Beiträge von Simo

    accinca:

    Dukkha ohne Leiden ist völliger
    Unsinn.


    Natürlich, und bis jetzt hat auch noch niemand etwas anderes behauptet.
    Vielleicht implizierst Du in Deiner Verwendung des Wortes "Leiden" schon mehrere Bedeutungsebenen, wie sie auch im Wort "dukkha" enthalten sind. Das ist aber nicht bei jedem der Fall und schon gar nicht bei jenen, die sich anfänglich mit der Lehre beschäftigen, denn das deutsche Wort "Leiden", so wie es im normalen Sprachgebrauch verwendet wird als "tiefer seelischer Schmerz als Folge erfahrenen Unglücks" bzw. auch als "starker körperlicher Schmerz", deckt nicht alle Implikationen von Dukkha ab, denn dukkha ist dukkha-dukkhata, vipariṇāma-dukkhata und saṅkhāra-dukkhata, "Leiden" im deutschen Sprachgebrauch impliziert meistens nur dukkha-dukkhata. Pass bitte auf, dass du nicht denkst, der Buddha hätte nur darüber gesprochen.
    Es geht also nicht darum, dass "Leiden" zu viel impliziert, um als Übersetzung für "dukkha" zu gelten, sondern dass es in der Tat zu wenig impliziert. Der Buddha sagt. "Kurz: die fünf Gruppen des Anhanges sind dukkha."
    Niemand sagt hier, der Buddha habe etwas anderes gelehrt als Dukkha, Samudaya, Nirodha und Magga. Du unterstellst in deinem Dünkel einfach jedem von Haus aus ein falsches Verständnis.



    Liebe Grüße.

    accinca:
    Simo:


    Das macht nicht so viel Arbeit


    Mit dir hat ja keiner gerechnet. Wenn es dir nicht zufiel Arbeit ist.
    Ich hoffe du hast auch die vielleicht unterschiedlichen
    Pali-Ausgaben die den jeweiligen Übersetzern vorlagen mit überprüft.


    Ja. In der PTS Ausgabe sind die unterschiedlichen Lesarten auch verzeichnet. Ich glaube für diese Stelle gibt es keine.



    Liebe Grüße.

    accinca:

    Richtig, es würde sicher viel Arbeit machen das genau zu ergründen,


    Das macht nicht so viel Arbeit:


    [...] neva tasmiṃ samaye attabyābādhāyapi ceteti, na parabyābādhāyapi ceteti, na ubhayabyābādhāyapi ceteti; abyābajjhaṃyeva tasmiṃ samaye vedanaṃ vedeti. abyābajjhaparamāhaṃ, bhikkhave, vedanānaṃ assādaṃ vadāmi.


    [...] Zu dieser Zeit (tasmiṃ samaye) hat er nicht Böses/Hinderliches für sich selbst im Sinn (neva [...] attabyābādhāyapi ceteti), hat er nicht Böses/Hinderliches für andere im Sinn (na parabyābādhāyapi ceteti), hat er nicht Böses/Hinderliches für Beide im Sinn (na ubhayabyābādhāyapi ceteti); zu dieser Zeit fühlt er nur nicht gebundene/umstrickte (abyābajjhaṃ) Gefühle. Nichtgebundenheit/Unumstricktheit, ihr Möche, ist höchste Befriedigung der Gefühle.


    Die Wörter haben mehrere Konnotationen, ich habe versucht, das durch Schrägstriche etwas kenntlich zu machen.


    Liebe Grüße.

    accinca:
    Elliot:

    Bei so einer Gelegenheit wählt er nicht Leid für sich selbst, noch Leid für andere, noch Leid für beide. Bei jener Gelegenheit empfindet er nur Gefühl, das frei von Leid ist. Die höchste Befriedigung im Fall der Gefühle ist Freiheit von Leid, sage ich."


    Eine sehr problematische "Übersetzung".


    Da gebe ich dir Recht. Wie würdest du es wiedergeben?



