Beiträge von mukti

    M.19 ist eine Lehrrede über Bewertung und vollständige Loslösung:


    Zitat

    Ihr Bhikkhus, vor meiner Erleuchtung, als ich noch lediglich ein unerleuchteter Bodhisatta war, kam mir in den Sinn: 'Angenommen, ich teile meine Gedanken in zwei Klassen ein.' Auf die eine Seite brachte ich dann Gedanken der Sinnesbegierde, Gedanken des Übelwollens und Gedanken der Grausamkeit, und auf die andere Seite brachte ich Gedanken der Entsagung, Gedanken des Nicht-Übelwollens und Gedanken der Nicht-Grausamkeit.


    Die Gedanken auf der einen Seite hat er aufgegeben, denn sie "führen zu meinem eigenen Leid, zum Leid anderer und zum Leid beider; es beeinträchtigt Weisheit, verursacht Schwierigkeiten, und führt von Nibbāna weg".

    Die Gedanken auf der anderen Seite hat er gepflegt, denn sie "führen nicht zu meinem eigenen Leid, oder zum Leid anderer oder zum Leid beider; es fördert Weisheit, verursacht keine Schwierigkeiten, und führt zu Nibbāna hin":


    Zitat

    Ihr Bhikkhus, worüber auch immer ein Bhikkhu häufig nachdenkt und nachsinnt, das wird seine Geistesneigung werden.


    Weil es dem Bodhisattva aber zu dieser Zeit bereits um das vollkommene Erwachen ging, ist er bei den heilsamen Gedanken auch nicht stehengeblieben sondern hat den Geist "gefestigt, beruhigt, konzentriert und zur Einheit gebracht", ist stufenweise in die Vertiefungen eingetreten und hat schließlich die endgültige Triebversiegung erreicht.


    Demnach führt das Bewerten "heilsam" zu Nibbana hin und "unheilsam" von Nibbana weg. Wenn der Geist nur mehr zum Heilsamen neigt, in der Meditation dort nicht stehenbleibt sondern alle Bewertungen aufgibt, kann Geistesruhe und Einsicht entstehen die zu vollkommener Loslösung führen. Das bloße Nicht-Bewerten löscht die unheilsamen Neigungen nicht aus, dazu bedarf es der Praxis des gesamten achtfachen Pfades. Andernfalls wird die Loslösung in der Meditation zeitweilig und unvollständig sein. So wird am Ende dieser Lehrrede der achtfache Pfad hervorgehoben:


    Zitat

    Also, ihr Bhikkhus, ist der sichere und gute Pfad, der zum Glück führt, von mir wieder zugänglich gemacht worden.

    Es ist wohl so gemeint dass man erst die Möglichkeit zur Veränderung (Besserung) hat, wenn man seine eigenen Unzulänglichkeiten einsieht und akzeptiert. Wenn man sie nicht sehen will und sich dauernd selber und anderen was vormacht, kann sich ja nichts ändern.

    Da stimme ich zu. Aber auch, dass die Akzeptanz schon eine Änderung mit sich bringt. (Nicht als Freibrief gemeint, alles zu tun, was man beispielsweise mit Wut im Bauch tun will.)

    Die Akzeptanz wird wohl nicht zu so einem Freibrief wenn bereits eine rechte Gesinnung entwickelt ist, dann erfolgt auch gleich die Einsicht und damit eine Veränderung.

    Was ist aber mit der unbedingten Freude, die entsteht oder frei wird, wenn wir das Denken lassen oder das Anhaften an Gedanken von Gier und Ablehnung.


    Soweit ich das sehe ist dies das Glück der Loslösung, jenseits von Gut und Böse. Das tritt aber nur ein auf dem Fundament der Sittlichkeit, soll heißen dass man zuerst ein guter Mensch sein muss bevor man das Dasein transzendieren kann. Wenn man in den Mitmenschen das Gute sieht weil man selber gut ist, hat man schon sehr viel erreicht und es ist sehr wichtig und unerlässlich das anzustreben. Religionen sehen es oft als das Ziel der Heiligkeit und lehren dass man dadurch für ewig in den Himmel kommt. Nach indischer Weisheit und insbesondere der Lehre des Buddha gibt es kein ewiges Dasein, auch das Gute und seine Auswirkungen müssen vergehen. Mir scheint das richtig zu sein.


