkt Ihres Lebens und jegliches hineininterpretieren fördert nur die Angst! Gehörter ist nur Gehörtes, nicht mehr und nicht weniger!" Dennoch werde ich von der Reaktion voll überfahren, ich vermute, es ist eher der Kontrollverlust, der in mir ebenfalls eine starke Kritik auslöst. Es sind in jedem Fall mehrere Dinge, die sich hier negativ begünstigen und hochschaukeln. Aber wenn ich es wirklich verstanden hätte, dann könnte ich es doch auch lösen oder umformen?
Ich habe gerade das Gefühl festzustecken, nicht mehr voranzukommen und mich trotz aller ruhigen und rationalen Gedanken immer mehr in dieser Angst zu verlieren, denn je länger ich gegen den Drang ankämpfe Sie zu fragen, ob alles in Ordnung ist, umso intensiver wird das Gefühl. Ich weiß, dass ich dieses Gefühl zulassen muss. Es betrachten und liebevoll behandeln muss, aber sobald ich dies versuche habe ich das Gefühl den Verstand zu verlieren.
Bitte versteht mich nicht falsch! Auch wenn das hier alles sehr leidvoll und klagend klingt, so weiß ich doch, dass ich hier durch muss! Da ich für mich selber aber den Morast, in welchem ich steckte verlassen habe und nun auf einem mir gänzlich unbekannten Weg gehe. Ich fühle mich irgendwie einsam, verlassen, hilflos und wünsche mir irgendwie eine Art "Wegweiser", der mir zumindest die Richtung vorgibt, oder mir bestätigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin.
Ich würde mich daher um weitere Tipps freuen, was ich noch zusätzlich machen könnte.
Beste Grüße
Max