Hallo Thorsten,
danke für das wichtige Thema und deine Gedanken dazu - man merkt, dass du alles durchdacht hast und gut vorbereitet bist...

Bei dem Begriff "Altersvorsorge" muss ich zwangsläufig an den Tag - vor fast 40 Jahren - denken, als ich meinen zukünftigen Mann, der schon mit 29 Jahren (durch Unterstützung seiner Eltern und Großeltern!) Eigentümer eines Zweifamilienhauses war, fragte, warum er denn ein Haus gebaut hätte. Zu meiner Überraschung antwortete er: "Als Altersvorsorge."
(Ich hatte - total naiv - gedacht, er hätte früh den Wunsch gehabt, eine Familie zu gründen...., nee, das war eher mein Plan, er war viel nüchterner...
)
Tragischerweise ging durch eine geschäftliche Pleite alles verloren, derzufolge wir nun in einer Mietwohnung, mit nur geringer materieller Absicherung, von seiner kleinen Rente, 2 Aushilfsjobs und - seit neuestem - Wohngeld leben.
Wenn mal die Jobs wegfallen, wird's noch schwieriger, aber wir konnten wirklich lange genug Bescheidenheit "trainieren".... 
Fazit: Materielle "Altersvorsorge" ist auch so eine Illusion..., man weiß ja nie, was einem so widerfährt...
Ich komme nach und nach aufs Abstellgleis.
"Die Metapher „auf das Abstellgleis schieben“ wird häufig als Umschreibung dafür genommen,[3] dass Menschen dauerhaft aus dem Erwerbsleben oder aus ihrem Wirkungskreis verdrängt oder ausgeschlossen werden. „Auf dem Abstellgleis stehen“ bedeutet, dass sich jemand in einer Stellung ohne Wirkungsmöglichkeit befindet.[4]"
(Quelle: Wikipedia)
Ich denke, dass dies kein schöner Gedanke ist (Ausgeschlossensein ist für die meisten Menschen leidvoll), aber (etwas) "(be)wirken" - u.a. im eigenen Geist - geht fast bis zum Schluss, außer man befindet sich in einem komatösen Zustand oder völliger geistiger Umnachtung.
Gut, dass du diese Überlegung folgen lässt:
Auf dem Abstellgleis wachsen viele unterschiedliche Pflanzen. Insekten leben dort, und allgemein ist dort nicht so viel Trubel.
Klingt verlockend...
Ja, man kann sich (fast) überall anpassen, mit (fast) allem arrangieren, wenn man die innere Bereitschaft dazu aufbringen will, bzw. dazu in der Lage ist, sie zu entwickeln.
Gerne wird vergessen, dass alles 2 Seiten hat, man sieht, speziell im Alter, häufig nur, was einem verlorengeht/ging, nicht das Positive (z.B. kein stressiges Erwerbsleben mehr, freie Gestaltung des Tagesablaufs - außer natürlich im Altenheim... -, bestimmte Bedürfnisse lassen von selbst nach, ...).
Bewahrt man sich den Blick für das Wahre, Gute und Schöne, lernt, sich an Kleinigkeiten zu erfreuen (ohne daran anzuhaften), überhaupt bescheidener ( in jeder Hinsicht) zu werden, könnte/wird sich Abgeklärtheit ganz von allein ergeben.
Manchmal denke ich, dass die unschönen Dinge, die gegen Ende des Lebens unvermeidlich passieren (Krankheiten, Verlust von Angehörigen und Freunden, Gefühle von Einsamkeit,...), ganz "natürlich" dafür sorgen, dass man im Endeffekt das Leben leichter loslassen kann - irgendwann hat man es schlicht satt - dann gilt nur noch "Augen zu und durch" im "Finale"...
Im Alter wird man sich mehr der Vergänglichkeit und Nichtigkeit des Daseins bewusst und mit buddhistischer Praxis bewirkt das eine Loslösung.
Ja, spätestens im Alter.... (Ich wünschte manchmal, es wäre mir früher bewusst geworden, dann hätte ich vielleicht eher mit der buddhist. Praxis begonnen, nicht erst mit 55 J.)
Viele alte Menschen, die ich kannte, entwickelten glücklicherweise - auch ohne buddhistische Praxis - im hohen Alter eine weise Abgeklärtheit und (galgen)humorige Gelassenheit, die mich schon als Kind faszinierte und anzog.
Was bleibt auch anderes übrig, als zu versuchen, irgendwie das Beste aus den gegebenen Umständen zu machen?
