Beiträge von Helmut im Thema „Relative und absolute bzw. letztendliche Wahrheit“

    Im Thread Titel habe ich letztendliche Wahrheit bewusst gleichgesetzt mit absoluter Wahrheit, da ich weiß, dass viele Dharma Lehrer das

    auch so tun. Das Wort "Absolut" müsste man eben auch mal in seiner Bedeutung definieren, wenn man es nicht mit "letztendlicher Wahrheit" gleichsetzt. Letztlich ist natürlich auch die "absolute Wahrheit" leer von inhärenter Existenz. Die Leerheit der Leerheit eben.

    Nur weil viele Dharma-Lehrer den Sanskritbegriff paramarthasatya mit absoluter Wahrheit übersetzen, bedeutet das ja nicht zwangsläufig, dass diese Übersetzung auch richtig ist.


    Laut Dudens Etymologischen Wörterbuch besitzt der Begriff absolut die Bedeutung von "unabhängig, uneingeschränkt, unbedingt".


    Das bedeutet, eine absolute Wahrheit wäre eine unabhängige Wahrheit. Da es aber im Kontext des Buddha-Dharma keine unabhängigen Phänomene gibt, folgt daraus, dass eine absolute Wahrheit nicht existiert.


    Diese absolute Wahrheit wäre auch nicht die Leerheit, weil die Leerheit (sunyata) ein abhängiges Phänomenen ist.


    Und etwas, das nicht existiert, kann auch nicht leer von inhärenter Existenz sein, weil sich inhärente Existenz immer auf existierende Phänomene bezieht,

    Und absolute Wahrheit ist leer von absoluter Wahrheit.

    Genau das ist nicht der Fall, weil es keine absolute Wahrheit gibt. Was es nicht gibt, kann auch von nichts leer sein. Absolute Wahrheit gibt es nicht, weil eine absolute Wahrheit ein unabhängiges Phänomen sein müsste. Aber es gibt keine unabhängigen Phänomene.


    Auch die relative und die letztendliche Wahrheit um die es hier geht, sind abhängige Phänomene und somit nichts Absolutes.

    Was ich noch interessant finde:


    Helmut nennt Analyse als Mittel von der relativen zur absoluten Wahrheit. Stimmt das, und wenn ja, ist Analyse alleine ausreichend?

    Analyse allein ist nicht ausreichend, aber ohne die erwähnte Analyse wird es nicht gelingen, die falschen Ansichten aufzugeben. Die Analyse ist die Voraussetzung. Anschließend muss man immer wieder über die Ergebnisse der Analyse nachdenken und kontemplieren, um die durch die Analyse erlangte Weisheit immer mehr zu vertiefen. Mit der Weisheit aus dieser Kontemplation geht man in die analytische und konzentrative Meditation, um die Weisheit immer mehr zu vertiefen, um letztlich dann eine direkte unmittelbare Einsicht in die Selbstlosigkeit zu erlangen. Das ist ein langer Prozess. Die Analyse ist der Startpunkt dieses Prozesses, der zu unmittelbarer Einsicht in die Selbstlosigkeit führt.

    ... was hat es für einen Sinn über ein absolutes Wesen der erscheinenden Dinge nachzudenken?

    So lange wir aber im Dharma nicht gründlich geschult sind, erscheinen uns die Phänomene in unserer Wahrnehmung aber so als ob sie ein solches hätten. Der Dharma und damit die Lehre von den zwei Wahrheiten dient ja gerade dazu, diese falsche Vorstellung eines Eigenwesens zu überwinden.

    Saschka ,


    alles was du in den Beiträgen 286 und 288-290 geschrieben hast, trifft das Thema diesen Fadens nicht wirklich.


    Bei den zwei Wahrheiten geht es darum, ob die Phänomene so existieren wie sie uns in unserer alltäglichen Wahrnehmung erscheinen, wenn wir nicht weiter analysieren. Das die Phänomene nicht so existieren wie sie uns erscheinen ist ja auch die Grundlage westlicher Wissenschaft.


    Was du in den genannten Beiträgen gesagt hast, hat nur mit der Ebene der relativen oder konventionellen Wahrheit etwas zu tun.

