Posts from void in thread „Wissen Tiere um Tod?“

    Eine Kuh kann so ein Konzept wie "Tod" - ich werde nicht mehr da sein - nicht verstehen und von daher diese Art von Angst nicht haben.


    Aber was natürlich allen eingeboren ist, ist die Sehnsucht nach dem Leben förderlichen Zuständen und die Furcht vor allem was Krankheit, Verletzung und Ohnmacht bringt. Und da ist "das Tödliche" das Grausige ein Ende der Skala. Von daher verfällt die Kuh im Schlachthof wenn sie Blut riecht in Pank - in Todesangst - weil sie fühlt das auch ihr Schreckliches droht.


    Was gefürchtet wird ist die Bedrohung des Lebens und die Bedrohung wird gefühlt. Aber eben auf einer basalen Ebene - die ja auch Menschen zugänglich ist. Ohne das Konzepte von - oder Gedanken über den Tod als Lebensende da sein müßten.


    Also Todesahnung und Todesfurcht - ja. Aber Todeswissen - nein.

    Mich verwundert das mit dem "ich" und dem "wir". Für Anthropologen wie Michael Tomasello war der Übergang zum Menschen einer, wo eben nicht mehr jeder von seinem beschränkten Ich ausging sondern vom "wir":


    Viele Biologen sehen die Wurzeln zur Kooperation schon im Tierreich: Schimpansen etwa jagen gemeinsam. Der Verhaltensforscher Michael Tomasello aber widerspricht dem energisch. Bei Tieren sei das keine echte Kooperation, bei den Schimpansen sei jeder in der Gruppe letztlich nur auf den eigenen Vorteil aus. Menschen hingegen würden ständig kooperieren – auch mit Wildfremden.


    Wie das möglich ist, legt Tomasello detailliert in seiner „Naturgeschichte der menschlichen Moral“ dar. Vor zwei Millionen Jahren wurde das Klima in Afrika trockener und kühler, und die Nahrungssuche damit schwieriger. Die einzige Chance für die Frühmenschen bestand darin, zusammen auf gemeinsames Ziel hinzuarbeiten. Nicht als „ich“ und „du“, sondern als übergeordnetes Wir. Der andere wurde überlebenswichtig und das heißt nicht nur, dass man mit ihm fühlt, sondern dass man ihn auch als gleichwertig empfindet.

    Gerade Jäger und Sammlerkulturen waren ja sehr egalitär. Dieses Denen im "wir" ist ja eine bedeutende Sache die dann auch die Grundlage von Religionen - von Ahnen, Stammesgöttern, Rituale gelegt hat. Natürlich hat dies dann auch wieder zu einer neuen Form des Ich geführt - des "Ichs um Bezug zum Wir" - wenn man so will. Den anderen als Teil des selben wirs als gleichwertig zu sehen bedeutet natürlich auch eine andere Sicht auf den Tod.

    Worauf ich hinausgehen wollte, hast du lesen können.

    Wenn es einem Löwen schmerzen mag, wird ihm auf den Schwanz getreten, heißt das nicht, er habe deshalb ein Ich-Bewusstsein nur weil er ein Schmerzempfinden hat.

    Ein "Ich-Bewußtsein" ist meiner Herangehensweise nach ein Wissen um sich selbst und die eigene Position. Von daher ist es seiner Natur nach graduell. In seiner einfachsten Form ist es das Wissen was und wo der eigene Körper ist. Was man z.B im Spiegeltest feststellt, den Kinder am 18 Monaten meistern. Und dann eben das wissen um die eigene soziale Position. Das rudimentäre "soziale Ich" Und dann natürlich, wie pano gut erklärt, das wissen darüber, wie andere einen selbst sehen. Man hat ein Bild davon welches Bild andere von einem haben. Oder eben die Fähigkeit zur Metakognition - das Wissen um die eigenen geistigen Prozesse - das eigene Wissen und die eigenen Emotionen ( z.B bei Ratten) Beim Menschen kommt die Sprache hinzu - d.h er kann über sich selbst nachdenken. Ich-Bewußtsein ist also meiner Sicht nach etwas graduelles.


    Während du das Tieren pauschal ansprichst und ihnen stattdessen ein "Wir-Bewußtsein" bescheingst. Ich habe mich gefragt, was dies sein mag und bin so bei Steiners "Gruppenseele gelandet. Wenn du das nicht meinst, kannst du ja kurz erklären, was du meinst.

