Posts from ewald in thread „Wenn jeder zunächst für sich sorgt, ist am Ende für alle gesorgt.“

    Genau, stimme dem Text absolut zu, nur er ist sehr allgemein gehalten, wie so oft bei Auslegung Buddhas Überlieferung, denn es soll sich jeder angesprochen fühlen können. Das ist hier im Forum anders, hier kann man einen User direkt ansprechen auf seine Äußerungen. Die Ethik für alle wird zur individuellen Ethik und um die geht es hier. Selbst kann man gut in dem Glauben leben, dieser Ethik zu entsprechen, aber im Umgang mit einem Arzt (Heiler) oder einem psychisch Betroffenen (Kranken) z.B. wird es deutlich.

    Richtig, Buddha ist in einem fürstlichen Elternhaus mit materiellem Überschwang aufgewachsen. Jedoch er verließ seine Familie und den Reichtum und schlug sich mit Verzicht durch. Das brachte ihn in die Not, er wurde krank, hungerte, nahm ab und starb fast. Nur der Glaube an die Mitmenschen half ihm, er wurde gesund gepflegt und kam so zu der weisen Erkenntnis, dass weder das Leben in Fülle, noch das Leben völliger Entbehrung die Lösung ist, sondern der Mittelweg. So ist es in allen Dingen, das Beste ist der Mittelweg, auch bei der Fürsorge. Es sind beide Seiten, Tod und Leben zu berücksichtigen im Umgang mit Lebewesen und die Mitte davon ist der Lebensweg. Die Lehre Buddhas ist allgemeingültig bis heute, weil sie das Wesen des Menschen betrifft, weil sie die authentische Seele berührt.

    Wäre es so, könnten nur Erleuchtete heilsame Handlungen ausführen. Heilsam heißen aber Geisteszustände und Handlungen, weil sie förderlich auf dem Weg der Heilung, auf dem Weg der Befreiung sind. Heilsame Handlungen kann auch jemand ausführen, der völlig in Leidenschaften verstrickt ist.


    Nein, das stimmt nicht, heilen von außen heißt beim Anderen die Selbstheilungskräfte anzustoßen, denn Heilen geht nur von innen, dazu ist keine Erleuchtung notwendig, aber es ist notwendig, dass die eigenen Defizite nicht stärker sind, als die des zu Heilenden. Ein kranker Mensch kann keine Krankheiten heilen, er sendet die falsche Botschaft. Deshalb ist es notwendig, dass der Heiler gesund in seiner Mitte weilt, dabei geht es nicht darum, Nettigkeiten zu verbreiten, ganz ähnlich dem Mitleid, sondern die Botschaften, die notwendig sind, um die Selbstheilungskräfte anzustoßen und das kann manchmal emotionale Kraft bedeuten. Es kann auch Handauflegen oder Liebenswürdigkeit bedeuten, aber es kann auch auf die Füße treten bedeuten, wenn nur das beim Anderen wirklich ankommt. Auch das Einsetzen von Kraft bei der Heilung bedarf einer gesunden Souveränität, sonst wirkt es zerstörerisch. Wer emotional verstrickt ist, kann das Gegenüber nicht heilen, es richtet noch mehr Verwirrung an. Zum Heilen ist Klarheit beim Heiler nötig, sonst werden die psychischen Störungen schlimmer.

    Ich möchte betonen, dass ich nicht die Linie des tibetischen Buddhismus praktiziere, da habe ich sehr schlechte Erfahrungen gemacht hier in der Stadt, sondern den Zen Buddhismus. Die tibetische Gemeinschaft war eine Kuschelgruppe, angeführt von ihrem verehrten Ole Nydahl, in der die Fantasie, wie das Leben sein könnte, im Vordergrund stand. Es gibt in der Nachbarschaft auch ein Zen Kloster, zu dem ich Kontakt pflege und dort wird das Leid im Leben ganz realistisch gewürdigt, denn ohne geht es nicht. Wie gesagt, die Rücksichtnahme gegenüber jedem Leben ist als Buddhist selbstverständlich und dennoch ist der Umgang mit Menschen, die nicht rücksichtsvoll sein können, unausweichlich. Die Buddhisten unter sich, wunderbar und meist alles friedlich, nur sie sind hier im Westen in der Minderheit. Die Not des Leidens liegt bei den Menschen allgemein und das bildet die Realität, da ist eine kleine Gruppe nur eine Ausnahme.

