Einerseits unterscheiden sich die Aussagen der beiden Gleichnisse: Die Kernaussage des christlichen Gleichnisses ist, dass Gott den verlorenen sündigen Sohn genauso annimmt, wie den braven Sohn, der immer bei ihm geblieben ist.
Im Lotussutra ist es so, dass der verlorene Sohn seinen reichen Vater nicht erkennt und nicht mehr dass dieser ihm wohlgesonnen ist. Deshalb stellt sich der Vater quasi "arm" und seinen Sohn nicht zu verschrecken und gewinnt so sein Vertrauen und offebart im schliesslich, dass er der Vater ist. Die Aussage ist, dass wir zu verblendet sind um Buddhaschaft direkt zu verstehen und dass es deswegen geschickter Mittel bedarf, um uns zur Buddhschaft zu führen.
Das sind ganz klar verschiedene Aussagen aber es geht um das gleiche Grundthema. In beiden Fällen steht der verlorene Sohn für die existentielle, "verlorene" Situation des Menschen. Im Christlichen Kontext wird dabei das "Sündige" betont, während im buddhitischen Kontext die "Verblendung" im Vordergrund steht. In beiden Fällen stehen der Vater und sein Reichtum für die Befreiung von diesem existentiellen Leiden.
Interessant ist, dass beide Gleichnisse von unterschiedlichen Seiten aus denken. Das buddhitisches Gleichniss denkt vom Vater aus, und beleuchtet ,was er tutn könnte um seinen Sohn wiederzugewinnen. Das christlche Gleichnis denkt eher vom braven Sohn aus, dem es vollkommen unverständlich ist, dass der verlorene Sohn genau so behandelt wird wie der brave. Auf einer tieferen Ebene haben beide Gleichniss aber auch eine gemeinsame Aussage: "Wir haben unseren Reichtum nie eingebüsst. Wir sind nie verloren gewesen, es hatte nur den Anschein. Unsere Verlorenheit war eine Illusion."