Hallo Girasole,
für deinen Freund sind Buddhas Lehren und Meditation sehr wichtig. Er war bevor ihr zusammekamt bereits Buddhist. Du hast also keine Katze im Sack gekauft. Natürlich konntest du dir nicht vorstellen dass es für ihn einen solchen Raum einnimmt. Das ist ersichtlich daran wenn man so etwas nicht aus seinem eigenen Leben kennt. Dein Freund ist kein Hobby-Buddhist wie viele sondern ein "praktizierender Buddhist" im tibetischen Buddhismus. Meditation spielt da eine zentrale Rolle. Buddhisten richten sich auf bestimmte Werte aus. Das heisst Zuflucht. Wahrscheinlich hat dein Freund erkannt wie selten die Gelegenheit ist Buddhismus praktizieren und leben zu können. Was eure Beziehung anbelangt bist du seine Nummer eins. Und der Buddhismus ist seine andere Nummer eins. Es sollte da keine Konkurrenz bestehen. Er hat kein Problem damit dass du keine Buddhistin bist. Das ist doch schon mal gut. Vielleicht fragst du ihn mal direkt im Bezug auf deine Eifersucht auch auf die Gefahr hin dass dir die Antwort nicht gefallen könnte.
Hier eine kleine Hilfe für dich:
Tips für Partner von Buddhisten
Ungefähr die Hälfte der bisherigen Zuschriften auf unsere Website betreffen das Thema Buddhismus und Partnerschaft. Die meisten Zuschriften stammen von Menschen, die einen Buddhisten als Partner bzw. Partnerin haben. Da ich mit dem kurzen Anriss dieser Problematik im Kapitel “Risiken und Nebenwirkungen” des Buddhismus-Ratgebers auf yourlife.info offenbar einen wunden Punkt getroffen habe, hier ein paar ergänzende Hinweise.
Bitte beachten Sie bei der Lektüre, dass ich nicht im buddhistischen Lehrbetrieb stecke, also nicht sehr viele Einzelfälle selber mitbekommen habe. Die Legitimation für die folgenden Empfehlungen kann daher - wie für das Kapitel Buddhismus auf yourlife.info überhaupt - nur in folgendem liegen: Ich bin einer der wenigen Menschen, die bewusst sowohl die buddhistische Innensicht als auch den analytischen, westlichen und unverklärten Blick von außen kultivieren.
Die folgenden Empfehlungen sind natürlich keine Garantie für den Bestand Ihrer Partnerschaft. Viele Partnerschaften zwischen Buddhisten und Nicht-Buddhisten zerbrechen in den ersten Jahren, nachdem sich ein Mensch für den buddhistischen Weg entschieden hat. Und wie im Ratgeber geschrieben empfehlen einige buddhistische Lehrer ihren Schülern sogar, sich einen buddhistischen Partner zu suchen. Viele Beziehungen gehen schon an weniger essenziellen Fragen kaputt. Man muss daher anerkennen: die Hinwendung zum Buddhismus kann ein harter Brocken für eine Beziehung sein.
Lassen Sie sich aber davon nicht abschrecken. Es gibt auch in einige buddhistischen Traditionen das Bild des ein normales Leben führenden Buddhisten, z.B. des “sorgenden Familienvaters” (aufgrund patriarchaler Prägung freilich so gut wie nie: der buddhistischen Mutter!). Beileibe nicht jede Verbindung zerbricht, sobald sich einer der Partner dem Buddhismus zuwendet. Was die Chancen eines Fortbestandes erhöht, lesen Sie im folgenden:
Tip 1: Beschäftigen Sie sich mit Buddhismus!
Es geht nicht darum, dass Sie selber Buddhist werden. Schon die rein intellektuelle Beschäftigung mit Buddhismus wird Ihnen vieles von dem Leben Ihres Partners erschließen. Sie brauchen dabei nicht unkritisch zu sein. Die Beschäftigung mit Buddhismus wirkt gegen die Entfremdung, die nicht selten zwischen einem buddhistischen und einem nicht-buddhistischen Partner auftritt.
Tip 2: Attackieren Sie den Buddhismus nicht!
Außer vielleicht in der Frühphase der kritischen Prüfung des Buddhismus durch einen frisch Interessierten bewirken massive, d.h. emotional heftige Angriffe auf den Buddhismus bei einem Buddhisten nur, dass er sich abwendet.
Tip 3: Klammern Sie nicht und treten Sie nicht in Konkurrenz zum Buddhismus - Sie haben sonst schon verloren!