    Nur in der Sautrantika-Philosophie des Buddhismus wird eine Vase, also ein Produkt, als letztgültige Wahrheit angesehen. Sie definieren produkthafte Phänomene als letztgültige Wahrheit, weil diese nicht nur sprachliche oder begriffliche Benennungen sind, sondern ein wirksames Phänomen sind. Und weil die Vase ein wirksames Phänomen ist, kann sie Wasser halten und deshalb ist es möglich, Blumen hinein zu stellen.


    Alle Mahayana-Philosophien betrachten produkthafte Phänomene wie zum Beispiel eine Vase als relative oder konventionelle Wahrheit und nicht als letztgültige Wahrheit. In der Mahayana-Philosophie werden andere Kriterien für die Definitionen der zwei Wahrheiten verwendet als bei den Sautrantikas.


    Die Auffassung der Sautrantikas ist aber schon auch besonders. Es ist schon selten, dass in einer Philosophie die produkthaften Phänomene als letztgültige Wahrheit aufgefasst werden.

    Bei den zwei Wahrheiten geht es nicht um abstrakte, allgemeingültige Weisheiten irgendwelcher Art. Die zwei Wahrheiten sind ein Mittel zur Beschreibung der Realität, damit wir zur korrekten Einsicht kommen, die ein wichtiger Umstand / eine wichtige Bedingung für das Erlangen der Arhat- bzw. der Buddhaschaft ist.


    Den zwei Wahrheiten - egal wie sie in den einzelnen Traditionen konkret definiert werden - liegt zugrunde, dass die Phänomene nicht so existieren wie sie uns in unserer Wahrnehmung erscheinen.


    Die Phänomene, die uns in unserer Wahrnehmung erscheinen, also die relativen Wahrheiten, existieren natürlich, aber unsere Wahrnehmung von ihnen ist mit einem bestimmten Aspekt der Täuschung verbunden. Diesen Aspekt der Täuschung erkennt man nur mittels Analyse. Durch diese Analyse erlangt man dann auch die Einsicht in die tatsächliche Bestehensweise der Phänomene und dies wäre dann die letztgültige Wahrheit.


    Wenn wir zum Beispiel eine Vase wahrnehmen, dann können wir diese Vase gültig erkennen aufgrund ihrer Teile, Funktion usw. Wenn wir nicht analysieren, dann glauben wir, dass die Vase so von sich her als Vase existiert. Dieser Aspekt unserer Wahrnehmung ist eine Täuschung. Bei der Wahrnehmung der relativen Wahrheit - der Vase in diesem Beispiel - ist also eine gültige Erkenntnis mit einer bestimmten Täuschung eng verbunden und diese Verbindung ist so eng, dass wir diese Täuschung nicht ohne weiteres erkennen.


    Die letztgültige Wahrheit - in diesem Beispiel der Vase - ist die Erkenntnis, dass ein Phänomen nicht so existiert wie es uns erscheint, sondern dass es frei oder leer davon ist, aus sich selbst heraus zu bestehen, frei oder leer davon ist ausschließlich aufgrund seiner eigenen Merkmale zu existieren.


    So wie die Traditionen die zwei Wahrheiten unterschiedlich definieren so beschreiben sie auch den Zusammenhang der zwei Wahrheiten unterschiedlich. Einig sind zumindest die indo-tibetischen Traditionen darin, dass die zwei Wahrheiten eine Einteilung aller Phänomene ist. Das heißt sie sagen, dass es kein Phänomen gibt, das nicht zu einer der beiden Wahrheiten gehört.

    In den den gesammelten Lehrreden des Palikanons findet sich keine Erklärung Buddhas über zwei Wahrheiten. Im Gegenteil gibt es hier einen kritischen Ausspruch Buddhas zu der Idee, man müsste und könnte von mehr als einer Wahrheit sprechen.

    Der erste Satz ist eine nicht belegte These deinerseits. Es ist immer leicht zu behaupten, Buddha Sakyamuni habe dieses oder jenes nicht gelehrt. Es muss aber belegt werden, dass dies wirklich so ist. Nur weil du noch keine Aussagen Buddha Sakyamunis zu den zwei Wahrheiten im Palikanon gefunden hast, bedeutet dies ja noch nicht, dass er nichts über die zwei Wahrheiten gesagt hat.