    Frei


    Du scheinst ein wenig ungeübt im Umgang mit Zitatboxen zu sein. In deinem obigen Beitrag werfe ich mir selber vor keine Quellen anzugeben! Bei den Zitatboxen ist es so, dass du da auf den roten Text klicken mußt um dann zur Quelle zu kommen. Dann musst du natürlich noch innerhalb der Seite den Text suchen.

    Der Mensch kann zu sich "ich" sagen und sieht sich damit zusammenhängend als Individuum unter anderen Menschen, während die Krähe zwar wie der Mensch einen eigenen Körper hat, ist aber ihr Bewusstsein ein Artenbewusstsein, das sie nur "wir" sagen lässt.

    Wenn man mir auf den Fuß tritt, dann tut es mir weh. Und wenn jemand einem Löwen auf den Schweif trete, dann tut es diesem konkreten Löwen weh. Ich nehme an, du willst auf anthroposophische Ideen einer Gruppenseele hinaus.

    Alles, was das einzelne Tier empfindet, empfindet in ihm die Gruppenseele. Nehmen wir zum Beispiel alle verschiedenen Löwen: Die Empfindungen der Löwen führen alle zu einer gemeinschaftlichen Seele hin. Auf dem astralen Plan haben alle Löwen eine gemeinschaftliche Gruppenseele. So haben alle Tiere auf dem Astralplan ihre Gruppenseele. Wenn man dem einzelnen Löwen einen Schmerz bereitet, oder wenn er eine Wollust empfindet, so setzt sich das bis auf den Astralplan fort, wie der Schmerz des Fingers sich bis zu der Menschenseele fortsetzt.

    Für mich ist das weit hergeholt und nicht plausibel.

    Meine Frage - wissen Tiere um Tod, ihre Sterblichkeit?

    Dafür bedarf es des Bewusstseins über sich selbst.

    Und zwar eines recht ausgeprägten. Ein Wissen über sich selbst ( wo bin ich, was kann ich, wo stehe ich sozial) das viele höhere Tiere bestimmt haben reicht da nicht aus. Man muß abstrahieren können: Das was dem passiert kann mir auch passiert.


    Bei Krähen gibt es das Phänomen, das wenn eine Krähe stirbt andere Krähen hinzukommen, und von dem Ereignis tief verstört sind. Ein toter Artgenossen kann ja bedeuten, dass da eine Gefahr da ist, die auch mir droht. Dies wurde als "Krahenbegräbnis" bezeichnet:


    When a crow finds another dead crow, they’ll often make alarm calls or a series of loud scolds (a kind of vocalization) to bring the death to the attention of other crows. These alarm calls trigger mobbing, a behavior that sees the crows gather around the carcass and scold, and this can go on for 15 to 20 minutes.


    During this time, their big brains are whirring away trying to work out what happened so they can avoid the same fate. Sometimes things do get a bit weird, mind. Necrophilia isn't a classic segment of funerals.

    Krähen haben also ein gewisses Verständnis von Tod und die Erregung scheint es ja diffus mit einer potentiellen eigenen Bedrohungslage zusammenzusprungen.


    Aber ein Bewußtsein der eigenen Sterblichkeit ist das noch nicht.

    mukti

    Spruch von Monikadie4. : Ohne mich ist das Leben ganz einfach.

    Tiere kennen kein „mich“.

    "Sorge um sich selbst" bedeutet, das man sich immer wieder entscheiden muß, was für das eigene Wohl - das Mein - das beste ist. Früher ging man davon aus dass Tiere dieser "Sorge um sich" enthoben ist weil ihnen angeblich ein "Instinkt" sagt, was zu tun ist. Der Begriff wurde bis Mitte der Achtziger Jahre verwendet und auch an Schulen gelehrt. Aber inzwischen weiß man, dass das nicht stimmt.


    Man kann einen Einsiedlerkrebs immer stärker Stromstößen aussetzten und schauen, ab wann ihm Flucht wichter ist als sein "Besitz" - sein schützendes Schneckenhaus das mühsam zu erwerben war. Und da sieht man dann wie er hin und hergerissen ist, zwischen seinen Bedürfnis nach unmittelbarer Schmerzfreiheit und seinem langfristigen Bedürfnis nach Schutz. Und irgendwann der Schmerz so groß wird, dass er auf das Haus pfeift.


    Buddha sieht Tiere als fühlende Wesen - als samsarisches Wesen, die oft erfahren was sie nicht wollen und oft wollen, was sie nicht kriegen. Und natürlich als Wesen mit einem "Mein" - mein geliebtes Schneckenhaus, meine mühsam gegrabene Baumhöhle, mein Revier, mein Platz im Schatten, mein Partner, mein Platz in der Hierarchie. Wenn das "Mein" prosperiert - wenn sich paradiesische Fressgründe auftunen, dann freuen wir uns. Und wenn das "mein" wegbricht sind wie frustriert. Pavian Männchen die einen Kampf verloren haben laufen verstimmt rum und wenn da ein Pavian-Kind ist kriegt es einen Tritt ab. Einfach aus Frustration.


