Hallo Onda,
Quote from Onda
du hast eingewendet, dass in M20 und M36 ein unterschiedlicher Kontext vorliegt und dass deshalb eine Methode, die in M36 verworfen wird in M20 angemessen sein kann.
Thema von M20 ist "Die Stillung störender Gedanken", in M36 geht es um eine Debatte zwischen Buddha und Saccaka, in der der Buddha darlegt, welche Praktiken (Askeseformen, formlose Vertiefungen) nicht zur endgültigen Befreiung führen.
Ich denke, es ist hier wichtig, nicht den überordneten Kontext aus den Augen zu verlieren, die Befreiuung von dukkha. Sie geschieht durch konsequente Schulung des Geistes (Sammlung, Konzentration, Achtsamkeit, Beruhigung des Geistes). Bei der Begutachtung der Tauglichkeit einer buddhistischen Methode ist immer diese höchste Zielsetzung des Buddha-Dharma zu berücksichtigen.
Im Hinblick auf diese höchste Zielsetzung und auch im Hinblick auf die fortschreitende Geistesschulung halte ich die in M20 genannte Methode aufgrund ihrer Gewalttätigkeit für nicht geeignet.
Methoden 1-4 sind völlig ausreichend. Sollten sie nicht zum Erfolg führen, dann muss weiter geübt werden. Den Rückgriff auf Methode 5 sehe ich als Scheitern. Unheilsame Gedanken verschwinden nicht durch gewaltsames Verdrängen.
"Während er mit aufeinandergepreßten Zähnen und an den Gaumen gehefteter Zunge durch den Willen das Gemüt niederzwingt, niederdrückt, niederquält..."
Methoden 1-4 sind ausreichend (Siehe auch satipatthana sutra). Wegschieben hilft nichts. Nur genaues Anschauen ist zielführend. Dann können sich diese geistigen Formationen nämlich einfach auflösen. Der Weg heißt: "Das schaue ich mir genau an" nicht "Das schiebe ich ganz weit weg".
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Das gesamte Buddha-Dharma steht wohl in Zusammenhang mit der Befreiung von dukkha, und wenn bestimmte Lehrreden aus diesem Kontext zu fallen scheinen, ist es auch meiner Meinung nach durchaus angebracht, ihre Echtheit vorest anzuzweifeln:
"Glaubt nichts aufgrund von Überlieferungen, nur weil sie für lange Zeit in vielen Ländern Gültigkeit besessen haben, weil es viele dauernd wiederholen, weil es ein anderer gesagt hat, weil es auf der Autorität eines Weisen beruht oder weil es in einer heiligen Schrift geschrieben steht, weil es wahrscheinlich ist, weil es von Einbildungen und Visionen stammt, oder weil die Autorität eines Lehrers oder Priesters dahinter steht. Glaubt an das, was ihr durch lange eigene Prüfung als richtig erkannt habt, was sich mit eurem Wohlergehen und dem anderer vereinbaren lässt."
Nach näherer Untersuchung scheinen mir diese beiden Textstellen aber nicht widersprüchlich zu sein, aus folgendem Grund:
Die in M20 genannte Methode führt nicht zu gewalttätiger Unterdrückung, sondern, wie dort steht: "Mit solcher Überwindung dieser Gedanken wird sein Geist innerlich gefestigt, beruhigt, zur Einheit gebracht und konzentriert."
Die Methode in M36 wurde vom Buddha verworfen, weil: "mein Körper war überreizt und unruhig, weil ich von dem schmerzhaften Bemühen erschöpft war."
Es sind also zwei verschiedene Methoden, sie unterscheiden sich durch ihre Intensität und durch die näheren Umstände, in denen sie angewendet werden.
In M36 versuchte der werdende Buddha das höchste Ziel ausschließlich durch die gewaltsame Methode des Niederringens zu erreichen.
In M20 wird die Methode des Niederringens bedeutend weniger stark angewendet, eben nicht bis zur Erschöpfung und Überreizung, sondern nur um hartnäckige unheilvolle Gedanken für den Augenblick zurückzudrängen, um den Weg für die Achtsamkeit frei zu machen. Die Methode in M20 dürfte in den Anfangsstadien "von Zeit zu Zeit" angebracht sein, und dann nur in bestimmten Fällen, wenn nämlich die ersten vier Methoden nicht funktioniert haben.
Es müsste demnach bedeuten, dass, wenn es in den Anfangsstadien in einigen Fällen gar nicht anders möglich ist, ein zeitweiliges Unterdrücken unheilsamer Gedanken den Weg für die Achtsamkeit freimachen kann, die dann bei weiterem voranschreiten diese Notmaßnahme überflüssig macht.
Mir scheint das Problem vor allem dadurch zu entstehen, dass in beiden Textstellen dieselben Worte gebraucht werden, wodurch der Eindruck entsteht, es handle sich um ein und dieselbe Methode. In der Anmerkung zu M20/7 schreibt der Übersetzer:
"Bei dieser letzten Notmaßnahme kommen "Brechstangenmethoden", gekoppelt mit erhöhtem Energieaufwand, zum Einsatz. Die Brechstange kann zum Beispiel konsequentes geistiges Etikettieren mit aufgedrehtem innerem Lautstärkeregler sein, oder die Anwendung von mantra-ähnlichen parikamma- oder Meditationsworten."
Angenommen jemandem wird durch starke unheilvolle Gedanken die Achtsamkeit unmöglich gemacht, er wird einfach völlig davon beansprucht, ist in diese Gedanken hineingezogen, weil er noch nicht erkannt hat wie Achtsamkeit funktioniert. Dann wird er bald die Hoffnung aufgeben und das Dharma wieder fallen lassen. Wenn er aber trotzdem ernsthaft an sich arbeitet und sich gelegentlich ein wenig Zwang antut, dann hat er eine Chance auf Erfolg.
Jedenfalls versuche ich so den Sinn hinter den Worten zu sehen, das was damit in einem näheren Zusammenhang gemeint ist. Wenn ich mich exakt nach dem Wortlaut richte, entgeht mir vielleicht der Geist der Sache, und es erscheint manchmal etwas unlogisch.
Schöner Gruß,
mukti