    Zitiere doch bitte mal den von dir im zweiten Satz behaupteten kritischen Ausspruch Buddha Sakyamunis mit vollständiger Quellenangabe.

    @Sherab ,


    die Beschreibung der Wortbedeutung des Adjektivs unendlich besteht darin, aufzuzeigen dass es Phänomene gibt, die durch die Eigenschaft gekennzeichnet sind, kein definitives Ende zu besitzen. Sie setzen sich kontinuierlich fort ohne abzubrechen. Zwei Beispiele habe ich genannt.


    Natürlich hat das begriffliche Denken seine Grenzen, aber trotzdem kann man mit dem begrifflichen Denken Wortbedeutungen erklären.

    Die Bedeutung von Unendlichkeit ist nicht beschreibbar, nicht greifbar denn sonst wäre es etwas. Unendlichkeit ist aber "nicht-etwas", also kein Objekt, damit bedeutungslos und unbeschreibbar.

    So ist es ja nicht. Unendlichkeit ist ja nur die Substantivierung des Adjektivs unendlich. Dieses Adjektiv besitzt eine Bedeutung und die ist beschreibbar. Und weil die Bedeutung des Adjektivs unendlich beschreibbar ist, hat es auch eine Bedeutung und somit hat auch das Substantiv Unendlichkeit eine beschreibbare Bedeutung.


    Das Adjektiv unendlich ist eine Eigenschaft von existierenden Phänomenen. So kann man an der Zahlenreihe diese Eigenschaft erkennen. Die Zahlenreihe hat kein Ende, man kann zu jeder Zahl immer 1 dazu zählen. Sie hört nie auf.


    Auch unser Bewusstseinskontinuum ist unendlich, also ohne bestimmbares definitives Ende. Jeder gegenwärtige Bewusstseinsmoment bringt einen neuen zukünftigen Bewusstseinsmoment hervor, weil er selbst entstanden, bedingt ist. Wenn der zukünftige Bewusstseinsmoment entstanden ist und somit zum gegenwärtigen Bewusstseinsmoment geworden ist, bringt er wiederum einen neuen zukünftigen Bewusstseinsmoment hervor, weil er bedingt entstanden ist.


    Aber nicht jedes Kontinuum ist unendlich.

    Es gibt gewiss irgendwo in den Studienunterlagen eine genaue Definition der Wahrheiten:

    In den Studienunterlagen gibt es nicht die eine genaue Definition der zwei Wahrheiten, die für alle philosophischen Schulen des Hinayana und Mahayana gültig wäre. Die Vaibhasikas, die Sautrantikas, die Cittamatrins, die Svatrantika-Madhyamikas und die Prasangika-Madhyamikas definieren die zwei Wahrheiten unterschiedlich. Gemeinsam ist allen Definitionen, dass die zwei Wahrheiten eine Einteilung aller Phänomene ist. Dass heißt dass man alle Phänomene entweder der konventionellen Wahrheit oder der letztlichen Wahrheit zuordnen kann. Es gibt kein Phänomen, das nicht zu einer dieser beiden Wahrheitsebenen gehört.


    Definition der Vaibhasikas:


    Konventionelle Wahrheit: Ein Phänomen, das so beschaffen ist, dass das Bewusstsein, von dem es erfasst wird, entfällt, wenn dieses Phänomen zerstört oder im Geiste zerteilt wird.


    Letztgültige Wahrheit: Ein Phänomen, das nicht so beschaffen ist, dass das Bewusstsein, von dem es erfasst wird, entfällt, wenn dieses Phänomen zerstört oder im Geist zerteilt wird.


    Beispiel für eine konventionelle Wahrheit wäre eine Tonvase. Eine letztgültige Wahrheit wären die kleinsten Materieteilchen.


    Definition der Sautrantikas:


    Konventionelle Wahrheit: Ein Phänomen, welches nur als Benennung durch das Denken oder die Sprache existiert.


    Letztgültige Wahrheit: Ein Phänomen, welches nicht nur als Benennung durch das begriffliche Denken oder die Sprache, sondern von seiner eigenen Seite her existiert.


    Für die Sautrantikas sind die konventionellen Wahrheiten beständige Phänomene. Die letztgültigen Wahrheiten sind unbeständige Phänomene, Produkte, kausal Entstandenes.