Ich habe mich auch lange Zeit gefragt, was tantrische Praktiken mit den Lehren des Buddha aus dem Tripitaka zu tun haben sollen. Heute, nach vielen Jahren Praxis in allen drei Fahrzeugen, sehe ich den gemeinsamen Nenner in Folgendem:
Die Versenkungsstufen, die der Buddha im Prozess seiner Nachtwachen zur Erleuchtung durchlief, sind immer mit einem Fallenlassen bestimmter geistiger Prozesse/Schleier verbunden. Am Ende der Versenkungsstufen stand ein Zustand, den wir als erleuchtet bezeichnen. Das hohe Tantra geht intensiver vor. Es visualisiert die Orte, an denen diese Prozesse/Schleier stattfinden, in den Chakren und Nadis. In der Vollendungsphase leitet man verschiedene Energien unseres psycho-physischen Körpers um, mit dem Ziel, die genannten Prozesse/Schleier 'mit der Hitze' dieser Energien zum Schmelzen zu bringen. (Das ist die Stelle, wo es gefährlich wird, wenn man ohne Einweihung und Anleitung drauflos doktort.) Gelingt die Sache durch enorme Beherrschung von Körper und Geist, steht nach der Auflösung der Schleier der gleiche Zustand, wie beim Buddha am Ende der Versenkungsstufen. Das heißt dann z.B. Mahamudra. Nur eben ohne x Wiedergeburten.
Zur Sexualität: Welche Energien der Tantriker 'ins Feuer gießt', obliegt dem Praktizierenden. Eine der intensivsten ist Sexualität. Man kann, muss aber nicht. Die meisten tun es nicht. Ich kenne nur eine Handvoll lebende Menschen, von denen ich begründet annehme, dass sie das praktizieren. Man braucht eine ebenfalls eingeweihte (Anuttarayogatantra) Partner*in dazu, die auch Energiekanäle steuern kann. Und der alles entscheidende Unterschied zwischen normalem Sex und buddh. Tantra ist: du darfst keinen Org.... haben, denn dann verpufft die Energie, die du eigentlich umleiten wolltest. Das ist wie wenn jemand zum Brötchenkaufen fährt, aber ohne Geld und Brötchen wiederkommt, weil er das Geld bei einer Dame im Puff gelassen hat.
Wer buddh. Tantra betreibt und auf schönen Sex hofft, sitzt im falschen Zug. Diese Informationen kann man heute auch alle im Internet recherchieren, und jede*r, die/der sich auf solche Praktiken einlässt, sollte sich vorher sachlich informieren. Nur dann kann man kritisch hinterfragen, was der Lama da fordert.