    Liebe Grüße.

    Dass Dukkha nicht einfach nur "Leid" (im Sinne des deutschen Wortes) [tiefer seelischer Schmerz als Folge erfahrenen Unglücks] heißt, wird aus mehreren Dingen deutlich:


    Der Buddha beschreibt die erste Wahrheit auch einfach als: "die Vier Gruppen des Anhangens sind dukkha". Es geht hier also nicht darum, dass immer Leiden, Kummer, Gram, Pein, Schmerz erfahren wird, sondern, dass irgendeinen Aspekt der Erfahrung zu ergreifen, dukkha bedeutet.


    Man betrachte auch die Aussage: "Was immer gefühlt wird zählt zu dukkha (taṃ dukkhasmim)" Gefühle wurden vom Buddha klar in leidvolle, angenehme und solche, die weder noch sind eingeteit. Auch hier ist klar, dass Dukkha nicht einfach nur platt "Leid" heißt.(Man denke ebenso an z.B. die höchsten Götterzustände, die sehr glücklich und friedlich sind, und das über astronomische Zeitspannen hinweg: aber auch diese sind nichts anderes als dukkha)


    Weiters finden wir die Einteilung von dukkha in dukkha-dukkhata, vipariṇāma-dukkhata und sankhāra-dukkhata. Hieße dukkha einfach nur "Leid" (im eigentlichen Sinne des deutschen Wortes) dann wäre das erste Kompositum sinnlos und eine bloße Tautologie (Leid-Leid). Es geht hier also eher um das "Dukkha in Verbindung mit Leid(/Schmerz, Gram, Pain Kummer)", das "Dukkha in Verbindung mit Veränderung" und das "Dukkha in Verbindung mit Sankhārā". Hier werden mehre Bedeutungsebenen deutlich.


    Natürlich bezieht dukkha "Leid" mit ein, aber es steckt ein viel größeres Bedeutungsspecktrum dahinter (als so manche zu Simplifikationen geneigten Menschen erkennen möchten) - von sehr groben Manifestationen von "Leid" bis hin zu den feinsten Formen davon: immer wenn taṇhā vorhanden ist, ist auch dukkha anwesend.


    Liebe Grüße

    accinca:
    Simo:

    Na also. Und bis es soweit ist, sollten wir vielleicht beide den Mund weniger weit aufreißen. Schließlich kann sich niemand, der den Pfad noch nicht betreten hat, leisten, zu behaupten, dass er in Bezug auf die Buddha-Lehre Recht hat.


    Doch, kann ich, denn lesen kann ich noch und ich kann
    auch verstehen wenn jemand was anderes sagt.


    Das setzt natürlich voraus, dass du auch verstehst, was du liest und nicht, dass du hineinliest, was du glaubst zu verstehen. ;)



    Liebe Grüße.

    accinca:
    Simo:


    Accinca, wenn du dann irgendwann einmal den Pfad betreten haben wirst,
    dann wirst du ganz klar sehen, was dukkha ist und was es nicht ist.


    Genau das wollte ich dir auch sagen - da nimmst du mir die Worte aus dem Mund.

    accinca:

    Und mit Verlaub gesagt, ein "Astloch" war nicht dabei.

    Zum Glück hast du dich nicht noch mehr verlesen.


    Aber dein Witz hast du immerhin noch nicht verloren.[/quote]



    Na also. Und bis es soweit ist, sollten wir vielleicht beide den Mund weniger weit aufreißen. Schließlich kann sich niemand, der den Pfad noch nicht betreten hat, leisten, zu behaupten, dass er in Bezug auf die Buddha-Lehre Recht hat.



    Liebe Grüße.


    Accinca, wenn du dann irgendwann einmal den Pfad betreten haben wirst, dann wirst du ganz klar sehen, was dukkha ist und was es nicht ist.


    accinca:

    Und mit Verlaub gesagt, ein "Astloch" war nicht dabei.


