Im Halb-Lotus kann ich meine Hände bis dato def. nicht ablegen, da sich meine Daumenspitzen dann deutlich unterhalb der Nabelhöhe befinden.
Daher muss ich die Hände mittels minimaler Bizepsaktivierung (kaum Kraftaufwand) leicht erhöht halten - genauso wie der Kursleiter im Video.
Ist das legitim bzw. wie hältst du das Mudra in Nabelhöhe? Wenn ich dich richtig verstehe, dann denkst auch du, dass die Höhe des Berührungspunktes der Daumenspitzen wichtig ist.
Sorry wegen der Verzögerung, war ein paar Tage weg.
Gar kein Ding - ich bin ja auch nicht täglich online und antworte daher oft etwas verzögert.
Also zunächst mal: ich war nie der große Sitzakrobat, im Gegenteil. Ich habe mich über ein Jahrzehnt mit dem Halblotos herumgequält (bzw. dem damit verbundenen leichten Beckenschiefstand) ohne dass ich auch nur ein bißchen gelenkiger wurde. Ganzlotus - null Chance. Aber ich will Dir keinesfalls vom Üben des Halblotus abraten; 'Fortschritte' hinsichtlich einer besseren Sitzhaltung zeigen sich nur langsam und mit viel Geduld. Meistens jedenfalls - wobei es auch da 'Naturtalente' gibt.
Ich habe als Teenager Kampfsport betrieben und bin bis Heute eigentlich relativ gelenkig. Das heißt, dass der halbe Lotus für mich ziemlich bequem ist (auch für längere und mehrere Sitzeinheiten) und sich auch stabiler anfühlt, als z.B. die burmesische Position (die aber auch sicher immer noch ganz stabil ist). Ich kann auch im vollen Lotus sitzen, aber nicht so lange - daher ist der halbe Lotus mein Default.
Auch im vollen Lotus würden sich aber meine Daumenspitzen nicht ganz auf Bauchnabel-Höhe berühren, wenn ich meine Hände auf den Beinen/Schoß ablegen würde, sondern etwas unter dem Bauchnabel.
Ich bin froh, dass ich mich eines Tages entschlossen habe, nur noch seiza zu sitzen. Es ist bequem und ausgewogen, wenn auch der Körperschwerpunkt höher ist als beim Lotos und man nicht dieselbe Stabilität hat (man sitzt da ein wenig wie ein Huhn bzw. Gockel auf der Stange ...). Der eigentliche Witz beim Zazen ist ja nicht die Sitzhaltung - die ist nur Form; wenn auch eine, die den Bedingungen, die der Körper/Geist (shinjin) dem Zazen setzt, entsprechen sollte.
Zu der "eigentliche Witz":
Zitat
Wenn du für einen längeren Zeitraum achtlos gegenüber Objekten bleibst, wirst du auf natürliche Weise vereinheitlicht. Das ist die essentielle Kunst des Sitzens in Versenkung.
(Dōgen, Fukan Zazen Gi)
Bei allen 'technischen' Finessen des Sitzens sollte man das nicht vergessen - auch das Sitzen ist "Objekt". Wichtig ist zu lernen, es außer Acht zu lassen - gerade während des Sitzens. Das geht nur, wenn der Sitz 'passt' und nicht Körper/Geist stört. Wobei nicht jedem jeder Sitz passt.
Ja, das stimmt. Dieser "Detail-Punkt" das Mudra ggf. mittels minimaler Bizepsaktivität leicht erhöht zu halten, so dass sich die Daumenspitzen auf Bauchnabelhöhe berühren ist natürlich eine technische Kleinigkeit. Ich wollte ihn hier nur sharen, weil dieser Punkt meiner Atmung so sehr geholfen hat, weil dadurch meine Schultern und Schulterblätter automatisch nach Hinten ausgerichtet sind und dort auch eher verbleiben, und sich somit der Brustkorb öffnet.
Vielleicht ist das auch individuell und dieser Tipp mag evtl. auch nicht Allen helfen, die "ein Problem" mit der Atmung beim Praktizieren haben.
Wenn der Sitz 'passt', dann lässt er auch dies zu:
Zitat
Sitzen in Versenkung ist das Wahrheitstor zu grosser Ruhe und Freude.
(Dōgen, Fukan Zazen Gi)
- etwas, was vielen 'Anfängern', die mit ihrem Sitzen kämpfen, erst einmal nach blankem Hohn klingt. Da hilft nur Geduld und Ausdauer beim Üben.
Jedenfalls - um konkret zu werden: ja, ich hebe die Hände durch entsprechendes Anwinkeln des Ellbogengelenks so an, dass die Daumen in Höhe des Bauchnabels sind. Das ist im wesentlichen die Funktion der Bizepsmuskulatur - die soll dann eben nicht entspannt sein, sondern einen (leichten) Muskeltonus haben. Der richtige Tonus ist relativ schnell antrainiert und das ist mE sinnvoller, als das Absinken der Hände bei nachlassendem Tonus mit einem kleinen Kissen zu verhindern. Beim seiza funktioniert das mit dem Kissen ohnehin nicht.
Top, danke für das konkrete Aufzeigen deiner Haltung. Das bedeutet also, dass auch deine Hände nicht abgelegt sind, sondern quasi leicht "in der Luft" schweben, oder?
Du kannst das mal achtsam ausprobieren: je tiefer die Hände positioniert sind, um so mehr kommen die Schultern nach vorne. Der Brustraum wird enger, der obere Rücken rundet sich. Das wird schnell störend unangenehm.
Exakt, so erging es mir auch immer, als ich die Hände noch "schlaff" abgelegt habe - siehe oben.
runterdrücken der Ellenbogen
Ergänzend: das "runterdrücken" ist natürlich nur eine Vorstellungshilfe. Hier wird dann die Muskelspannung der Trizepsmuskulatur erhöht, deren wichtigster Muskelkopf (caput longum) am Schulterblatt ansetzt - das sich so Richtung hinten / unten ziehen lässt, was den oberen Rücken aufrichtet.
Macht Sinn und hilft auch ggf. seine Sitzposition zu korrigieren.
Zur Sache mit dem tanden (umgangssprachlich auch hara genannt) - das ist nichts anderes als das daoistische 'Zinnoberfeld' (dantian 丹田), wobei der Begriff tanden mW nur auf den unteren dantian angewendet wird. Ob nun "Bauchatmung" oder der daoistische 'kleine himmlische Kreislauf' - das hat natürlich mit Zazen selbst nichts zu tun, sondern mit der Regulierung des Atems, mit dem das Zazen beginnt.
Zitat
Wenn du erst deine Körperhaltung eingerichtet hast, solltest du deinen Atem regulieren.
(Dōgen, Fukan Zazen Gi)
Je geübter man ist, um so weniger Atemzüge benötigt man dazu. Und wenn der Atem reguliert ist, folgt man ihm ein Weilchen (wie im Ānāpānasati Sutta beschrieben) und lässt ihn dann los.
Wenn mir das irgendwann mal gelingen sollte, ohne gleich wieder abzudriften, dann würde man wohl von gegenstandsloser Praxis (Shikantaza) sprechen, oder?