    Auf die Frage ob der Mensch im Grunde gut oder böse ist, würde ich antworten beides ist in ihm, mit beiden Anlagen kommt er auf die Welt. Oft überwiegt eine davon aber wenn ein Mensch z.B. eine böse Veranlagung hat, kann er sie trotzdem durch Einsicht überwinden und ein guter Mensch werden. Umgekehrt kann einer in schlechte Gesellschaft geraten und einer schlechten Lehre folgen, das Gute in sich unterdrücken oder weitgehend ausmerzen und das Böse kultivieren. Dann ist ihm der Weg zum Glück der Loslösung versperrt und die Freude die er aus den bösen Taten zieht ist viel geringer als die Freude am Guten.

    Diese Freude zu unterdrücken wäre ja auch schade oder nicht nötig. Also man darf diese genießen, aber ich würde nicht sagen, dass es diese Art Freude bei mir war und ist. Aber ich weiß es nicht. Einfach genießen, würde ich sagen. Und wenn sie vergeht dann nicht traurig sein.

    Sehe ich auch so, die Freude die durch das Gute entsteht soll man genießen ohne daran anzuhaften, weil das Gute ja letztlich nicht vor Leid bewahrt und spätestens mit dem Tod zu Ende ist. Oder, falls man an Wiedergeburt denkt, ein glückliches Dasein entstehen lässt das aber auch wieder vergeht wie alles das entstanden ist. Es ist großartig sich am Guten zu erfreuen, ich finde es aber angebracht ein wenig im Hinterkopf zu behalten dass es nicht das ultimative Ziel, sondern ein Fundament für die endgültige Befreiung ist. Vollkommene Freiheit beinhaltet dann ja auch vollkommenes Wohlwollen und Mitgefühl.

    Kennt ihr das ? Dass ihr so lebendig seid und euch keine Gedanken mehr macht, Freude in euch ist und kein Impuls oder Drang nach Bewerten oder Analysieren von seinen eigenen Ideen, Gefühlen, und von anderen Menschen ?


    Es ist wie im Fluß sein, im Fluß des Lebens.


    Es hat auch damit zu tun, ob man sich selbst nicht ablehnt, verurteilt, denke ich und gepaart mit einem schönen Erlebnis ist diese andere Stimmung dabei heraus gekommen. :)

    Kenne ich, aber die Stimmungen kommen und gehen und ich habe nur wenig Kontrolle über die Bedingungen, unter denen sie entstehen. Deshalb versuche ich mich nicht davon abhängig zu machen, also weder in Euphorie noch (bei schlechter Stimmung) in Depression zu verfallen und auf eine kontinuierliche Distanz zu achten. Letztlich geht es ja darum die Welt so zu sehen wie sie ist und nicht so wie ich sie gerade wahrnehme. Das ist nicht so einfach, aber ich arbeite daran.

    Kein Problem, möge das Berufliche und Familiäre glücklich verlaufen.

    Es ist wohl so gemeint dass man erst die Möglichkeit zur Veränderung (Besserung) hat, wenn man seine eigenen Unzulänglichkeiten einsieht und akzeptiert. Wenn man sie nicht sehen will und sich dauernd selber und anderen was vormacht, kann sich ja nichts ändern.

    "So lässt sich den Mitmenschen mit einer gewissen Gelassenheit gegenübertreten: Nehmen wir uns alle nicht zu ernst, es gibt hier nichts dauerhaftes zu gewinnen."


    Das ist wohl so, aber es hilft im Menschlichen auch nicht weiter, denn es ist möglich eine überlebensgroße Statur zu errichten, die dann lange überdauern soll. Viele Herrscher haben das getan und dabei einfache Leute verschlissen, aber auch als Einzelner kann man den Wunsch hegen, ein überlebensgroßes Gebilde zu installieren, dass einen überlebt. Buddha mit seiner Erleuchtung ist zweifelsohne so eine Gestalt, er lebt heute noch in unseren Köpfen. Es gibt nichts dauerhaft zu gewinnen, aber es gibt die Illusion sich unsterblich zu machen oder wenigstens eine Weile nach dem Tod zu überdauern.


