Posts from void in thread „Säkularer Buddhismus im Vergleich“

    Als hätten nicht alle Buddhismen dieses "Kernproblem". Religion als Wellness, sich kurzzeitg besser fühlen nach einem Tempelbesuch, sich berauschen an Ritualen, Spiritual bypassing u.s.w.

    Das Problem sich von Strömungen die eher materiellen Zielen folgen abzugrenzen hatte der Buddhismus immer - da hast du Recht.


    Von Aberglauben und Kommerzialisierung oder auch von politischen Machenschaften. Die Strategie zu so einer Abgrenzung ist meistens die, dass man seinen Kern klar definiert. Also schaut, das man einheitlich ist, einen "Kanon" hat, definierte Institutionen, klare Inhalte. Und dann dies alles vielleicht noch als "sakral" oder "unantastbare Tradition" behandelt. Es ist sympathisch, dass der säkulare Buddhismus auf all diese "Starrheiten"

    verzichten will und offen und flexibel bleiben will:

    Säkulare Buddhisten sind unabhängig und heterogen

    Säkularer Dharma ist (noch) keine buddhistische Schule oder “Fahrzeug”. Die Bewegung ist uneinheitlich, es gibt keine Orthodoxie, keinen eigenen Kanon, kein Institutionen. Menschen, die mit dem säkularen Dharma sympathisieren sind meist Teil einer Praxisgemeinschaft mit Anhänger*innen anderer buddhistischer Überzeugungen, jedoch keiner bestimmten.

    Aber genau dadurch hat er eine amorphe Gestalt, die ihm die Abgrenzung zu einer allgemeinen, unverbindlichen spirituellen Szene erschwert. Das selbstgesteckte Ziel ein "Buddhismus 2.0" zu werden scheint mir da eher noch ein frommer Wunsch zu sein.


    Aber vielleicht irre ich mich und das Projekt gewinnt an Fahrt, Kontur und Organisationsgrad. Aber würde man das nicht sehen? Währe da nicht gerade hier im Bereich "säkularer Buddhismus" mehr los?


    Wenn man in großen Zeiträumen denkt, dann kann es allerdings schon so sein, dass der Buddhismus säkularer wird.

    Mir genügt der Palikanon und einige Erklärungen in der Linie des Theravada. Einen Buddhismus 2.0. brauche ich nicht.

    Es gibt viele Menschen denen der Kern des Buddhismus gut ankommen würde: Also das Leiden von Anhaften kommt von Gier und Hass kommt, und durch dessen Überwindung schwindet. Die aber von eher religiösen Elementen ( Niederwerfungen, Mantren) abgeschreckt werden und "Buddhismus 2.0" zielt auf diese Leute.


    Das Problem ist dann aber ein anderes. Wenn von den Bedürfnissen der Menschen ausgeht, kommt man ja z.B auf MBSR das durch Achtsamkeit und Meditation Stress zu vermindern sucht, wie andere Methoden der Selbstsorge ( Autogenes Training, Yoga)


    Wie rechtfertigt man aber von diesem Ausgangspunkt aus, dass man weitergehen muß - jenseits von Wellness? Wie formuliert man Konzepte von Samsara und Nibbana und Befreiung? Das Kernproblem des säkularen Buddhismus ist nicht- wie man meinen könnte - wie man es schafft den Buddhismus säkularer zu machen. So dern umgekehrt wie man es schafft, bei all dem immer noch Buddhismus zu bleiben und sich von den Welness-Zielen anzusetzen. Dies ist keine leichte Aufgabe.

    Warum Stephen Batchelor Karma im säkulären Buddhismus rausstreicht, habe ich nie verstanden. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass man sich selbst überlegen muss, was man aus dem Buddhismus übernimmt und was nicht. Ich überlege mir das jedenfalls wie sonst alles auch selbst.

