Mir erscheint "säkularer Buddhismus" als Oxymoron. Denn wozu sollte man ihn praktizieren? Wenn zur endgültigen Überwindung von Leid, dann ist er nicht säkular, weil nach säkularen Maßstäben eine endgültige Überwindung von Leid nicht möglich ist. Wenn zur Linderung von Leid und/oder dem besseren Umgang mit leidvollen Momenten, dann handelt es sich bestenfalls um eine Form von Do-it-yourself-Psychotherapie, die aber eben drum mit Buddhismus nicht viel zu tun hat.
Mir scheint eine Säkularisierung des Buddhismus führt notwendigerweise in die Psychotherapie, welche dann zwar offen ist für aus dem Buddhismus entliehene Methoden und/oder Sichtweisen, aber ebenso offen ist für nicht-buddhistische Methoden und/oder Sichtweisen.
„Säkular“ ist sB im Sinne von „dieses Zeitalter betreffend“. In diesem Sinne waren in der Entstehungsphase übrigens alle Buddhismen säkular. Aus welchem Grund die endgültige Überwindung von Dukkha nicht säkular sein kann, erschließt sich mir nicht.
Bereits das buddhistische Verständnis von "Dukkha" als "Leid" entspricht ganz und gar nicht "diesem Zeitalter". Wenn du jedoch eine andere Übersetzung vorschlägst, dann lass mal lesen. Ganz normale menschliche Bedürfnisse werden etwas, das es zu überwinden gilt, wenn man Dukkha=Leid setzt und die endgültige Überwindung als Ziel deklariert. So eine Zielsetzung ist dann natürlich aus psychotherapeutischer Sicht höchst bedenklich und Psychotherapie ist nun wirklich säkular, konfessionslos und deklariert dem Klienten gegenüber kein Glaubenssystem als Wahrheit wie es manche säkulare Buddhisten offentsichtlich tun, zT mit einer Dreistigkeit, die ihresgleichen sucht (z.B. hier). Mir scheint, dass manchen säkularen Buddhisten die Fähigkeit abhanden gekommen ist zwischen Fakt und bloß Geglaubtem zu unterscheiden. Letzteres lässt sich allerdings ggf. damit erklären, dass die meisten säkularen Buddhisten anfangs mit dem klassischen Budddhismus gestartet sind und wenn man dann die offensichtlichen metaphysischen Spekulationen fallen lässt, dann fühlt sich der Rest vielleicht "sachlich", "faktisch" und vollkommen kompatibel mit dem Maßstab dieses Zeitalters an, welcher natürlich allein die Wissenschaft ist.
Ich habe nichts gegen Glauben, bloß denke ich, dass man Glauben als Glauben anerkennen muss, selbst wenn er vermeintlich "sachlich" daherkommt. Eine Theorie ist und bleibt ein Glaubenssystem, solange nicht jedes seiner Bausteine samt ihrer logischen Verknüpfungen auf wissenschaftlicher Evidenz beruht. Glauben kann natürlich auch psychische Effekte zeitigen, wenn dem nicht so wäre, dann gäbe es die Psychopotherapie auch nicht. Psychotherapie beruht nämlich - wie der Buddhismus, egal ob klassisch oder säkular - ebenso auf einem Glaubenssystem.