Posts from void in thread „Was Psychotherapie und Buddhismus verbindet“

    ... hat einen falschen Standpunkt und daher eine falsche Ansicht. Natürlich kann man es sich in der Welt halbwegs gemütlich einrichten, versuchen ja alle hier (?), aber das ist dann nicht Buddhas Weg zum Überweltlichen. In seiner ersten Lehrrede heißt es vom Buddha, diese beiden Extremen sollten nicht kultiviert werden von jemanden, der aus dem Haus gezogen ist. Der Hausauszug ist Vorbedingung für die Mitte.

    Was bedeutet, dass wir selbst als sehr buddhistische Weltlinge nicht in dieser Mitte sind sondern sozusagen "falsch" leben. "Falsch" natürlich nicht als Vorwurf oder als Anklage sondern im Sinne einer Tatsachenbeschreibung. Wenn man gegen den Wind pisst muß man damit rechnen nass zu werden und wenn man eine Fallhöhe zur Realität hat fällt man genau diese Fallhöhe auf die Schnautze. Und insofern es da auch riesige Unterschiede gibt, macht man ja schon alles "gut" wenn man die Fallhöhe minimiert. Aber wenn man denkt man befände sich schon auf der Nullinie, macht man sich sehr wahrscheinlich was vor.


    Mich erinnert das an Adornos berühmten Spruch "Es gibt kein richtiges Leben im falschen".

    Das ist eine interessante Deutung. im Allgemeinen wird der „Mittlere Weg“ schon als Vermeidung von Extremen verstanden. Wie das die akademische Forschung sieht, schau ich mal nach.

    DIe extreme Askese wird aber nicht deswegen verworfen weil sie so extreme ist, sondern wegen des Asketenstolzes - als einer weiteren Form der Anhaftung - die sich draus ergibt.


    Aber vielleicht ist der Stolz nicht so das wichtige sondernes ist so, dass der Wille - die Anspannung die die Askese erfordert - selbst zum Hindernis wird. Es ist ja eine richtigehende Gewalt gegen den eigenen Körper:


    Ich dachte: 'Angenommen, ich werfe den Geist mit dem Herzen nieder, zwinge ihn zu Boden und überwältige ihn mit zusammengebissenen Zähnen und an den Gaumen gepreßter Zunge.' Also warf ich den Geist mit dem Herzen nieder, zwang ihn zu Boden und überwältigte ihn mit zusammengebissenen Zähnen und an den Gaumen gepreßter Zunge. Während ich das tat, rann Schweiß aus meinen Achselhöhlen. So wie ein starker Mann einen schwächeren Mann am Kopf oder an den Schultern packen und ihn niederwerfen, zu Boden zwingen und ihn überwältigen könnte, so warf auch ich den Geist mit dem Herzen nieder, zwang ihn zu Boden und überwältigte ihn mit zusammengebissenen Zähnen und an den Gaumen gepreßter Zunge, und Schweiß rann aus meinen Achselhöhlen. Aber obwohl unerschöpfliche Energie in mir hervorgebracht wurde und unablässige Achtsamkeit in mir verankert war, war mein Körper überreizt und unruhig, weil ich von dem schmerzhaften Bemühen erschöpft war

    ....

    Ich dachte: 'Welche Mönche oder Brahmanen in der Vergangenheit auch immer schmerzhafte, quälende, bohrende Gefühle aufgrund ihres Strebens gefühlt haben, dies hier ist das äußerste, nichts übertrifft dies. Und welche Mönche oder Brahmanen in der Zukunft auch immer schmerzhafte, quälende, bohrende Gefühle aufgrund ihres Strebens fühlen werden, dies hier ist das äußerste, nichts übertrifft dies. Und welche Mönche oder Brahmanen in der Gegenwart auch immer schmerzhafte, quälende, bohrende Gefühle aufgrund ihres Strebens fühlen, dies hier ist das äußerste, nichts übertrifft dies. Aber durch diese quälende Praxis der Askese habe ich keinerlei übermenschliche Geisteszustände erlangt, keinerlei Klarheit des Wissens und der Schauung, die der Edlen würdig ist. Könnte es einen anderen Pfad zur Erleuchtung geben?'"

    Das Hauptproblem ist also, dass all die Askese, all die Willenskraft, all die extreme Selbstüberwindung nicht zum Ziel führt.


    Aber dann erinnert sich Shakyamuni an einen Moment in deinem Leben wo nicht gewollt und erzwingen würde sondern sich tiefe Freude spontan selbst entfaltete:

    Ich überlegte: 'Ich erinnere mich an eine Begebenheit, als mein Vater, der Sakyer beschäftigt war, während ich im kühlen Schatten eines Rosenapfelbaums saß; ganz abgeschieden von Sinnesvergnügen, abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, trat ich in die erste Vertiefung ein, die von anfänglicher und anhaltender Hinwendung des Geistes begleitet ist, und verweilte darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der Abgeschiedenheit entstanden sind. Könnte das der Pfad zur Erleuchtung sein?' Dann, auf diese Erinnerung folgend, kam das Bewußtsein: 'Das ist der Pfad zur Erleuchtung.'"

    32. "Ich dachte: 'Warum habe ich Angst vor jener Glückseligkeit, die nichts mit Sinnesvergnügen und unheilsamen Geisteszuständen zu tun hat?' Ich dachte: 'Ich habe keine Angst vor jener Glückseligkeit, die nichts mit Sinnesvergnügen und unheilsamen Geisteszuständen zu tun hat.'"

    Dies ist eine sehr bemerkenswerte Stelle. Entsagung und Askese Shakyamuni bis kurz vor das Ziel geführt aber dann bleibt er kurz davor stecken und kann aus eigener Kraft nicht weiter.


    Und es ist eine Erinnerung an den unbeschwerten Geisteszustand eines Kindes die ihm weiter hilft. Und das Hindernis war eine " Angst vor der Freude jenseits von Verblendung".


    Es ist nicht einfach ein mittlerer Weg als Kompromiss zwischen zwei Extremen sondern eher so eine Dialektik wo nach der Entsagung auch der Entsagung entsagt wird. Also eine doppelte Entsagung statt einer halbherzigen.

    Der Artikel handelt von einer sehr perfektionistischen Frau, die sich dadurch extrem unter Druck setzt. Etwas was sie aus ihrem protestantischen Elternhaus kennt und dann aber auch auf Therapie und Buddhismus anwendet.


    Zitat

    Demnach soll Buddha zunächst auch eine strenge Askese praktiziert haben. Doch er begriff, dass dies nicht viel bringt. Er kam zur Einsicht, dass zwischen extremer Askese und übertriebenem Genuss der mittlere Weg der bessere sei.


    Solche Formulierungen in denen der "mittlere Weg" als eine Art Kompromißvorschlag aufscheint gibt es häufiger. Aber ich denke, dass die Idee dass da Buddha im Bezug auf seine Ansprüche "einen Gang zurückgeschlagen" hat ist zwar sympathisch wird aber der Situation nicht gerecht.


    Buddha ist kein "mittlerer Typ" sondern ein radikaler und was er entdeckte, war dass die Asketen bei dem Versuch ihre weltlichen Begierden auszureißen und auszumerzen vom Regen in die Traufe gerieten und dabei einen Asketenstolz näheren. Und Buddha sah darin eine Anhaftung der man ebenfalls entgegentreten muß. Seine Mitte ist also kein Kompromiss sondern eine extremistische Haltung bei der selbst der Asketenstolz überwunden wird.