Beiträge von Jojo im Thema „Unterschied Zazen und Vipassana“

    Sida0211:

    Heute habe ich meiner 20 min Sitzung gemerkt das mein Körper immer wieder sich bemerkbar macht. Das dann gegen Ende hin. Der Geist ist bei mir auf alle Fälle trotz nach ca. 1 Meditation total untrainiert. Bis darauf hin das ich die Geistige Aktivität bemerke.
    Grüsse


    Klingt gut. Einfach weiter so sitzen. Mit der Zeit lernt man den Körper "lesen", man lernt ihn wirklich wahrnehmen. Das ist, als säße man anfangs in völliger Dunkelheit. Anfangs "sieht" man gar nichts. Man fragt sich ziemlich lange, warum man überhaupt sitzt. Es ist dann wichtig, einfach weiterzusitzen. Man braucht die Zweifel nicht persönlich nehmen.


    Während man nämlich in dieser "Dunkelheit" sitzt, gewöhnt sich das innere Auge (das innere Körperempfinden) mit der Zeit - oft unbemerkt - daran. Langsam schärft sich das Empfinden und man beginnt, zu unterscheiden: wo endet ein äußeres Objekt (z.B. ein Geräusch), wo beginnt und wo endet die Wahrnehmung des Geräuschs, wo beginnt die innere Reaktion (Gedankenbildung, Gefühlsaufwallungen) auf die Wahrnehmung? Was ist der Unterschied zwischen Gedanke und Gefühl? Wie entsteht aus einem inneren Reiz (Gedanke) eine weiterer Gedanke?


    All das sind keine Fragen, die man sich aktiv stellt und ein für allemal beantworten könnte. Es sind wenn man so will Objekte der Meditation. Vielleicht enstehen bei Dir aber auch andere Fragen. Jeder hat seine eigenen Fragen, die beim Sitzen automatisch hochkommen, spätestens, wenn man sich langweilt. Finde deine eigenen Fragen, mit der Zeit. Du musst die Fragen auch nicht suchen. Man kann sich auf den Geist verlassen. Der rennt rum wie ein kleines Nagetier und schnüffelt und nagt an allem, was da ist: Geräusche, Licht und Schatten, Gedanken, Gefühle, Empfindungen, sogar die Bewusstheit selbst.


    Um sich so kennenzulernen, braucht es viel Geduld. Deshalb gibt es im Soto-Zen einen interessanten Begriff, der heißt "mushotoku" - handeln ohne Profit. Man sitzt einfach regelmäßig, ohne ein bestimmtes Ziel im Blick zu haben (z.B. den Geist zu trainieren). Damit befreit man sich selbst vom Erfolgsdruck.

    Sida0211:

    Für die nächste Zeit werde ich auf alle Fälle mich gezielt aber entspannt hinsetzen. Diese Methode ist so denke ich supe, weil es viele Faktoren mit einschließt. Da es Methoden gibt ist alles ein bisschen verwirrend. Grüße.


    Hallo sida, das klingt gut. Einfach sitzen. Das finde ich so gut an Zazen. Im Zweifel nichts tun. Nur sitzen.

    Ja, manchmal sitzt man einfach falsch. Dann setzt man sich um oder korrigiert den Fehler in der Haltung. Und manchmal hilft nur Durchsitzen. Zu entscheiden, was dran ist, dazu braucht es Übung. Und hin und wieder Abenteuerlust und Mut zum Risiko.

    Sida0211:

    Guten Morgen. Vielen lieben dank erst einmal für die Infos. Eine Frage habe ich dennoch. Wenn ich während des Sitzens bemerkt bzw nicht bemerkt habe das sich meine Spannung verändert bzw. Nicht mehr richtig ist darf ich sie dann verändern? Weiterhin habe ich extrem viel Speichel im Mund darf ich den schlucken? Ich Habe das alles so verstanden das ich als eine Art Wächter mir meinen Körper anschauen soll ist das richtig?LG


    Hinweis, das sind keine Infos, sondern nur Anregungen zum Experimentieren.
    Letztlich musst Du deine eigene Art der Praxis finden.
    Im Zazen kommt man völlig zur Ruhe, man gibt alle Aktivität auf.


    Das ist aber nicht so einfach.
    Anfangs habe ich ähnlich wie du mich ständig gefragt: wie geht´s richtig, wie ist es falsch? Mache ich es falsch?


    Das folgende ist nur meine Meinung. Wie du hier im Thread gesehen hast, gibt´s auch andere Meinungen. Und beide Meinungen haben was für sich.


    Ich persönlich finde es nicht hilfreich, Kataloge aufzustellen von Falsch und Richtig.
    Ich finde, man darf beim Sitzen zunächst mal alles, was man will. Wenn es pressiert und du merkst, das geht jetzt gar nicht mehr, ruckelst du dich eben wieder zurecht, so wie du es für gut hältst. Und schluckst eben, so oft es dir nötig erscheint. Wenn du dir erlaubst, zu schlucken, wann immer das nötig ist, hört die übermäßige Speichelproduktion und das Schlucken irgendwann von selbst auf. Oder du experimentierst damit mal und schluckst eben eine Zeitlang nicht. Und du merkst irgendwann, was eben noch ein kaum zu ertragender Impuls war, geht vorbei. Ist plötzlich nicht mehr da.