    Diese Art "Unsterblichkeit" fand ich immer nutzlos, von dem Denkmal hat der Verstorbene ja gar nichts mehr und irgendwann vergeht das auch und es bleibt keine Spur mehr von ihm übrig.

    Was den Buddha betrifft, er hat gesagt "Wer mich sieht, der sieht das Dhamma" und es ist wohl das Dhamma das auch heute in unseren Herzen und Köpfen sein sollte.

    Es gibt nichts dauerhaft zu gewinnen, aber es gibt die Illusion sich unsterblich zu machen oder wenigstens eine Weile nach dem Tod zu überdauern. Im Christentum ist das fest verwurzelt und ich vermute, dass die Westeuropäer, die sich dem Buddhismus widmen, nicht frei davon sind. So kommt es, dass verbal gekämpft wird, um das lange andauern, um das Konservative, auch im Gedankengang und das Jetzt und Hier der Achtsamkeit nebensächlich wird. Zumindest das erkannt werden im Leben soll dauerhaft bis zum Tod erhalten bleiben und am besten darüber hinaus. Es geht eindeutig um etwas in der Kommunikation mit der virtuellen Welt und das heißt nicht dukkha verringern, es heißt eher dukkha zu nutzen, um sich zu etablieren.

    Das hängt wohl u.a. mit dem Wunsch zusammen eine gute Lehre zu etablieren und zu erhalten. Dabei wird halt öfter übersehen dass man vor allem selber danach leben sollte und dann auch ein gutes Vorbild abgibt. Stattdessen werden oft prunkvolle Tempel errichtet, Reichtum, Macht und Unterdrückung ausgeübt. Tja so ist das, machen wir's besser.

    Ich habe in meiner Antwort extra von "Verkörpern" gesprochen (den Vater verkörpern, den Angestellten, den Mieter und auch den kranken Menschen), weil der Begriff für mich adäquat die Mitte zwischen dem Sein und dem Nicht-Sein wiedergibt. "Verkörpern" schließt das Nicht-Sein aus, da ja etwas da ist (und zwar das Verkörperte, wie den Vater, den Kranken oder den Sterbenden) und beinhaltet gleichzeitig Anatta, da ein unabhängiges Sein relativiert wird. Denn ohne die Relativierung des Seins in ein abhängiges Verhältnis, bräuchte es keinen Begriff wie „Verkörpern“ - man könnte ansonsten einfach vom Sein sprechen, das ja gerade eben durch einen anderen Begriff relativiert werden soll. Mir ist bisher kein deutsches Wort bekannt, welches die Position dieser Positionslosigkeit eines abhängigen Seins wiedergibt.



    Das Verkörperte habe ich mir in den wenigsten Fällen ausgesucht: Z.b. einen Menschen zu verkörpern der Krank sein wird/stirbt und ggf. auch seine Kinder zu Grabe trage muss. Ich kann das aber annehmen und das Beste daraus machen, indem ich heilsames kultiviere und meinen Mitmenschen damit im Alltag gegenüber trete: Damit kann ich das Wissen der Verkörperung zum Ausdruck bringen.

    So gesehen ist wohl alles eine Verkörperung, auch der da gerade vor dem PC sitzt. Vorher war einer der gefrühstückt hat und nachher ist einer der einkaufen geht. Das Ich ist immer dabei, aber eben immer nur vorübergehend, es kann in keiner Rolle bleiben und auch nicht aus den Rollen heraustreten um unabhängig davon zu existieren, nur die Rolle wechseln. Somit wird es, genauer betrachtet, aufgrund der Vergänglichkeit relativiert und das vermindert Dukkha, durch die heilsame Einsicht dass keine leidvolle Verkörperung bestehen bleibt und dass es keinen Sinn macht, an glücklichen Verkörperungen festzuhalten.

    So lässt sich den Mitmenschen mit einer gewissen Gelassenheit gegenübertreten: Nehmen wir uns alle nicht zu ernst, es gibt hier nichts dauerhaftes zu gewinnen.

