Beiträge von nuk im Thema „Tenzin Palmo über Fleisch-essende (Laien), was haltet ihr davon?“

    Mein Vater hat immer gerne geschlachtet. Zumindest nahm ich immer wahr, wie er sich auf das Schlachten freute. Er wollte dieses Gefuehl auch an mich weitervermitteln. Aber versetzte mich immer gedanklich in die Tiere hinein. Deshalb wollte und konnte ich nie schlachten.


    Das einzige Mal, wo ich selbst ein Wirbeltier getoetet hatte, war das aus Mitleid. Ein Huhn hatte sich in einem der Gitterstaebe vom Schweinekoben verfangen und ich konnte es nicht befreien. Da das Schwein Anstalten machte, das Huhn bei lebendigem Leibe aufzufressen, brach ich dem Huhn das Genick.


    Wir schlachteten auch jedes Jahr ein Schwein. Die quieckten jedes mal panisch, wenn der Metzger das Bolzenschussgeraet an die Stirn setzte. Deshalb versuchte ich immer, den Schweinen wenigstens einen angstfreien Tod zu ermoeglichen. Ich ging immer fruehs, bevor der Metzger eintraf, in den Schweinekoben und schmuste mit dem Schwein und tat alles, dass es sich sehr wohl fuehlte. Als dann immer der Metzger bereit war, oeffnete ich die Stalltuer, und weil das Schwein Freude daran hatte, dass da jemand war der sich mit ihm abgab, folgte es mir bereitwillig aus dem Stall. Vor den Leuten, die davor warteten, hatte es natuerlich Angst. Als dann immer der Metzger das Bolzenschussgeraet ansetzte, Umarmte ich die Schweine immer fest am Hals. Mir kam es jedes Mal so vor, als wuerden die mein Mitgefuehl spueren, und deshalb blieben sie ganz gelassen. Bei quieckte nie mehr ein Schwein in panischer Angst. Die anderen Schlachthelfer bewunderten mich dafuer und verstanden nicht, warum die Tiere bei mir immer so ruhig blieben.


    Letztendlich bleibt bei mir das Gefuehl zurueck, ich haette die Tiere verarscht, ihnen die Wahrheit verheimlicht.

    ...würde ich z.B. zwar einräumen, dass ich selbst gern noch lange im gegenwärtig recht gesunden Zustand leben würde, mich aber auch nicht beklagen könnte, wenn mein Leben zueende wäre, da es ganz interessant war, gelebt zu haben (das heißt, auch die mögliche Zeitspanne oder Lebenserwartung nicht auszuschöpfen ist in Ordnung).

    ...

    Nun, und ich bin der Meinung, dass das Leben generell sinnlos ist, da man sich nach dem Todespunkt sowieso nicht mehr daran erinnern kann. Von daher waere es auch egal, ob jemand leidet. Sollte ich nun dafuer plaedieren, dass ein Nuklearkrieg wuenschensswert waere, oder dich dazu ermuntern, dir dein Leben vorzeitig zu beenden?


    Nein.

    Und zwar, weil ich zwar eine Meinung habe, aber auch jedem das Recht auf eine eigene Meinung zugestehe. Und wenn ein Tier den Wunsch zu leben hat, und zwar leidfrei, gestehe ich es ihm ebenso zu. Warum? Weil ich moechte, dass Andere mir ebenso das Recht einraeumen, meine eigene Meinung zu haben.

    Bebop , ich denke ja auch, dass Emotionen fuer den taeglichen Alltagsumgang notwendig sind (oder zumindest waren). Es ist nun mal so, dass Ich normalerweise, wenn mir ein Loewe in der Savanne begegnen wuerde, dann panisch versuchen wuerde auf einen Baum zu fluechten. Wenn ich im erleuchteten Zustand waere, wuerde ich mir vielleicht sagen: "Oh ein Loewe. Er koennte mich fressen. Was soll's, egal."


    Aber ich glaube, wir sind mit dieser Diskussion weit vom Ursprungsthema abgeschweift. Lassen wir die Diskussion damit auf sich ruhen, wenn du einverstanden bist. Es war mir angenehm, mit dir zu diskutieren.

    nuk, es kann sein, dass du andere Erfahrungen machtest, aber ich halte es mit dem Neurologen Damasio: Gefühle und Gedanken sind untrennbar miteinander verwoben.

