Beiträge von void im Thema „Hautprobleme schon fast das ganze Leben die mich belasten“

    logi70:


    ich hab mir mal die Rezensionen von dem Buch durchgelesen, der Satz " Doch egal, wie sich ein Individuum „entscheidet", immer wird es auf den Widerspruch in seiner Selbsterfahrung stoßen, dass es einerseits (angeblich) so ist, wie jeder andere Mensch auch und andererseits gleichzeitig nicht!"


    Genau,da liegt auch der Knackpunkt bei mir. Ich glaube ich bestell mir das Buch mal. Danke!


    Es ist so der Klassiker, das den Begriff der "Stigmatiserung" erst geprägt hat. Von daher ist es einerseits recht gut, weil es die Idee plastisch darstellt. Auf der anderen Seite ist es halt von 1974 und das merkt man auch ein wenig. Und es ist natürlich auch nicht direkt ein Ratgeber. Aber es ist sowas grundlegndes, wo dann ganz viel Werke zu speziellen Arten der Stigmatisierung drauf aufgebaut haben.

    Baika:
    void:

    Es ist ein wenig schwierig, weil die Erforschung mitrochondrialer Stoffwechselvorgänge natürlich ein interessantes und zukunftweisendes Feld ist. Andererseits wurde es dadruch zu einem Schlagwort und es fanden sich schnell Ärzte die alle möglichen Krankheiten auf mirochondriale Zusammenhänge zurückführten und andererseits auch allen möglichen Nahrungsergänzungsmitteln eine Wirkung auf mitrochondriale System zuschreiben.

    Glaubst Du es macht für die Forschung einen Unterschied, ob untersucht werden soll, was Medikament XY oder z.B. Vitamin C für Wirkungen erzielen kann?
    Für beides gibt es mehr oder weniger gut durchgeführte Studien.


    Ich sprach von der Zuschreibung. Bei dem von dir zitierte Artikel ist es ja so, dass die Verfasser schreiben, dass es bei Hautkrebs etwas hilft, hochkonzentriertes Vitamin C in die Venen zu spritzen. Das ist ja sehr seriös. Und auch dagegen, das der Preis von einem Pharmafirma vergeben wird, die selber Vitaminpräparate vertreibt ist nichts zu sagen. Unseriös würde es dann, wenn jemand mit dem Verweis auf die Studie, Nachrungsergänzungmittel mit hochdosierten Vitamin C anbieten würde.


    Ich habe nichts gegen Vitamine und von Mitrochondrien bin ich ein grosser Fan seit Nick Lanes tollem Buch(Power, Sex, Suicide: Mitochondria and the meaning of life) Mich stört nur jede Art von Hype und jede Art von Allheilmittel. Wenn "Mitrochondrien" mit so einem ehrfürchtigen Tofall ausgesprochen werden wie "Midi-Chlorianer" bei Star Wars werde ich skeptisch.


    So die Logik: Depression, Krebs, Rheuma, Impotenz und alles ungeklärt ensteht nur, weil das Immunsystem gestört ist, und das Immunsystem ist gwstört, weil die Mikrodingsdinger nicht gelotet sind, und dieses sicnd nicht gelotet, weil du die grüne Pille nicht gekauft hast. kaufe die grüne Pille und die Mikrodingsdinger sind gelotet, was dann das Immunsystem einrenkt, woraufhin alle Krankheiten und Gebrechen von dir abfallen. Und Brille brauchst du auch nicht mehr weil, du auf einmal wieder sehen kannst wie ein junger Scientologe.


    Während bei wissenschaftlichen Studien im allegmeinen rauskommt, das alles noch viel vertracker ist als man vorher dachte.

    logi70:
    void:


    Aber bei meinem Verwandten war es wohl so, dass der das auch konnte, sein Feuermal nicht als einen Makel zu betrachten sondern als ein Attribut Teil seiner selbst.


    Ja krass, da muss man schon enorm Selbstsicher sein, aber ich übe ja :)


    Ich hab ja immer viel Zeit über solche Dinge nachzudenken wenn ich mal wieder daheim sitze und mich nicht raus traue, dann denke ich : " Jetzt übst du und übst und übst und dann stirbst du und das ganze anstrengende üben war umsonst ....schon lustig wenn man sich das mal so vorstellt :)


    Ich fand das Buch Stigma: Über Techniken der Bewältigung beschädigter Identität von Erving Goffman sehr interessant.Und mit einer Hautaufällichkeit ist man sehr stigmatisiert, weil die Menschen wohl eine ererbte Tendenz dazu haben Hautkrankheiten als etwas extrem zu meidendes anszusehen.