    Ohne die Aufhebung der Unwissenheit/Verblendung gibt es kein "vollständiges" erkennen.

    Ja das ist wahr.

    Da hilft auch nicht "Ich bin" und "Ich ist" - auch das mit dem Subjekt und Objekt ist wenig nützlich, denn beide entstehen zusammen. Und beide verschwinden auch zusammen.

    Mir hilft es in der Praxis, durch das Beobachten ergeben sich auch Einblicke in die bedingte Entstehung. Man kann natürlich auf verschiedene Weise ansetzen, etwa mittels Analyse über das Paticcasamuppada. Das ist mir halt nicht stets gegenwärtig, auf das Beobachten lässt sich immer sofort "zugreifen" sozusagen.

    Also wenn vollständig erkannt ist dass ich nicht Körper/Geist bin, dann ist da kein "Ich bin", sondern ein "Ich ist". Das Ich ist nicht mehr Subjekt sondern Objekt, eine geistige Gestaltung, Teil der Khandha. Subjekt war immer nur das Bewusstsein das alles andere erfährt, aber Begehren und Verblendung haben es zu einem Ich-Bewusstsein gemacht. Das Ich erfährt nichts, es ist nur notwendig damit das Dasein funktioniert, außerhalb tiefer Versenkung. Es wird dann aber anders erfahren als jetzt, wo es sich selbst zu erfahren glaubt. Z.B. als ein Teil der mit allem verbunden ist und nicht als etwas getrenntes das alles manipuliert. Der Geist ist ruhig weil er nicht von Begehren und Aversion getrieben wird, gleichzeitig hält er nichts fest und fließt mit allem mit. Ajahn Chah sagt es ist wie "stilles, fließendes Wasser", für das Denken ein Paradoxon.


    So helfe ich mir über diese Barriere hinweg und es spricht mich nicht so recht persönlich an. Aber was soll's, die Persönlichkeitsansicht ist ja eine Fessel.

    Wenn ich nicht Körper/Geist bin und nicht Atman, bin ich dann Körper/Geist und Atman zusammen?

    Ich weiß auch nicht genau, in welche Richtung deine Fragen zielen. Da du das Catuṣkoṭi in die Argumentation einkonstruierst, gehe ich davon aus, dass du auf die Leere verweisen möchtest? Das begrüße ich und ich sehe darin deine gestellte Frage auch beantwortet.


    Wir können innerhalb eines Dialogs gerne weiter darüber schreiben, an einem Frage-Antwort Interview habe ich allerdings kein Interesse.

    Du hast mich angesprochen bzw. zitiert (Beitrag 64), die Frage "Wenn du Körper/Geist nicht bist, wer bist du dann?“ beantwortet und ich versuche seitdem die Antwort zu klären, weil sie mir nicht klar ist. Also ich will nicht interviewen oder was konstruieren um etwas zu beweisen.


    Wenn die Antwort jetzt "Leere" ist, nehme ich an dass sie mit meiner eigenen Antwort übereinstimmt "Jede Antwort wäre wieder eine Verdinglichung", weil ja Leere nun mal kein Ding ist. Dann wäre das ja geklärt.

    Ich bin das alles; ich kann etwas Sein (=im Sinne des bedingt Entstanden) ohne es zu Sein (=im Sinne eines vorhandenen Atmans).

    Demnach bin ich also ein vorhandener Atman der das alles sein kann.

    Ne, das wäre per Definition dann kein Atman mehr. Als Atman kannst du nur unveränderlich sein -das eine Extrem.

    Kann ich auch Atman sein ohne das alles zu sein?

    Das wäre dann kein-Atman, konkreter Nicht-Sein und damit das andere Extrem.

    Wenn ich nicht Körper/Geist bin und nicht Atman, bin ich dann Körper/Geist und Atman zusammen?

    Die Frage war "Wenn du Körper/ Geist nicht bist, wer bist du dann?" und nicht "Wenn du Körper/Geist nicht bist, was verkörperst du dann?"

    Die Antwort ist die gleiche. Es klingt nur komplizierter ohne das Wort "Verkörperung".

