Posts from pano in thread „Was ist das Ich?“

    Wobei ich der sozialen Welt der Sprache, des Sinns und der Bedeutung eine ebenso großen Beitrag zu der Ich-Erfahrung unterstelle.

    Die Sprache ist natürlich ausgesprochen wichtig. Und ist aber auch am Hirn gekoppelt. Also die Wichtigkeit der Sprache steht nicht in Widerspruch dazu dass die Organe eine wichtige Rolle spielen. Bei Computern haben wir Hardware und Software. In unserem Organismus haben wir keine unveränderliche Hardware. alles ist soft inklusive dem physischen.

    Du meinst also, dass das Hirn die materielle Basis für das Ich darstellt? Und die Wahrnehmungen sind der Stoff, aus dem das Hirn dann das Konstrukt "Ich" schafft?

    Ja, ich bin in dieser Hinsicht schon in gewisser Weise „materialist“, man kann ja beobachten wie z.b. hirnverletzungen ändern wie sich das „ich“ verhält. Und es gibt für mich keine evidenz dafür dass das ich exkorporal zu finden ist. Das Hirn ist natürlich nur ein Teil des ich’s, der ganze Körper trägt auch bei (Hormone, Nerven, Puls, etc).


    Ein absoluter physikalismus ist aber oft einfach für die Fragestellungen des Alltags nicht hilfreich. Das räume ich ein.

    Ich mache auch mal einen Versuch einer Definition:


    Frei nach Kant ist das "Ich" eine Vorstellung, die alle meine Gedanken, Gefühle und Empfindungen begleitet. Ich bin es, der der dies denkt, fühlt und empfindet. In diesem Sinn ist es das Zentrum oder die Perspektive aus der ich die Welt erlebe. Man könnte das auch als eine raumzeitliche Positionalität bezeichnen. Ich bin hier und nicht dort. Ich bin jetzt und nicht vergangen oder zukünftig.


    Dazu kommt für mich auch die biographische Gewordenheit des Selbst. Ich bin das Selbst, das durch meine Erfahrungen und Lebensgeschichte bestimmt und geprägt wurde. Das vergegenständlichte Selbst meiner Erfahrungen, Überzeugungen, Ansichten, biologisch-leiblichen Reifung und Krankheit, usw...

    Diese Definition ist nachvollziehbar. Aber irgendwie fühlt sich die Definition des Ichs etwas „rekursiv“ an (also der Teil „das Zentrum oder die Perspektive aus der ich die Welt erlebe“). und ich würde sagen dass ich und selbst nach deiner Begrifflichkeit einfach zwei Seiten einer Medaille sind. Also wenn man einen Zylinder betrachten von der Seite sieht man je nach Perspektive ein Rechteck (etwa das ich) und einen Kreis (etwa das selbst). Was wäre dann ein geeigneter Begriff für den ich-selbst-komplex?

    Das ich ist ein Konstrukt meines Hirns. Es entsteht dadurch dass im Hirn nur Wahrnehmungen über die Sinnesorgane ankommen. Es ist also letztlich die Konsequenz eines großen Informationsfilters, einem biologischen Zensor.


    Für eine Unterscheidung zu einem selbst sehe ich wenig Anlass. Interessanter wäre die Frage wie sich das ich zum „Du“ verhält, und wie es sich zum „wir“ verhält.


    Die Seele ist die These, dass das ich eine Essenz hätte (also nicht leer ist im buddhistischer Sinne). Ich denke nicht dass es eine solche Seele gibt.