    Bachelor hatte ja vielleicht auch deswegen solche Schwierigkeiten, weil er erstens mit dem tibetischen Buddhismus anfing und zweitens dies auch gleich auf einer sehr detaillierten, scholastischen Ebene und drittens, das er ja nicht nur Laien praktizierender war sondern Mönch und eine verantwortungsvolle Stelle als Übersetzer eines bedeutenden Lamas hatte. In dieser Stelle - wo er eben auch repräsentierte - könnte er ja nicht einfach so leicht Inhalte weglassen wie jemand der sozusagen "privat" praktiziert.


    Auch ich habe ja am Anfang mit dem tibetischen Buddhismus angefangen und fühlte mich da bei einigen unwohl. Zum Beispiel bei den Pujas mit ihren Opfern und zweitens mit dem Guruyoga wo der Lehrer als eine Manifestation Buddhas angesehen werden sollte von daher kann ich gut verstehen, dass Bachelor da nicht mit konnte. Und so ähnlich wie ich, ist er dann bei Zen gelandet - bei Kusan Sunim in Korea und das endete ja durch den Tod Kusan Sunim. Von daher Frage ich mich, was passiert wäre, wäre dieser nicht gestorben. Hätte Bachelor dann einfach in dieser Tradition weitergemacht?

    void

    Es geht hier nicht um Rituale oder Niederwerfungen. Ich meine genau den Buddhismus, und zwar im Sinne von: Wo findet man das Ende der Welt (die Befreiung, sozusagen)? Nicht woanders als:

    In eben diesem klafterhohen, mit Wahrnehmung und Bewusstsein versehenen Körper, da ist die Welt enthalten, die Entstehung der Welt, das Ende der Welt und der zur Beendigung der Welt führende Pfad.

    Alles Gute! :taube: :) :dao:

    Ja. Ich denke , Skakyamuni Buddha war vor allem ein Pragmatiker. Das kommt ja gut in dem "Gleichnis vom Pfeil" rüber, wo er sich selber als eine Art Doktor sieht, der auf dem kürzesten, effektivsten Weg zum Ziel kommt. Und all die anderen Fragen, nach dem woher und wohin, nach der Metaphysik und der Ordnung zurück stellt und unbeantwortet lässt. Dieser Pragmatismus macht ihn anschlußfähig für eine moderne, wissenschaftliche Herangehensweise die sich ja auch oft auf das Problem fokussiert und anderes ausklammert ( Okham's Rasiermesser )

    Wissenschaftlichkeit bedeutet häufig, das man von etwas nachweisen kann, dass es sein Ziel erreicht. Dabei kann es von seiner inneren Struktur so "irrational" sein wie es will. Wenn es Schmerzpatienten hilft, sich vorzustellen sie säßen auf einem Eisberg, dann reicht das ja aus - als Welterklärung muß sie nicht dienen.


    Von daher kann man auch im Buddhismus alle möglichen Elemente ( Niederwerfungen, Chanten, Rituale ) haben so lange sie zielführend sind. Von etwas zu verlangen, dass es zusätzlich auch als Welterklärung dienen kann, ist eine zusätzliche Anforderung die man stellen kann aber nicht muß.

    Säkularer Buddhismus und ein wissenschaftlicher Zugang sind zwei paar Stiefel

    Lieber void, das kann man sehr gut sofort kontern. Man braucht nur Wikipedia zu lesen, und zwar welche Voraussetzungen oder Bedingungen für den säkularen Buddhismus gelten, und zwar: Säkularer Buddhismus


    Quote

    Einer der prägendsten Autoren zum Begriff des säkularen Buddhismus ist Stephen Batchelor. Für ihn folgt die Notwendigkeit eines säkularen Buddhismus aus zwei Aspekten:[1]

    • Die Vorstellung einer Reinkarnation passt nicht zum westlichen wissenschaftlichen Weltbild.
    • Die Vorstellung; dass Karma den Kreislauf der Reinkarnation beeinflusst; lässt sich ebenso wenig mit einem wissenschaftlichen Weltbild vereinen.