    Deshalb wehre ich mich dagegen zu behaupten, der Buddhist kann dafür sorgen, dass es keine Verletzung unter den Menschen gibt, das ist unmöglich. Ich behaupte sogar, dass er nicht dafür sorgen kann selbst verletzt zu werden, es ist im Leben unausweichlich. Deshalb ist die Fähigkeit so wichtig zu lernen, mit einer gewissen Form von Verletzung umzugehen, ohne großen Schaden zu erleiden. Das ist praktizierte Achtsamkeit und Resilienz.

    Natürlich, Rücksichtname ist ohne Frage ein edler Zug, wer dazu in der Lage ist, wer ausgeglichen ist, in sich ruht, seine Mitte gefunden hat, kann auf sich und andere Rücksicht nehmen, denn er hat etwas übrig, was er geben kann und ist weniger bedürftig. Das trifft jedoch nur auf wenige Menschen zu, in Deutschland oder Europa noch weniger als in Asien, die meisten Menschen klagen über Defizite, sie sind nicht in der Lage Rücksicht zu nehmen.


    Hier klingt es so, als wäre das höchste buddhistische Ziel, keine Verletzung auf der Welt, nur liebevolles Leben, mit völliger Ignoranz von Leid und Tod. Gerade Buddha hat ja seine Lehre auf das Leiden im Leben aufgebaut, denn er wusste, die negativen Gefühle gehören genauso dazu wie die positiven Gefühle. Rücksichten nehmen auf die Bedürftigkeit anderer Menschen kann in der Praxis nur jemand, der selbst Lebensenergie übrig hat und sich nicht im Defizit fühlt und damit ist nicht Geld oder andere materielle Güter gemeint, sondern eine Gesundheit an seelischen Empfindungen. Mit anderen Worten, jemand der Verletzungen aushalten kann, ohne in ein Defizit zu geraten, denn eine Welt ohne Verletzung und Tod gibt es nicht.


    Die Rücksicht auf sich und andere Lebewesen sind ja selbstverständlich, um an der Freude des Lebens teilhaben zu können, aber genauso sind die Verletzungen, das Leid im Dasein selbstverständlich und da sollte man sich vor allem wappnen und das geht nicht mit lieb sein.


    Achtsamkeit und Resilienz sind ein Prozess, das hat man nicht einfach so, es ist ein Trainings- und Lernprozess der ein Leben lang gilt. So stimmt die Überschrift des Threads grundsätzlich: Wenn jeder für sich sorgt, ist am Ende für alle gesorgt. Das wäre das Ziel, jeder kann sich mit sich selbst im Leben behaupten und ist nicht auf Anhaftung angewiesen und auch nicht auf Rücksicht.

    Ich glaube den Usern hier kein Wort, alles nette, auswendig gelernte Phrasen. Es ist unmöglich, sich als Lebewesen dieser Erde nicht zu verletzen. Allein die Anwesenheit eines Anderen kann mir das Gefühl von Leid bescheren, weil er anders ist als ich, weil er mir Sauerstoff wegatmet, das zum Leben existenziell ist. Genauso kann mir die Abwesenheit eines Gegenübers Leid bescheren und ich fühle mich verletzt, weil etwas Aufmerksamkeit fehlt. Man kann es drehen und wenden wie man will, ohne Verletzung ist ein menschliches Leben in der Realität und erst recht in der Gegenwart von Deutschland, unmöglich. Deshalb ist das Streben nicht, keine Verletzung, weder bei mir noch bei jemand anderen, sondern der Umgang damit. Diesen Sachverhalt bezeichnete Buddha mit Leid im Dasein, die Vergänglichkeit, kein Lebewesen ist davor gefeit, auch Buddha selber nicht, er starb. Das Prinzip von Leben und Tod außer Kraft setzen wollen, ist eine Illusion. Stirbt jemand, ist der Angehörige verletzt, wie soll man das vermeiden?

    Man ist rücksichtsvoll in der Gegenwart, wegen sich selbst, wegen des eigenen Bedürfnisses und nicht einem Anderen gegenüber, damit der in der Zukunft eine Gegenleistung gibt. Das ist so häufig zu beobachten, ich bin nett zu anderen, damit die mich lieben, weil ich der Selbstliebe nicht fähig bin. Das ist Abhängigkeit und Buddha warnt vor jeder Anhaftung, sie erzeugt Leid.