Posts from Helmut in thread „Das Ich (auch "Ego" genannt) ist eine Illusion - Erkennen wir das, "erwachen" wir“

    Das Zitat aus D.22 beschreibt ja nur die Faktoren durch die Begehren entstehen kann. Begehren ist ein Bewusstseinsfaktor, der nur in Abhängigkeit von einem äußeren Objekt, der Sinneskraft und einem vorhergehenden Bewusstseinsmoment entstehen kann. Es werden also nur Umstände genannt, die erforderlich sind, damit Begehren entstehen kann.


    Das bedeutet aber nicht, dass jede Wahrnehmung von Formen oder Farben durch die Sinneskraft des Auges und des Augenbewusstseins zwangsläufig Begehren hervorrufen muss. Wenn dem so wäre, könnten wir uns von Dukkha nicht befreien.


    Begehren oder Verlangen entsteht wie mukti schreibt aus Unwissenheit. Die Unwissenheit besteht darin, dass wir auf die Objekte der äußeren Welt eine Eigenexistenz projizieren und glauben, dass sie aufgrund dieses Eigenwesens etwas Angenehmes oder Unangenehmes sind.


    Wenn wir aufgrund dieser Geisteshaltung ein Objekt mit den Augen wahrnehmen und es für attraktiv halten, dann glauben wir, dass es aus sich heraus attraktiv ist und entwickeln Verlangen oder Begehren.


    Überwinden wir diese Unwissenheit, dann entsteht beim Wahrnehmen einer Form oder einer Farbe kein Begehren oder Verlangen mehr, weil wir erkennen wie dieses wahrgenommene Phänomen tatsächlich existiert.


    Dann sind die Phänomene unserer Wahrnehmung nicht mehr Objekte des Verlangens und dann sind sie auch kein Dukkha mehr.

    Ich hatte immer gedacht, "Verlangen", also "Das Leiden" ist nicht anders als dukkha.


    So Nyanatiloka:


    Quote

    Dukkha gilt als universelles Charakteristikum aller Phänomene; da die Dinge unbeständig sind, sind sie unzuverlässig und können uns nie zufrieden stellen. Der naturgegebene Verfall und die Auflösung der Dinge ist dukkha.

    Verlangen und Leiden / dukkha sind keine Synonyme, sie sind nicht gleichbedeutend. Der Begriff dukkha ist umfassender als der Begriff Verlangen. Verlangen ist nur eine Form vielfältiger Leiden. Dukkha ist in Bezug auf Verlangen ein Oberbegriff und Verlangen in Bezug auf Dukkha ein Unterbegriff. Zwischen den beiden besteht also das Verhältnis von Allgemeinem zu Besonderem.


    Der Aussage von Nyanatiloka wie sie hier zitiert ist, würde ich nicht zustimmen. Wenn Dukkha ein universelles Charakteristikum aller Phänomene wäre, dann wären auch die wahren Beendigungen und die wahren Pfade, also die dritte und vierte edle Wahrheit, Dukkha.


    Sie sind es aber nicht, weil sie die Gegenmittel gegen die wahren Leiden und die wahren Ursprünge sind.

    Wenn man erkennt, dass Verlangen Dukkha erzeugt, Dukkha also die Wirkung von Verlangen ist, dann bedeutet dies doch, dass auch das Verlangen verursacht ist. Wenn Verlangen, das eine Form der Begierde ist, die Ursache von Dukkha ist und wir Dukkha überwinden wollen, dann müssen wir mittels der Praxis die Ursachen des Verlangens überwinden, die Ursachen des Verlangens beseitigen.


    Das Überwinden des Verlangens mittels der Praxis ist natürlich ein langer Prozess in dem es nur schrittweise reduziert werden kann. Während dieses Prozesses wird es immer wieder auf die eine oder andere Form auftreten. Wenn aber alle Ursachen des Verlangens mittels der Praxis aufgegeben worden sind, kann Verlangen nicht mehr auftreten, weil die Ursachen beseitigt worden sind.

    eventuell komme ich dann sogar zu dem Schluss das mein Verlangen gar nicht beseitigt werden muss,

    Genau! Was beseitigt wird, ist, dem Verlangen zu folgen. Das Verlangen muss dafür nicht verschwinden. Allerdings sind erfahrungsgemäß viele Aspekte des Verlangens mit einem Suchtfaktor versehen. So dass dann doch häufigeres "nachgeben" zu mehr Verlangen, und häufigeres "nichtnachgeben" zu weniger Verlangen führt.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Das bedeutet ja, solange das Verlangen da ist, werden wir ihm mal mehr, mal weniger nachfolgen. Das bedeutet ja, der Drang, dem Verlangen zu folgen, wird also nicht beseitigt, dass man ihm nicht mehr folgt. Solange die Ursache des Verlangens nicht aufgegeben wird, wird sich daran nichts daran ändern, dass wir dem Verlangen folgen.


    Das Verlangen kann ja auf dreierlei Weise auftreten:

    • das Verlangen nach Glück
    • das Verlangen, von Leid frei zu sein
    • das Verlangen mit dem man an den Skandhas anhaftet.