    Wissenschaft ist ja eine Methode, die prinzipiell ergebnisoffen ist und sich daher sehr hütet, über etwas was sie nicht erforscht hat Aussagen zu machen.


    Während der Positivismus - die Idee dass man nur das als Wissen gelten lässt, was sich wissenschaftlich belegen lässt - eine bestimmte, nicht unumstrittene Sicht der Dinge ist.


    Die Idee, dass das wissenschaftliche Denken auf alle Bereiche ausgeweitet werden sollte, ist ein frommer Wunsch. Diesem liegt meistens die Annahme zugrunde, das die Dinge wenn man die wissenschaftliche organisiert besser für alle laufen, als wenn man sie anders organisiert. Darüber kann man sicher diskutieren aber es ist nicht selbstevident.


    Man muß sich ja aber nur eine Folge der Serie "Big Bang Theory" anschauen, um zu sehen was passiert, wenn man ein Denken das auf naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinn ist auf sein Privatleben anwendet.

    Hendrik hält anscheinend sehr viel auf seine wissenschaftlichen Methoden. .

    Ich würde das trennen. Es gibt sehr viele Leute die sich mit dem Buddhismus wissenschaftlich beschäftigen und was diese selber sind - Atheisten, säkulare Buddhisten, traditionelle Buddhisten, dürfte dafür egal sein.


    Umgekehrt sind Propanenten des säkularen Buddhismus nicht unbedingt Wissenschaftler. Stephen Batchelor hat z.B kein Studium an einer Uni sondern eben das Gelug-Schulungsystem durchlaufen und irgendwann festgestellt, dass er bestimmte Sachen nicht glauben kann. Und dann geschaut, ob es auch für solche Leute einen buddhistischen Weg gibt.


    Ich kann das nachvollziehen. So wie es für Leute mit Laktoseintoleranz Ersatzprodukte gibt, kann man ja auch für Leute die bei Metaphysik Pickel kriegen, viel Wunderliches weglassen. Den Glauben an Zauberkräfte ( das Leute an zwei Orten gleichzeitig sein können, Telephathie) , die Baumgeister oder vielleicht sogar Asuras, Devas und Hungergeister.


    Ideologisch wird es wenn man dies als das einzig wahre und zeitgemäße sieht. Und dann das Ersatzprodukt das einzig wahre ist. Und man belächelt wird, wenn man glaubt dass es irgendwo den Berg Meru oder Hungergeister gibt (Aber vermutlich wird man dafür auch in der U-Bahn belächelt)


    Säkularer Buddhismus und ein wissenschaftlicher Zugang sind zwei paar Stiefel. Hendrik hat ja Philosophie und evangelische Theologie studiert. Was ja für viele auch nicht so richtig unter Wissenschaft fällt auch wenn es sicher viele Fähigkeiten zum Umgang mit Texten schult.

    Will der säkulare Buddhismus mit wissenschaftlichen oder empirischen Methoden herausfinden, was der Buddha wohl wirklich gelehrt hat?

    Wie soll den das bitte gehen? Nach 2500 Jahren ist so ein Projekt sehr schwer.


    Die Grundlage ist doch etwas anderes: In buddhistischen Schriften gibt es ja sehr viel verschiedener Inhalte. Erstmal den Pfad zur Befreiung, der ja oft sehr pragmatisch ist - aber dann eben auch einige Sachen, wo man aus heutiger Sicht die Augen traue hebt, weil sie eher einem traditionellen oder magischen Weltbild angehört. Also z.B Baumgeister , eine flache Welt in deren Mittelpunkt der Berg Meru thront. Und Götter wie Brahma. Und dann stellt sich die Frage, inwieweit man den Buddhismus von solchen Sachen zu trennen.


    Bei vielen Sachen geht das. Ich denke viele Leute würden zugestehen, dass man den edlen achtfachen Pfad praktizieren kann ohne an Meru, Baumgeister oder Brahma zu glauben. Eben, weil ihnen keine wichtige Bedeutung zukommt.