    Es ist eine einfache, klare Frage.


    Ich bin das alles; ich kann etwas Sein (=im Sinne des bedingt Entstanden) ohne es zu Sein (=im Sinne eines vorhandenen Atmans).

    Demnach bin ich also ein vorhandener Atman der das alles sein kann. Kann ich auch Atman sein ohne das alles zu sein? Das war ja die Frage, wenn du das alles nicht bist wer bist du dann?

    Die Frage war "Wenn du Körper/ Geist nicht bist, wer bist du dann?" und nicht "Wenn du Körper/Geist nicht bist, was verkörperst du dann?"

    Warum Worte machen über etwas das mit Worten nicht erfassbar ist.

    Warum sich über das Universum Gedanken machen, wenn man weiß, dass man es nicht in Worte fassen kann?

    Deshalb sagt ja auch der Buddha, dass das Universum zu den unfassbaren Dingen gehört über die man nicht nachdenken sollte, weil nur Verwirrung dabei herauskommt.

    So ist es deshalb ist deine Frage "Wenn du Körper/Geist nicht bist, wer bist du dann?" nicht beantwortbar. Jede Antwort wäre wieder eine Verdinglichung "Dieses bin ich".

    Das ist einfach zu beantworten. "Dieses" ist aber die falsche Antwort, wie du richtig erkennst. Es gibt eine Antwort, die keine Verdinglichung ist. :)

    Na dann raus damit, was ist denn die Antwort?

    ich würde ja mal MN 10 gründlich lesen. Da steht nämlich ganz einfach in Anmerkung 2 als Hinweis:
    Man betrachtet den Körper als das, was er ist, ohne ihn mit "Ich" zu identifizieren. Also: "Da ist (ein) Körper" und nicht: "Das bin ich." Analog verhält es sich mit den anderen drei Grundlagen.

    So ist es deshalb ist deine Frage "Wenn du Körper/Geist nicht bist, wer bist du dann?" nicht beantwortbar. Jede Antwort wäre wieder eine Verdinglichung "Dieses bin ich".

    Ich weiß ja nicht, ob das jemandem aufgefallen ist, aber da gibt es eine Kleinigkeit in der satipatthana-Übung, die einen wesentlichen Unterschied macht. Satipatthana ist eine Übung der Betrachtung und NICHT der Beobachtung.


    Beobachtung ist mit Absicht und hat auch ein Objekt und Subjekt, wobei es zwischen beiden darum dann geht die Distanz zu vergrößern. Das ist die Absicht hier, wenn von Nicht-Identifikation als Folge der Übung die Rede ist.


    Betrachtung - nupassana - ist eine Kontemplation, die die Unterscheidung von Subjekt und Objekt zum Verschwinden bringt. Diese Praxis wird auch in den vier bzw. acht jhanas geübt.

    "Wenn ihr mögt, schreibt doch mal, wie ihr mit Dukkha umgeht", steht im Eröffnungsbeitrag und das habe ich also geschrieben, als beobachten bezeichnet und auf den Bezug zu Satipatthana hingewiesen. Das ist alles. Es ist nichts falsches daran wie mir auch von einem erfahrenen Lehrer bestätigt wurde.

    Das Beobachten ist letztlich das Einzige das mir wirklich hilft wenn sonst nichts mehr hilft, überhaupt der einzig mögliche Weg in die Freiheit. Das Beobachten mit der Erkenntnis dass ich nicht das bin, was ich beobachte. Eigentlich bin ich auch nicht der Beobachter, das ist auch nur eine Identifikation. Aber das Beobachten (Sati) könnte all diese Illusionen auflösen, wenn man es ununterbrochen machen würde.

    Ja, dass das achtsame Beobachten eine gewisse Distanz zum Körper und Geist schafft und die Identifikation mit Angst und Schmerz verhindert, konnte ich auch schon erleben, aber es gelingt mir nicht immer...

