Beiträge von void im Thema „Fragwürdiges Interview mit Dzongsar Jamyang Khyentse in "Buddhismus Aktuell"“

    Wobei Selbstzweifel und Stolz zum gleichen emotionalen Spektrum gehören, beides ist nämlich Ausdruck von einer Ich-Schwäche, die lediglich anders kompensiert wird.

    Selbstzweifel ist oft unangenehm, aber ist es Ich-Schwäche?


    Ich denke im Westen hätte man doch im Sinne der protestantischen Ethik den als starke Persönlichkeit gesehen, der aufopferungsvoll seine Pflicht gegenüber Menschen, Gott und Welt tut. Und gerade dazu würde ja seine ständige Befragung des Gewissens als notwendig gesehen. Eben mit den entsprechenden Selbstzweifeln: Habe ich etwas falsch gemacht? Kann ich mehr machen? Und das alles mit dem Ziel den eigenen Egoismus zu unterdrücken. Später hat sich das dann ja von religiösen Kontext abgelöst und das Pflichtbewusstsein wurde z.B zu dem des Beamten oder Soldaten.


    Das permanente schlechte Gewissen ist also nicht Abbild eines persönlichen Egoismus sondern einer gesellschaftlichen und auch spirituellen Kraft, die diesem entgenwirkt.

    Ich glaube nicht, dass Asiaten nur Harmonie wahren. Sie gehen sicher mit diesen Dingen anders um.

    Aber was ist der Unterschied?


    Wenn ich das mit einer in die Brücke gegannen Beziehung vergelchen würde, - dann wäre das westliche Muster eines wo man wütend aufeinenader ist und auf einen Kipppunkt - eine klärende Krise zustrebt- der dann zu Tennung/eine Aussprache/einen Neuanfang zustrebt.


    Mir kommt es vor, als gäbe es in vielen asiatischen Ländern da ganz andere Muster. Auch im westlichen Zen gab es ja sehr viele Mißbrauchskandale. Aber diese führten ja nie zu einem Kippunkt sondern eher zu einer stillschweigenden Enttäuschung und Entfremdung. Während man in Japan früher "Zen im Westen" sehr optimistisch begrüßte, ist eine Stimmung des enttäuschten Vertrauens eingekehrt, das zwar theoretisch wiedergeonnen werden kann, was aber Aufwand benötigen würde.


    Aber ich kann das schwer einschätzen.

    Ich habe inzwischen das Buch von Dzongsar Kyentse Rinpoche zur Hälfte gelesen. Ich lese darin nirgends, dass er das Verhalten von Lehrern wie zb. Sogyal Lakhar irgendwie verteidigt. Was er tut ist, den Vajrayana-Buddhismus zu erklären und er geht außerdem auf die unterschiedlichen mind-sets der verschiedenen Sprachen und Kulturen ein und wie es zu Missständen kommen kann. Man kann kritisieren, dass er nicht hart genug mit den Missständen umgeht. Aber er verteidigt sie nicht.

    Was er aber tut ist, den Schülern von Sogyal Lakhar eine Möglichkeit zu geben ihren Weg weiter zu gehen. Ich kann das anerkennen und finde das auch wichtig.

    Das Buch nur zu überfliegen reicht denke ich nicht. Man muss es ganz lesen und man sollte Vorkenntnisse über den Vajrayana-Buddhismus haben.

    Ich nehme an, viel liegt auch daran, dass es kulturelle einen so anderen Umgang mit Mißständen gibt.


    In der wetlichen Kultur sehr stark ein Element der "Reinigung" und der Umkehr gibt. Ein Bedürfnis, dern Mißstand aufzuarbeiten und neu anzufangen.


    Während es in vielen asiatischen Kulturen wichtig ist, die Harmonie zu wahren und möglcihst zu schauen, dass niemand sein Gesicht verliert.


    Aus der ersten Perspektive gesehen, kann das sehr schrecklich sein, dass "Reinigung" aubleibt. Man hat Gefühl, keiner habe eine Lehre gezogen und alle würden immer so weiterwurstelt, als wäre nichts geschehen. Aber so ein Eindruck kann ja auch trügen.

    Das mag ja alles sein. Was mir hier fehlt, ist jemand, der mir mal erklärt, was die Vereinigung von Mann und Frau mit dem Weg zur Erleuchtung zu tun hat.

    Ich denke, dass es da nicht um die äußere, phyikalische Sache "Sex" geht, sondern um die Kultiierung besonderer inneren Zustände.