    Zum Glück hast du dich nicht noch mehr verlesen.



    Liebe Grüße.

    "Leiden" ist in der Tat nur eine der vielen Implikationen von dukkha. Der Buddha sagte Leben ist dukkha.
    Was bedeutet das Wort? Es ist so gut wie unmöglich es mit einem einzigen deutschen Wort wiederzugeben.
    Man kann Dukkha vom Sanskritwort kha ableiten, was unter anderem "Achsloch (eines Rades)" bedeutet. Die Vorsilbe duh (pali: du) steht für Schwierigkeit, Schlechtheit. Der Begriff erzeugt also das Bild eines Rades, welches in Bezug auf seine Achse verrutscht ist, also Reibung und Disharmonie. Man kann es auch zum Ausdruck stha "stehend" "befindlich" in Beziehung setzten. Dukkha kann also auch "Schlechtstehend" oder "Miss-ständig" bedeutet und drück Unbehagen und Unbequemlichkeit aus. Eine gute Wiedergabe ist in meinen Augen "Unzulänglichkeit", aber vielleicht sollte man diesen wichtigen Begriff unübersetzt lassen und als Fremdwort übernehmen.




    Liebe Grüße.

    Buddhaghosa:

    Nur kurz, für mich ist diese Unterteilung überall im Suttanta anzutreffen. Mir fällt es auch schwer nachzuvollziehen, wie man so etwas offensichtliches übersehen kann. Es macht sowohl von der Praxis als auch von der Theorie her Sinn.


    Und verstehst du unter einem "vipassana jhana" denn ein Jhana, welches dazu benutzt wird um Einsicht zu entwickeln, im Gegensatz zum samatha jhana, bei dem dies nicht passiert, oder etwas ganz anderes? Was wird z.b. in der Mahasi Sayadaw Tradition darunter verstanden?


    Liebe Grüße.

    Hallo Florian,


    danke für Deine ausführliche Antwort.


    Buddhaghosa:

    ob es jhanalose Arahants gibt verbleibt auch genau dort: im Bereich der Theorie. Es hat für meine eigene Praxis keine Bedeutung


    Diese Aussage kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Es geht hier schließlich um die Grundstruktur des Weges und die sollte für jeden Praktizierenden Bedeutung haben.


    Buddhaghosa:

    und viele/alle frühbuddhistischen Schulen die Existenz von jhanalosen Arahants annehmen


    das bleibt zu erörtern. Viele sind nämlich auch der Meinung, dass der frühe Buddhismus dies nicht gekannt hat.


    Buddhaghosa:

    Da ich in diesem Leben kein Arahant mehr werde,


    Warum bist du dir da so sicher? Hats du denn schon ernsthaft versucht einer zu werden?


    Buddhaghosa:

    Da ich innerhalb des Theravada der Mahasi-Tradition folge unterscheide ich aber zwischen samatha jhana und vipassana jhana. Für mich ist dies auch nicht die Weltformel mit der ich alles erklären kann, aber ihr Erklärungsansatz erlaubt es mir, mehrere Punkte für mich überzeugender zu interpretieren als andere Ansätze.


    Buddhaghosa:

    Bezogen auf das Sallekha Sutta bedeutet dies nun: wenn der Buddha davon spricht, dass "diese Erreichungszustände .. nicht das [sind], was in der Disziplin des Edlen 'Selbstentsagung' genannt wird; diese werden in der Disziplin des Edlen 'angenehme Verweilungen hier und jetzt' genannt", so spricht er von den samatha jhana. Diese sind nicht notwendig. Wenn er aber die Selbstentsagung bespricht mit samma samadhi des Achtpfades, dann spricht er von vipassana jhana.


    Und wie gehst du damit um, dass diese Unterteilung "samantha jhana" vs. "vipassana jhana" so im Kanon nicht anzutreffen ist?