      Die Griechen [...] schufen den Begriff Stigma als Verweis auf körperliche Zeichen, die dazu bestimmt waren, etwas Ungewöhnliches oder Schlechtes über den moralischen Zustand des Zeichenträgers zu offenbaren.Diese Zeichen waren, gebrannt oder in den Körper geschnitten, sofort erkennbar, was eine schnelle und eindeutige Zuordnung als Stigmatisierter ermöglichte, also als eine rituell für unrein erklärte Person, die gemieden werden sollte (Sklave, Verbrecher, Verräter).


    Wobei es ja eben nur eine Sache von Zuschreibung und Gewöhnung ist. Bei dem Verwandte von dem ich sprach, war es bei mir ja auch so, dass mir - nachdem ich ja mit seinem Anblick aufgewachsen war - sein "Makel" überhaupt nicht mehr auffiel. Auch bei meiner Scheiegermutter fällt mir nicht mehr auf, dass sie nur eine Auge hat. Ich bemerke das garnicht mehr und es fällt mir eher auf, was sie für ein Kleid hat. Man merkt es aber dann an den Seiteblicken von Leuten.


    Der Skandal beim Sigmatisieren ist der, dass es ja eigentlich ein sozialer Prozess ist der die Ausgrenzung und den Ekel hevorbingt es dann aber so ersheint, als würde das alles wirklich von dem Hautproblem und seinem Träger ausgehen. Wo es doch in Wirklichkeit nur der Anlass ist.

    logi70:

    Leider hat die Einnahme damals auch nichts verändert.


    Deine Frage war ja dann auch gar nicht so sehr, was du noch gegen deine Ekrnkung unternehmen könnest, sondern wir du mit der sozialen Situation klarkommst:


    logi70:

    Hat vielleicht dennoch jemand Tipps,Übungen,Anleitungen wie ich in sozialen Situationen sicherer werden kann, also dass ich mich eher in diese Situationen traue?


    Ich fand es immer sehr seltsam, dass ein Verwandter von mir ein rieisges Feuermal hatte, das sein halbes Gesicht bedeckte, es ihm aber überhaupt nicht peinlich war. Weil so etwas ja fast das prototypische Stigma ist - ein Schandfleck - ein Makel. Und er lief damit rum, so als wäre nichts. Mich hat in dem Zusammenhang ein Beitrag über Ivan Illich in der taz recht bewegt:


      Auf seinem Gewächs prangen kreuzweise aufgeklebt zwei weiße Pflaster. Die beiden setzen sich gut gelaunt, Illich entschuldigt sich für die Verspätung. Er hat sich beim Rasieren geschnitten, und das Blut war kaum zu stillen.


      Plötzlich wird meine Vorstellungskraft enorm erhellt. Wer wird schon einen Krebs rasieren? Was ich rasiere, das bin ich! Gut Leiden[/i]


    Illich hat sich also seine Entstellung nicht weggedacht - so als gäbe es da den eigentlichen und schönen Ivan, der dann durch Gesichtkrebs verunstaltet wurde. Sondern er konnte zu seiner "Verunstalten Gesicht" "Ich" sagen, ohne sich den Krebs wegdenken zu müssen.


    Das hat mich damals bewegt, gerade weil ich das ja wahrscheinlich nicht könnte. Und so ein Geschwür immer als einen Fremdköper und Feind sehen würde. Ich hätte da die gleichen Probleme wie du.


    Aber bei meinem Verwandten war es wohl so, dass der das auch konnte, sein Feuermal nicht als einen Makel zu betrachten sondern als ein Attribut Teil seiner selbst.

    Baika:

    Wenn ich Dir nun noch mitteile, dass ein Mangel an Vitamin B12 negativen Einfluss auf das kognitive Denken (Stichwort: Depression) hat, dann wird Dir hoffentlich ein wenig klarer werden, wie alles mit allem zusammenhängen kann?!


    Einerseits ist die Erforschung mitrochondrialer Stoffwechselvorgänge natürlich ein interessantes und zukunftweisendes Feld. Andererseits wurde es dadruch zu einem Schlagwort und es fanden sich schnell Ärzte die alle möglichen Krankheiten auf mirochondriale Zusammenhänge zurückführten und andererseits auch allen möglichen Nahrungsergänzungsmitteln eine Wirkung auf mitrochondriale System zuschreiben.


    Da ich bei Mitrochondirien an hochkomplexe Stoffwechselvorgänge in der Zelle denke, dünkt es mich absonderlich, dass die "Orthomolekulare Medizin" keine Arsenal neuer, komplexer biochemischer Massnahmen vorschlägt, sondern der Werkzeugkasten eher mit plumpen Vitaminhämmern ausgestattet ist. So als müsse man nur hochdosierte Vitamie nehmen, und Depression oder sogar Krebs verschwinden einfach. Da erscheint es so, als wäre "Mitrochondrien" einfach das neue "Cyber", "Nano", "Quanten" - eine Vorsilbe mit der man jeder Pulverhändler und Salbenschmierer seine Mittelchen assoziiert um ihnen eine wisenschaftliche Aura zu verleihen.