    Aber bei anderen Themen gibt es weniger Einigkeit.

    Im Theravada werden ja ganz große Teile des Palikanons als Reden des historischen Buddhas und verbindlich angesehen. Weil Buddha Skakyamuni so viele Jahrzehnte lehrte und man deswegen so eine große Textfülle hat, ist hier das Problem eher aus der Textfülle das relevante heraus zu destillieren. Um das zu tun kann daher sehr gut hermeneutisch - d.h rein vom Text ausgehen. Auch ein Wissenschaftler ( ein Buddhologe) würde wohl erstmal vom Text ausgehen ( und dann andere Quellen zu nutzen)


    Der säkulare Buddhismus ist da in einen schwächeren Position. Er hat es von daher schwerer, weill er seine Kernaussage ( Buddhismus sollte mit dem modernen wissenschaftlichen Weltbild und der Aufklärung übereinstimmen) von außerhalb des Textes nimmt. Und dann untersuchen kann, was in den Texten damit übereinstimmt und was nicht.


    Es ist also nicht so ,dass Theravada und säkularer Buddhismus in der selben Art selektiv lesen.

    Wo steht das da?

    Rosinenpickerei

    "egoistisches Bemühen, sich von etwas Bestimmtem nur die attraktivsten Teile zu sichern, um die eher unattraktiven anderen zu überlasssen"


    Von daher finde ich paßt dieses Wort dort nicht für das ehrliche und aufrichtige Bemühen innerhalb der Vielfalt buddhistischer Belehrungen Prioritäten zu setzen.


    Die Frage ist ja immer von wo genau die Kriterien für die Auswahl kommen.


    Oft haben ha bestimmte Texte dadurch an Prominenz gewinnen, weil sie besonders gut formuliert sind oder für das buddhistische Ziel des Erwachens sehr wichtig. Aber manchmal wurden bestimmte Texte auch deswegen " beleuchtet" weil sie bestimmte gesellschaftliche Normen und Werte für stützen können.


    Und da stellt sich dann die Frage. Will man Buddhismus auf seinen Kern reduzieren ( und betrachtet Gesellschaftliches nicht) oder ersetzt man das was vor tausenden Jahren reaktionären Normen diente ( Aufrechterhaltung traditioneller Ordnungen, des Patriarchats) durch Sachen die modernen Normen ( Demokratie, Gleichheit, Individualismus) dienen.


    Man kann an Luther gut sehen, wie eine Reformation gleichzeitig erfolgreich darin sein kann, die Fehlanahmen und den Aberglauben vergangener Zeiten zu korrigieren aber gleichzeitig dafür die Fehlanahmen und den Aberglauben der eigenen Zeit nicht sieht.

    Ich denke, dass Dukkha ein sehr robustes Konzept ist. Dukkha als körperliches und geistiges Leid ( dukkha-dukkha) ist unmittelbar erfahrbar. Auch das Leiden an Vergänglichkeit (viparinama-dukkha) und durch das Anhaften an einem Selbst (samkhara-dukkha) ist doch erfahrbar und hat keine metaphysischen Komponenten.


    Von können das säkulare Buddhisten das einfach so übernehmen wie es ist. Gerade Stephen Batchelors erstes Buch ( mit anderen allein) ist ja eine existentialistische Annäherung was gut funktioniert.


    Während es vielleicht weltliche Buddhisten - deren Ziel eher Wellness als Befreiung ist, die existentialistische Element ( das bei Bachelor klar da ist) wegnehmen und die dann Dukkha einfach als "Stress" übersetzten. Dies ist eine Verkürzung. Aber es ist falsch den säkularen Buddhismus in diese Schubladen zu stecken.

    Ich habe doch die drei Funktionen angesprochen. Bei allen geht es um Motivation. Bei Motivation bestimmt eine Ausrichtung an der Zukunft gegenwärtiges Verhalten.