    Im Sallekha Sutta geht es nicht darum die Jhanas prinzipiell von der Selbstentsagung abzugrenzen, sondern dass ihr Erreichen schon als Selbstentsagung zu bezeichnen, unzureichend ist, da in der Disziplin der Edlen hierzu viel mehr gehört.




    Buddhaghosa:

    Rechte Konzentration, also vipassana jhana, ist direkte Folge von rechter Achtsamkeit, d.h. Satipatthana. Satipatthana-Meditation ist, wie im Kehrvers und im Samadhibhavana Sutta http://palikanon.com/angutt/a04_041-050.html#a_iv41 erläutert bzw. von mir so interpretiert, eine dynamische multiobjekt Meditation. Meditationsobjekte und -techniken, die nicht im Satipatthana Sutta aufgeführt sind, sind häufig statische uniobjekt Meditationen. Beide hat der Buddha gelehrt, führen aber zu unterschiedlichen Konzentrationszuständen und Einsichten. Daher auch die Trennung im Sallekha Sutta und andernorts.


    Und so muss man es natürlich interpretieren, wenn man diese Trennung von vornherein postuliert. Aber von einem Punkt des Verständnisses kann viel abhängen und es kann unter Umständen ein ganzes Kartenhaus zum Einsturz kommen, wenn dieser geändert wird.




    Liebe Grüße.

    Buddhaghosa:

    Was er behauptet ist, dass die Konzentrationstiefe bei beiden gleich ist.


    Hm, ich weiß natürlich nicht woraus er dies ableitet, aber mir klingt es nicht sehr wahrscheinlich. In Ermangelung der arupas kann ich mir allerdings auch keine Aussage erlauben, möchte allerdings darauf hin weisen, dass man keine falsche Ehrfurcht vor solchen Studien etc. zu haben braucht. Auch die besten Wissenschaftler und Scholastiker können zuweilen heftig daneben liegen.




    Liebe Grüße.

    @ Elliot:


    Das ist interessant! Kannst du das noch weiter erschließen? Warum werden die 4 Jhanas als solche bezeichnet und die 4 über die Formen hinausgehenden Befreiungen als "Gebiete" (ayatana) etc.?


    Es wäre zumindest auch eine Erklärung, warum der Punkt "sammasamadhi" als die 4 Jhanas definiert ist und die arupas hier überhaupt nicht auftauchen und der Buddha sagte, dass der Weg über die Jhanas der Weg zur Erleuchtung ist.
    Es scheint, dass die vier formlosen über ein allmähliches Zurückziehen jeglicher Wahrnehmung von Form und Vielheit entstehen und somit von anderer Natur sind als die vier Jhanas.
    Finden sich die vier formlosen Gebiete eigentlich auch irgendwo als "samadhi" definiert?



    Liebe Grüße.

    Hallo Florian,


    Buddhaghosa:

    Allerdings halte ich deine Interpretation der 3 Textstellen für möglich, aber nicht für zwigend.


    Natürlich, ich beanspruche keine Interpretationsauthorität :)


    Buddhaghosa:

    Welches Werkzeug nutzt du, um den Palikanon nach Begriffen zu durchsuchen?


    Der Digital Pali Reader des Ehrw. Yutthadhammo ist dafür ein sehr nützliches Instrument.



    Buddhaghosa:

    ich habe das gesamte Sutta gelesen, beziehe mich aber auch nur auf das Gleichnis. Er sieht das Wasser wohl nicht einmal, sondern weiß nur, es gibt hier Wasser. Aber er kommt nicht damit in Berührung, sondern beobachtet es bestenfalls aus der Ferne. Um bei deinen Karatekämpfern zu bleiben: der eine ist ein Schwarzgurt und der andere ein einfacher Zuschauer, der von außerhalb der Matte zuschaut und weiß: dies ist Karate. Liegt der Unterschied zwischen den beiden wirklich nur im Grad ihrer Meisterschaft? Dies ist natürlich auch nicht ganz stimmig, da nach dem AN der pannavimutta zumindest einmal im ersten, zweiten etc. jhana verweilte. Aber kann er zu dieser Jhana-Erfahrung auch wieder zurück, kann er dieses Gebiet wieder erreichen und leibhaftig verwirklichen?