    Die Ursache des Verlangens, das eine Form der Begierde ist, sind unsere Geistesgifte, insbesondere die Unwissenheit, die ja auch das erste der zwölf Glieder des abhängigen Entstehens ist.

    Und sagte nicht Shakyamuni selbst

    Erleuchtung bedeutet totale Akzeptanz?

    LG

    Nein, das hat er nicht gesagt. Buddha Sakyamuni hat in seiner ersten Lehrrede (Samyutta Nikaya 56.11) gelehrt, dass Erleuchtung, Erwachen, Befreiung darin besteht, dass man das Leiden und die Leidensursachen vollständig und unwiderruflich aufgegeben hat. Man hat dann die wahren Beendigungen (dritte edle Wahrheit) mittels des achtfachen Pfades verwirklicht. Und wenn man diese Beendigungen verwirklicht hat, dann, so lehrt Buddha Sakyamuni, gibt es nichts mehr zu verwirklichen.


    Wenn Erleuchtung totale Akzeptanz bedeuten würde, dann müsste man ja bereits dann Erleuchtung erlangt haben, wenn man Unwissenheit, Gier und Hass und die daraus resultierenden Leidenschaften akzeptieren würde. Dann bräuchte man auch nicht den achtfachen Pfad praktizieren.


    Beim achtfachen Pfad geht es aber nicht um die Akzeptanz der Leiden und ihrer Ursachen, sondern um deren Überwindung.

    Die Ich-Illusion muss man meines Erachtens im Zusammenhang damit verstehen, dass unser Ich nicht so existiert wie es uns in unserer alltäglichen Wahrnehmung erscheint.

    Aha. Ja also auch wenn man die Ich- Illusion durchschaut hat, so ist man ja noch da. Finde das ein wenig schwer zu verstehen und dieses kann auch mit unserem Verstand nicht verstanden werden, man muss es erlebt haben, ohne den Verstand, der wäre in dem Moment ausgeschaltet, Verstand ist das Ego. oder ? Der, der bewertet und was will. Ich hoffe ich überfordere dich nicht.

    Wenn man die Ich-Illusion aufgegeben hat, hat man als Person/Ich eine falsche Ansicht aufgegeben. Man hat nur diese falsche Ansicht aufgegeben, mehr aber nicht. War man vorher eine Person, die einer falschen Ansicht über das Ich anhing, ist man nun eine Person, die dieser falschen Ansicht nicht mehr anhängt. Aber man existiert weiter als Person, nun als eine Person, die eine falsche Ansicht überwunden hat. Überwindet man eine falsche Ansicht, so trägt dies dazu bei, korrekte Ansichten zu verstärken. Wenn ich erkenne, dass das Ich/die Person nicht so existiert wie sie mir erscheint, dann stellt sich die Frage ein, wie existiere ich denn als Person, wie existiert mein Ich.


    Das Ganze ist ein begrifflich-intellektueller Erkenntnisprozess, den wir mit unserem Geist, unserem Verstand vollziehen. denn mit den Sinnesbewusstseinsarten geht das nicht.


    Unser Verstand ist nicht das Ego, denn es gibt kein Ego. Gäbe es ein Ego, dann müsste man es unter Analyse in unseren Skandhas finden können. Hat man aber bisher nicht geschafft. Was es gibt ist die Vorstellung, dass es ein Ego gäbe. Aber unser Verstand ist keine Vorstellung.


    Der Verstand ist ein Aspekt unseres Geistes, der es uns dabei hilft, zu analysieren und zu bewerten und zu Schlussfolgerungen zu kommen. Die Frage ist dann, kommen wir stets zu korrekten Erkenntnissen. Schließlich gibt es auch falsche Schussfolgerungen, die nicht der Realität entsprechen, weil wir falsch analysieren.

    Wenn im Kontext des Dharma von Ich-Illusion gesprochen wird, wird damit nicht behauptet, dass es kein Ich gibt. Die Ich-Illusion muss man meines Erachtens im Zusammenhang damit verstehen, dass unser Ich nicht so existiert wie es uns in unserer alltäglichen Wahrnehmung erscheint.


    Die Ich-Illusion ist eine Verneinung. Was verneint sie? Sie verneint die Ansicht, es gäbe ein eigenständiges, aus sich heraus existierendes Ich. Mehr verneint sie nicht. Sie verneint also nicht generell ein Ich.


    Ein in Abhängigkeit von den Skandhas benanntes, relatives Ich, das Glück und Leid erfährt, gibt es natürlich. Dass es ein solches Ich gibt, wird im Dharma ja nicht verneint.


    Das Problem ist, dass die Ansicht eines eigenständigen Ichs und die Auffassung des relativen, handelnden Ichs in unserem Geisteskontinuum eng miteinander verquickt sind. Deshalb fällt es uns auch schwer, diese beiden exakt voneinander zu unterscheiden. Deshalb ist es wichtig, die Sicht der Selbstlosigkeit der Person zu entwickeln.