Posts from Hans-Günter Wagner in thread „Offener Brief an die DBU“

    Den fünf Whistleblowern ist ganz herzlich für ihren Mut zu danken, diese Vorgänge in einem Offenen Brief bekannt zu machen.


    Ich bin seit über 30 Jahren Mitglied der DBU und habe mehrere Jahre in den Arbeitsgruppen Unterricht und Struktur mitgearbeitet. Dort habe ich ausgeprägte sektoide Strukturen erlebt, wie sie jetzt auch bei der Finanzkrise der Organisation sichtbar werden. Permanenter Harmoniedruck erlaubte keine Kritik und setzte weitgehend die üblichen demokratischen Umgangsformen unserer Gesellschaft außer Kraft. Offener Diskurs und Meinungsstreit waren verpönt. Nicht passende Ansichten wurden entweder ignoriert oder abgebügelt, Kritiker von internen Informationsflüssen abgeschnitten. Wer auf demokratischen Verfahrensweisen bestand, dem wurde Ego-Fixierung vorgeworfen. Vor vier Jahren habe ich diese Arbeit eingestellt und gebe seither meine eigene Website mit buddhistischen Unterrichtsmaterialien heraus, bei denen auch kritische Themen kein Tabu sind (https://www.buddhismus-unterrichtsmaterialien.net/). Nebenbei: Die BA-Redaktion war nicht bereit, über die Existenz dieser Website auch nur eine Notiz zu veröffentlichen.


    Dass sich mutmaßlich Vorstandsmitglieder aus der Vereinskasse bedient haben, ist erschreckend. Es ist bemerkenswert, dass Rat und Vorstand in ihrem Antwortschreiben diesen ungeheuren Verdacht in keiner Weise zu entkräften versucht haben. § 27 Abs. 3 Satz 2 BGB sieht vor, dass Mitglieder des Vorstands grundsätzlich unentgeltlich tätig sind. Nach meiner Kenntnis existiert keine davon abweichende Satzungsregelung innerhalb der DBU. Wenn trotzdem solche Vergütungen gezahlt wurden, so stellt dies einen Verstoß gegen das Gemeinnützigkeitsrecht (BMF, Schreiben v. 09.03.2009, Az. IV C 4 – S 2121/07/0010) dar, was die Aberkennung der Gemeinnützigkeit zur Folge haben kann. Darüber hinaus würde ein Rückforderungsanspruch bestehen (BGH, Urteil v. 14.12.1987, Az. II ZR 53/87) und evtl. sogar strafrechtliche Konsequenzen.


    Jede Krise enthält bekanntlich auch immer die Chance für einen Neubeginn. Hier kann es nur ein ganz radikaler sein. Das Projekt einer Einheit in der Vielfalt des deutschen Buddhismus ist m.E. gescheitert. Diese Vielfalt war ohnehin nie mehr als Fantasieprodukt. Die asiatischen Buddhistinnen und Buddhisten waren so gut wie nie beteiligt und ernsthafte Dialoge mit kritischen Wissenschaftlern hat es nicht gegeben. Von den (angeblich) 300.000 Buddhistinnen und Buddhisten, die es in Deutschland geben soll, sind weniger als 5% in der DBU bzw. einer ihrer Mitgliedsgemeinschaften, die Verbandszeitschrift BA erreicht noch nicht einmal 1% dieser Menschen. Der Anspruch, den Buddhismus in Deutschland zu vertreten, ist also hochgradig prätentiös. Die DBU ist derzeit ein von tibeto-buddhistischen Gruppen dominierter Verband, die auf dem geistigen Nährboden asiatischer Despotien gewachsen sind. Die Leugnung von Missständen und das Schreiben lassen juristischer Drohbriefe passen in dieses Bild. Das Beste wäre jetzt die organisierte Selbstauflösung. Die großen Gemeinschaften können sich selbst vertreten und brauchen keinen Dachverband. Das KÖR-Vorhaben ist gescheitert, und das ist auch gut so! Religiöse Institutionen, die ihre Mitgliedsbeiträge vom Staat einziehen lassen und denen erlaubt ist, intern Arbeitnehmerschutzrechte zu suspendieren, sind in modernen, säkularisierten Gesellschaften ein Atavismus – egal um welche Religion es sich handelt. Ich sehe nicht, was den Menschen im Land fehlen würde, wenn es keine DBU mehr gibt. Sofern nach der Abwicklung noch Mittel übrigbleiben, könnten sie in die Neugründung einer Vereinigung größtmöglicher Breite fließen, in der Buddhismus-Praktizierende, -Interessierte, und -Forscherinnen und Forscher ein Forum für Diskussion und undogmatischen und ergebnisoffenen Austausch finden, frei von Bekenntniszwang und jedweder Gruppenbindung.