    ...Dann gaebe es keine Chance, jemals echte, wertfrei urteilende KI zu entwickeln. Ich bezweifle die Allgemeingueltigkeit der Aussage des von dir erwaehnten Neurologen. Ich glaube - du kannst mich gerne korrigieren falls ich falsch liegen sollte - dass er den Normalzustand bei Menschen meinte, wo die Gefuehle nicht durch biochemische Prozesse unterdrueckt sind.

    ...sondern auf die Tatsache, dass ein Tier, das nicht in der Lage ist, gedanklich wie wir zu leiden, und auch nicht in der Lage ist - weil dafür gar keine Notwendigkeit besteht - zu erwachen, diese Buddha-Natur besitzt und damit auch durch Töten nicht aus diesem Tathagatagarbha herausfällt. Das Tier kommt als sich manifestierende Buddha-Natur oder sich manifestierendes Tao auf die Welt und tritt auch als solches ab. Im Gegensatz kann es das aber nicht nur nicht wissen, es muss es überhaupt nicht wissen.

    Tiere sind aber nun mal in der Lage, zu leiden. Wir als Menschen leiden auf dem selben Level. Nur mit dem Unterschied, dass wir unser Leiden gedanklich erkennen koennen. Ich behaupte sogar, dass jegliches menschliches Leiden in keinster Weise in Form von Gedanken entspricht. Leid ist meiner Meinung nach immer Gefuehlssache. Wenn es gelingt, die Gefuehle auszuschalten, erlischt auch jegliche Form von Leiden. Ich selbst habe es sowohl in Form aus dem Resultat der Meditation erfahren koennen, als auch mit Hilfe von Medikamenten (Habe hier noch eine Schachtel mit Benzodiazepinen rum liegen). Da Tiere sich aber nicht in einen Erleuchtngszustand hineinmeditieren koennen und auch nicht mit Benzodiazepinen vollgepumpt werden, betrachte ich die Quealerei der Massentierhaltung als das, was sie ist. Zufuegen von Leid zwecks Genussbefriedigung


    Priya:Zitat

    Warum nicht auch Menschen züchten (...)


    Nicht abwegig, wenn man sich vorstellt, wir könnten von Aliens dominiert werden, denen wir nicht gewachsen sind und die uns gern essen. Wir haben noch Glück, an der Spitze einer Evolution auf dieser Erde zu stehen.

    Ich behaupte, wenn du in einem Zustand der Gefuehllosigkeit waerst, dann waere dir egal, ob man dich zuechtet und dann schlachtest, selbst wenn du es gedanklich erkennen koenntest.

    Bebop ,

    ich denke, der Knackpunkt von deinem Denken bezueglich des Hoeherwertens der Geburt von Schlachttieren gegenueber ihrer Nichtexistenz ist folgender:


    Du denkst (was aus Sicht eines momentan Lebenden betrachtet wird), dass tot-sein ein unangenehmer Zustand waere. Jedenfalls glaube ich, dass du denkst, dass ein leidvolles Leben besser waere, als gar nicht zu leben.


    Es ist meiner Meinung nach auf jeden Fall wert, darueber - also ueber den Zustand des Tot-Seins - lange und gruendlich nachzudenken. Vielleicht ist diese Problematik ein sehr tiefer Koan.

    Ich denke, es ist schon ausreichend, seinen Fleischkonsum so weit zu reduzieren, wie es gerade (mental) machbar ist. Die Einen schaffen es komplett, leben vielleicht vegan, Andere haben im Konsum mit erhebleichen Schwierigkeiten zu kaempfen.


    Und wenn man es schaffen sollte, den herkoemmlichen Fleischkonsum um die Haelfte zu reduzieren, haette man schon mal bewirkt, dass nur noch halb so viele Tiere dafuer sterben muessten.


    Ich selbst komme aus einem Umfeld (Sachsen-Anhalt, hoechster Fleischkonsum Deutschlands), wo sehr viel Fleisch konsumiert wird. Aber im Laufe der letzten paar Jahre schaffte ich es, meinen Wurst- und Fleischkonsum auf weniger als ein Viertel meines alten Konsums zu verringern. Das ist zwar noch nicht ideal, aber ich sage mir immer, dass ich dadurch schon mal drei von vier Tieren das Leiden ersparen konnte.


    Also macht euch nicht heiss, indem ihr denkt, dass nur ein kompletter Totalverzicht was bewirken wuerde.