Ich denke Thich Nhat Han wäre eine interessante Person um eine gute Biographie zu verfassen. Gerade die koloniale Situation in Vietnam zwischen China und Amerika, Moderne und Tradition und die Rolle eines politisierte Buddhismus dazwischen. Und wie es ihm dann - erst mit einem Forschungsstipendium dann im Exil - in den Westen verschlug und er zu einer Symbolfigur fur den Kampf gegen den Vietnamkrieg wurde und dann mitten in den 68iger Taumel geriet - mit Martin Luther King, Hippies und spirituellen Aufbruch.
Ich denke, positiv ausgedrückt hat TNH eine sehr integrative Rolle - er ist ein Brückenbauer, der unterschiedliche Elemente einander angenähert hat. Was man negativ als eine Art Doppeldeutigkeit/
beschreiben kann.
So wie der Begriff der Achtsamkeit (mindfullness) bei ihm gleichzeit an den buddhistischen Sati Begriff anknüpft aber eine Bedeutungserweiterung durchmacht, so dass er utopische emanzipatorischen, ökologischen Bedeutungen mit einschließt. Und gerade im Vergleich mit der Barschen Art des japanischen Zen etwas sanftes, hippiemäsiges einschließt. Aber jede Utopie hat ja - gerade weil es in ihr so eine Distanz zwischen Anspruch und Realität gibt - eine Tendenz zu verdrängen oder sogar zu kippen.
Um die utopischen Orte wie plum Village realisieren zu können, braucht es , Geld und Leute die sich reinhängen und viel an Organisation. Es ist eine Leistung so etwas über Jahrzehnte am Laufen zu halten. Eine charismatische Gründergestalt kann sehr inspirierend wirken und für Reichweite sorgen aber wenn man alles zentral auf eine Person ( und ihr Vertrauten) auszurichtet, dann kann dies selbst wenn es sich um jemand prinzipiell wohlwollendes und offenes handelt zu problematischen Strukturen des Personenkults und der Ankapselung kommen, denen man aktiv entgegenwirken muß.
TNH ist offenbar einer klassischen Versuchung vieler Führungs-persönlichkeiten erlegen, nach welcher diese weit entfernt von jedem Dialog auf Augenhöhe, nur mehr Jasager um sich her dulden. Menschen mit Einwänden, Bedenken oder Kritik, wenden sich ab und die Erneuerung, Bereicherung und Korrektur seiner Person und Bewegung wird immer unmöglicher. Franz-Johannes Litsch, langjähriger Schüler TNHs, ehemaliges Mitglied des Intersein-Ordens und Hauptvertreter des engagierten Buddhismus im deutschsprachigen Raum, sieht in ihm und seinem Orden schon lange „eine immer stärkere Tendenz zu pseudoharmonischem Sektierertum, zu kritikloser Schönfärberei und realitätsferner Selbstüberschätzung.“
Anscheinend hat Bernhard Goebel das hier sogar 2011 in einem Thread "Sektierertum, Schönfärberei und Selbstüberschätzung" thematisiert.