Posts from xiaojinlong in thread „​Was bringt es einem, ein Ich (ein Selbst) zu erklären?“

    Ich meinte das in dem Kontext, den deine Zeilen mir hergaben. Ich würde auch von selbsttherapeutischen Handlungsweisen sprechen, meine damit keinen Bezug zu einer Therapienotwendigkeit oder einer therapeutischen Situation, wie man sie sich wohl am ehesten mit dem Wort vorstellt.

    Damit reduzierst du den Kontext. Ich rede nicht von irgendwelchen selbsttherapeutischen Dingen - auch wenn ich sie nicht ausschließe. Ich spreche vom Leben als solchem. In jeder Beziehung ist es wichtig sehen zu können wer/was/wo man selbst ist und wo die Grenze zu anderen Personen, Tieren und Dingen ist. Das Bewusstwerden dieser Grenzen macht sich in unserer Sprache, unseren Worten, unserem Handeln bemerkbar - und das ist richtig und wichtig.

    Das (kurzzeitige oder wiederholte) Haften am/Verweilen im jeweiligen Gefühl ist sogar eine Notwendigkeit, eine Bedingung, um die Anhaftung (oder die Vereinnahmung) überhaupt erkennen und schließlich, also später immer besser als nicht-mein erkennen zu können/um sich schließlich nach und nach davon loslösen zu können.

    Dinge durch das Ding selbst oder dessen Gegenteil zu erklären ist ein wiederkehrendes System - was gibt es dazu groß zu sagen?

    Normal ist unter Menschen, die sich Buddhist nennen, oder die sich zu den entsprechenden Inhalten hingezogen fühlen der Begriff 'Anhaften' negativ besetzt.

    Er ist nicht per se negativ besetzt. Es ist einfach erst mal ein Begriff für etwas. Ob er negativ gefühl / interpretiert wird hängt ganz vom Kontext ab. Im oben genannten Kontext halte ich ihn schlichtweg nicht für derart richtig, dass man ihn so absolut benutzen sollte.

    Der Zweck des Berichtens von Gefühlen und Erinnerungen und Sorgen hat oft einen therapeutischen Effekt?

    Das ist eine unpassende Reduktion. Das Berichten von Gefühlen, Erinnerungen, Sorgen und Gedanken ist etwas zutiefst menschliches. Nur durch diesen Austausch können wir miteinander funktionieren. Durch das abhängige Entstehen hängt jeder Mensch in seiner / ihrer eigenen kleinen Realität fest. Durch Kommunikation und insbesondere auch durch Praxis des Dharma können wir diese Grenzen der eigenen kleinen Realitäten verschwimmen lassen und die Ganzheit mit allen Erfahren. Diese Erfahrung geht über Worte hinaus aber ist zugleich etwas das auf Worte aufbaut. Gefühle, Erinnerungen, Sorgen und Gedanken - das und noch viel mehr ist die Grundlage die uns ermöglicht das Dharma zu erfassen, zu praktizieren und zu leben. Anhaftung kann dabei vorkommen, aber sollte damit nicht gleichgesetzt werden.

    ... und dabei so anzuhaften?

    Erkläre doch was du mit "so anzuhaften" meinst.


    Ein Ich zu Erklären ist etwas, das im Austausch mit Anderen eine gewisse Notwendigkeit besitzt. Will man sich über die Lehre austauschen, will man sich selbst weiterentwickeln, dann kommt man an einer Auseinandersetzung mit dem "Ich" nicht vorbei. Die Erfahrung des Ichs - insbesondere der Leerheit des Ichs - ist eine Erfahrung die sich nicht in Worte fassen lässt, also fängt man es im Gespräch mit anderen an zu umschreiben. Manche umschreiben das sehr gut, andere sehr schlecht. Manche nur um vermeintliches, theoretisches Wissen wiederzugeben, bei anderen kommt das Gesprochene aus tiefer Erfahrung. Was es bringt, oder eben genau nicht bringt, hängt ganz vom Kontext eines Gesprächs und den beteiligten Personen ab.