Ich finde besonders die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) interessant, welche mir näher am theravadischen Verständnis zu liegen scheint, weil es hierbei um die partielle Loslösung des Selbst von unangemessenen Gedanken geht, also nicht die Konstruktion einer angemesseneren Art zu denken im Vordergrund steht. Ich finde es interessant, dass die kognitive Verhaltenstherapie näher beim tibetischen Mahayana, ACT dagegen näher bei Theravada zu liegen scheint. Daneben hat ACT auch eine interessante philosophische Grundlage.
Beiträge von SteFo im Thema „Abgespaltene / verleugnete / verdrängte Gefühle“
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Dass "alles" auf Konditionierung beruht ist jedoch sehr kompatibel mit der buddhistischen Sichtweise des abhängigen Entstehens. Ein "mehr" wird im Buddhismus nicht benötigt.
Da bin ich tatsächlich zu wenig im Thema drin, um dazu was sagen zu können.
Kein Problem.
Als Nachtrag wie mein sehr knapper Hinweis an Gurkenhut zu versehen ist und auch als weiteres Indiz der Verwandtschaft von buddhistischen und psychotherapeutischen Methoden:
Im Mittelpunkt der kognitiven Therapieverfahren stehen Kognitionen. Kognitionen umfassen Einstellungen, Gedanken, Bewertungen und Überzeugungen. Die kognitiven Therapieverfahren, zu denen die kognitive Therapie (KT) und die Rational-Emotive Verhaltenstherapie (REVT) gehören, gehen davon aus, dass die Art und Weise, wie wir denken, bestimmt, wie wir uns fühlen und verhalten und wie wir körperlich reagieren. Schwerpunkte der Therapie sind
- die Bewusstmachung von Kognitionen,
- die Überprüfung von Kognitionen und Schlussfolgerungen auf ihre Angemessenheit,
- die Korrektur von irrationalen Einstellungen und
- der Transfer der korrigierten Einstellungen ins konkrete Verhalten.
Die kognitive Therapie stellt somit die aktive Gestaltung des Wahrnehmungsprozesses in den Vordergrund, weil in letzter Instanz nicht die objektive Realität, sondern die subjektive Sicht des Betrachters über das Verhalten entscheidet. Ist die Kognition inadäquat (z. B. durch Wahrnehmungsselektion und -bewertung), ist auch die Möglichkeit beeinträchtigt, Affekt und Verhalten zu korrigieren. Vor allem spontanes und emotional getriebenes Verhalten sind sehr von der Art beeinflusst, wie ein Mensch sein Modell der Umwelt gedanklich strukturiert hat.
"die Art und Weise, wie wir denken" ist also bestimmend. Dann ist Analyse erforderlich, um die Unangemessenheit unseres Denkens zu erkennen, wobei sich "Angemessenheit" auf die Zielsetzung bezieht: was soll erreicht werden? Und die Zielsetzung bei der kognitiven Verhaltenstherapie mag von der beim Lojong mehr oder weniger abweichen. Erstere hat weltliche Zielsetzungen, letztere hat spirituelle Zielsetzungen.
Nun könnte man sagen, dass es doch ausreichend ist, wenn einfach die unangemessenen Gedanken abgestellt werden. Gut, aber wie, wenn dieses Denken schon stark konditioniert ist und sich also der Willenssteuerung entzogen hat und wie erkennt man diese Gedanken rechtzeitig, grade wenn sie entstehen, aber noch bevor sie Schaden anrichten? Es bedarf also der Achtsamkeit! Und es bedarf der Erinnerung, was man analysiert hat, zu welchen Schlussfolgerungen man gekommen ist und diese Erinnerung ist bereits angemessenes Denken bzw "Merksätze", die man präsent haben muss, um gegen die unangemessene Konditioniertheit vorgehen zu können. Am nachhaltigsten jedoch erscheint mir, nicht nur auf diese Art permanent achtsam zu sein, sondern Schritt für Schritt sich ganz von unangemessem Denken zu befreien dadurch, dass unangemessenes begriffliches Framing durch ein angemessenes ersetzt wird und das ist im Prinzip vergleichbar mit dem Geistestraining des Lojong.
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In der Psychotherapie spricht man da von kognitiver Verhaltenstherapie: das Denken bestimmter Gedanken ("Merksätze") zum Zwecke der konditionierten Gewöhnung daran, so zu denken, und zum Zwecke der entsprechenden Modifikation der nicht-begrifflichen Kognition.
Ich persönlich reagiere ja auf die behaviouristische Psychologie allergisch (vielleicht auch eine Form der Konditionierung), insbesondere wenn alles auf Konditionierung reduziert wird. Ich denke dann immer, da hängt doch so viel mehr dran.
