Beiträge von void im Thema „Mut zur Veränderung“

    Und es braucht außerdem eine Kultur oder Konvention, die dieses Zeichen als bedeutungsvoll ansieht. In einer Jägerkultur macht das also Sinn, auch in einer Kultur, in der der Ochse eine Bedeutung hat, wie in China - in einer anderen Kultur aber nicht.

    Pierce unterscheidet zwischen Index, Icon und Symbol - das Symbol nun ist ein Zeichen, dass keine Beziehung zu (s)einem Objekt hat, also auf Konvention beruht, wie die Sprache.

    Alles, was du da oben zitiert hast ist also konventionell und beruht nur auf willkürliche Setzung - außerhalb der Kultur und deren Konventionen haben diese Systeme keinen Sinn..

    Ich denke es ist ein großer Unterschied, ob man so ein System von außen betrachtet, oder von seiner Wirkung auf den Praktizierenden.


    Während es ja im Buddhismus viele andere Denkweisen gibt - z.B Bodhidharma mit seinem "offene Weite nichts von heilig" braucht man, wenn man sich auf eine tantrische Praxis einlässt auch die dazugehörige Sicht


    Und innerhalb dieser Sicht ist ein Mantra ist nicht einfach eine beliebige Kette von Buchstaben die durch Konvention eine bestimmte Bedeutung bekommen hat - sondern es ist - wie auch Mudra und Mandala eine Verkörperung von Dharmakaya.


    Gemäß der Sprechakrtheorie würde ein Mantra eben nicht unter "Reptasentativa" fallen, wo Wort auf Welt zeigen, sondern es ist ähnlich wie "Deklarativa" - wie z.B Worte die eine Heirat besiegeln - etwas was Teil einer Transformation ist.


    Tantrische Praxis soll ja ihre Struktur aus Krönungszeremonien ziehen, wo ein normaler Mensch zum Herrscher transformiert und in seinen Bereich eingeführt wird. Ein Mandala nimmt die Rolle ein, für den Praktizierenden den Dharmakaya zu manifestieren.


    Und von daher ist es doch verständlich, wenn man da eher konservativ ist und wenig "Mut zu Veränderung" zeigt. Wenn man etwas dagegen nur rein als beliebig konstruiert sieht, dann ist man viel freier darin, da Veränderungen vorzunehmen.

    In diesem Thread geht es ja um Ngöndro als Zugang zu einer tantrischen Praxis. Und diese ist eben nicht beliebig sondern hat Systeme - Ordnungen wie sie eben in Mandalas ausgedrückt werden. Sie dient dazu den Geist zu transformieren - also von Verblendungen hin zu den Attributen zu kommen, die man dem befreiten Geist eines Buddhas verwirklicht sieht. So gibt es die Einteilung in 5 Buddhafamilien:


    1. Die Tathagata- oder Buddhafamilie wird von einem Rad symbolisiert und hat die Hauptbuddhaform Vairochana.
    2. Die Juwelen-Familie wird von einem Juwel symbolisiert und hat die Hauptbuddhaform Ratnasambhava.
    3. Die Lotus-Familie wird von einem Lotus symbolisiert und hat die Hauptbuddhaformen Amitabha und Avalokiteshvara.
    4. Die Karma-Familie wird von einem Schwert symbolisiert und hat die Hauptbuddhaformen Amoghasiddhi und Tara.
    5. Die Vajra-Familie wird von einem Vajra symbolisiert und hat die Hauptbuddhaform Akshobhya.

    Solche komplexen Systeme sind gleichzeitig ein Reichtum können aber natürlich gerade deswegen auch unflexibel sein.


    Es ist doch niemand gezwungen sich für eine solche Praxis zu entscheiden. Auch innerhalb des tibetischen Buddhismus gibt es ja noch vieles anderes: Sutrastudium Lojong, Lamrim - die Tradition des Dzogchen


    Was aber nicht geht, ist dass man da Teile einfach austauscht. Und statt blau lila nimmt, statt der "Karma Familie" die "Waltonfamilie" und statt Avalokiteshvara Manjushri nimmt. Weil es sich eben nicht um beliebige Ansammlungen handelt - Warenkörbe im Supermarkt - sondern um ein System. Und System bedeutet, dass die Teile aufeinander bezogen sind.


    Dies bedeutet nicht, dass es nicht verschiedene Systeme geben kann. Es gibt im tibetischen Buddhismus verschiedene Systematisierungen parallel. Was aber nicht Beliebigkeit bedeutet.


    Auch in der traditionellen Medizin trifft sich ja in Tibet z.B das indische System wo es vier Elemente gibt mit dem chinesischen System, wo es 5 Elemente gibt. Aber jedes von ihnen ist balanciert und symmetrisch. Keiner kommt daher und sagt "statt dem Element Erde hätte ich gerne das Element Haselnüsse". Und haben sie ein I Ching ohne Hexagramme?

