Aber der historische Buddha, wie alle Arahat,- s-- hatten bestimmt ihre eigene ‚Identität‘, oder?
Sie haben gehandelt, und ohne Identität — egal wie man den Begriff definiert — wäre das nicht möglich, oder?
Wer hatte dann gehandelt, geredet und sehr klar argumentiert?
Sie haben gehandelt in dem Wissen dass die Identität nur eine Vorstellung ist, warum sollte das nicht möglich sein?
Hm, das weiß ich nicht, mukti. Ohne die Vorstellung von der Blume bei Arahat wäre er nicht in der Lage gewesen zu handeln, denn ( und dann, als die Folge..) er hätte die Blume nie gesehen. Er müsste sie also wahrnehmen, und der gesamte Wahrnehmungsprozess hätte gar nicht erst stattfinden können. Die reine Imagination, oder anders gesagt – und ich übertreibe hier – eine Fata Morgana könnte weder bewusst noch zielgerichtet handeln, sprechen oder gar die Lehre verbreiten und so viele Menschen überzeugen. Aber wir wissen, dass alle Personen im Pali-Kanon ihren eigenen Charakter und sogar ihren eigenen Stil hatten; sie waren keine Maschinen. Das Wort "Identität" scheint mir daher nicht ganz passend, denn alle Arahats und auch der Buddha selbst waren sehr starke Persönlichkeiten.
Ich weiß es auch nicht wirklich, erfahre die Welt nicht so wie sie ein Arahat erfährt. Nach der Lehre sind Körper und Geist kein Selbst, von daher habe ich gemeint dass sie keine Identität sind, nach der Definition die ich in einem Lexikon der Psychologie gelesen habe: "Identität ist die Antwort auf die Frage, wer man selbst oder wer jemand anderer sei."
In Wirklichkeit bin ich also nicht Körper und Geist (die fünf khandha) und demnach nicht die Persönlichkeit, die sich aus ihrem komplexen Zusammenwirken ergibt. In der Meditation (jhāna) kann es wohl bis zur einer vollkommenen Loslösung von Körper und Geist kommen. Dann wird keine Blume und gar kein Objekt mehr wahrgenommen und die Persönlichkeit ist erloschen, Parinibbana. Wenn ich mich recht erinnere, steht im Palikanon dass dieser Zustand sieben Tage lang andauern kann. Vermutlich ist das nur bei einem Arahat möglich. Wenn er gerade nicht so meditiert ist die Persönlichkeit wieder manifestiert, allerdings ohne Gier Hass und Verblendung. Wie Arahats die Welt wahrnehmen dürfte je nach geistigen Fähigkeiten unterschiedlich sein. Jedenfalls haften sie nirgends mehr an, nicht an Körper, Geist und Sinnesobjekten und nicht an der Persönlichkeit. Weil eben die Verblendung 'das bin ich' oder 'das ist mein' nicht mehr existiert.
So verstehe ich das und es lässt sich ja auch erfahren, wenn auch in verhältnismäßig sehr geringem Ausmaß. Wenn man sich zum Beispiel schlecht fühlt und dazu übergeht das Gefühl nur zu beobachten ohne sich damit zu identifizieren, führt das schon zu ein wenig Befreiung. Logisch, dass die Befreiung vollkommen wäre wenn das Beobachten oder Gewahrsein immer und überall vollkommen wäre. Dann wäre das Bewusstsein nicht von den Vorstellungen 'das bin ich' oder 'das ist mein' überwältigt und getrübt. Es wäre ganz klar dass Körper, Geist und Persönlichkeit nur Objekte sind die im Bewusstsein erscheinen. Ich wäre ein Mensch ohne Gier und Hass, immer gelassen, wohlwollend, mitfühlend, neidlos, friedlich, bescheiden, vernünftig, ohne Angst und innerlich frei, auch nicht an mich selber angehaftet.