Im Sinne eines naturalistischen Weltbildes lehne ich die Annahme eines immateriellen, von der Materie losgelösten Bewusstseins/Bewusstseinsstroms/Geistkontinuums ab.
Oha!
Für das Auftreten von Bewusstsein ist nach unserem heutigen Kenntnisstand eine materielle Grundlage notwendig. Bewusstsein ist ein sogenanntes emergentes Phänomen.
"Wir", also die Neurowissenschaftler (zu denen ich mich nicht zählen kann) wissen nicht, was Bewusstsein ist und auch nicht, wie es zustande kommt. Es gibt bisher nur mehr oder weniger plausible Theorien dazu. Ebenso plausibel ist übrigens die Theorie, dass Materie nicht ohne geistige Grundlage existieren kann (vgl. David Chalmers)
Das Ungeborene, Ungeschaffene ist das aus der freien Entscheidung geborene Denken und Handeln im Hier und Jetzt. Der Kreislauf des Werdens in Bezug auf individuelles Bewustsein bezieht sich immer nur auf diese eine Existenz. Alles andere ist Religion.
Auf der Basis eines materialistischen Weltbildes kann es keine freie Entscheidung geben (maximal die Illusion davon), da in der Naturwissenschaft (und im Buddhismus) keine Wirkung ohne Ursache aufscheinen kann. Jedes Tun, Denken und Entscheiden ist von Ursachen und Umständen abhängig. Es gibt aber das Ungeschaffene, behauptet zumindest der Buddha...
Letzthin war ich in den Alpen. Die Wolken hingen sehr tief, sodass die großen Berge unsichtbar geblieben sind. Hätte ich nicht gewusst, dass ich in der Zentralschweiz war, hätte ich die Landschaft für ein Mittelgebirge gehalten. Beim Buddhismus ist es ähnlich. Je nach dem Maß geistigen Nebels, kann man das, man bisher erfahren hat, für die ganze Wirklichkeit halten. So wird aus einem Himalaya schnell mal ein Schwarzwald. Ich spreche aus eigener Erfahrung.
Die Zeiten ändern sich schnell. Was vor 500 Jahren für die Wahrheit galt, ist heute in weiten Teilen überholt. So wird es auch in 500 Jahren sein. Entscheidend ist, dass der Buddha als Kosmonaut der Erste-Person-Perspektive weiter vorgedrungen ist als alle Menschen zuvor (soweit die Erinnerung ging) und die allermeisten seitdem. Von dort hat er Erfahrungen (keine Kosmologie) mitgebracht, praktische Wege und Möglichkeiten. Ich bin nur einen kleinen Teil des Weges bisher gegangen, musste aber immer wieder meine Ansichten und Statements revidieren, von dem, was es angeblich gibt und was es nicht gibt, und wie das alles zusammenhängt. Das hat mich zu der Überzeugung gebracht, dass ich zwar immer irgendetwas sehe, und im Rahmen dessen auch mehr schlecht als recht beurteilen kann, aber ich muss zugleich auch immer damit rechnen, dass der Großteil der Berge im Neben verborgen ist.
"Wir" wissen nicht, was nach dem Ende der menschlichen Existenz kommt, und wir wissen auch nicht, wie Bewusstsein entsteht. Vieles, vielleicht alles, ist noch im Nebel verborgen. Der vergiftete Pfeil steckt dennoch. Darum ist Vertrauen noch lange keine religiöse Haltung. Der Kern des Religiösen ist aber etwas, das Vertrauen rechtfertigt. Der Buddha hat diesen Kern gefunden.