Zitat Ich fand die Idee, das Interview unkommentiert zu veröffentlichen, ausgesprochen amüsant und passend - so schön wie Herr Khyentse hat sich bislang noch niemand in der 'Buddhismus Aktuell' selbst demontiert. Wer da nicht merkt, wes Geistes Kind diese Sorte "Lehrer" ist, dem ist so oder so nicht mehr zu helfen. Auch nicht mit einem Kommentar.
Das Interview hat ja eine Vorgeschichte - zum Kontext, in den ich das einordne, komme ich gleich. Was von Herrn Khyentse zu halten ist, wissen diejenigen, die den 'Fall' Sogyal Lakar verfolgt haben, jedenfalls spätestens seit 2017, siehe hier. Mittlerweile ist Herr Khyentse unter den tibetisch-buddhistischen Lamas, die in Rigpa-Zentren lehren, neben Ringu Tulku der wohl prominenteste. So qualifiziert man sich .
Die Chefredakteurin der 'Buddhismus Aktuell', Frau Susanne Billig, hatte bereits bei einer früheren Gelegenheit Herrn Khyentses öffentlich geäußerte Ansichten kommentiert - worauf sich Frau Doris Wolter, Rigpa-Mitglied und langjährige Koordinatorin des Studienprogramms der DBU, zu einem Kommentar des Kommentars veranlasst sah, der (anders als andere Kommentare) ebenfalls online gestellt wurde. Besonders pikant an dieser Erwiderung Frau Wolters natürlich der Vorwurf an Frau Billig von "Verunglimpfungen der tibetisch-buddhistischen Lehre und Lehrer". Wobei zumindest ich die Quelle solcher Verunglimpfungen dann doch woanders verorte. Und unmittelbar darauf: "Ich würde mir an solcher Stelle eine bessere Prüfung solcher Beiträge durch die DBU wünschen." Nur so als Anmerkung: Frau Wolter sei geraten, sich etwas mit dem Grundsatz journalistischer Unabhängigkeit auseinanderzusetzen; die DBU ist zwar Herausgeber der BA, aber keine Zensurstelle und die Detailkompetenz liegt selbstverständlich bei der Redaktion.
Nun ja, nun hat Herr Khyentse also völlig unbehelligt von Kommentaren und auch ohne Prüfung durch die DBU seine Weisheiten in der BA öffentlich verbreiten dürfen. Und die BA hat damit unmissverständlich offen gelegt, welche Lehren bei Rigpa aus dem Skandal um Herrn Lakar gezogen wurden - nämlich offensichtlich keine.
Nachdem ich den oben stehenden Text auf Facebook veröffntlicht hatte, hat sich auch Frau Billig dort zu Wort gemeldet:
Zitat Gerne möchte ich als Interviewerin und als Chefredakteurin von BUDDHISMUS aktuell dazu Stellung nehmen. Wer das Interview auch nur einigermaßen aufmerksam liest, wird leicht feststellen: Ich ziehe Fragen aufwerfende Stellen aus einem Buch, das lange auf dem Markt ist, ohne dass eine breitere Öffentlichkeit über die gewidmeten Schülerinnen und Schüler hinaus es zur Kenntnis nimmt. Ich mache diese Stellen öffentlich, indem ich beim Autor kritisch nachfrage und ihn bitte, dazu Stellung zu nehmen. Er hätte sich entscheiden können, sich von seinen Aussagen zu distanzieren oder deutlich zu machen, dass es sich um Ironie gehandelt hat. Er hat sich aber dazu entschieden, seine Aussagen zu bekräftigen. Das stelle ich den Leserinnen und Lesern vor. Ja, unkommentiert: Weil wir alle in der Lage sind, selbst zu denken. Also bitte das jetzt nicht in die Schublade legen: "Die DBU bietet ein Forum." Ich bin Koordinatorin der Ethik-AG der DBU und auch als solche selbstverständlich daran interessiert, die öffentliche Wahrnehmung zu schärfen. Kontaktiert den Buchautor, fragt nach, geht in die Debatte dort, wo so gedacht oder vielleicht noch nicht genug nachgedacht wird – das wäre in meinen Augen eine sinnvolle Reaktion. Hinzufügen möchte ich noch, dass das Buch durchaus auch sehr lesenswerte Passagen hat, beispielsweise lange und in dieser Art in der Literatur selten zu findende Reflexionen darüber, wie Menschen ihren Lehrer, ihre Lehrerin prüfen sollten, bevor sie sich ihnen anvertrauen. Es ist also nicht alles nur entweder so oder so, sondern vielschichtig – und darum brauchen wir vielschichtige, komplexe Beschäftigungen und Auseinandersetzungen mit diesen Themen.
Da Frau Billig die Rolle, die Herr Khyentse bei Rigpa spielt, nicht weiter thematisiert hat (auch in der BA wurde nicht darauf hingewiesen), habe ich mich auch speziell dazu geäußert - Bezug nehmend auf den hier schon erwähnten Frank Hendrik Hortz, der von einem "Skandal" gesprochen hatte:
Zitat Es ist auch meine Einschätzung, dass das ein Skandal ist. Aber es ist kein Skandal um die BA, sondern - wieder einmal - um RIGPA. Das ist religiöser Obskurantismus übelster Art und RIGPA bietet ihm in unheiliger Tradition einen institutionellen Rahmen. Da stellt sich die Frage, wie ernst RIGPA selbst das Versprechen der Erneuerung (https://www.rigpa.org/rigpa-erneuert-sich) nimmt, insbesondere die Verpflichtung, eine sichere Umgebung zu schaffen. Wie passen solche Aussagen wie die in dem Interview geäußerten zum 2018 verabschiedeten Verhaltenskodex von RIGPA? Nimmt Herr Khyentse eigentlich "an regelmäßigen Fortbildungen zu ethischem Verhalten" teil, "die Themen wie das Erkennen von Fehlverhalten" beinhalten? Das, so versprach der Verhaltenskodex, sei verpflichtend(!) für "Lehrer*innen, Kursleiter*innen und alle, die Rigpa repräsentieren, auf welcher Ebene auch immer". Und hier: https://www.rigpa.de/ueber-uns/wer-wir-sind/ wird Herr Khyentse an erster Stelle unter "Tibetisch buddhistische Lamas, die in Rigpa-Zentren lehren" aufgeführt. Wenn sich RIGPA auch nur einen Rest Glaubwürdigkeit bewahren will, sollte man sich schleunigst von solch einem "Lehrer" distanzieren. Oder ist das, was Herr Khyentse da verzapft etwa das, was RIGPA unter dem Slogan "Wisdom for Society" versteht? Hingabe: eure Bewährungsfrist ist noch nicht abgelaufen ...
Zusammenfassend: das Interview erfüllt seinen Zweck. Es wirbelt den Staub wieder auf, den Viele wohl schon unter den Teppich gekehrt glaubten. Und das, indem man einfach nur Herrn Khyentse zu Wort kommen ließ und seine Äußerungen durch niemand anderen als seine Verteidigerin Doris Wolter übersetzen ließ - eine besonders gelungene Ironie, wie ich finde.
Haltet Ihr es tatsächlich für sinnvoll, jetzt über die die BA bzw. deren Redaktion herzuziehen? Wo liegt denn wirklich das Problem? Doch wohl eher bei den Leuten, die jemanden wie Herrn Khyentse für einen seriösen buddhistischen Lehrer halten und ihm ein Podium als Guru bieten.