Ist aber eine ziemlich normale Reaktion von Tim. Die Therapiebereitschaft nimmt mit der Anzahl der erfolglosen Therapieversuche stark ab.
Genau.
Völlig unabhängig von Tims Situation:
Dann gibt es mehrere Möglichkeiten. Ein paar Beispiele:
(1) Die Störung ist nicht therapierbar. Ist recht selten, kommt aber vor. ("Ist recht selten" im Sinne von: Unter Menschen, die in einem Forum sinnvolle Beiträge schreiben können).
(1a) Alle Therapeuten bis jetzt waren nicht die richtigen. Kann vorkommen.
(2) Man möchte keine Unterstützung. Ein guter Freund von mir ist so ein Beispiel. Er sucht sich gezielt unerfahrene TherapeutInnen und führt sie ziemlich systematisch hinters Licht (nach eigenen Aussagen und nach meinen Beobachtungen). Das ist ein großes Erfolgsmodell. Man muss nichts verändern, die Therapeuten sind unfähig, und man sieht sich als cleverer als sie an.
Für ein solches Verhalten gibt es natürlich gute Gründe, nützt aber nichts. Schade um die Zeit und das viele Geld.
(3) Die vermeintlichen Vorteile der eigenen Misere sind so groß, dass man nicht bereit ist, sie aufzugeben. Beispielsweise kann man sich als Opfer inszenieren, und jede Verantwortung von sich weisen. Es sind ja immer alle anderen schuld. Man wünscht sich zwar Linderung, aber auf keinen Fall Heilung.
(4) Man gönnt es den Leuten nicht, von denen man denkt, sie haben die derzeitige Situation zu verantworten (Eltern, Lehrer, ...). Die Gewissheit, dass siese Menschen Schuld haben, ist stärker, als das eigene Wohlergehen.
So lange man leidensfähig genug ist, kann man 2, 3 und 4 sein ganzes Leben lang durchhalten.
Di Mello hat mal sinngemäß geschrieben: Eigentlich sollte ich meine psychotherapeutische Praxis komplett aufgeben. [Im Gegensatz zu seiner buddhistischen Lehrtätigkeit] Die meisten Menschen möchten Linderung, keine Lösung. Durch die Linderung, die ich ihnen biete, verlängere ich ihre Leiden nur unnötig.
Liebe Grüße,
Aravind.