    Bei Hinzuziehung der drei Beispiele ging es mir nur darum, den Ausdruck kāyena phusitvā besser erfassen zu können. Sie haben alle einen unterschiedlichen Kontext und können nicht gleichwertig auf Jhana-Erfahrungen bezogen werden. Bzw. auf die Unterscheidung zwischen Körperzeuge und Weisheitsbefreitem, aus AN 9.44 wird deutlich, dass auch der Weisheitbefreite Jhana-Erfahrung hat: paṭhamaṃ jhānaṃ upasampajja viharati - er verweilt ins erste Jhana eingetreten seiend. Es findet sich keinerlei Beschreibung einer Häufigkeit (nur einmal im Moment von Nibbana o.ä.). Und ich sehe von Haus aus keinen Grund, warum er diese Zustände nicht wieder erlangen können sollte.
    Ich denke allerdings, dass man ein Jhana welcher Art auch immer, in keiner Weise wirklich "mit Weisheit zu durchdringen" vermag, wenn man es nicht (zumindest einmal) erlebt hat. Diese Zustände entziehen sich einem rein diskursivem Zugang.


    Buddhaghosa:

    Nach dem Theravada ist der pannavimutta übrigens von fünffacher Art: die ersten 4 korrelieren jeweils mit der leibhaftigen Erfahrung einer der ersten 4 jhana und der 5. ist der mit nur einmaliger überweltlicher Jhana-Erfahrung. Hier wird also keine Ausschließlichkeit angenommen im Hinblick ob ein pannavimutta Jhana-Erfahrung hat oder nicht.


    Nach dem Theravada heißt in diesem Fall nach den Kommentaren? Wird dies durch die Suttas gestützt?


    Buddhaghosa:

    Interessant finde ich übrigens, dass der Große Kassapa die pannavimutta-arahants ohne Jhana-Erfahrung nicht zum 1. Konzil zugelassen hat. Die mussten draußen bleiben.


    Findet sich diese Aussage auch in der Beschreibung der ersten Konzils im Vinaya-Pitaka?


    Buddhaghosa:

    Nach Bucknell entspricht die angrenzende Sammlung nach Upatissa und Buddhaghosa dem 7. jhana nach dem Suttanta und das erste volle jhana dem 8. suttanta-jhana. Falls dies dann die Bewertungsgrundlage für die Bestimmung eines sukkhavipassaka war, dann bedeutet dies im Umkehrschluss: ein "kommentarieller sukkhavipassaka" würde also mittels dem 7. suttanta-jhana seinen Weg auf den vipassana-nana "beginnen". Wer würde nach diesem Interpretatiosrahmen noch anzweifeln, dass es sukkhavipassaka gibt.


    Das klingt mir ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Er sagt also angrenzende Sammlung sei das Nichtheits-gebiet?? Widerspricht das nicht der Aussage Buddhagosas , dass die Angrenzende Sammlung dem 1. Jhana vorausgeht? Aber wenn dies so wäre, dann müsste man überhaupt nicht von einem "sukkhavipassaka" sprechen.


    Liebe Grüße.

    Nachtrag:


    Wenn man M70 als Argumentationsgrundlage nimmt so ist ein paññavimutto im Sinne von AN 9.44 (oben habe ich mich im letzten Absatz vertippt, es muss 9.44 statt 9.43 sein!) jemand, der die vier höheren Jhanas überhaupt nicht erlangt hat (in welcher Meisterschaft auch immer) aber da er die unteren Stufen kennt, durchdringt und versteht er auch die übrigen Jhanas vollkommen und mit Weisheit (als anicca, dukkha und anatta).



    Liebe Grüße und schönen Abend.