    Mir ist aufgefallen, dass viel Ordnierte eine Anmut und Graziliät in ihren Bewegungen haben, die man im weltlichen Bereich nur bei Verliebten findet die vor lauter Innigekit ganz schweben oder eben bei ganz kleinen Kindern, die auch noch voller Freundlichkeit und Heiterkeit sind.


    Als Baby ist man häufig in einem ganz offenen und entspannten Zustand. Freud würde sagen, dass das Kleinkind noch alles libidobesetzt - seine ganz Welt ist bunt. Während bei Erwachsenen dieser Bereich schrumpft. Wo vorher die ganze Welt bunt ist , tritt jetzt vieles zurück in ein Grau. Sexualität ist vielleicht eine der wenigen Bereiche, wo man noch kurz in einem Zustand der spielerischen Unbeschwertheit eines Kindes genießen kann. ( um den Preis, dass man dieser vom Begehren getrieben nachjagt. Sex ist ja so ein Bestechungversuch der Evolution: Wieviel Glück muss ich über den Theke scheiben, damit sich jemand 15 bis 20 Jahre Kindereziehung samt Windelwechseln, Tobsuchtanfällen und Pubertät antut.)


    Wie gelangt man zu der Heiterkeit, der Offenheit und Unbeschwertheit, wie sie Kindern und Verliebten eigen ist? Eine Herangehensweise ist es, das als etwas Energetisches zu sehen, wo man verstreutes bündelt, Ungleichgewichte balanaciert, Hindernisse beseitigt usw. Ich denke vielen Formen des Yogas, mit dem irritierende Vokabular von "Charkren" und "Energiekanälen" geht es um so eine Ebene an der Schnittselle von Köper und Geist. Im Zen ist man da weniger technisch unterwegs aber auch dort gibt es ja Texte, die sich mit dem Zirkulieren der Lebensenegie Chi im Körper beschäftigen. Brad Warners Lehrer Gudo Nishijima Roshi - hatte sogar die eher ungewöhnliche Idee Zazen damit in Verbindung zu bringen, , die Käfte von Parasympathicus und Sympthicus zu balancieren:


    What we gain in Zazen is the balance of the autonomic nervous system. In Shobogenzo Bendowa we can find the word “Jijuyo Zanmai,” which Master Dogen indicates as criteria of Zazen. And the word separates into two parts, the one is Jiju and the other is Jiyo, therefore Jijuyo is a combination between Jiju and Jiyo. Jiju means to receive ourselves, and Jiyo means to utilize ourselves. Therefore we can interpret that Jiju suggests the fanction of the parasympathetic nervous system, and Jiyo suggests the function of the sympathetic nervous system. And furthermore Zanmai means the balanced state of the autonomic nervous system. Then we can understand that the Jijuyo Zanmai is just the balanced state of the autonomic nervous system, which the modern psychology and physiology teach us today.



    Das ist keine sehr gängige Deutung aber sie macht es ein Stück nachvollziehbar, wie man den Weg zur Befreiung mit Formen der Energiearbeit verbindet. Aber gerade, weil es da um so subtile innere Vorgänge geht, wo es leicht Missverständnise gibt, schützt man das dadruch, dass man dieses nur im Zuge eine Einweihung weitergibt.

    Ich hatte mir gedacht, dass es , wenn man mitbekommt dass jemand Frauen vergewaltigt es nicht nur ethisch geboten, sondern vom Recht gefordert ist,ihn den Behörden zu melden. Denn auch wenn in Deutschland von einem Raub oder Totschlag erfährt und eine Anzeige unterläßt macht sich strafbar. Auch wer in einer Notsituation nicht hilft, kann angeklagt werden.


    Von daher bin ich verwundert, dass das bei bei Vergewaltigung und sogar bei sexuellem Missbrauch sogar von Kindern nicht gilt ( SZ ) .


    Ist es also wirklich so,dass ich, wenn ich merke das mein Kumpel jeden Abend seine Tochter vergewaltigt einfach auch untätig bleiben kann? Und auch bei einem missbrauchenden Guru keine rechtliche Verpflichtung habe, das zu melden? Mir kommt das schwer nachvollziehbar vor, warum das so ist.

    Was Dzongsar Jamyang Khyentse hier sagt, ist absolut nicht fragwürdig. Nur weil dein Geist total in der Moderne hängt, verstehst du die Aussagen nicht, das ist aber dein Problem, kein buddhistiches.