    Die Idee des "sorgenfreien Tier" ist ein Mythos. Das sieht man doch sogar an Hauskatzen. Wenn die wegen stärkeren, jüngeren Katzen ihr Revier verliert, dann kann sie psychische Machen kriegen. Sie schleckt auch so viel an Fell das sie kahle Stellen kriegt, traut sich nicht nach draußen.


    Ein gefallener Pavian Patriarch und eine verdrängte Hauskatze leiden an ihrer Situation und schütten die gleichen Stresshormone aus, wie ein gemobbtet Büroangestellter. Und natürlich suchen sie nach Wegen um die entronnen Macht wiederzuerlangen.

    .. ein Tier kann ein Bewußtsein von sich selber haben, also sich z.B selber im Spiegel erkennen,

    Ist der Körper denn gleichbedeutend mit dem Selbst? Nein, der eigene Körper macht nicht das Selbst aus, denn das Selbst ist geistig zu verstehen.

    In der Verhaltensforschung ist die Frage nach Selbstbewußtsein ein die fragt, inwieweit ein Tier eine Vorstellung von sich selber hat. Während es relativ verbreitet ist, geistige Konzepte von anderen Wesen zu haben ( ein Schaf kennt alle bis zu 400 Individuen seiner Herde) erfordert es einen zusätzlichen Abstraktionschritt sich bei dem was man tut, zu überlegen wie man auf andere wirkt.


    Als Spiegeltest bezeichnet man ein Experiment zur Selbstwahrnehmung, bei dem ein Spiegel ins Sichtfeld eines Testtiers oder einer Testperson gebracht und die Reaktion auf ein künstlich auf dem Körper angebrachtes Merkmal beobachtet wird. Eine typische Form des Tests ist das Aufmalen einer Farbmarkierung an einer Stelle, die nur durch einen Blick in den Spiegel wahrgenommen werden kann. Geprüft wird mit Hilfe dieser Versuchsanordnung, ob das Individuum durch sein Verhalten anzeigt, dass sich die Markierung am eigenen Körper befindet.

    Für ein Tier ist das Selbst zunächst der eigene Körper. Es ist der Ort wo man Schmerzen erlebt.

    Bei sozialen Tieren kommt, dann noch ein Selbst hinzu, dass den sozialen Status in der Gruppe bestimmt. Hier muß man nicht nur dessen bewusst sein, wo man physikalisch steht, sondern wie der soziale Stand ist. Kann ich diesen Kampf - jenen Paarungsversuch wagen.


    Natürlich sind all diese Vorstellungen - die Vorstellung vom eigenen Körper und von der sozialen Situation geistige Zustände.


    Der Mensch kann sein "Ich" dagegen mit fast beliebigen Dingen verbunden. Mit einem Fußballverein, einem Staat, einer Idee. Und dann traurig sein, wenn es mit jenem abwärtsgeht und froh wenn jenes prosperiert.

    Jedes fühlende Wesen ist ein selbstbewusstes Individuum.

    Doch nur der Mensch kann etwas mit seinen Begrifflichkeiten von Tod und Sterblichkeit anfangen und sich davor fürchten.

    Für mich sind "fühlend" zu sein "selbstbewußt" zu sein und zu "wissen" drei verschiedene Sachen


    Ein Tier kann "fühlend" zu sein ohne besonders "selbstbewußt" zu sein. Und ein Tier kann ein Bewußtsein von sich selber haben, also sich z.B selber im Spiegel erkennen, ohne deswegen Denken zu können.


    Einige Tiere haben Erinnerung und Vorstellung. Wenn ein anderes Tier stirbt, dann vermissen sie es und haben wie Elefanten auch Zustände von Trauer. Aber auch bei Kindern ist es ein weiter Weg den Tod anderer zu verstehen und es braucht ein hohes Abstraktionsvermögen um vom "andere sterben" zu einem "ich bin wie die anderen sterblich" zu kommen. Dieses Abstraktionsvermögen sehe ich da nicht gegeben.

    Wenn wir diesen Schritt auslassen, müssen wir jedem Tier, das jagt und tötet ein Wissen um Tod unterstellen.