    Um Befreiung zu erlangen muß man die drei Geistesgifte Gier, Hass und Verblendung überwinden.

    Aber ziemlich sicher reicht dafür der vierfache Pfad des Hedonisten nicht aus. Nimmt man MN 78 als Maßstab, dann braucht es da mindestens einen fünffachen Pfad.

    Ich verstehe dich nicht. Ein Hedonist ist doch jemand, der auf Lustgewinn aus ist. Das ist ja mit der Erlöschen von Begehren eher inkompatibel. Ich verstehe nicht ganz, was das mit unserer Diskussion zu tun hat.

    Das aber verkünde ich, o Freund: In eben diesem klafteftlerhohen, mit Wahrnehmung und Bewusstsein versehenen Körper, da ist die Welt enthalten, der Welt Entstehung, der Welt Ende und der zu der Welt Ende führende Pfad.


    Da Buddhas Ziel die Befreiung von Dukkha war - etwas was auf der subjektiven, phänomenologischen Ebene auftaucht - meint er mit Welt natürlich die subjektive, phänomenologische Welt. Und es ist diese Welt die sich eben zu einem nicht unwesentlichen Welt durch Benennung ergibt.


    Da die physikalische Welt für das Unterfangen des Buddhas nicht relevant ist - Dukkha ist nichts Physikalisches, kommt die nicht vor und ist nicht gemeint. Sie Entsteht nicht durch Benennung und vergeht nicht in der Befreiung.


    Zu denken, dass die physikalische Welt bei der Befreiung zu Ende geht oder Erschüttert wird oder dass sie nur durch "Benennung" existiert ist ein Mißverständnis. Man wäre da ja ein wenig wie das kleine Kind das denkt es könne beim Versteckspiel nicht gefunden werden, so lange es die Augen zu hat. Es ist so das "magische Denken" kleiner Kinder. Das kann Buddha meines Erachtens nicht gemeint haben.

    Um Befreiung zu erlangen muß man die drei Geistesgifte Gier, Hass und Verblendung überwinden.


    Um die "Vorstellung von Wiedergeburt"(VVW) einzuordnen, muß man erstens

    nach ihrer Funktion im Bezug bei der Überwindung der drei Geistesgifte fragen. Und dann zweites schauen, ob VVW nötig oder nur hilfreich erachtet wird.


    Was sind die Funktionen von VVW? Mir fallen folgende ein:

    1. Motivation für ethisches Verhalten führt zu rechten Handeln, da man positive Früchte erhofft
    2. Motivation für das Abstehen von da schädlichen Verhalten führt zu rechten Handeln, da man negative Früchte fürchtet.
    3. Die Vorstellung in endlosen Wiedergeburten gefangen zu sein, verleiht Motivation zum Beschreiten des Pfades.

    Die ersten beiden (Zuckerbrot und Peitsche) mögen helfen sind aber nicht notwendig. Ich muß an Albert Camus Buch "die Pest" denken wo sowohl der Pater als auch der atheistische Arzt selbstlos gegen die Pest kämpfen. Ethik geht immer auch intrinsische.


    Von daher bleibt 3. Hier gibt es die Vorstellung, dass säkulare Buddhisten ja glauben müssten das mit den Tod alles Leid vorbei ist, sie also keine oder zu wenig Motivation zur Erlangung von Befreiung haben. Das kann man diskutieren.


    Wenn damit die Funktion von VVW ausreichend beschrieben ist, dann sollte es doch auch bestimmt ohne gehen.

    Was es braucht ist ein ethischer Wirkmechanismus. Als dessen Träger wurde im Yogācāra das

    Speicherbewußtsein (ālayavijñāna) gesehen::

    Bitte?
    Lieber Void, gibt es keine verlässlichere Quelle zu Alayavijnana als diese MBSR-Firma. Ehrlich gesagt, macht mich sowas richtig sauer, zumal man den Text ansieht, dass da iwas nur vom Hörensagen her aus dem Tibetischen nach eigen Gutdünken rezipiert und wiedergegeben wurde.