    Die Idee das manche höher und heiliger sind als andere und deswegen über den ethischen Normen steht ist ja ein sehr archaisches Denken. Zu Buddha Shakyamunis Zeiten äußerte sich dieses in einem Kastensystem in dem die Brahmanen und ihre Rituale als besonders edel ( "Arya") und heilig galten während man auf die Kastenlosen als sozial und spirituell minder herabsah.


    Buddha Skyamuni hing einem solchen Denken aber gerade nicht und für ihn war ein Edler ( "Arya") jemand der sich gerade durch Ethik als solcher erweist.


    Er etablierte in seiner Sangha keinen "wohlmeinenden Diktator" als Nachfolger sondern etablierte relativ egalitäre Strukturen. Und die Idee dass jemand so heilig ist, das jemand er über allen ethischen Normen steht verwarf er.

    Sowas will ich ehrlich gesagt nicht finanziell unterstützen.

    Die DBU ist ein Spiegel für den Buddhismus in Deutschland und dann natürlich auch ein Ort an dem dann solche Konflikte aufscheinen. Von daher ist es ja vielleicht sinnvoll, dass da auch so eine Sicht wie die von Khyentse Dzongsar Jamyang erscheint, aber sie sollte auf keinen Fall unwidersprochen bleiben. Ein Ziel könnte seine, dass in der nächsten Ausgabe der "Buddhismus aktuell" etwas steht, was das gerade rückt.


    Aus meiner Perspektiv wäre es es für den Dialog nicht gut, wenn man in einem Anfall von "Cancel Culture" jetzt Khyentse Dzongsar Jamyang zur Unperson erklären würde und keine Interviews mehr mit ihm bringt. Aber es ist auch schlecht, wenn solche Ansichten unwidersprochen dastehen und dann liberalere Buddhistinnen wie du Feld räumen. Es ist etwas, was thematisiert und höflich aber bestimmt ausdiskutiert gehört.


    In der Februarausgabe von "Ursache und Wirkung" hat sich ja Hans-Günther Wagner sogar direkt auf Khyentse Dzongsar Jamyan und die problematischen Seiten den Projekts "Crazy Wisdom" bezog. Die Frage "Dürfen Heilige verrückt sein?" hat ja einen inneren Zusammenhang zu der Frage "Dürfen Gurus alles?". Ichbinderichbin hatte ja dazu sogar einen Thread gestart.


    Als wundertätiger Thaumaturg und gleichzeitig Schnapstrinker sowie polyamouröser Erotiker ist es seine tantrische Kompetenz, die ihn weit außerhalb der moralischen Normen der in ihrer Dualität befangenen Weltlinge stellt. „Hütet euch, der Weisheit des Vajrayana menschliche Moral in die Quere kommen zu lassen“, verkündet Khyentse Dzongsar Jamyang, einer der glühendsten Verfechter dieser Praxis in der Gegenwart. Bernhard Pörksen bezeichnete in „Buddhismus aktuell“ die Tradition des „crazy wisdom“ kürzlich sehr zutreffend als „eine weihevoll formulierte Form von bullshit.“ Und er hat wohl recht mit seiner Vermutung, dass diejenigen, die sie am lautstärksten vertreten, am allerwenigsten daran glauben. Der „verrückte Heilige“ fungiert vor allem als doktrinäres Machtinstrument, um die innere Stabilität der religiösen Gruppen zu sichern, die diesem Leitbild folgen.

    Der Herausgeber von "Ursache und Wirkung" Frank Henrik Hortz ist ja auch Gründer der AG säkularer buddhismus in der DBU. Wenn du also keinen Brief an DBU oder Buddhismus aktuell schreiben willst, wäre das sicher eine Stelle wo man so einen Unmut kanalisieren könntest.


    Und wollte die DBU nicht erst seit kurzem Ansprechspartnerinnen für Missbrauchsfälle im Buddhismus geschaffen? Fällt man diesen nicht in den Rücken wenn man sagt, dass Mißbrauch nur bei besonders gut geprüften Lehrern ok ist, bei denen man das dann auch nicht melden soll. Wenn ich so eine Ansprechsperson wäre ich ziemlich sauer.


    Und wenn man als DBU bei Ole Nydahl jede frauenfeindliche Zote bemängelt, dann aber sowas duldet, macht man sich unglaubwürdig wenn hier für den gut-gerpüften Guru alles ok ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass z.B Tenzin Peljor, der ja auch im Rat der DBU sitzt, im Bezug auf viele Lehrer von "verrückter Weisheit" warnt, aber dann hier die Worte von Khyentse Dzongsar Jamyang gut finden wird.