die Theravada-Einsicht beruht auf Induktion und ist deshalb von vornherein dazu geeignet mit Konzentration (auf das zu analysierende Objekt) verbunden zu sein, die Gelugpa-Einsicht jedoch beruht auf Deduktion und erscheint deshalb aufgrund des diskursiven Denkens als ungeeignet mit Konzentration verbunden zu werden.
Das erscheint mir doch etwas schwarz weiß in der Formulierung. Es mag sein, dass die einen mehr induktiv vorgehen und die anderen mehr deduktiv, aber um zu einer Einsicht zu kommen braucht man doch beides. Rein induktives Vorgehen würde ja jede Vorannahmen oder Lehren ausschließen und rein deduktive jede Erfahrung.
Zielt denn die Gelugpa Schule nicht auf eine nicht-konzeptionelle Wahrnehmung?
Natürlich hast du recht, wenn du meine Worte als kategorische Unterscheidung missverstehst und ja, meine Formulierung mag dazu verleiten. Deine Aussage "Rein induktives Vorgehen würde ja jede Vorannahmen oder Lehren ausschließen" entspricht genau meiner Kritik an den doktrinären Aussagen des Theravada dazu, denn man kann die Theravada-Einsichten auch als Auto-Suggestionen infolge vertrauenserweckender Belehrung verstehen.
Die Deduktion der Gelugpa-Methode hat es gar nicht nötig eine direkte Einsicht zu behaupten, eben weil sie von vornherein die indirekte Einsicht per logischem Denken mit Schlussfolgerungen praktiziert, noch bevor die meditative besondere Einsicht überhaupt angegangen wird. Die meditative besondere Einsicht ist dann "lediglich" die Vereinigung des bisher Praktizierten mit konzentrativer Versenkung (das Wort "lediglich" schmälert also auf keinen Fall die immense Herausforderung dieser besonderen Einsicht sondern hebt nur ab auf das bloße Zusammenführen zweier Aspekte).
Helmut ist bereits auf das aus Theravada-Perspektive inkompatible "Leerheits"-Verständnis eingegangen. Das sollte man unbedingt beachten, wenn man zwischen Theravada-Leerheit und Mahayana-Leerheit "lesetechnisch" hin- und herhüpft.
PS: Die besondere Einsicht
in die Mahayana-Leerheit kennzeichnet auch den Übergang vom Pfad der Anhäufung (sambhāramārga) zum Pfad der Vorbereitung (prayogamārga).