Wir müssen hier allerdings ein bisschen vorsichtig sein, denn obgleich wir ein gesundes Gefühl für dieses konventionelle „ich“ aufbauen, um Selbstbeherrschung usw. üben zu können, kann das auch ein übersteigertes Selbstgefühl verstärken. Während wir also unser konventionelles „ich“ aufbauen – und wir haben inzwischen bereits einige Anstrengung darauf verwandt -, können wir nun anfangen, nach einem übersteigerten Selbstgefühl Ausschau zu halten. Das übersteigerte Selbstgefühl bezieht sich auf das Selbstbild, dass „ich hätte imstande sein sollen, mich zu beherrschen“, das Selbst, das diese Kraft der Selbstbeherrschung haben sollte und könnte, und weil ich sie nicht hatte, bin ich schuldig. Das ist ein übersteigertes Gefühl von „ich“ – es entspricht der Art von Person, die sich wie ein Polizist überwacht, um sich zu kontrollieren, und dann vollkommen rigide wird usw. Das ist ungesund. Wenn einem dann ein Ausrutscher passiert und man diese Selbstbeherrschung nicht aufbringt, fühlt man sich total schuldig – „Ich hätte imstande sein sollen, mich zu beherrschen“ – und ohrfeigt sich innerlich.
Was Berzin hier als übersteigertes Ich beschreibt ist in psychoanalytischer Terminologie nichts anderes als ein rigides Über-Ich.