    Buddhaghosa:

    Also verstehst du, Simo, hier "und wieweit auch immer dieses Gebiet reicht, soweit hat er es leibhaftig verwirklicht" als Meisterschaft der jhana? Dies ist sicherlich eine Möglichkeit diese Stelle zu intepretieren. Kannst du dies noch weiter untermauern? Bisher bin ich mir noch nicht sicher, wie du zu diesem Schluß gekommen bist.



    Hallo Florian,


    ich habe mir verschiedene Suttas angesehen (MN 6.1; 70.1, SN 12.68; 12.70; 48.53; AN 4.87, 4.90; 6.46; 8.72;9.43; 9.45; 10.9. (ich liste Auszüge unten auf) in denen der Ausdruck "kāyena phusitvā viharati" - "er verweilt mit dem Körper erlangt/berührt/durchdrungen habend " vorkommt.


    Als interessant habe ich drei Stellen gefunden, welche diesen Ausdruck in einem anderen Kontext, als dem der 8 Vertiefungen vortragen (in deren Kontext immer nur gesagt wird, dass jemand sie mit dem Körper entweder durchdrungen oder nicht durchdrungen hat) und das sind: SN 12.68, 48.53 und AN 6.46. Hier die betreffenden Stellen:


    SN 12.68:


    Gerade so, Verehrter, wie wenn da am Wege durch eine Wildnis ein Brunnen [212] wäre. Es wäre da aber kein Wasserkrug mit einem Seil. Und es käme da ein Mann herbei, von Hitze gequält, von Hitze erschöpft, ermüdet, lechzend, durstig. Der erblickte den Brunnen, und er wüsste auch es ist Wasser drinnen; aber er vermöchte es doch nicht mit dem Körper zu berühren.


    48.53:


    "Und ferner noch, ihr Mönche, erkennt ein übender Mönch die fünf Fahigkeiten. Zwar ist er darüber, was ihr Ausgang ist, was ihr Höchstes ist, was ihre Früchte sind, was ihr Endziel ist, noch ohne leibhaftige Erfahrung, aber weise durchbohrend sieht er sie. Auch das ist, ihr Mönche, ein Standpunkt, auf Grund dessen ein übender Mönch, der noch auf der Stufe des Übenden steht, erkennen kann: 'Ich bin ein Übender'."


    AN 6.46:


    Darum, ihr Brüder, soll man also bestrebt sein: 'Obzwar wir selber gesetzeseifrig sind, wollen wir dennoch den sich vertiefenden Mönchen unser Lob spenden.' Und warum? Weil man, ihr Brüder, in der Welt gar selten solch außerordentliche Menschen antrifft, die das Todlose Element (amatam dhātum; d.i. Nibbāna) leibhaftig erfahren haben.


    Daraus wird m.E. deutlich, dass damit ein Umstand bezeichnet wird, in dem Jemand eine Sache (Vertiefungen, Wasser in einem Brunnen, die fünf Fähigkeiten, Nibbāna,) zwar in gewisser Weise kennt aber es nicht vollkommen in jeder Hinsicht verwirklicht hat, er ist dessen nicht "leibhaftig" - was in meinen Augen eine gute Wiedergabe für kāyena phusitvā ist. Ein weiterer Anklang ist, dass etwas (nicht) jetzt in diesem Leben, "mit diesem Körper" stattgefunden hat, was eine weitere Bedeutungsschattierung zum vorhergehenden hinzufügt. Eine einfache Analogie wäre z.b. zwischen einem "Braungurt" im Karate und einem "Schwarzgurt" im Karate. Der Braungurt weiß, was der Schwarzgurt kann und was dessen Zustände sind, weil er sie selbst in gewisser Weise kennt, aber er hat sie nicht "leibhaftig" erlangt, wie der Schwarzgurt.


