Was der DL ist und was er nicht ist, das weiß doch keiner, der neu zum tibetischen Buddhismus kommt. Allerdings wird der DL als die "Verkörperung" dieses Buddhismus gesehen und auch dargestellt. Das wäre auch viel zu kompliziert, wenn man erst mal die verschiedenen Mützenfarben erklärt und dann noch diese und jene Ausprägung des tibetischen B.
Dann wird er noch als "Seine Heiligkeit" betitelt. Man konnte ja sehen, wie devot sich die erwachsenen Teilnehmer gegenüber dem DL bei dem Treffen 1993 benahmen.
1. Die Dokumentation hat zwei besondere Fälle von Missbrauch dargestellt und den Opfern den Raum gegeben ihre Erlebnisse ausführlich darzustellen. Beide Täter galten als hoch-angesehene Persönlichkeiten im t.B. zu denen der DL Kontakt hatte und die er besuchte oder die er eingeladen hatte. Beide waren außerdem potente Geldspender und da hat keiner gefragt, woher die Gelder kamen und da hat sich vielleicht auch keiner mal gefragt, wie so viel Geld zusammen kommen kann.
2. Der DL hat bereits Anfang der 90er Jahre von Missbrauch gewusst - das zeigte die Konferenz von 1993 - aber da sollen sich ja die "anderen" kümmern, die Schüler und Schülerinnen, also die betroffenen Opfer selbst.
3. Unbestritten ist, dass der DL sich der Verantwortung entzogen hat und dieses "unangenehme Thema" wohl delegiert hatte und nicht weiter nachgehakt. "Mann" redete eben nicht darüber. Und Ricard ist ja sowieso ein kleiner Mönch.
4. Dass die Journalisten einige Gespräche mit tib. Buddhisten hatten und aufzeichneten und diese in der Doku auch zeigten, ist durchaus sinnvoll, denn da ging es nicht um den Missbrauch, sondern um den tib. Buddhismus. Ich fand es gut, dass da auch die Abhängigkeit von den Spenden des Westens deutlich wurde. Wenn die Journalisten davon erzählt hätten, dass ihre Doku vor allem das Thema Missbrauch im tibetischen Buddhismus hat, ist zu bezweifeln ob sie überhaupt ein Interview bekommen hätten.
Man macht ja solche Dokumentationen, in dem man Teile getrennt zusammen stellt und dann montiert. Das Thema ist dabei hier - sexueller Missbrauch im tibetischen Buddhismus - und der tibetische Buddhismus gilt auch wegen des Nobelpreisträgers als "der Buddhismus" im Westen.
5. Nebenbei bemerkt fand ich die Frauen ganz wunderbar, als sie ihre Erlebnisse erzählten und erwähnten, wie sie sich Gedanken machten, durch den Verkauf von Socken und Unterhosen - gebraucht natürlich - eine Art Reliquienhandel aufzubauen und Spenden zu sammeln.
Weil mich der tibetische Buddhismus schon immer an die Römisch-Katholische Kirche erinnert hat und ich deshalb und glücklicherweise diesem Buddhismus entkommen bin, möchte ich die Bücher des Historikers Hubert Wolf empfehlen.
Was das ganze Programm - Sex, Giftmord, Neuscholastik - aufbietet ist die wahre Geschichte "Die Nonnen von Sant' Ambrogio".
Zitat Die Akten über die teuflische Ordensschwester Maria Luisa, ihren Prozess, ihr Geständnis schlummern in Rom, im Archiv der Glaubenskongregation, der Dogmenbehörde der katholischen Kirche. Der Kirchenhistoriker Hubert Wolf ahnte, dass die Unterlagen über diesen Fall, der gerüchteweise überliefert war, noch existieren mussten. Dass er sie fand, war Glück. Sie lagen in einer Abteilung, in die sie nicht gehörten. Wolf hält es für möglich, dass sie jemand versteckt hatte. Am kommenden Montag erscheint sein Buch, für das er diese Archivalien bis ins kleinste Detail ausgeforscht hat: "Die Nonnen von Sant'Ambrogio". Es deckt einen Skandal auf, der sich vor gut 150 Jahren in einem Kloster einen Steinwurf vom Vatikan entfernt ereignete.
Im Mittelpunkt dieser unfassbaren Geschichte steht Maria Luisa. Erst war sie Opfer, später Täterin. Lügnerin, Verführerin, Tyrannin, Giftmischerin, Mörderin - alles unter Berufung auf himmlische Weisung. Es ist aber nicht nur der Skandal eines Nonnenklosters, es ist ein Kirchenskandal. Denn der Fall beschäftigte sogar den Papst. Und Schwester Maria Luisa hatte einen Komplizen: Joseph Kleutgen - Seelsorger, Beichtvater, Jesuit, Theologe. Aber eben auch: Lustmolch, Beichtgeheimnisbrecher, Mitwisser bei einem Mordkomplott, Häretiker. Kleutgen, geboren 1811 in Dortmund, war nicht irgendein Theologe, sondern der Spitzenintellektuelle des Papstes. Trotz allem! Auf ihn baute Pius IX., als er den Gehorsam zum Prinzip der Kirche erklärte und ein theoretisches Fundament dafür brauchte. Aus Kleutgens Feder stammt in weiten Teilen das Dogma, mit dem im Jahr 1870 der Papst für unfehlbar erklärt wurde.
Und genau diese Bezeichnung "Scheinheilig" passt eben auch auf viele Heiligkeiten des tibetischen Buddhismus.
Und zu guter Letzt: während sich meine kritische Haltung gegenüber Ricard verfestigt hat, durch seine Einlassungen und Beschwerden zu den Journalisten und der Dokumentation - der kleine Mönch - habe ich eine andere Seite von Stephen Batechelor da gesehen und verstehe nun bedeutend besser, was der Wert des säkularen für den Buddhismus bedeutet.
Die größte Gefahr geht m.E. von Herren aus, die sich als Buddha verkleiden und sich auch noch als solchen ausgeben. Das sind Hochstapler.