Beiträge von Leonie im Thema „Mut zur Veränderung“

    Und von daher ist es doch verständlich, wenn man da eher konservativ ist und wenig "Mut zu Veränderung" zeigt. Wenn man etwas dagegen nur rein als beliebig konstruiert sieht, dann ist man viel freier darin, da Veränderungen vorzunehmen.

    Statt konservativ sehe ich die Bezeichnung traditionell für angebrachter und dafür braucht es ja auch Mut, gegen alles Streben der Veränderung an Tradition fest zu halten.

    Die Konventionen sind zwar willkürlich - im Sinne eines nach Tönnis bestimmten "Kürwillen" - d.h. es sind Setzungen, Übereinkünfte, die aber nicht beliebig sind, sondern sich als Verhaltensregeln herausgebildet haben oder auch herausbilden sollen. Sehr ausführlich hat das David Lewis in seiner Arbeit "Convention" durch dekliniert.
    Neben den Verhaltenskonventionen gibt es dann auch die Konventionen der Kommunikation, zu denen Sprechakte, wie Grüßen, Entschuldigen, Versprechen, aber auch Anordnung, Befehl und Deklaration uam. gehören. Sie sind allesamt - also auch die Konventionen in der Sprache transformierend, d.h. sie verkörpern Gegebenheiten unter der wesentlichen Bedingung, dass sie anerkannt werden.

    Sprechakte sind in schamanischen Kulturen (Bön) geläufig und wie wir aus Harry Potter wissen, sind Zaubersprüche auch Sprechakte. :grinsen:

    Fehlt die Anerkennung, d.h. der Glaube daran, haben diese Praktiken keine Wirkung.

    Ich denke es ist ein großer Unterschied, ob man so ein System von außen betrachtet, oder von seiner Wirkung auf den Praktizierenden.

    Das ist es. Aber Systeme sind so definiert, dass sie ein Innen und Außen haben und sie mit der Umwelt interagieren. Da die Praktizierenden von außen kommen, müssen sie in das System integriert werden und da gibt es im Vajrayana die Hierarchie zwischen denen, die den Tantra lehren und denen, die belehrt werden.

    Und, wenn ich da im Berzin Archiv lese, ist das ein Fass ohne Boden - da ist der Palikanon ein klacks.

    Die Wirkung auf die Praktizierenden wird vor allem durch Hingabe (bedingungslose) erzeugt. Und die braucht es auch, denn das Vajrayana ist ein ausuferndes Lehrsystem, das so gebaut ist, damit es Generationen beschäftigt und nicht zusammen fällt.

    Wer in dieses rabbit-hole kommt, findet da wohl nur schwer heraus.

    Es gibt im tibetischen Buddhismus verschiedene Systematisierungen parallel. Was aber nicht Beliebigkeit bedeutet.

    Wenn du die Semiotik von Charles S. Pierce vielleicht kennst, dann weißt du, dass diese Systeme, semiotische Systeme sind, die abgebildet werden können in einem semiotischen Dreieck von Zeichen, Konzept und Objekt.

    Nehmen wir mal das Objekt einer Fußspur im Gras - um dieses Zeichen überhaupt wahrnehmen zu können, als Fußspur, braucht es bereits eine Erfahrung und ein Konzept. Es muss dir schon mal gezeigt worden sein, dass Hasenspuren oder Ochsenspuren SO aussehen. Und es braucht außerdem eine Kultur oder Konvention, die dieses Zeichen als bedeutungsvoll ansieht. In einer Jägerkultur macht das also Sinn, auch in einer Kultur, in der der Ochse eine Bedeutung hat, wie in China - in einer anderen Kultur aber nicht.

    Pierce unterscheidet zwischen Index, Icon und Symbol - das Symbol nun ist ein Zeichen, dass keine Beziehung zu (s)einem Objekt hat, also auf Konvention beruht, wie die Sprache.

    Alles, was du da oben zitiert hast ist also konventionell und beruht nur auf willkürliche Setzung - außerhalb der Kultur und deren Konventionen haben diese Systeme keinen Sinn.

    Das gilt auch für die Symbole der Chinesen, die das I Ging oder die "Medizin" verwenden. Chinesen sind ja sehr fixiert auf diese Art von Glaube - an jeder Ecke bietet man dir dort Wahrsagerei an.

    Wenn man nun aber auf das Herz-Sutra verweist, dann ist die letzte Wirklichkeit zeichenlos - der Tathagatha hat keine Merkmale.

    Und in dem Augenblick, in dem dir das Konventionelle dieser ganzen Symbolsysteme klar wird, siehst du nur noch die Geschichten, die da erzählt werden und dass es ein kulturelles und konventionelles Phänomen ist. Darüberhinaus hat es keine Bedeutung.

    Die liturgischen Farben in der katholischen Kirche haben sich über längere Zeiträume entwickelt und violett wird z.B. an den Fastenzeiten vor Ostern und Weihnachten (Advent) als Meßgewänder getragen. Die Symbolik ist davon unabhängig - aber man kann natürlich jeder Farbe ein Symbol oder Eigenschaft zuordnen. Das sind aber auch fake-Zusammenhänge, die einfach durch bloße Zuschreibungen hergestellt werden. Sie sind auch kulturabhängig, z.B. weil die Herstellung von Farben früher sehr teuer war und daher nur den oberen gesellschaftlichen Schichten es möglich war, sich farbig zu kleiden.


    Farbe ist zudem auch keine Objekteigenschaft, sondern wird im Gehirn gebildet, durch das Zusammenspiel der für die Farbwahrnehmung gegebenen Sinneszellen im Auge. Für unsere Farbwahrnehmung sind das drei Typen von Zellen mit denen wir eben drei Grundfarben wahrnehmen/unterscheiden - aber es gibt auch Lebewesen, die nur zwei Typen haben oder sogar vier.


    hier wird das schön erklärt


    oder auch dies

    Wer weiß, ob es nicht eine für uns - aus physikalischen Gründen - nicht zugängliche Welt gibt, in der die Lieblingsfarbe Violett eine sehr wichtige Rolle spielt in der spirituellen Praxis.

    Kann aber auch sein, dass Farben da etwas ganz anderes sind ....

    Ich empfehle dir mal das Buch von Guy Deutscher: Im Spiegel der Sprache.Warum die Welt in anderen Sprachen anders aussieht.


    Wenn man sich von Autoritäten ablösen will, dann findet man immer plausible Gründe. Nur man kann dann sehr leicht bei der nächsten Autorität landen, denn ein Leben ohne Vorgaben muss ja auch eingeübt werden. Die Quantenmechanik bietet da jede Menge Material für Ersatz-Autorität - meistens versteht man sie nicht, in jedem Fall ist das so, wenn man nicht gerade am CERN arbeitet und nach Teilchen-Kollisionen Messungen macht.

    Gerade in der Physik gibt es jede Menge Spekulationen und je weiter man von der experimentellen Überprüfung sich entfernt hat, umso größer ist der Anteil der Spekulation. Dann bleibt die Mathematik und die Beweisverfahren und auch da braucht es experimentelle Nachweise der Existenz von diesem oder jenem.

    Die meistens Menschen laufen, mangels adäquaten Gebrauchs des Verstandes, irgendwelchen Spekulationsblasen hinterher. Wenn man sich in so eine Blase für längere Zeit begibt, sei es eine Zen-Blase oder tibetische Blase, dann braucht es immer ein wenig Abstand, bis einem auffällt, dass das im wesentlichen Echokammern sind, in der sich Menschen sich wechselseitig bestätigen.