Achtsamkeit/buddhistische Praxis verhindert hoffentlich, dass man mit fortschreitendem Alter zunehmend empathieloser und egozentrischer wird, wie es leider gelegentlich zu beobachten ist...
(Jene "alten Griesgrame, Grantler und Knurrhähne" (w/m/d
), die beispielsweise hartnäckig an altem Groll festhalten, sich oder/und Anderen nicht vergeben wollen, deren Herz oft, aufgrund schlimmer Erfahrungen, tief verschüttet wurde oder sich verhärtete, bedürfen nicht selten besonders der liebe- und verständnisvollen Zuwendung, so mancher "taut" dann nochmal auf....
)
In der Meditation habe ich gelernt, mich an einem Ort der Stille einzurichten, der auch bei sehr widrigen Bedingungen zugänglich bleibt – vielleicht sogar in Sterben und Tod.
So ein innerer Rückzugsort ist sehr hilfreich, wenn alles zusammenbricht, nichts mehr zu gehen scheint.
Vor allem ist er immer und überall "verfügbar", auch im Krankenhaus, auf der Intensivstation, in (alltäglichen) Stresssituationen, denn leider darf man nicht erwarten, dass andere Menschen einem stets hilfreich zur Seite stehen, vielfach ist man ganz auf sich allein gestellt (vor allem beim "letzten Akt").
Da ist nur Krankheit und Tod.
Aber ich habe im Herzen eine art von todlosigkeit und Freiheit erlangt.
Das gibt mir Kraft und Zuversicht für die letzte Prüfung.
Ich bin mir nicht sicher, ob man das Sterben, den Tod, als "Prüfung" betrachten sollte - dies impliziert nämlich, dass eine Leistung zu erbringen wäre, was zusätzlichen Druck erzeugen könnte.
Schlussendlich bedeutet sterben, schwach zu sein, "todesmatt", und zulassen zu müssen, dass das Leben dahingeht....loszulassen...
Es fällt offensichtlich psychisch leichter, wenn der Sterbende es als ein "Gehen zu..."(z.B. eine(r)m bereits verstorbenen Verwandten/Freund/in)" und weniger als "Gehen von..." (den zukünftigen Hinterbliebenen, der "schönen Welt") betrachtet.
Alternativ als "Fallen" (z.B. - für Gläubige - in "Gottes Hand") oder "Sinkenlassen in die "Leere"...
Ich weiß natürlich nicht, wie es tatsächlich sein wird, wenn ich schwerkrank, verarmt und vereinsamt vor dem Tod stehe oder vor einer Perspektivlosigkeit in Schmerzen, Verwirrung und Vergesslichkeit. Möglicherweise ist diese "Abgeklärtheit" nur das Pfeifen im Walde.
Es kann niemand wirklich wissen und jedem steht es ja - in irgendeiner Form - bevor - da kann man schon mal - auch im wahrsten Sinne
- pfeifen (oder singen...), das beruhigt.
(Meine Tante begleitete meinen (sehr musikliebenden) Großvater übrigens mit dem Singen von seinen Lieblingsliedern (auch seinen eigenen Kompositionen) beim Sterben, bis in den Tod - es mag wohl beiden geholfen haben...)
Verarmt, vereinsamt, schwerkrank, verwirrt, vergesslich, schmerzgeplagt - es muss ja nicht gleich alles eintreffen, aber, selbst wenn, ist es in einem Zustand inneren Friedens und der Akzeptanz sicherlich leichter zu (er)tragen...
In der Meditation erlebt man das Loslassen - besser kann man sich nicht vorbereiten - außer, man glaubt sehr fest an einen (liebenden) Gott, der einem beisteht und in dessen Hände man sich fallen lassen kann.
Wenn wir ehrlich sind, dann sind es doch meist nur unsere Gedanken die uns oft die meiste Angst machen…
Besonders (katastrophisierende) Gedanken, die wir im Voraus spinnen, wenn wir uns deprimierende, schreckliche Szenarien ausmalen (meist in der Hoffnung, sie im Eventualfall dadurch besser bewältigen zu können).
Aufkommende unheilsame Gedanken muss man ja nicht weiterführen...
Die "normale" (organisatorische, materielle) Altersvorsorge UND buddhistische Praxis (inkl. der "5 täglichen Betrachtungen") sollten eigentlich ausreichen, um Alter, Krankheit und Tod gleichmütig akzeptierend auf sich zukommen zu lassen.
"Kein Übel ist so groß, wie die Angst davor." (L.A. Seneca)
Liebe Grüße, Anna

(61 J., seit längerem krankheitsbedingt auf einem "Nebengleis"...
)