    Ich habe Wen's Studie zum "sukkhavipassaka" nicht gelesen bin mit aber bewusst, dass dies in der Theravada-Tradition so gesehen wird. In meinen Augen ist das allerdings nicht kanonisch und kann nur in den Kanon hineingelesen werden, z.B. in das Susima Sutta. Dass aber auch der paññavimutto nicht gänzlich ohne Jhana Erfahrung ist, wenngleich er auch nicht alle 8 Jhanas "leibhaftig" im oberen Sinne verwirklicht hat, habe ich versucht oben aufzuzeigen. Das heißt aber nicht, dass er sie nicht erlangen könnte, wenn er es wollte, da ihm die Triebe allerdings schon versiegt sind, hat er wohl kein Bedürfnis mehr danach.


    Buddhaghosa:

    ich habe hier ja schon immer die Meinung vertreten, dass man, wenn man offen an die Sache herangeht, im Buddhismus, Theravada, Palikanon, Suttanta etc. mit Widersprüchlichkeiten leben muss


    z.B. der Wiederspruch zw. MN70 und AN 9.43 entsteht nicht, wenn man sich nicht auf Ausschließlichkeiten festlegt.



    Man erlaube mir noch ein paar ganz persönliche Gedanken, für die ich keine ausgefeilte Argumentation habe:


    Der Glaube an einen "sukkhavipassaka" könnte mit dem Aufkommen des Abhidhamma entstanden sein, dessen ausgefeilte Kategorisierungen und Schematisierungen vor allem die intellektuelleren Gemüter angesprochen haben dürfte. Als der Buddhismus erstarkte und sich mehr und mehr auch im diskursiven Austausch mit andern Philosophien Indiens befand erlangte wohl auch der Abhidhamma ein entsprechend großes Prestige und man versuchte, dies auch durch die Suttas zu untermauern, wodurch unweigerlich Wiedersprüche entstanden, da ein "sukkhavipassaka" wohl keine Idee des frühen Buddhismus war. Das sind natürlich nur Spekulationen.



    Lasst mich wissen, was ihr denkt.


    Liebe Grüße.

    @ Elliot:



    Ich weiß nicht ob du meine Gedanken dazu gelesen hast (wozu du natürlich in keiner Weise verpflichtet bist), aber darin habe ich versucht deutlich zu machen, das der Wiederspruch in M70 und A9.43 nicht entsteht, wenn man sich nicht auf Auschließlichkeiten festlegt, wie z.B. das nur der Körperzeuge Zugang zu den arupas hat, bzw. der Weisheitsbefreite das absolut nicht hat. Es geht dann bei der Unterscheidung weniger darum, wer was kann, als vielmehr darum, wer sich für welchen Weg in seiner Praxis entschieden hat.


    Übrigens sind auch dem Körperzeugen die Triebe durch Einsicht geschwunden, wir haben hier genauso die Aussage: paññāya cassa disvā āsavā parikkhīṇā honti "vollkommen verstehend gesehen habend sind ihm die Triebe geschwunden". Der Weisheitserlöste hat noch die zusätzliche Qualifikation: "paññāya ca naṃ pajānāti" - "und eben vollkommen verstehend versteht er (es) völlig"



    Liebe Grüße.

    Noch als Nachtrag:


    Geht man nicht über den Palikanon hinaus, so könnte man es auch so interpretieren:
    Die Zweiheit "cetovimutti paññavimutti" ist eine generelle Beschreibung des arahat und die Unterteilung in "kāyasakkhī", "paññāvimutta", und "ubhatobhāgavimutta" eine speziellere Unterteilung nach dem (Charakter/Praktizierenden)-Typus.


    Wenn sich die arahats des Susima Suttas also als "paññavimutto", als "Weisheitsbefreite" bezeichnen, dann kann man dies so verstehen, dass sie sich damit vom "kāyasakkhī" und "ubhatobhāgavimutta" abgrenzen, was in Anbetracht von Susimas Frage nach den Kräften, die aus der Meisterung des 4. Jhanas erwachsen (und was man eher mit dem "kāyasakkhī" in Verbindung bringen würde), sehr plausibel erscheint. Sie sagen somit einfach, dass sie von dem Schlag sind, der die Weisheit in der persönlichen Praxis an erste Stelle (ge)stellt (hat).