    Mir auch nicht, vor allem nicht vollständig, aber eine bessere Methode kenne ich nicht. Dieses Beobachten ist eigentlich das Wesen von Satipatthana, das der Buddha als den einzigen Weg bezeichnet hat:


    Zitat

    Wenn, ihr Mönche, der Mönch ein mit den Sinnen verbundenes unangenehmes Gefühl empfindet, weiß er: 'Ein mit den Sinnen verbundenes unangenehmes Gefühl empfinde ich.' Wenn, ihr Mönche, der Mönch ein nicht mit den Sinnen verbundenes unangenehmes Gefühl empfindet, weiß er: 'Ein nicht mit den Sinnen verbundenes unangenehmes Gefühl empfinde ich.'

    .....

    Er weilt bei den Gefühlen das gesetzmäßige Entstehen betrachtend, das gesetzmäßige Vergehen betrachtend, das gesetzmäßige Entstehen und Vergehen betrachtend. Oder wiederum 'Ein Gefühl ist da', so ist seine Achtsamkeit gegenwärtig, aber nur in dem Maße, wie es der Erkenntnis dient, wie es der Achtsamkeit dient. Unabhängig lebt er, hängt an nichts in der Welt.

    D.22


    Wenn da z.B. ein starkes körperliches Schmerzgefühl ist hängt man sich geistig daran und so entsteht zusätzlich ein geistiges Wehgefühl, z.B. Angst, Panik, Verdrossenheit, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Jammern, Zorn usw. Durch das Beobachten zeigt sich wie sinnlos es ist geistig so zu reagieren, das Leid wird dadurch noch viel größer. So richtet sich das Beobachten nur mehr auf den körperlichen Schmerz. Den nimmt man an ohne sich zu wehren, lässt ihn zu: 'Ein körperliches Gefühl ist da". Man weiß dass man nicht das Gefühl ist, es ist ja ein Objekt das man wahrnimmt. So entsteht eine Distanz durch Nicht-Identifikation und der Schmerz wird zumindest erträglich und man kann einfach warten bis er vorbei ist. Wie lange er auch dauern mag, er wird mit Sicherheit vorübergehen. Geduld ist nichts anderes als warten können.


    Zitat

    Ebenso nun auch, ihr Mönche, wenn der unbelehrte gewöhnliche Mensch, von einem Wehgefühl getroffen, traurig, beklommen ist, jammert, sich stöhnend an die Brust schlägt, in Verwirrung gerät, dann empfindet er zwei Gefühle, ein körperliches und ein gemüthaftes. Ist er von einem Wehgefühl getroffen worden, so leistet er Widerstand. Dann wird in ihm, der dem Wehgefühl Widerstand leistet, der Hang zum Widerstand gegen das Wehgefühl angelegt.

    ....

    Wird aber der erfahrene edle Jünger, ihr Mönche, von einem Wehgefühl getroffen, dann ist er nicht traurig, beklommen, jammert nicht, schlägt sich nicht stöhnend an die Brust, gerät nicht in Verwirrung. So empfindet er nur ein Gefühl, ein körperliches, kein gemütmäßiges.

    S.36.6


    Das Widerstehen steigert Dukkha enorm, "der Hang zum Widerstand".

    Das ist auch so wenn es sich nur um ein geistiges Wehgefühl handelt, wenn man z.B. unter einem Verlust leidet. Man will es nicht akzeptieren, es soll so sein wie man es gerne hätte. Beobachten bedeutet es so zu sehen und anzunehmen wie es ist, dadurch entsteht Gleichmut und Befreiung.


    Ich weiß nicht ob das verständlich erklärt ist und will auch nicht belehren als wüsste ich es besser.


    Man könnte seinen Fokus auch auf andere Wesen richten, wenn man sich z.B. in einer gesundheitlichen Krise befindet - das empfahl einst der Dalai Lama aufgrund seiner Erfahrung mit einer Erkrankung: Indem er einem anderen Kranken Aufmerksamkeit und Mitgefühl schenkte, trat sein eigenes Leid in den Hintergrund, wurde "unwichtig" ...

    Ich bin mir aber nicht sicher, ob das eine Art "Flucht" oder Ablenkung darstellen könnte, wobei Mitgefühl sich ja als heilsam für alle Beteiligten erweist.

