Hallo Ichbinderichbin,
(übrigens der Name Gottes übersetzt aus dem Alten Testament, aber das weißt Du ja )
Ich habe mich nach einem Monat jetzt mal geöffnet und den Artikel gelesen. Dabei ist mir mal wieder bewusst geworden, welche Vorurteile ich hatte/habe.
Gerade in den letzten Tagen habe ich neue Einsichten gehabt, die mir erlauben, wieder mal über den Tellerrand zu blicken und unvoreingenommen Beiträge auf mich wirken zu lassen.
Und ja, ich stimme dem eingestellten Artikel zu und muss meine Antworten zu Beginn dieses Threads zwar nicht widerrufen, aber doch erweitern, da ich eine ganz andere Sicht bekommen habe.
Genauso wie sich der japanische, chinesische, tibetische Buddhismus durch ihre Kultur und Denkweise verändert hat und letztendlich vom Ursprung etwas abgerückt ist, genauso haben wir jetzt im Westen das Recht, unsere Sichtweise mit der Lehre abzugleichen, und gerade aufgrund unseres "wissenschaftlichen Wissens neu zu gestalten". Jedoch auch das dürfen wir Buddhismus nennen - behaupte ich.
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Am Ende ist der Suchende doch wieder ganz auf sich selbst zurückgeworfen. Außer der Weisheit, die er in sich selbst entdeckt, findet er keine sichere Stütze im Leben. ...
Es spricht daher nicht allzu viel dafür, allein in der eigenen Gruppe den Gipfel an Wahrheit und Authentizität zu verorten. Ein unverzichtbares Kriterium für Authentizität ist letztlich das, was der Begriff selbst bedeutet, nämlich „echt“ oder „unverfälscht“. Dabei kann moralisch völlig danebenhauender Buddhismus keiner sein. Religion ohne ethisch-moralischen Gehalt endet oft in Egotrips, Elend und Korruption. ...
Mit Blick auf den Beitrag des Dharma für die Lösung der Probleme einer komplexen globalen Lebenswelt ist ethisches Verhalten letztlich viel wichtiger als die Frage, ob man an Wiedergeburt glaubt, ob das Tantra originärer Teil des Buddhismus oder ein Import aus dem Himalaja-Schamanismus ist, oder die Erleuchtung sich plötzlich oder allmählich einzustellen hat.
Authentizität muss immer wieder neu definiert werden. Neben der ethischen Dimension liefert auch die heutige fachwissenschaftliche Forschung zum Thema authentischer Buddhismus oft zuverlässigere Ergebnisse als die von bloßen Innensichten und Machtinteressen geprägten Darstellungen mancher Repräsentanten der einzelnen Schulen.
Wie im frühen 20. Jahrhundert in den Grotten bei Dunhuang, so tauchen auch heute immer wieder jahrhundertelang verschüttete Texte auf.
In aufgeklärten Gesellschaften dürfen Wissen und Information nicht weniger zählen als Tradition und die Respektabilität von Glaubensautoritäten. Traditionsbuddhisten sind nicht per se authentischer als Neo-Buddhisten vom Schlage der Säkularisierten oder Ökosattvas. Authentizität ist so nichts Gesetztes, sondern etwas, was sich im innerbuddhistischen Dialog und auch im Austausch zwischen Buddhisten und Wissenschaftler immer wieder neu definiert.
Echte Diskurse müssen herrschaftsfrei und ergebnisoffen sein. Was der Buddhismus im Westen dringend braucht, ist eine Kultur des Umgangs mit Widersprüchen.
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Genauso wie ich die Organisation der Kirche irgendwann abgelehnt habe, aber die Lehren Jesu dennoch nicht, so lehne ich heute das Nachgeplapper von Zitaten ab, ohne den Mut, sich selbst einzubringen und von eigenen Erfahrungen zu schreiben bzw. zu sprechen. Das macht dem Buddha keine Ehre, denn auch er sprach wie Jesus davon "sein Licht nicht unter den Scheffel zu stellen".
Dem Buddha macht Ehre, wenn ich mein Leben so leidfrei wie möglich zu gestalten in der Lage bin. Allein das war sein Anliegen!
Und natürlich auch, wenn ich immer wieder bereit bin, meine Einsichten und Wahrnehmungen zu überprüfen und mich in Mitgefühl so weit zu üben, dass ich niemanden mehr ablehne.
Bei all dem kommt jedoch ganz sicher etwas heraus, was vielleicht den meisten Angst macht, nämlich ein Allein-Sein/Allein-Gang ohne Bezeichnung. Ich halte mich eben nicht mehr an einem Glauben fest, der mir über die Hürden hilft, sondern meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass die Empfehlungen Buddhas - also die 4Edlen-Wahrheiten genauso wie der Achtfache Pfad - auf dem Weg ausreichen, um mir die Kraft zu geben, die ich brauche, um authentisch zu sein und meinem Lebens-Ende ohne Furcht entgegenzugehen.