Posts from Maha in thread „Missbrauch in einem Hamburger Karma Kagyü-Zentrum“

    Ein Meister hat normalerweise gelernt Gedanken Gedanken und Emotionen Emotionen sein zu lassen, sie kommen und gehen lassen zu können, und nicht mehr zu ihrem Spielball zu werden.

    Das ist wohl ein entscheidender Punkt. Die Erwartungen und das Bild, die ein Meister erfüllen muss, stimmen nicht immer mit der Realität überein. Ein Meister ist letztendlich auch "nur" ein Mensch.


    Nur dürfte dem Psychotheraupeuten es schwerer fallen als einem wahren Meister nicht zu sehr zum Spielball seiner eigenen Emotionen und Gedanken zu werden.

    Man weiß halt nicht immer, wer ein wahrer Meister ist, und wer nur vorgibt einer zu sein oder als Reinkarnation eines "wahren" Meisters noch in diese Rolle hineinwachsen muss.

    Ein Psychotherapeut hat in seiner Profession gewisse Kontrollmechanismen. In seiner Ausbildung wird er darauf vorbereitet und darin geschult seine eigenen emotionalen Reaktionen zu kontrollieren und zurückstellen und bearbeitet seine persönliche Problematik zu einem Grad, der es ihm erlaubt, sie nicht in der therapeutischen Beziehung blind auszuagieren. In schwierigen oder kritischen Fällen, die aus dem Ruder zu laufen drohen, kann er auf Supervision durch einen erfahrenen Kollegen zurückgreifen. Auf welche Kontrollfunktionen kann ein Meister zurückgreifen?

    Gewiss, werden auch immer wieder neue Anforderungen an Meister und Therapeut gestellt.


    Aber sie sollten sich dessen auch immer bewusst sein und bleiben.


    Und wenn sie sich unsicher sind, oder werden, den Job besser aufgeben oder aussetzen.

    Mancher Meister kann seine Rolle wohl nicht so einfach verlassen, ich denke da z.B. an Reinkarnationen. Ein Psychotherapeut kann den Beruf wechseln, wenn er sich eingesteht, dass er den ethischen Anforderungen seiner Profession - aus welchen Gründen auch immer - nicht gerecht werden kann.

    Das Thema "Missbrauch" basiert letztlich oft auf der Schwierigkeit des Täters, (seine) Emotionen und affektive Impulse vollständig zu verstehen/zu durchschauen und/oder dementsprechend - mit dem Verstand/der Vernunft - zu beherrschen.

    Man könnte also den "Täter" meistens gleichzeitig als Opfer (häufig unbewusster An-Triebe und nachfolgender Enthemmungen) und Täter betrachten (sogar, wenn die Tat bewusst geplant wurde und sogenannte "niedrige Beweggründe" dahinterstecken).

    Ich habe mal gelernt, dass es Täter*innen bei sexuellem Missbrauch häufig um die Ausübung von Macht über eine andere Person geht, weniger um die sexuelle Handlung an sich. Ich weiß nicht inwieweit man das auf die Situation, in der besonders gefährdete erwachsene Personen sexuell missbraucht werden, übertragen kann.

    Das hieße der Trieb Macht auszuüben ist tatbegünstigend. Und Beziehungen, in denen eine Seite die andere sehr stark idealisiert und möglicherweise in Wohl und Wehe an sie ausgeliefert ist, wie z.B. in einer Psychotherapie oder einer Lehrer-Schüler-Beziehung oder eben einer Beziehung zwischen Meister und Adept im religiösem Kontext, kann an sich schon ebenso tatbegünstigend sein. Eine solchen Situation stellt auch besonders hohe moralische Anforderungen an die Person in der Machtposition.