Beiträge von Hendrik im Thema „Was Psychotherapie und Buddhismus verbindet“

    Ich denke, Joko Beck spricht eher von "normalen" Menschen, die Zazen üben. Das ist sicher kein Wundermittel.


    Ich habe aus dem Zitat eher herausgelesen:

    "Therapie gibt Linderung, Sitzen schenkt Freiheit"

    "Statt wie zuvor selbstbezogen zu sein, werden wir lebensbezogen."

    Ja, vielleicht ist das Zitat missverständlich - aus welchem Grund auch immer.

    Habe gerade zu dem Thema etwas von Joko Beck gefunden:


    (...) »Wenn wir lange und intensiv genug praktizieren und unsere Konditionierungen entdecken, brauchen wir keine Therapie. (...)«

    Diese Aussage finde ich in ihrer Absolutheit allerdings äußerst problematisch! Es kann eine ganze Reihe von Gründen geben, warum Menschen eine Therapie benötigen und "nur Sitzen" nicht hilft: Psychische Probleme aller Art, Traumata, Süchte. Wer da behauptet, "naja, mach halt Zazen, dann wird das schon", so verstehe ich die Aussage, redet an der Realität vorbei und handelt ganz und gar unverantwortlich!

    Zum Thema Ennenbach: Er ist hin- und wieder mal Autor bei der U\W, wie Leonie richtig bemerkt hat (3 Artikel in 32 Jahren). Um Ennenbach einschätzen zu können, empfehle ich sehr die Lektüre seiner Bücher!


    Wenn er mehr Zeit hätte, würden wir uns bei der U\W freuen, wenn er regelmässig schriebe. Er hat mehr über Buddhismus verstanden, meine ich, als so mancher buddhistischer "Lehrer". Was er schreibt hat Hand und Fuss und bietet für Menschen, die einen nicht-religiösen Zugang zu Buddhismus suchen, eine sehr nützliche Lektüre - dabei ist das nichtmal seine Absicht.


    Das einizige, was man kritisch sehen könnte, ist, dass er "Buddhistische Psychotherapie" als Marke angemeldet hat. Als Buddhist kann einem das komisch vorkommen. Aber er denkt von der unternehmerischen Seite. Wir haben uns auch die Marke "Ursache\Wirkung" schützen lassen, damit uns niemand imitiert. Copycats sind in jeder Branche gefürchtet.


    So wie ich sein Ausbildungsprogramm zum bud. Psychotherapeuten verstanden habe, hat es nicht den Anspruch vollwertige Psychoterapeuten auszubilden, sondern Menschen verschiedener Berufe, im sozialen Bereich etwa, Werkzeuge an die Hand zu geben, Menschen, die Probleme haben, hilfreich zur Seite zu stehen. Ich denke, jedem ist klar, dass dies niemals eine echte Therapie von Profis ersetzen kann. Letzeres wäre fahrlässig.

    Meiner Meinung nach kann Buddhismus ganz gut ohne Psychotherapie auskommen.


    Soweit ich es verstehe, hat z.B. MBSR (Stressreduktion durch Achtsamkeit) von Jon Kabat-Zinn buddhistische Wurzeln und Einflüsse. Ebenso sicherlich MBCT (Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie).


    Bei der ACT Therapie finde ich das nur bei dem Akzeptanz-, weniger beim Commitment-Teil.

    Buddhismus ist im Kern ja Therapie. Er fragt, was Dein Leid ist, nach dessen Ursachen und bietet einen Weg, dieses Leiden zu beenden. Psychotherapie macht nichts anderes. Deshalb passen sie gut zusammen.


    Dass man dann über den Zaun blickt und schaut, was der andere so macht, ob das fürs eigene System befruchtend sein könnte, ist auch nachvollziehbar.


    Aus Zen-Perspektive mag man das eventuell anders beurteilen (…ich sehe Du verortest Dich im Zen).


    Kommt der eine ohne den anderen aus? Ich bin mit nicht sicher. Ich habe mit vielen erfahrenen Meditationslehrern gesprochen. Sie alle schilderten, dass sie Erfahrungen mit Menschen haben, die psychische Probleme bei manchen Übungen bekommen - oder sie kommen hoch. Je nach schwere wird diesen Menschen dann eine Psychotherapie empfohlen. Die beiden ergänzen sich in der Praxis also.

    Der MW bliebe damit ein Weg zwischen Askese und Hedonismus. Deine angeführte Begründung ändert ja nichts daran.


    Die akademische Forschung meint allerdings, dass diese Vorstellung irreführend sei. Der frühe Buddhismus sei eindeutig eine asketische Bewegung gewesen. Das Postulat eines MW diente lediglich zur Abgrenzung gegenüber bestimmten asketischen Praktiken und damit zur Identitätsfindung. An einigen Stellen werden solche Praktiken klar benannt. Es geht um die Annahme, Art und Umfang von Nahrung (Nahrung nicht von Schwangeren anzunehmen, nur einmal in Woche zu essen, Fleisch grundsätzlich abzulehnen) oder um Kleiderregeln (Nackt zu gehen) und einiges mehr.


    Das Motiv des MW als Kompromiss zwischen Askese und einem genussorientierten, weltlichen Lebens wurde erst später entwickelt und habe wahrscheinlich auch entscheidend zum Erfolg des Buddhismus bei seiner Verbreitung beigetragen.


    Das Motiv wird in der Mahayana Philosophie aufgenommen um eine Zwischenposition zu der Vorstellung von einem unvergänglichen Selbst und einem „Vernichtungsglauben“ zu finden.


    Das ist eine interessante Deutung. im Allgemeinen wird der „Mittlere Weg“ schon als Vermeidung von Extremen verstanden. Wie das die akademische Forschung sieht, schau ich mal nach.

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    In unserer Gesellschaft gibt es einen Hang zum Perfektionismus, wobei ein gesunder Perfektionismus nicht schlecht sein muss. Problematisch ist ein übertriebenes Streben nach Vollkommenheit. Wer alles zu hundert Prozent richtig machen möchte, steht unter permanentem Stress und verliert die Lebensfreude. Solche Menschen halten sich erst für liebenswert, wenn sie keine Fehler machen. Ein übertriebener Perfektionismus kann sich auch negativ auf das spirituelle Leben auswirken, wie folgende Geschichte zeigt.
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