Dass "alles" auf Konditionierung beruht ist jedoch sehr kompatibel mit der buddhistischen Sichtweise des abhängigen Entstehens. Ein "mehr" wird im Buddhismus nicht benötigt.
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... Bin aber auch erst seit vier Monaten dabei, mich ernsthaft mit Lojong/Lodjong auseinander zu setzen. Das sind kurze einprägsame Merksätze, die entweder das Verständnis vertiefen und das Herz öffnen sollen (in der Meditation und im Alltag) oder konkrete Handlungsanweisungen für den Alltag.
In der Psychotherapie spricht man da von kognitiver Verhaltenstherapie: das Denken bestimmter Gedanken ("Merksätze") zum Zwecke der konditionierten Gewöhnung daran, so zu denken, und zum Zwecke der entsprechenden Modifikation der nicht-begrifflichen Kognition.
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Deine Frage soll wohl bedeuten: "was muss passieren, dass ein nicht-buddhistischer Mensch sich entscheidet den achtfachen Pfad zu gehen und also den entsprechenden Lehrern zu folgen?"
Mir ging es bei der Frage nach der Sichtweise der buddhistischen Psychologie und auch bei der Frage nach dem notwendigen Prozess nicht um eine Doktrin, sondern um die Erfahrung also eher die praktische Anwendung.
Für mich gibt es da keinen Unterschied. Eine Doktrin kann nur verstanden werden, wenn man sie lebt, d.h. praktiziert. Sie wird gelebt/praktiziert, wenn das, was man davon sofort umsetzen kann, umgesetzt wird, und wenn das, was das Ziel der Doktrin ist auch ernsthaft angestrebt wird, weil daran geglaubt wird.
Den Text, den Du zitiert hast habe ich da tatsächlich auch nicht als eine Gegenübersetzung von In- und outgroup gelesen, als Buddhisten und Nicht-Buddhisten, sondern als eine Beschreibung von zwei Zeitpunkten einer Entwicklung.
"eine Beschreibung von zwei Zeitpunkten einer Entwicklung" ist ausgeschlossen, denn "ein nicht unterrichteter Weltling, der die Edlen nicht beachtet" kann nicht als ein Teil des Pfades verstanden werden. Der Pfad wird erst beschritten, wenn zum ersten Male "die Edlen ... beachtet" werden und dann wird der Pfad weiterhin verfolgt, wenn diese Beachtung erhalten bleibt.
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SteFo Das ist aber vom Ende her betrachtet, oder? Ich bin mit ziemlicher Sicherheit ein nicht unterrichteter Weltling. Die spannende Frage ist ja dann: Was muss der Weltling für einen Prozess durchleben, um zu der Erkenntnis zu kommen, in deren Besitz der wohlunterrichte edle Schüler ist?
Nein, vom Ende her betrachtet ist das sicher nicht, denn das Ende des Pfades ist gemäß der Doktrin ja nibbana und da von einem "Schüler" die Rede ist, kann der noch nicht am Ende sein, sondern muss noch lernen.
Deine Frage soll wohl bedeuten: "was muss passieren, dass ein nicht-buddhistischer Mensch sich entscheidet den achtfachen Pfad zu gehen und also den entsprechenden Lehrern zu folgen?" Und das kann ich dir nicht sagen, weil ich nicht weiß, ob es allegemeingültige Bedingungen dafür gibt. Diese Fragestellung ergibt sich auch nur dann, wenn die buddhistische Lehre kein Gut in der nativen Kultur des entsprechenden Menschen ist.
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Gibt es in der buddhistischen Psychologie eine Entsprechung zu der (psychoanalytischen) Vorstellung von solchen abgespaltenen Gefühlen und wie wird das dort erklärt.
In der buddhistischen Psychologie können Gefühle nicht abgespalten werden, weil sie gar nicht zum Selbst gehören. Es ist nur die falsche Selbst-(An)sicht (Persönlichkeitsglauben, Glauben an die Selbstidentität), welche Gefühle als Teil von einem selbst erscheinen lassen. Siehe MN109:
Zitat"Bhikkhu, ein nicht unterrichteter Weltling, der die Edlen nicht beachtet und in ihrem Dhamma nicht bewandert und geschult ist, der aufrechte Menschen nicht beachtet und in ihrem Dhamma nicht bewandert und geschult ist, betrachtet ... Gefühl als Selbst, oder Selbst als Gefühl besitzend, oder Gefühl als im Selbst enthalten, oder Selbst als im Gefühl enthalten.
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"Bhikkhu, ein wohlunterrichteter edler Schüler, der die Edlen beachtet und in ihrem Dhamma bewandert und geschult ist, der aufrechte Menschen beachtet und in ihrem Dhamma bewandert und geschult ist, betrachtet ... Gefühl nicht als Selbst, oder Selbst als Gefühl besitzend, oder Gefühl als im Selbst enthalten, oder Selbst als im Gefühl enthalten.