    Mea culpa. Ich hatte nach einen "Alayavijnana für Dummys" Text gesucht, der das Thema einfach - ohne in die Tiefe zu gehen - erklärt. Aber er ist wirklich nicht gut.

    Weil die Trennung nur eine Illusion ist, fällt alles unmittelbar auf uns zurück.

    Ist dies wirklich so? Fällt der Schmerz des Opfers auf den Täter zurück? Fühlt er Schmerz nach der Tat, oder Angenehmes?

    Weil wir nicht von der Welt getrennt sind, dann sind wir bei jeder Tat auch das Opfer.

    Aber wegen unserer Abgrenzung fokussieren wir uns eben auf den einen Teil - dies ist ja eben die Verblendung.


    Es ist nicht so, dass ich diese Ansicht unbedingt propagiere. Dies ist eine Antwort auf die Frage "Gibt es eine Konzeption von Karma und dem Erdulden positiver und negativer Früchte der Taten, die ohne große metaphysische Konzeptionen auskommt".

    Kann man sich so einen Wirkmechanismus auch rein weltlich vorstellen?

    Also, ich jedenfalls nicht.

    Ich denke es gibt ja die Möglichkeit eben nicht an eine "persönliche" Wiedergeburt zu sehen, sondern im persönlichen Aspekt mehr oder weniger nur eine Metapher zu sehen.


    Wenn das Ich nur eine Illusion ist, dann ist alles was wir anderen antun etwas, was wir uns selbst antuen - so als haut die Linke Hand auf die rechte ohne zu wissen, das beide zum gleichen Körper gehört. Weil die Trennung nur eine Illusion ist, fällt alles unmittelbar auf uns zurück. Aber - weil diese Idee unseren Denken so fern ist und man einfach nicht in den Kopf bekommen dass es kein getrenntes "Ich" gibt - ist Wiedergeburt eine Vorstellung die diese Nicht-Gentrenntheit im Sinne zukünftiger Existenzen sieht und damit besser verstehbar macht.

    Ich wollte wirklich verstehen, wie Frucht und Ergebnis guter und schlechter Taten beschrieben werden, ohne sich auf ein Jenseits oder auf ein diesseitiges "wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus" zu beziehen".

    Was es braucht ist ein ethischer Wirkmechanismus. Als dessen Träger wurde im Yogācāra das

    Speicherbewußtsein (ālayavijñāna) gesehen::

    Die nächste Form des Bewusstseins ist das Speicherbewusstsein. Das Speicherbewusstsein ist die grundlegendste Form des Bewusstseins und kann ungefähr mit dem Unbewussten in der westlichen Psychologie verglichen werden. Es beinhalte drei Funktionen:

    Die erste Funktion ist die eines Speichers, in dem alle Informationen und Erfahrungen aufgenommen werden. Sämtliche Objekte, die wir sehen, hören und erfahren, alle Erfahrungen aus der Vergangenheit, die wir gemacht haben - gute oder schlechte - werden als Samen tief im Speicherbewusstsein angelegt.

    Diese Informationen und Erfahrungen gelangen nicht nur ins Speicherbewusstsein, sondern sie werden dort auch, als nächste Funktion, weiter aufbewahrt. Haben wir zum Beispiel einen schönen Film gesehen, so sind die Bilder und Töne an unsere Augen und Ohren gelangt. Sie haben ein geistiges Gebilde hervorgerufen, eine Berührung, welche das Speicherbewusstsein in Form eines Samens zum Schwingen gebracht hat. Dieser Samen wird im Speicherbewusstsein aufbewahrt und verarbeitet. Diese Verarbeitung findet aber, im Gegensatz zum Geistbewusstsein, unter einem sehr geringen Energieaufwand statt. Das Speicherbewusstsein arbeitet dabei unabhängig vom Geistbewusstsein und schränkt somit dessen vermeintlich freies Denken ein. Es kann viele Dinge planen und entscheiden, ohne, dass wir etwas davon mitbekommen. So können unsere Vorlieben und Abneigungen, unser Mögen und Nichtmögen von Personen oder unser Sinn für Ästhetik unter Umständen schon längst auf der Ebene des Speicherbewusstseins entschieden worden sein, lange bevor wir uns einer vermeintlich objektiven Entscheidung bewusst sind. Das Speicherbewusstsein entscheidet viele Dinge vorab, denn unablässig empfängt und verarbeitet es Informationen und trifft autonome Entscheidungen ohne das Zutun des Geistbewusstseins.