    Ich empfehle dir mal das Buch von Guy Deutscher: Im Spiegel der Sprache.Warum die Welt in anderen Sprachen anders aussieht.

    Ich habe nachgeschaut. Soweit ich das was ich im Internet gefunden habe richtig interpretiere ( früher hatte wir ja nach Leute hier die das Tibetische beherrschten - was für ein Verlust) ist "Violett" auf tibetisch མུ་མེན - (mu men) was "lapilazulifarben" bedeutet.


    Lapislazuli kann ja tatsächlich violett ( und manchmal sogar rosa ) sein aber gerade er im geschliffenen Zustand eher tiefblau (Ultramarin)


    Und weil Lapis Lazuli so ein wertvoller Stein ist, ist er sehr geehrt und wird mit dem Medizinbuddha und vielen großartigen Eigenschaften in Verbindung gebracht.


    Und so wie man bei dem Begriff "gold" sofort an das Metall denkt und nicht ob es ins Gelbe oder Orange spielt, umfasst das Lapilazulifarbene für einen Tibeter sowohl das Tiefblaue als auch das Violette?


    Es gibt noch das Wort

    སྨུག་པོ - (smug po)


    für das ich da als Übersetzung

    dark red, purple-brown) finde.


    "Violett" scheint sich also an der Grenze von zwei benannten Farben zu befinden.

    Ich habe mir soeben ein Arte-Video über Quantenmechanik angesehen.

    (Steven Weinberg: "Wenn du dich mit der Quantenmechanik beschäftigst, bist du danach nie wieder Derselbe")

    Gegen Schluss der Ausführungen wird eine Idee von vielfältigen Möglichkeiten angesprochen, welche den Teilchen innewohnt.

    Es fängt immer mit Möglichkeiten an. So hat sich das Schach in das europäische, das persische, das chinesische und das japanische Schach aufgespalten. Viele Pfade sind möglich. Und man kann sich leicht eine Schule des tibetischen Buddhismus mit violetten Buddhaspekte vorstellen. Dies bedeutet aber nicht, dass alles zur Disposition steht. Wenn man japanisches Schachspieler dann spielt man japanisches Schach und wenn man europäisches Schach spielt, spielt man europäisches Schach.


    Oder wie Bukaroo Banzai einst sagt "Egal wo du hingehst, da bist du dann!"

    Der tibetische Buddhismus hat ja eben über die Jahrhunderte hinweg ein komplexes Lehrgebäude aufgebaut. In dem eben die Buddhas mit bestimmten Farben assoziiert werden.


    Und ich verstehe da einen Lehrer der etwas entgeistert ist, dass da jemand einen violetten Buddha will.


    Auf ähnliches Unverständnis würdest du doch im Schachverein stoßen wenn du gerne statt mit einem Turm mit einer Blums ziehen würdest. Oder wenn du beim Fussball Stein gerne mitspielen würdest dir aber statt eines Tors eher ein Korb wie beim Basketball behagen würde.


    Da würde doch auch jeder sagen, dass das im Rahmen der "gespielten Spiele" nicht vorgesehen ist. Das hat nicht so sehr mit dem Mit zur Veränderung sondern mit strukturellen Gründen zu tun.


    Von daher ist die Frage - ob so ein Freestyle Improvisieren innerhalb der Tradition überhaupt möglich ist.

    Leider gibt es hier nur mehr wenige Leute aus dem tibetischen Buddhismus. Es ware schon, wenn sich Leute die Ngöndro praktizieren, da eine Antwort geben könnten.


    Ich meine, man muss doch nicht krampfhaft an einer Anweisung festhalten, wenn sie nicht zu einem passt.

    Meine Belehrungen liegen Jahrzehnte zurück, aber was ich behalten habe ist, dass eine Funktion des Ngöndro die Mobilisierung all der positiven Energien ( des Segens) für die Praxis aber eine andere Funktion ins genau die eines

    "künstliches Hindernis", das dafür sorgt, dass Defizite nicht erst in der tantrischen Praxis auftauchen sondern sich vorher manifestieren. Von daher ist der von dir genannte Fall kein Versagen von Ngöndro sondern gerade Teil seines Funktionierens.


    Bei manchen Kinderspielplatzen wird bei Gerüsten - die für die Größerem gedacht sind, unten eine extra unten eine Sprosse ausgelassen, so dass da zwar die grösseren Kinder raufkommen aber nicht aus Versehen sich so ein Knirps hochhangelt und sich das Genick bricht. Es ist ein "künstliches Hindernis".


    Niederwerfungen sind ein guter Spiegel. Sich niederzuwerfen ist demütigend und konfrontiert einen mit den eigenen Stolz und den eigenen seelischen Wunden. Die bei Frauen auch mit Männern zu tun haben können, was für alle Männer ja eher peinlicher sein sollte als für die Frau, die die Wunde abbekommen hat.


    Warum hast denn du mit Ngöndro

    aufgehört?