    Es ist aber mit fortschreitender Praxis sehr interessant und lehrreich, mit zunehmender Bewegungslosigkeit zu experimentieren. Immer stiller zu werden. Immer länger still zu sein.


    Ich vergleiche das gern mit einem Aquarium. Wenn das Aquarium still steht, kann man die Fische darin sehr gut sehen. Wenn das Aquarium ständig herumgeschaukelt würde, könnte man die Fische darin nicht mehr sehen.


    Je stiller man wird, desto besser sieht man, was drinnen los ist: GEdanken, Impulse, Gefühle, der Wunsch, sich unbedingt zu bewegen... Man sieht förmlich, wie die Gedanken an die Hirnschale knallen, die Gefühlsimpulse an die Haut, so wie Fische an eine Scheibe. Es entwickelt sich der dringende Wunsch, rauszukommen aus dieser Situation, rauszukommen aus dem, was ist, rauszukommen aus dem Hier und Jetzt, so wie es ist. Und wäre das nicht ganz einfach mit einer kleinen Bewegung zu machen? Nur ein ganz klein bisschen ruckeln, dann wäre alles gut...


    Das ist die unmittelbare Begegnung mit dem, was wir "Gier und Hass" nennen, oder vielleicht neutraler: "Verlangen und Abneigung". Dem nicht auszuweichen, zu sehen und ZU SPÜREN, wie es sich rund um Wahrnehmungsereignisse kondensiert und dann wieder verflüchtigt, ist für mich der Kern der Sitzpraxis.


    Und dazu gibt es eben unterschiedliche Methoden. Die einen sitzen von Anfang an in völliger Bewegungslosigkeit. Die anderen kommen Schritt für Schritt zu immer größerer körperlicher Ruhe.


    Ich selbst bevorzuge das Zweite, weil ich persönlich im Ersten die Gefahr sehe, starr zu werden. Die Haltung mit Gewalt einzunehmen und zu halten. Wenn es von einem guten Lehrer angeleitet wird, kann das extremst effektiv sein, aber es birgt auch Gefahren, vor allem, wenn man ohne regelmäßigen Kontakt zu einem guten Lehrer praktiziert.


    Probier aus, was für Dich besser funktioniert.


    Gut ist, mit anderen zu sitzen. Dann ist man automatisch aufmerksamer. Wir haben die Regel, wenn man sich bewegen will, macht man vorher "Gassho", d.h. man verbeugt sich mit zusammengelegten Händen. Nach der Bewegung macht man wieder Gassho. Das erzeugt eine gewisse Bremse. Man will die anderen ja nicht dauernd stören. Es gibt kein völliges Verbot von Bewegung, aber man reagiert auch nicht auf jeden kleinen inneren Impuls und wird so langsam immer ruhiger.

    Sida0211:

    Doch was mach ich mit meinen Geist?


    Nix. Nichts MACHEN. Lass ihn hopsen. Wildes Pferd ist gut. So ein Geist im Sitzen ist anfangs wie ein Fohlen, das frisch aus dem Stall auf die Wiese kommt. Lass es hopsen. Irgendwann hört es auf.


    Zitat

    Wo soll ich den Focus setzen?


    Auf den Körper. Wo auf den Körper ist egal. Der Geist sucht sich schon seine Punkte am Körper, die er gerade interessant findet. Das ist ein gutes Fressen für ihn. Wenn du merkst, dass du anfängst so richtig zu denken, oder wenn du merkst, dass du mitten in einem Film bist, dann guck, was der Körper so macht. Also weg vom Denken undd hin zum Empfinden. Das ist übrigens auch ein ganz gutes Betrachtungs-Objekt: Wo ist die Grenze zwischen Denken und Empfinden? Also nicht theoretisch, sondern ganz praktisch im Ablauf des Geschehens.


    Zitat

    Soll ich mich entspannen dabei.


    Entspannen ist immer gut.


    Zitat

    Augen zu oder auf. Ist anfangs vielleicht besser die Augen zu schließen?danke


    Augen halb geschlossen, so dass der blick ca. im 45 Grad Winkel vor dir auf den Boden sinkt. Nichts fokussieren, sondern einfach nur den Blick in dieser Gegend ruhen lassen.

    Sida0211:

    Naja ein Trauma glaube ich nicht. Den meisten geht es so. Wer in der heutigen Zeit achtet auf seinen Körper und seine Signale? Die wenigsten. Sonst gäbe es weniger Burnout oder? Somit bis zur Praxis der Achtsamkeit denke ich ist das normal.


    Ich denke auch, sowas ist ganz normal.