So schwer es fällt, versuchen Sie nicht, Ihren Partner an sich zu binden. Jede Haltung in Richtung “entweder Du entscheidest Dich für Buddhismus oder für mich” droht ihn abzuschrecken; jedenfalls sobald Ihr Partner von der durch Buddhismus vermittelten anderen Grundhaltung, der inneren Befreiung “einen Geschmack bekommen hat”, wie die Buddhisten sagen.
Glauben Sie auch nicht, dass Ihr Partner sich – vielleicht wie früher - ständig Ihnen zuwenden müsste. Es gibt nicht nur sich stets voll zugewandte Paare die gut funktionieren; sondern eben auch solche, in denen die Partner unterschiedliche Interessen pflegen und meist in verschiedene Richtungen blicken. Aber hier sind wir an einem Punkt angelangt, der den Bereich meiner Kompetenz endgültig übersteigt. Ich möchte Sie mit diesen Zeilen nur ermutigen, auch die üblichen Mechanismen in einer Paarbeziehung in den Blick zu nehmen. Zumindest bei den nicht direkt zur Erleuchtung durchgestarteten Buddhisten dürfte die Wirkung einer starken Beschäftigung mit Buddhismus auf die Paarbeziehung zunächst auch nicht so viel anders als bei einer anderen “Neuausrichtung” des Partners sein, zum Beispiel in Richtung eines faszinierenden Berufes.
Tip 4: Sehen Sie Ihren Partner als in einem Wandlungsprozess begriffen, gegen den die Pubertät ein Kinderspiel ist!
Wenn Sie selber keine vergleichbare geistige Ausbildung durchlaufen (haben), machen Sie sich wahrscheinlich kein angemessenes Bild von dem Umfang des Wandlungsprozesses, um den es geht (vielleicht zu ihrem Glück viele Einsteiger auch nicht). Als Bild für ein besseres Verständnis: Gehen Sie davon aus, dass das gesamte Innenleben Ihres Partners einmal auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt wird. Und das ganze dauert mindestens Jahre. Sicher bleiben einige “Bausteine” oder Wesenszüge weitgehend unverändert, insbesondere wenn Ihr Partner von Natur oder Erziehung aus eine fast buddhistische Haltung hat. Dieser Prozess ist spannend anzusehen. Und er ist mühsam für den, der ihn durchläuft. Es geht für ihn oft unverständlich vor und zurück, seitwärts und verquer, die bisherigen Werte kämpfen in ihm selber mit den buddhistischen, er stellt eine Diskrepanz zwischen seinem Bild von sich selber und der Realität fest, er rätselt über den richtigen Weg und sich selber.
Tip 5: Keinen Anspruch auf Konstanz erheben!
Es ist fraglich, ob es so etwas überhaupt in Beziehungen geben kann oder soll. Aber jedenfalls hat es keinen Sinn, einem Buddhisten vorzuwerfen: “Früher warst Du aber soundso” oder “früher sagtest Du mir aber, dass...”. Denn was Sie beklagen, wird er als Zeichen seiner inneren Entwicklung sehen. Und die bejaht er im Zweifel. Hingegen ist es richtig und gut, die Veränderungen möglichst wertungsfrei zu benennen. Dadurch zeigen Sie, dass Sie ihren Partner wahrnehmen und verstehen. Sie geben ihm Feed-back, was er vielleicht sogar dringend nötig hat. Sie wachsen so auch in eine neue Rolle hinein.
Tip 6: Nicht jedes Problem hat mit Buddhismus zu tun!
Klingt banal, aber es ist schwierig und dennoch wichtig, die anderen Spannungsfaktoren oder ursprüngliche Charakterzüge als solche zu sehen, zu verstehen und nicht irrtümlich dem Buddhismus zuzuschreiben.
Tip 7: Wenn Ihr Partner weit fortgeschritten ist, werden Sie sich entscheiden müssen: Können und wollen Sie mit einem Menschen leben, der keine oder kaum noch ich-bezogene Gefühle hat und äußert?
Dazu zunächst eine kurze Geschichte: Vor einiger Zeit habe ich einem “Living Buddha” (Tulku) der ältesten tibetischen Schule die Frage gestellt, wie sich ein Buddhist gegenüber einem Partner / einer Partnerin verhalten soll, wenn diese(r) kein erleuchtetes, ego-freies Mitgefühl, sondern authentische positive oder negative Gefühle eines “echten” und jedenfalls manifestierten Ichs erwartet. Das Ergebnis meiner Frage war für mich schockierend. Der von mir im übrigen sehr geschätzte Lehrer verstand die Frage nicht. Der Grund: Obwohl seit geraumer Zeit im Westen ansässig, konnte er sich nicht vorstellen, dass ein Mensch etwas anderes von seinem Partner wünschen könnte, als just dieses erleuchtete, ego-freie Mitgefühl.
