Zitat
irgendwie hatte ich mal gedacht, wenn ich in irgend einem Leben mal Buddhaschaft (Nirvana)
erreicht habe, dann verweile ich in diesem Zustand, dann löst sich dualistisches Denken auf.
Das kann ich Dir erst beantworten, wenn ich Buddhaschaft erreicht habe.
Bisher habe ich nur eine Vorstellung davon und das, was ich erlebe.
Ich vermute, dass dualistisches Denken nicht komplett aufgelöst werden kann und soll. Solange ich lebe, brauche ich Konzepte. Auch ein Buddha ergreift eine Tasse, weil er das Konzept "Tasse" akzeptiert. Würde er das nicht, könnte er keine Tasse ergreifen und diese zum Mund führen. Weiter will ich nicht spekulieren.
Wie ich den Buddhadharma bisher verstanden habe: Das Ganze ist pragmatisch ausgerichtet und dient unserem Wohl. Es ist verstehbar und nichts Mysteriöses. Deshalb erscheint es mir folgerichtig, dass ich die Konzepte behalten, also hier das Konzept "Tasse", da es meinem Wohl dient eine Tasse zum Trinken zu verwenden. Aber es ist eben auch sehr praktisch, wenn ich weiß, dass eine "Tasse" ein Konzept ist, so kann ich viel flexibler und kreativer damit umgehen. Und wenn ich in diese Flexibilität eintauche und sie in allen Dingen bis "zu Ende" denke, dann habe ich da ein ungeheuer großes Stück Freiheit für mein Leben. Ich kann meine Handlungen gestalten, die Weise wie ich Dinge sehe und erfahre ist nicht eingeschränkt wie bisher, sondern es haben sich mir Spielräume eröffnet, an die ich vorher nicht dachte. Wenn ich durchschaue, wie sich die Dinge in meinem Kopf bilden und gestalten, und dass ich nicht die Welt erfahre sondern mich spiegle, dann habe ich die Wahl, inwieweit ich mich auf das Gespiegelte einlasse. Ich verwende die Tasse, die heute als eine Tasse erscheint, gestern noch Erde war, morgen Scherben und übermorgen wieder Erde sein wird … die ich heute als Tasse zum Trinken verwenden kann, mit der ich aber noch tausend andere Dinge tun kann (wir nennen das komischerweise "entfremden" – ich finde, wir könnten das auch "befreien" nennen – obwohl das Nicht-Dualistische auch ein "Entfremden" sein könnte).
Ich bin heute fest davon überzeugt, dass wir alle täglich die Buddhaschaft erleben. Nur ist es uns nicht bewusst. (Das ist nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern wird in den Traditionen, in denen ich mich bewege, ständig gesagt.) Wenn wir einmal diesen nicht-dualistischen Moment bewusst erlebt haben und das Aha-Erlebnis sich einstellt, dann fassen wir uns an den Kopf, weil wir es kennen. Es ist nichts Besonderes. Und trotzdem …
Liebe Grüße
Doris-Knochensack