    Geht man nicht über den Kanon hinaus, so deutet nichts auf einen "sukkhāvipassaka" hin, ebenso wenig beim Susima Sutta wie auch bei A9.43-45, oder darauf, dass irgendein Arahat nicht dazu fähig gewesen wäre, in (zumindest das erste) Jhana einzutreten.




    Liebe Grüße.

    Buddhaghosa:

    Der Wissenserlöste durchdringt ebenfalls das 1. jhana mit Weisheit, ist jedoch nicht in der Lage, diese Gebiete auch leibhaftig zu verwirklichen. Dies wird auch so interpretiert, dass dies lokuttara jhana (überweltliche Vertiefungen) sind. Hier wird nur im Augenblick der Nibbanaerfahrung eines der jhana verwirklicht.


    Wer sagt das? Das Sutta spricht ebenso davon, dass auch der Wissenserlöste alle Jhanas haben kann:



    Tatsache ist, dass jeder dieser drei Typen in Jhana eingetreten ist, denn bei allen drei Beschreibungen finden wir die Aussage: "paṭhamaṃ jhānaṃ upasampajja viharati" - in das erste Jhana eingetreten seiend verweilt er. (usw. auch für die anderen Jhanas. Das heißt aber nicht, dass ein jeder paññavimutto alle Jhanas erreicht hat, was offenbar in M70 zum tragen kommt.)
    Aber nur der paññavimutto erkennt dies auch völlig verstehend "paññāya ca naṃ pajānāti". "kāyena phusitvā" bezieht sich offenbar auf den Grad der Stärke und Stabilität des Jhanas, bzw. auf deren vollkommene Meisterung worin der Körperzeuge dem Wissenserlösten voraus ist. Der eine legt schlicht mehr Wert auf samatha und der andere auf pañña.
    Trotzdem: sowohl der paññavimutto als auch der ubhatobhāgavimutto sind paññavimutta (befreit durch Weisheit). Beide haben nach Aussagen des Sutta Jhana erlangt, aber der paññavimutto im Gegensatz zum ubhatobhāgavimutto nicht in der gleichen Meisterschaft. Der Beiderseitserlöste ist sowohl paññavimutto als auch kāyasakkhī, das heißt er hat alle Jhanas vollkommen gemeistert und sie dazu noch mit Weisheit durchdrungen.


    Aber trotzdem: nirgendwo kommt raus, dass der paññavimutto nicht jhana erlangt hat (oder nur im Moment von Nibbana) und auch die unkörperlichen Vertiefungen sind ihm nicht verschlossen.
    Für ihn ist es allerdings nicht so wichtig, die jhanas alle zu meistern und so ist auch das Susima-Sutta verständlich. Die Arahats sagen dort, dass sie paññavimutto sind und es für sie nicht so wichtig war alle jhanas zu meistern, und sie deswegen auch keine übernat. Kräfte haben. Es gibt einfach unterschiedliche Typen von Meditierenden und Menschen.


    Manche gliedern einfach nur gerne alles haarklein auf und machen dabei viel zu große Unterschiede.



    Liebe Grüße.

    Aiko:

    Guckst du hier:
    http://dictionary.buddhistdoor.com/en/word/101865/vimutta


    Das eine ist der Vorgang - vimutti - das andere das Ergebnis vimutta. pannavimutta - befreit durch Einsicht. Pannavimutti ist Erlösung durch Einsicht.



    Ja, das ist mir klar. Aber ich glaube Florian meinte noch etwas anderes, oder?
    Jemand ist pannavimutta, wenn er Pannavimutti erreicht hat. Ich glaube es wird viel zu viel in dieses Sutta hineingelesen, was ich versucht habe oben etwas deutlicher zu machen.


    Liebe Grüße.