Der durch Buddhismus angestrebte Zustand ist nicht gefühlsfrei, sondern sehr gefühlsintensiv. Aber es sind keine Gefühle mehr da, die ein eng umgrenztes Ich voraussetzen. Äußerungen wie “Ich fühle mich verletzt!” oder “Mir geht es heute schlecht, weil ...” werden Sie von einem fortgeschrittenen Buddhisten nicht mehr hören. Ihm geht es immer gut, solange er die innere Verbindung zum Buddhismus wach erlebt. Das kann nerven. Es kann auch die ganze bisherige emotionale Balance ihrer Beziehung kippen: Sie werden von Stimmungen und klassischen Gefühlen gebeutelt, während er durch nichts aus der Ruhe zu bringen ist, nicht angreifbar ist und umgekehrt auch nicht mehr die üblicherweise Glück stiftenden Ereignisse oder Umstände als Glück stiftend erlebt - er ist ja sowieso glücklich. Und auf Ihre negativen Gefühlsreaktionen reagiert er im Zweifel mit dem altruistischen, ego-freien buddhistischen Mitgefühl; was Ihnen vielleicht nur erneut zeigt, dass Sie nicht mehr in einer Partnerschaft unter gleichen sind.
Die meisten Buddhisten sind Buddhisten auf dem Weg, meist noch weit von diesen Zuständen entfernt. Viele erreichen den Zustand nie. Darauf kann man als Partner eines Buddhisten natürlich hoffen. Aber wenn der Partner sich diesem Zustand annähert, muss man für sich die Frage stellen, ob man mit einem Partner in diesem Zustand leben kann oder will.
Tip 8: Entwickeln Sie ein für Sie angemessenes Leitbild für Ihr Leben!
Grob gesprochen gibt es drei Typen von Lebensbeziehungen mit Buddhisten: 1. Beziehungen von anderen Buddhisten oder Menschen in einer ähnlichen geistigen Ausbildung; 2. Beziehungen von Menschen, die sich einfach einfügen, unterordnen; 3. Beziehungen von Menschen, die mit einem starken Lebenskonzept einen selbständigen Gegenpol bilden.
Wenn Sie mit einem der ersten beiden Typen leben können, um so besser für Sie. Für viele aufgeklärte Menschen im Westen kommt aber weder das erste noch das zweite Modell in Frage. Diese Menschen haben dann nur noch die dritte Möglichkeit, sich also auf sich selbst und die eigenen individuelle Tradition zu besinnen, diese fortzuentwickeln und dies alles selbstbewusst, aber ohne Anfeindungen gegenüber dem Partner zu leben. Die Chancen für einen Fortbestand halte ich tendenziell für etwas geringer als in den beiden anderen Formen; aber vielleicht funktioniert es gerade bei Ihnen?
Jedenfalls sollten Sie sich genauso wenig von Ihrem Partner in Richtung Buddhismus ziehen lassen, wenn Sie das nicht wollen, wie Sie umgekehrt die Augen vor dem Buddhismus verschließen sollten, bloß weil Ihr Partner schon Buddhist ist. Aus Ihnen selbst muss die Richtung kommen oder zumindest ein deutlicher Widerhall. Es kann sein, dass Ihr Partner als eine Art “Chance Ihres Lebens” mit Buddhismus in Verbindung bringt. Und es kann sein, dass es noch nicht oder gar nicht dar Richtige für Sie ist, sich auf Buddhismus einzulassen.
Es gibt in unserer westlichen Kultur angelegte “gute Gründe” dafür, warum man das buddhistische Leitbild ablehnen kann. Denken Sie etwa an die vielfältigen künstlerischen Manifestationen, die letztlich auf der Idee einer ausdifferenzierten und vielfältig entwickelten Persönlichkeit beruhen. Je nach ihrer persönlichen kulturellen Geschichte sind es nicht nur gute, sondern sogar zwingende Gründe, die Sie das buddhistische Leitbild ablehnen lassen. Wenn Sie sich darüber für sich klar werden, werden Sie nicht so leicht in den Strudel gezogen, den ein überzeugter Buddhist in Ihrer Nähe darstellt. Und je überzeugter und stärker Sie ein anderes Leitbild entwickeln und leben, desto eher kann Ihre Beziehung denn doch wieder als gleichberechtigte fortbestehen. Etwas eiernd instabil ist eine Beziehung allerdings dann, wenn der Partner weder einen ähnlichen geistigen Weg gehen will, sich nicht unterordnen willen und auch keine ähnliche starke persönliche Tradition in sich trägt.
Gruß,
Forenjumper108