    Die dritte Funktion ist seine fließende und sich stets verändernde Natur. Wir können uns das Speicherbewusstsein wie einen Garten vorstellen, in dessen Boden wir die Samen für Blumen oder Gemüse geben, aus denen dann Sonnenblumen oder Tomatenstauden wachsen. Das Geistbewusstsein hat dabei die Rolle einer Gärtnerin, die den Boden bearbeitet. Sie kann aber nur an den Boden glauben, dass dieser auch die Blumen und das Gemüse hervorbringt

    Kann man sich so einen Wirkmechanismus auch rein weltlich vorstellen?

    Moin, wenn ich die Hirnforschung richtig verstehe, so entscheiden wir gar nicht mit dem Willen.

    Sie hat ergeben, dass das "Ergreifen" bereits Minisekunden vor dem "dafür" oder "dagegen" geschieht.

    Ich will ja nur klar stellen. Du sprichst ja von dem "Libet-Experiment" von 1979:

    Im Libet-Experiment wurde gezeigt, dass das motorische Zentrum des Gehirns mit der Vorbereitung einer Bewegung bereits begonnen hat, bevor man sich dessen bewusst wird, dass man sich für die sofortige Ausführung dieser Bewegung entschieden hat. Der zeitliche Abstand beträgt etwa 0,35 s, die wirkliche Bewegung erfolgt dann noch etwa 0,2 s später.

    Dieses wurde 2015 wiederholt und leicht relativiert:

    Im Jahre 2015 wurden die Experimente von einem Team um den Hirnforscher John-Dylan Haynes am Bernstein Center for Computational Neuroscience der Charité in Berlin weiter überprüft.[8][9] Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Probanden auch nach Beginn des Bereitschaftspotentiales zu einer Bewegung noch ein Veto gegen den Beginn der Bewegung einlegen können.


    Das Abbrechen des Beginns einer Bewegung erwies sich als möglich, wenn Stoppsignale früher als 200 ms vor Beginn der Bewegung auftraten. Die Zeitspanne von 200 ms gilt somit als ein Point of no Return, ab dem zwar der Beginn der Bewegung nicht mehr abgebrochen werden kann. Aber auch nach Beginn der Bewegung ist es möglich, die Bewegung selbst, während sie sich abspielt, abzubrechen oder abzuändern.

    Wobei ich da einen Unterschied zwischen "Entscheidung" und "Wille" sehe. Ein "Wille" ist ja eng mit dem Begehren verbunden. Es baut sich z.B ein Verlangen auf, Zigaretten zu kaufen und dies wird dann im Kopf zum Plan - der zur Tat drängt - und dann übermächtig wird oder aber durch ein Veto gestoppt wird.


    Von daher ist ja vielleicht "upadāna" viel besser als "Anhaften" als als "Ergreifen" übersetzt. Bestimmte Wünsche steigen auf und das Handeln "klebt" an ihnen ( so dass sie zur Tat werden) wenn kein "Veto" gelingt.

    Moin, wenn ich die Hirnforschung richtig verstehe, so entscheiden wir gar nicht mit dem Willen.

    Sie hat ergeben, dass das "Ergreifen" bereits Minisekunden vor dem "dafür" oder "dagegen" geschieht.