    Meine Katze hat mal eine Maus getötet - die ist da durch den Garten gesaust und es war ihr sichtlich ein großer Spaß. Und als dann die Maus tot da lag, hat sie sich gestupft und hätte es wohl mit Freude gesehen, wenn die Maus wieder lebendig geworden wäre und das Spiel weitergegangen wäre.


    Na meinem Empfinden hat sie weder Tod verstanden noch Töten und das auf sich zu übertragen, liegt weit außerhalb ihrer Möglichkeiten. Es war alles nur ein tolles Spiel.

    Die Idee, dass ein Tier über seinen Tod in der Zukunft nachdenkt hat ja mehrere Komponenten.

    1. Dass es wirklich versteht was Tod ist.
    2. Dass es das auf sich selber übertragen kann.
    3. Dass es über etwas weit in der Zukunft liegendes Nachdenken kann.

    Letztes gibt es am ehesten bei Elefanten. Bei diesem gibt es ja den Fall dass Wasserstellen austrocknen und wenn alle Wasserstellen in der Gegend austrocknen, dann erinnern sich alte Elefantinnen wann das auch so war können die Gruppe in mehrtägigen Wanderungen zu weit ( 50 km) entfernten Wasserlöchern führen. Und man kann sich natürlich vorstellen, dass sich so ein Elefant auch an Individuen und wie sie gestorben sind, an Gefahren usw erinnert. Ich kann mir vorstellen dass er sich Fragen wie "Komme ich mit diesem Jungelefanten durch diese Gefahrenstelle" konkret stellen und bedenken kann. Und auch für sich selber gefährliche Situationen vorstellen kann.


    Aber über den eigenen Tod sinieren wird er wohl nicht. Von daher kann ich mir das auch ein anderen Tieren schwer vorstellen.


    Im Bezug auf 1 und 2 reden wir über die "Bestürzung" die der Mensch über den Tod anderer empfindet. Diese kommt ja zum Teil aus der Diskrepanz, dass da jemand sichtlich nicht mehr lebt wir aber gleichzeitig ein inneres Bild von dem anderen - seinem Handeln, seiner Stimme - im Kopf haben.


    Krähen reagieren auf tote Artgenossen teilweise sehr verwirrt:


    Swift war mit dem Präparieren von toten Krähen in der Nähe von Seattle beschäftigt und dabei beobachtete die Ornithologin, wie lebende Krähen auf ihre toten Artgenossen reagieren. Die meisten Krähen stoßen warnende Alarmrufe aus. Eine logische Reaktion, so sollen andere Vögel vor möglichen Gefahren gewarnt werden. Andere versammeln sich um die Leiche und halten eine Art Begräbnis für den toten Artgenossen ab. 24 Prozent der Vögel werden ziemlich aufdringlich. Sie picken und zerren an der Leiche. Vier Prozent der Begegnungen enden in Nekrophilie, also einem sexuellen Akt mit dem toten Vogel und damit nicht genug. "In den dramatischsten Fällen näherte sich eine lebende Krähe der toten und während sie Alarm rief, kopulierte sie mit der Toten. Dann steigerte sich die sexuelle Raserei und sie riss den toten Körper in Fetzen", schreibt Swift auf ihrem Blog.

    Dies klingt natürlich erstmal total seltsam und bizarr. Aber das was daran aufällt ist, dass der Tod nicht als was Normales aufscheint, sondern als etwas ganz und gar Verwirrendes:

    ... Swift vermutet, dass es während der Brutzeit bei einer Minderheit der Krähen zu einem Kurzschluss im Verhalten kommt. Wenn diese Tiere eine tote Krähe sehen, erkennen sie Merkmale von Nahrung, einem Eindringling und einem Gefährten. Aber es kommt nicht zu einer angemessenen Reaktion auf einen der drei Stimuli, die Krähe reagiert auf alle drei Reize gleichzeitig. "Im Ergebnis kann sie all diese Informationen nicht richtig verarbeiten und nur auf alles zugleich reagieren", sagt die Wissenschaftlerin.

    Und diese Verwirrung angesichts des Todes gibt es ja auch bei Affen.


    Von daher halte ich es für sehr un wahrscheinlich, dass ein Tier einfach so über seinen zukünftigen Tod nachdenkt. Aber man kann sich etwas konstruieren was nahe davor ist. Also wenn ich als Elefant eine Wanderung plane auf der es ein tödliches Hindernis gibt ich mich aber daran erinnere dass ein Kollege bei so etwas ähnliches starb und mich an meine Bestürzung angesichts des Todes erinnere.


    Es muß also sehr viel konkret zusammenkommen um zu so einem Gedanken zu kommen. Und ein abstraktes Nachdenken kann ich mir bei vorsprachlichen Wesen nicht vorstellen.