    Das ist meines Erachtens keine Flucht sondern eine Reduzierung des Egoismus, der Fixierung auf das eigene Ich, dem ja gewöhnlich ein höherer Wert beigemessen wird als den anderen Ichs. So ist Mitgefühl heilsam für alle Beteiligten.

    Wenn ihr mögt, schreibt doch mal, wie ihr mit Dukkha umgeht.

    Mit Geduld ertragen, das Beste draus machen, trotzdem noch kleine Freuden finden, zum Arzt gehen. Über diesen ganz natürlichen Reaktionen steht die Besinnung auf die Lehre - Körper/Geist bin ich nicht und gehören mir nicht. Darin sehe ich keine Flucht in eine Phantasievorstellung sondern die Wahrheit. So ist es und das gilt es zu erkennen und zu verwirklichen, dann ist auch alles Dukkha zu Ende.

    Es kann nur so sein, denn Körper und Geist kann ich wahrnehmen und was ich wahrnehme bin ich nicht. Ich sehe einen Baum und bin nicht der Baum, höre einen Ton und bin nicht der Ton, ich bin nicht der Geruch, der Geschmack und das Fühlen. Ich nehme Gedanken wahr also bin ich nicht die Gedanken.


    Das Beobachten ist letztlich das Einzige das mir wirklich hilft wenn sonst nichts mehr hilft, überhaupt der einzig mögliche Weg in die Freiheit. Das Beobachten mit der Erkenntnis dass ich nicht das bin, was ich beobachte. Eigentlich bin ich auch nicht der Beobachter, das ist auch nur eine Identifikation. Aber das Beobachten (Sati) könnte all diese Illusionen auflösen, wenn man es ununterbrochen machen würde. So weit bin ich noch lange nicht und das ist das Positive an Dukkha, da wird man förmlich dazu gezwungen und so geht da ein wenig was weiter mit dem tatsächlichen Durchschauen der Wirklichkeit.

    Weiß ich nicht , mukti, ich bin kein Mönch, um es zu bewerten. Mir erscheint aber es eher so, dass der normale Mensch, der in der Familie lebt, sollte die Kinder erziehen, zuerst aber die zu erzeugen. Dann er sollte sich um die Zukunft kümmern, um für die eigene Kinder die gute Ausbildung zu leisten. Er sollte schuften, abrackern, es geht in der modernen Gesellschaft nicht anders. Mein Sohn weiß das am den eigenen Leib, was das Überleben hier bedeutet. Aber der Prinz hatte die eigene Familie verlassen, den eigenen Palast und den Reich , ( nach der Legende, ich war nicht dabei-OT). Also, er hatte sich sehr verantwortungslos verhalten, wenn ich die heutige Maßstäbe benutze. Ist das die goldene Mitte?

    Dieser Prinz hatte die goldene Mitte ja noch nicht gefunden, als er den Palast verließ. Trotzdem finde ich das nicht verantwortungslos, weil für die Familie auch ohne ihn wohl bestens gesorgt war. Nachdem er den Weg gefunden hat, hat er ihn nicht für sich behalten sondern unzähligen Menschen damit geholfen, bis heute. Das würde ich auch nicht verantwortungslos nennen. Seine Frau und seine Verwandten haben schließlich verstanden warum er sie verlassen hat und es gutgeheißen, einige sind seine Schüler geworden. Hätte mich mein Vater verlassen und die höchste Wahrheit gefunden, wäre ich ihm bestimmt äußerst dankbar gewesen.


    Im MN 26 steht: „'Ich habe alles transzendiert ..“. Man braucht den ganzen Trubel, diese leere ( innerlich) Show niemals mehr. Das ist so wie der innere Frieden, diese immense Stille , die kaum vorstellbar ist. Und nur durch sehr tiefes samadhi und den klaren Blick, also panna möglich wäre. Dazu man sollte tief verwurzelt in Sila sein, ansonsten es geht nicht. Also , lange Rede, kurzer Sinn, dass ist für den gewöhnlichen Menschen ist enorm schwer, so nur meine bescheidene Meinung. LG.

    Ich denke dass jeder der die Lehre praktiziert eine Erleichterung von Dukkha erfährt. Und möglicherweise überschätzt man sich wenn man es in einem Leben vollkommen schaffen will.