    Ich denke es gibt den bewussten Willen - wo man sich für etwas entscheiden, aber auch ein nicht sehr bewusstes Wollen.


    Ich denke dass im Buddhismus Wille ( cetanā) beides umfasst.

    Es erweckt den Anschein, man könne sich aussuchen, ob man eine Tat ergreift oder nicht. Und dass es dann Taten ohne Eigner geben könnte, Taten, die keiner Ergreifen möchte.

    Ich denke, dass es sehr wohl Handlungen gibt, die man sich selber nicht als Taten zurechnet. Wenn mir jemand eine Waffe an den Kopf hält und mich zu etwas zwingt. Oder wenn man unter Medikamenteneinfluss steht oder hypnotisiert wurde oder Handlungen die man nicht wollte und von denen man sich distanziert.


    Von daher wird ja im Buddhismus "Wille" (cetanā) als der wichtigste Geistesfaktor im Bezug auf Karma gesehen.


    Aber was heißt Wollen. Wenn jemand eigentlich kein Bauer sein will ( und diesem Schicksal jede Sekunde entfliehen würde) und nur durch Leibeigenschaft dazu gezwungen ist den Boden zu ackern und er dabei Würmer tötet, wahre dann dieses Töten keine Tat und er kein Täter? Ich bezweifle, dass das so gesehen würde.

    Ist es dann doch trotz Unwilligkeit ein Ergreifen?

    Also, in den Lehrreden, die ich gelesen habe, ist mir noch nie die Vorstellung begegnet, dass Taten ergriffen werden müssten und sich fortsetzen. Taten entspringen Angewohnheiten und Absichten und diese wiederum dem Geist, wie beispielsweise in MN 78 beschrieben:

    Das Wort "Ergreifen" ist eine Übersetzung des Wortes "Upādāna" das ja häufig auch mit "Anhaften" übersetzt wird.


    Der Witz dabei ist, das man sich eine Tat "zu eigen" macht - sie also dem Ich zuordnet. Es gibt ja auch Taten die man nicht dem Ich zuordnet. Wenn man einen Furz läßt dann kann man ja denken "Oh mir ist eine Blähung passiert." oder "Oh da hat sich der Darm geregt" oder aber "Ich furzte". Sorry für das komische Beispiel.


    Die Idee "Das Ich ergreift die Tat" ist also fast die falsche Reihenfolge. Taten werden dem Ich zugerechnet und sind damit mit ihm verbunden.

    Das große Rätsel für mich ist ja folgendes:


    Die Säkularisierung führte ja zu einer Entmischung religiöser und weltlicher Fragestellungen. Während vorher das Christentum in allen Bereichen des Lebens hineinragte - in Erziehungssystem, in Politik, in die Organisation der Gesellschaft , führte die Säkularisierung zu einer Trennung. Für Welterklärung war die Wissenschaft zuständig. Für die Lenkung der Gesellschaft die Politik, für die Erziehung das Schulsystem. Und die Religion war nur mehr für religiöse Fragen ( Seelenheil zuständig) durch Säkularisierung wurde die Religion also sozusagen religiöser!


    Von daher würde das doch für den Buddhismus auch bedeuten, dass der Buddhismus sich seinem religiösen Ziel ( Befreiung ) widmet und die dazu nötigen Konzepte verwendet. Die dann nur für dieses Ziel funktionieren müssen ohne eben mit der Wissenschaft kompatibel sein zu müssen.


    Von daher wäre doch dann die Absage: "Glaube an was auch immer so lange dies als geschicktes Mittel ( upaya) hilft um dich dem Ziel näherzubringen."


    Aber warum ist das nicht so? Für Stephen Bachelor ist ja gerade auch die gesellschaftliche Wirkung von religiösen Ansichten wichtig. Also z.B ob die Idee von Karma Ungerechtigkeit und Ungleichheit legitimiert. Oder ob ein bestimmter Glaube mit der Wissenschaft inkompatibel ist.